Von Vergeletto nach Airolo


Publiziert von Bkaeslin , 5. Oktober 2008 um 03:12.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Locarnese
Tour Datum:20 September 2008
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   I   Gruppo Rosso di Ribia   Gruppo Pizzo di Madéi   Gruppo Cristallina   Gruppo Basodino   Gruppo Pizzo Solögna   Gruppo Pizzo Quadro 
Zeitbedarf: 6 Tage
Aufstieg: 1800 m
Abstieg: 1800 m
Strecke:Vergeletto - Arena - Cimalmotto - Bosco Gurin - Gerra - Piano delle Creste - Robiei - Cristallinahütte - Airolo
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Via Locarno per Bus nach Vergelotto im gleichnamigen Tal (Seitental des Onsernonetals) bis Station Funiculare (Zott) nach Alpe Saléi
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Regionale Busse in den Tälern, SBB in Airolo
Unterkunftmöglichkeiten:Unbewartete Hütten auf Alpe Arena und Piano delle Creste - Unterkünfte in Cimalmotto und Bignasco
Kartennummer:1:25'000 - Comologno (1311), Bosco Gurin (1291), Basòdino (1271), Val Bedretto (1251)

1. Tag

Der Postautochauffeur gönnt sich nach der Fahrt von Locarno nach Vergelotto eine kleine Pause und gondelt gleich mit zur Alpe Saléi (1777m) hinauf. Von ihm erfahre ich, dass ich für den Weg zur Alpe Arena etwas mehr als eine Stunde benötige. Nach dem Blick auf den schweren Rucksack dann: Vielleicht eineinhalb. Über einen selten schönen, mit Steinplatten ausgelegten Saumweg durch Lärchenwälder erreicht man mühelos die Capanna Alpe Arena (1689m). Neben der bestossenen Alphütte liegen die beiden ganzjährig geöffneten, unbewarteten Hütten auf einer Matte mit Blick zurück, aus dem Tal hinaus ... und leider auch auf den Steinbruch gegenüber, der sich zudem akustisch bemerkbar macht. Trotzdem: Jetzt, gegen Abend, ist es ruhig und zu dieser Jahreszeit auch einsam, denn ich bin der einzige Gast. Die eine Hütte dient der Verköstigung (und dank Feuerstelle auch der Aufwärmung), in der anderen befindet sich das Matratzenlager. Strom beschränkt sich auf ein Minimum (Solaranlage).

2. Tag - Pizzo di Porcaresc

Ein Eintrag auf hikr.org machte mich neugierig auf den Pizzo di Porcaresc (2466m). In knapp einer Stunde hat man von der Arenahütte den Talschluss via Alpe di Madéi (1762m) erreicht und erklimmt vor dem letzten Bächlein (P. 1802) vor der Alpe di Porcaresc (1796m) einen kaum sichtbaren Pfad, der sich aber schnell verliert. Man hält westlich gegen den Passo del Lago Cavegna, über steinige Wiesen. Oben ist die Orientierung wegen fehlender Spuren schwierig, aber der Pass links des Gipfels lässt sich leicht erkennen. Auf dem Grat nach rechts  eine kurze ausgesetzte Stelle, nun noch  das hübsche Gipfelplateau erklimmen. Leider stiehlt der aufkommende Nebel die Aussicht. Das gelbe Gras auf der kleinen Gipfelwiese diente wohl erst kürzlich den Ziegen noch als Liegestatt, es ist ganz plattgedrückt. Auf dem gleichen Weg zurück zur Arena.
Bei Nebel ist die Tour nicht zu empfehlen, da keine Markierung.
Ca. 4 Std, eher T4.

3. Tag - Alpe Arena nach Cimalmotto

Zum drittenmal die schöne Strecke zum Talschluss, aber jetzt noch etwas weiter bis zur Alpe di Porcaresc. Hoch zum Passo della Cavegna (1978m). Ennet dem Pass am gleichnamigen Seelein vorbei via eine abwechslungsreiche Landschaft unschwer hinunter zur Alpe di Sfii, weiter durch Wälder und nach Überquerung der Rovana (der auf italienischer Seite Rio Colobiasca heisst) gewinnt man schnell die Höhe von Cimalmotto. Leider ist die Pensione Alpina geschlossen, und auch bei der Pensione Porta im benachbarten Campo Vallemaggia sind die Türen geschlossen. "Chiuso Lunedi". Es ist Montag und die angeschlagene Telefonnummer  091 / 7541254 erweist sich als Fehlanzeige. Zum Glück finde ich auf dem familiären Biohof Munt La Reita in Cimalmotto (1405m) Unterkunft und Kost.
Ca. 6 Std.

4. Tag - Cimalmotto - Bosco Gurin

In der Nacht hat es geregnet. Nach einem tipptoppen Zmorge im Munt la Reita gehts den Wald via Quadrella di Fuori, ein hübsches Steinhüttenensemble, hinauf zum Passo Quadrella (2137m). Unterwegs Begegnung mit einem fauchenden Steinbock. Auf der Nordseite hinter dem Pass liegt noch frischer Schnee. Selbst hier oben gibts verfallene alter Walser-Hütten.  Auf gut markiertem Weg nach Bosco Gurin (1503m), wo von weitem schon das markante langgezogene Stallensemble am Dorfeingang auffällt, das  wie ein Schutzwall quer im Talboden steht. Durch einen Besuch im Ortsmuseum mit interessanten Exponaten zur Walser-Kultur verkürze ich mir die Zeit, bis das Postauto mich via Cevio nach Bignasco bringt. Dort, im Ca'Stella, lässt sich historisch übernachten, im Ristorante Turisti vorzüglich gut-tessinerisch essen.
4-5 Std.

5. Tag - Foroglio - Piano delle Creste

Das Val Bavona ist um diese Jahreszeit bereits in Aufräumstimmung, denn im Winter entleert sich das wilde westliche Seitental des Maggiatals. Dieser Abschnitt der Transumanza ist denn auch menschenleer, als ich vom schmucken Foroglia (684m) aus entlang des tosenden Wasserfalls zum Val Calnègia hochsteige. Die Siedlungen Gerra (1045m) zwischen grossen Steinbrocken und Calnégia im hinteren Talboden beeindrucken, aber noch mehr tut das der Aufstieg: zuerst zur Terrasse von Gradisc (1703m), und dann nochmal hinauf, zwischen  Markierungen oder im Freestyle felsig-buschig zu den Laghi della Crosa. Jedes Kilo zuviel im Rucksack wird still verflucht (ausgerechnet Dosensuppe musste es sein...), doch wilde Himbeeren und 'Heubeeri' zu Hauf versüssen das Schleppen. Von der oberen Krete aus, den ersten See zu Füssen, scheint die  Bocchetta della Cròsa (2480m) noch in weiter Ferne. Deshalb nicht lange gerastet und weiter zwischen den Seen über Felsbrocken hoch, dann auf ca. Hm 2240 die Mulde gequert bis man beim Seelein P.2386 steil über Geröll zum Botta della Cròsa gelangt: Eine markante Zahnlücke im Felsengebiss. Herrlicher Rundblick auf den Kessel mit einen der beiden Seen, und weiter unten das Val Calnègia. Der Abstieg auf der Nordseite, bereits vom Frühschnee bedeckt, kann recht mühsam sein, die Halteseile helfen sehr! Das Refugio Piano delle Creste (2108m) ist zu dieser Jahreszeit nur an den Wochenenden bewartet, ich bin der einzige Gast. Jawohl, es gibt Dosensuppe.
8-9 Std.
Ziemlich anstrengende und lange Tour ohne technische Schwierigkeiten, aber gute Kondition und gutes Orientierungsvermögen Voraussetzung. Bei Nebel abzuraten!
Tipp: das WC der Hütte befindet sich hinter der frei zugänglichen Hütte, ein paar Schritte hinter dem Hügel versteckt, aber immer noch im umzäunten Bereich.

6. Tag - Piano delle Creste - San Carlo - Robiei - Capanna Cristallina

Das kleine Moor-Plateau zu Füssen der wunderschön gelegenen Hütte funkelt in der Morgensonne: in der Nacht hats Frost gegeben. Man wandert zunächst links der Ebene, bevor der Weg immer steiler abfällt, um am Schluss, durch Wald, in gut 2.5 Stunden San Carlo zu erreichen. Jeweils zur vollen Stunde trägt die imposante Gondel der Robiei-Bahn die Ausflügler zur Robiei Staumauer mit gleichnamigem Hotel (es geht auch zu Fuss). Leider führt der Weg vom Dorf zur Talstation hinauf der im Zicktack geführten Autostrasse entlang, einen direkten Fussweg gibt es nicht.
Von Robiei (1891m) mit seinen doch sehr speziellen Reizen stautechnischer Architektur aus zunächst unschön der Strasse entlang bis zum (natürlichen) Lago Bianco. Nach der Brücke geht es rechts ziemlich steil hoch; der Weg bedürfte einer Instandstellung. Für einen Running Gag sorgt das Marketingkonzept der Capanna Basodino: an jeder erdenklichen Stelle wird für die Hütte geworben, sogar am nächsten Tag in Ossasco, 7 Stunden entfernt, befindet sich noch eine Werbetafel.
Auf der Höhe von ca. 2340 geht es in nördlicher Richtung, via einen namenlosen Pass, entlang des Lago Sfundau zur neuen Cristallinahütte (2568m) auf der Passhöhe. Das Saisonende macht sich auch hier bemerkbar, jeder der wenigen Gäste kann sich nach einem feinen Risotto in eines der 17 Zimmer zurückziehen.


7. Tag - Capanna Cristallina - Bassa di Folcra - Ossasco

Am nächsten Morgen besteige ich als erstes den namenlosen Gipfel P.2769. Man erklimmt zuerst den Weg hinter der Hütte, in nordwestlicher Richung zum Passo Gararesc führt (wo es übrigens eine der vielen Militärhütten der Gegend zu sehen gibt, die wie Schwalbenneste in den Felsen kleben), zweigt aber etwa 50 Meter vor dem Pass links ab und quert die Mulde um dann in freier Wegwahl zum Gipfel zu kraxeln. Herrliche Rundsicht gegen die Walliser, Berner, Urner und Bündner Alpen.
Für den Abstieg ins Val Bedretto wähle ich nicht die übliche Route über die Alpe di Cristallina sondern zweige bei P.2436 links ab, um über die Bassa di Folcra (2562m) steil ins Val Cassinello abzusteigen (T3-4). Da die Nordseite noch schneebedeckt ist erweist sich die Wegfindung als Herausfoderung, doch eine Fusspur weist den Weg. Leider verunstalten Strommasten das hübsche Tälchen, doch weiter unten glitzert kristallines Gestein und Rehe kreuzen den Weg. Einen schönen Abschluss bildet das Auslaufen auf dem schönen, in grosszügigem Zickzack angelegten Pfad von der Folcra di mezzo (1920m) über den Stabiello grande nach Ossasco (1313m). Von dort mit dem Postauto nach Airolo.

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Generell sind die Zeitangaben auf den Wegweisern in diesem Teil des Tessins etwas gar optimistisch geraten. Für die Strecke Alpe Arena nach Cimalmotto sind die angegebenen 4 Stunden sicher zu knapp bemessen. Der Wanderer, der den Zeiger in Cimalmotto nach Arena auf 5.45 Std. korrigiert hat machte wohl die gleiche Erfahrung.

Tourengänger: Bkaeslin


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