Mullwitzaderl Anseilstelle (3054m), Venediger-Versuche

Virgental 1980 (Versuch Rostocker Eck, Defreggerhaus)

Ende Oktober 1980 bin ich wohl der einzige Tourist im hinteren Virgental, die Gasthöfe sind alle geschlossen. So sitze ich abends bei der Familie meines Gästehauses mit am Tisch. Bei meinen Touren durch das Maurer- und Dorfertal begegne ich niemanden.
Am Dienstag, dem 28. Oktober, versuche ich ab Hinterbichl das Rostocker Eck zu ersteigen.
Die Wolken verziehen sich an diesem Tag nur einmal, und zwar als ich zwischen Essen-Rostocker-Hütte und dem Rostocker Eck unterwegs bin: In Richtung der Simonyspitzen ist für einige Sekunden die ersehnte Sonne zu sehen, ansonsten bin ich den ganzen Tag im Nebel unterwegs. Die schlechte Sicht und der immer höher werdende Schnee lassen mich die Tour abbrechen.
Zwei Tage später mache ich eine ebenso einsame Tour zum Defreggerhaus. Erst auf Höhe des Gumbachkreuzes erreiche ich die Nebelgrenze. Ab dann ist es schön, nachmittags zieht es aber wieder zu. Am vereinsamten Defreggerhauses beobachte ich einen Adler der nicht sehr hoch über mir seine Kreise zieht. Am Mullwitzaderl haben sich mächtige Wächten aufgebaut. Vorsichtiges Herantasten und Blicke hinunter zum Inneren Mullwitzkees.
 
Virgental 1981 (Versuch Großvenediger)

Ein Jahr später versuche ich am Sonntag, dem 18. Oktober 1981, mit meinen Freunden Jürgen und Norbert den Großvenediger zu ersteigen. Am Vortag war das Wetter noch bestens, aber es verschlechtert sich über Nacht. Dennoch versuchen wir den Aufstieg ab dem Defreggerhaus. Auf einer Höhe von etwa 3200 Metern müssen wir die Tour bei immer stärker werdendem  Schneetreiben abbrechen.
 
Virgental 1982 (Defreggerhaus, Mullwitzaderl Anseilstelle)

Wiederum ein Jahr später erreichen Norbert und ich am Freitag, dem 1. Oktober 1982 nach flotter Fahrt mit meinem Citroen CX frühnachmittags Prägraten. Unser Ziel ist wiederum der Großvenediger, den wir diesmal im zweiten Anlauf "schaffen" wollen.
Um sieben Uhr holpern wir am nächsten Morgen ab Hinterbichl mit dem CX zur Johannishütte hinauf. Dank der phänomenalen Hydraulik kommen wir gut über die kleineren Bachläufe, welche den Weg queren.
Um zehn Uhr sind wir am winterfest getrimmten Defreggerhaus, rundum liegt schon viel Neuschnee. Der  Himmel hat sich zugezogen und  es ist  recht  frisch geworden. Im offenen Winterraum machen wir Feuer im Herd und kochen mit aufgetautem Schnee Tee. In die Spendenbüchse kommen dann ein paar Schillinge, und es geht weiter in Richtung Mullwitzaderl. Wir wollen uns den Einstieg zum Gletscher
anschauen. Schon unterwegs sehen wir, daß unten am Gletscher keine guten Verhältnisse
sind: Riesige offene Spalten, daneben ist es wieder völlig verschneit. Schon auf dem Weg zum Anseilpunkt erschwert eine zehn Zentimeter hohe Schneeauflage ein sicheres Fortkommen.
Wir sehen ein, daß unter diesen Bedingungen die Tour zum Venediger für uns nicht machbar ist. Wir sind noch einige Zeit am Defreggerhaus und „grasen“ das Gebiet rund um die Hütte nach interessanten Steinen ab. Norbert packt sich einige schöne Exemplare in den sowieso schon schweren Rucksack. Dann geht es zurück zur Johannishütte. Immerhin ersparen wir uns eine ungemütlich kalte Nacht im Winterraum...
Trotz des meist bedeckten Himmels habe ich mir an diesem Tag einen Sonnenbrand zugezogen – und bin total kaputt. Nach einem Abendessen im Gasthof Tirol geht es bald ins Bett.
 
Gehzeiten und Schwierigkeiten:

Johannishütte - Defreggerhaus 2,5 Std., 856 Höhenmeter, T2
Defreggerhaus - Anseilstelle Mullwitzaderl, 0,5 Std., 92 Höhenmeter, T3 durch Neuschnee, normal T2,
zurück ebenfalls 0,5 Std.
Defreggerhaus - Johannishütte  1,5 Std., 856 Höhenmeter, T2
Gesamtstrecke: 9,2 km
 
Gesamtgehzeit 5 Stunden