Säntis über Böseggroute (Ostgrat) von Wasserauen aus


Publiziert von Sibi , 26. November 2014 um 13:15.

Region: Welt » Schweiz » Appenzell
Tour Datum:23 November 2014
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Alpstein   CH-AI   CH-AR   CH-SG 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 1634 m
Strecke:rund 10km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:mit Auto von Zürich nach Urnäsch, dann mit Zug nach Wasserauen
Zufahrt zum Ankunftspunkt:mit Seilbahn von Säntisgipfel zur Schwägalp, dann mit Bus nach Urnäsch und mit Auto nach Zürich

Nach meinem ersten intensiven Bergwandersommer ist dies nun mein erster Bericht überhaupt auf hikr.org. Für mich ist diese Webseite elementarer Bestandteil einer seriösen Vorbereitung für eine Bergwanderung und wertvolle Quelle der Inspiration. Darum möchte auch ich mit diesem Bericht einen kleinen Beitrag leisten.

Inspiriert und ermutigt von Tricky versuchten mein treuer Wanderkumpane Fege und ich den vorwinterlichen Höchstpunkt des wunderbaren Alpsteins über die Böseggroute auf dem Ostgrat zu erklimmen. 
 
Der Wetterfrosch versprach uns einen wunderbaren blauen Himmel und eine tolle Aussicht auf das Mittelland unter einer dicken Nebeldecke. Gleichzeitig schienen die Schneeverhältnisse trotz dem kürzlichen Wintereinbruch die Begehung des Ostgrats zuzulassen. Darum machten wir uns bereits vor 6 Uhr früh in Zürich auf nach Urnäsch. Von dort gings mit dem Zug rasch und gemütlich nach Wasserauen, dem Ausgangspunkt unserer Route.
 
Anfangs locker, dann rasch steiler gings zum Chobel und weiter am Seealpsee vorbei über die Seealp hinweg. Wo es scheinbar nicht mehr weiter geht, steigt der Weg steil hoch zum Unteren Messmer, wo wir nach rund einer Stunde (ab Bhf Wasserauen) schwitzend, aber voller Vorfreude auf den hoch über uns liegenden Säntisgipfel ankommen. Wir schalten eine erste Znünipause ein und stärken uns. Kein Mensch ist ausser uns zu sehen, darum wohl werden wir von hoch oben aufmerksam beobachtet von interessierten Steinböcken.
 
Ab Unterer Messmer häuft sich der Schnee und so erfordert die Wegsuche ab hier etwas Geduld und Auferksamkeit. Eng an der Felswand entlang schreiten wir entschlossen auf der rechten Talseite geradewegs auf den majestätisch vor uns thronenden Säntis zu. Aufgrund des weich-rutschigen Schnees wählen wir unsere Schritte mit Bedacht. Am Ende der Fehlalp führt der Wanderweg steil empor. Der Schnee erschwert das Vorankommen an dieser Stelle erheblich, jedoch meistern wir diese Stelle schliesslich problemlos. Dass an der steilsten Stelle die Stahlseile nicht fest verankert sind, ist eine zusätzliche Erschwernis, die es zu meistern gilt, insgesamt aber unkritisch. Nach dieser Stelle merken wir rasch, dass ein zeitweiliges Verlassen des (unter der Schneedecke vermuteten) Wanderweges und Erkraxeln von felsigeren Stellen durchaus opportun ist. Denn immer wieder sinken wir mit unseren Tritten weit mehr ein als vermutet, was verunsichert und viel Zeit und Kraft kostet.
 
Nun erblicken wir erstmals die Wagenlücke und sind etwas enttäuscht, dass der Weg dort hinauf nicht steiler und länger ist. Der Wanderweg lässt sich anhand vereinzelter Markierungen auf Felsen nur erahnen. Um uns im Steigeisenlaufen zu üben, montieren wir die Eisen und wählen den direkten Aufstieg bis zum  Wegweiser, jeweils den harten Schnee suchend. Nun merken wir, dass der Aufstieg zur Wagenlücke durchaus steil ist, und viel (teils harter) Schnee im Hang liegt. Darum weiter mit den Steigeisen. Auf der Wagenlücke empfangen uns warme Sonnenstrahlen. Nach 3.5h Wandern legen wir hier die wohlverdiente Mittagsrast ein.
 
Noch während der Mittagsrast treibt uns die Frage nach der optimalen Route auf den Ostgrat um. Der von Tricky gewählte Durchstieg des Kamins erscheint uns nach einem erfolglosen Versuch zu schwierig. Ein weiterer Versuch an einer weiter zum Gipfel hin liegenden Stelle gelingt auch nicht. So laufen wir auf dem Wanderweg noch etwas weiter bis sich bald ein weitaus einfacherer Aufstieg auftut (vom Wanderweg aus leicht ersichtlich. Dieser erfordert keine Kletterei, sondern lässt sich mit lediglich etwas wenig Kraxelei bewerkstelligen.
 
Auf dem Ostgrat eröffnet sich uns ein traumhafter Weitblick und ein eindrücklicher Ausblick auf die uns bevorstehende Gratwanderung auf den Gipfel. Die nächsten paar huntert Meter Weg sind beidseitig äusserst ausgesetzt. Sehr hohe Trittsicherheit und höchste Konzentration sind auf dieser Passage unabdingbar. Danach folgt eine flächere Passage, wo jedoch mehr Schnee liegt. Vereinzelt wählen wir eine Route leicht unterhalb des Grates, da uns der Weg durch den Schnee da leichter und sicherer dünkt.
 
Wenige Höhenmeter unterhalb des Alten Säntis beginnt der Grat steiler zu werden. Stahlseile sind da sehr hilfreich bzw. bei den aktuellen Schneeverhältnissen (zumindest für uns) unabdingbar. Auch so klopft das Herz nicht nur der Höhe wegen an dieser Passage deutlich schneller als in Normalbetrieb. Diese Stelle ist sehr ausgesetzt. Wir schnallen hier aufgrund des Schnees wieder die Steigeisen an (diese hatten wir auf der Wagenlücke ausgezogen). Damit geht es tiptop. Konzentriert und mit Schwung erklimmen wir die letzten steilen Meter auf die Terrasse des Alten Säntis. Von dort sind es nur einige wenige Meter bis zur Aussichtsterrasse der Touristen. Stolz und voller Freude positionieren wir uns für das gemeinsame Gipfelfoto. Dies ist der feierliche Abschluss einer gelungenen, bei diesen Schneeverhältnissen sehr anspruchsvollen und nicht minder reizvollen Bergwanderung auf diesen imposanten Ostschweizer Gipfel!

Einige Bemerkungen zum Schwierigkeitsgrad:
Die Schneeverhältnisse erschwerten einige Passagen erheblich. Bis Wagenlücke wäre es wohl bei sommerlichen bzw. schneefreien Verhältnissen sicherlich höchstens eine T3. Wir erlebten den Aufstieg am Ende der Fehlalp und auf die Wagenlücke als T4. Den direkten Aufstieg auf den Ostgrat von der Wagenlücke aus würde ich mit III beurteilen (jedoch gelang uns der Durchstieg wie erwähnt nicht). Die Gratwanderung würde ich (u.a. auch aufgrund des Schnees) mit T6 beurteilen, Kletterstellen unterhalb des Gipfels mit II+ (nicht III, da Stellen kurz sind und aufgrund der montierten Stahlseile keine Sicherung nötig ist).

Einige Bemerkungen zum Zeitbedarf:
Wir benötigten rund 6h von Wasserauen auf den Säntisgipfel (reine Wanderzeit, exkl. Pausen). Wir "verloren" jedoch viel Zeit durch das Suchen der optimalen Route unter der Schneedecke. Auch durch die beiden erfolglosen Versuche, den Gipfel "direkt" zu erklimmen (von der Wagenlücke aus) benötigten wir deutlich mehr Zeit (+45min). Ohne Schnee und auf der indirekten Route auf den Ostgrat würde ich den Zeitbedarf für uns auf rund 4-4.5 Stunden schätzen.

Tourengänger: Sibi, Fege


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Kommentare (1)


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tricky hat gesagt: Schön das ich helfen konnte
Gesendet am 26. November 2014 um 18:06
Gratuliere zur Tour und ein Willkommen bei Hikr.
Schön das ihr die Tour doch über den Grat genommen habt. Mit Schnee sicher anspruchsvoller. Der Aufstieg zum Grat noch von einer anderen Perspektive. Die aber auch bei Schneefreiheit schon eine klare Schlüsselstelle ist. Ansonsten wir ihr vorgenommen habt, etwas weiter oben.


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