Camoghè (2 228 m) - Überschreitung von Isone ins Val Colla


Publiziert von dulac , 6. November 2014 um 15:44.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Sottoceneri
Tour Datum: 1 November 2014
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Camoghè   Gruppo San Jorio-Monte Bar 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1600 m
Abstieg: 1550 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Bus von Bahnstation Rivera-Bironico nach Isone
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Bus Nr. 448 von Mal di Colla nach Tesserete mit Anschluss Bus Nr. 461 nach Lugano-Stazione Nord
Kartennummer:SLK 1:50.000 Zusammensetzung Lugano - Locarno

Ähnlich wie der Gridone zwei Tage zuvor stand auch der Camoghè schon länger auf meiner Wunschliste. Doch wie ihn am besten angehen? Am einfachsten wäre es aus dem Val Colla, ähnlich wie auf den Gazzirola, nur etwas weiter. Dann war auf hikr aber auch eine Variante aus Norden her zu finden. Entweder ab Giubiasco oder aus Isone.

 

Giubiasco logistisch am einfachsten, da direkt an der Bahnstrecke von Bellinzona nach Lugano. Freilich mit mehr als 2000 Höhenmetern im Aufstieg! Zaza und Berglurch haben es *vorgemacht.

 

Ab dem Val Colla dagegen rund 1500 Höhenmeter, doch in diesem konkreten Fall bei Anreise von Locarno eine vergleichsweise lange Fahrt. Überdies nur begrenzt Neuland, denn im Gebiet Monte Bar, Gazzirola war ich schon mehrfach gewesen. Also für mich heute auch nur begrenzt attraktiv.

 

Blieb noch die Variante ab Isone, ebenfalls gut 1500 Höhenmeter, zusätzlich aber auch noch ein recht langer Zustieg. Doch über welche Route ganz konkret? Dafür bot dieser *Bericht von rochi eine attraktive Lösung, auf die ich nur durch Kartenstudium gar nicht gekommen wäre.

 

Bei Isone ist freilich noch die Besonderheit zu beachten, dass das Gebiet als Waffenplatz normalerweise weiträumig gesperrt ist und nur an Sonntagen und kantonalen Feiertagen zugänglich ist. Für Samstage gibt es wohl keine allgemeingültige Regelung. Doch nach Recherche stand fest, der ins Auge gefasste 1. November ist definitiv ein kantonaler Feiertag. Das Gebiet wäre also zugänglich. Einziger Wermutstropfen: Der früheste Bus von Rivera erreicht Isone erst kurz nach 10 Uhr (ins Val Colla wäre ich freilich auch nicht früher gekommen). Es bleibt also bei Isone!

 

Durch den späten Aufbruch, den langen Aufstieg von vermutlich kaum weniger als 4 Stunden und eine angemessen lange Gipfelrast stand aber zu vermuten, dass ich auf dem Rückweg bereits in die Dunkelheit geraten würde. Der von rochi gewählte Abstieg über die Alpe Serdena und den dort endenden Fahrweg nach Isone würde sich daher anbieten. Zwar lang (8 bis 9 km nach seiner Schätzung) und langweilig, doch mit dem Vorteil, hier in der Dunkelheit nicht fehlgehen zu können.

 

Soweit erst einmal die Ausgangslage, etwas komplexer als sonst zumeist.

 

Als Route war also vorgesehen: IsoneMonti del TiglioValle di Caneggio mit Corte Inferiore und Corte di Mezzo und anschliessendem steilen Anstieg durch die Nordflanke.

 

In Isone bis zum Endhalt Isone Piazzale. Von dort wenige Meter zurück, dann nach rechts das Stichsträsschen hoch und an der Einmündung mit Brunnen, Bank und Bildstock wiederum nach rechts auf den Fahrweg nach Monti del Tiglio. Kurze Zeit später weist an einer Kehre ein Wegweiser geradeaus auf einen Wanderweg. Diesem wird gefolgt bis er auf dem Gratrücken wieder den Fahrweg erreicht. Am einfachsten ist es nun, diesem in leichten Auf und Ab und mit einigen Windungen bis zu den Monti del Tiglio zu folgen.

 

Hier treffen mehrere Wege zusammen, die Ausschilderung weist problemlos auf den richtigen. Jetzt folgt die lange Passage durch das sich je länger je stärker verengende Valle di Caneggio. Aus dem anfangs asphaltierten Fahrweg wird zunächst einer mit Naturbelag bis daraus schliesslich ein schmaler Fussweg wird. Die Markierung ist überwiegend gut, stellenweise haben sich aber auch Unmengen Laub angesammelt. Ohne Spuren von „Vorgängern“ wäre es hier drum gelegentlich ein wenig schwieriger geworden.

 

Nach knapp zwei Stunden öffnet sich der Wald zu einer Lichtung, der malerischen Alp Corte Inferiore mit einer heimeligen kleinen Alphütte. Die ersten Menschen seit mehr als einer Stunde.

Dann etwa eine Viertelstunde später ist auch Corte di Mezzo erreicht. Eine deutlich weiträumigere Alp mit u.a. auch einem grossen Wirtschaftsgebäude.

 

Zunächst noch durch lichten Wald bei mässiger Steigung wird die Route danach immer mehr zum steilen Bergweg durch die Nordflanke. Es wird auch sehr schattig. Auf einer Wasserfläche schwimmt auch etwas Eis. Eine kleine kurze Klamm wird durchquert. Dann wieder steil auf schmalem Weg über Serpentinen in die Höhe.

 

Kurz vor Erreichen des Gipfels zeigen sich Tiere auf dem Gipfelgrat. Ein zweischneidiges Ereignis. Einerseits freue ich mich über die vermeintlichen Gemsen. Andererseits mache ich mir Sorgen, hoffentlich lösen sie keinen Steinschlag aus.

 

Als ich dann aber Glöckchengeläut vernahm, war die vorherige Ambivalenz schnell umgeschlagen: Ziegen haben mir gerade noch gefehlt. Nicht nur wegen ihrer Hinterlassenschaften, sondern weil ich sie auch schon derart aufdringlich erlebt hatte, dass an eine ruhige Rast und Verpflegung nicht mehr zu denken war.

 

Zumindest diese Befürchtung erwies sich erfreulicherweise als gegenstandslos: Diese hier hatten eher die Tendenz, vor Menschen zu flüchten.

 

Mein Zeitplan bis hierher hatte sich erfreulicherweise als sehr realistisch herausgestellt: 3h50 ab Isone. Ungefähr eine Stunde am Gipfel durfte ich mir jetzt guten Gewissens genehmigen.

 

Während dieser Rast fand ich immer mehr Gefallen an einer Idee, die ich von Anfang an im Hinterkopf gehabt hatte: Statt des vermutlich langweiligen Abstiegs zurück nach Isone hatte die Variante über die Capanna Monte Bar schon immer mehr Charme für mich. Allerdings war sie auch um einiges länger, doch da ich bisher so gut im Zeitplan geblieben war …..

 

Gedanklich sah ich mich schon nach anderthalb Stunden, so gegen 16.30 auf der Terrasse dort im Obergeschoss bei einem Weizen die Aussicht und die letzten Sonnenstrahlen geniessen.

 

Ein wenig überheblich! Erste Zweifel kamen auf, als mir gewahr wurde, dass der Wegweiser am Camoghè dafür 3h10 veranschlagte.

 

Dass ich es tatsächlich über die Bocchetta di Revolte, Corte Lagoni, Pozzaiolo und Piandanazzo in 2 Stunden geschafft habe, war freilich kein allzu grosser Trost: Denn es war genau diese halbe Stunde, in der sich die Sonne verabschiedet hatte. Drum nichts mit Terrasse und Bier :-(

 

Mit Sonne und Aussicht war es freilich eine andere Geschichte: Die Wegstrecke bereits ab Pozzaiolo, über die Capanna Monte Bar bis hin zum Motto della Croce ist eine einzige Panoramatour. Der Blick ins Val Colla, zu den umliegenden Bergen, hinab nach Lugano und den See ist einzigartig. Und bei untergehender Sonne oder wenn sich – wie so häufig – Dunst bildet, der die Konturen eher schemenhaft erscheinen lässt, das hat einfach Etwas.

 

Und den Monviso habe ich zuvor auch selten so deutlich sehen können wie gerade bei dieser Gelegenheit als die Sonne schon fast ganz am Horizont verschwunden war.

 

Doch auch hier hatte ich von Anfang an vorgesehen, wegen der frühen Dunkelheit über das Fahrsträsschen abzusteigen. Infolge des geringen Gefälles zog sich dieser Weg allerdings. 3 Minuten nach 7 Uhr war ich an der Haltestelle in Bidogno. Und diese 3 Minuten waren bedeutsam, lag die Abfahrtszeit des letzten Busses doch bei 19.01.

 

Gerettet hat mich, dass der Bus einige Minuten Verspätung hatte …..

 

Eine bis zum Gipfel überwiegend sehr einsame, aber spannende und abwechslungsreiche Tour, die Aussicht vom Camoghè wie zu erwarten super, das Umfeld am Gipfel mit der verfallenen Hütte etc. allerdings eher Sub-Standard, das Wegstück bis zum Motto della Croce wie stets bei guten Wetterverhältnissen absolut lohnend. Also Daumen hoch und ein Dankeschön an Petrus, der auch gut mitgespielt hat an diesem Tag und wie auch bereits an einigen anderen davor.
 

P.S.
In Zeiten mit längerem Tageslicht hätte ich selbstverständlich den direkten Abstieg vom Motto della Croce nach Tesserete gewählt: Zeitbedarf, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, rund eine Stunde. Zusätzlicher Vorteil: direkte Busverbindungen nach Lugano und bis spät in den Abend hinein.

Alternativ wäre ein Abstieg ins Val Colla allerdings auch schon viel früher möglich gewesen, etwa nach Colla oder Corticiasca. Doch da müsste man auf einen der m.E. attraktivsten Wegabschnitte verzichten; den von der Capanna Monte Bar zum Motto della Croce.


Tourengänger: dulac


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