Acht Tage Pyrenäen: Cauterets - Ordesa - Gavarnie


Publiziert von kaipi , 20. Oktober 2014 um 20:36.

Region: Welt » Spanien » Aragonien
Tour Datum: 6 September 2014
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: E   F 
Zeitbedarf: 8 Tage
Strecke:Cauterets - Bujaruelo - Goríz - Gavarnie - Cauterets
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Bahn
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Bahn
Unterkunftmöglichkeiten:bewirtschaftete Berghütten

1. Tag – Samstag, 06.09.2014: Cauterets – Refuge des Oulettes de Gaube
Morgens um 6 komme ich in Lourdes mit dem Nachtzug aus Paris an. Vom Bahnhofscafé aus genieße ich bei Grand Crème und Croissants den Sternenhimmel, der langsam heller wird und von rosa Kondensstreifen durchzogen wird. Ich erfreue mich am Anblick von Palmen vor Bergen. Das Abenteuer „Acht Tage Hüttenwanderung alleine durch die Pyrenäen“ kann losgehen.
Um Acht fährt der Bus nach Cauterets. Ich kreuze die Strecke meiner großen Pyrenäen-Radtour vom Juni, als ich mit dem Rennrad vom Col d´Aubisque kommend zum Col du Tourmalet fuhr. In Cauterets (942 m NN) ergänze ich meinen Proviant noch mit einer leckeren Schweinesalami und wandere gemütlich das Val de Jéret bergan, durch schöne Wälder, an vielen Wasserfällen vorbei. An der Pont d´Espagne (1.496 m) ist es etwas mehr los. Auf dem Weg zum Lac de Gaube (1.731 m) wachsen Pinien auf skurril gezeichneten Felsplatten. Am See mach ich ne längere Pause und schlummere ein Stündchen am Ufer.
Am Horizont taucht der Vignemale (3.298 m)auf, der höchste Berg in den französischen Pyrenäen. Meine Gedanken schweifen zurück. Vor über 30 Jahren war ich schon mal hier, direkt nach meinem Abi. Rennradtour von Stuttgart über die Camargue bis an den Atlantik. Damals machte ich eine Wanderung zum Lac de Gaube. Und vor knapp 20 Jahren, als ich mit einem Freund zwei Wochen durch die französischen und spanischen Pyrenäen wanderte, mit Zelt, auf ähnlichen Pfaden, wie ich das jetzt vorhabe.
Wie gewohnt also, zieht sich der Weg bis zur Refuge (2.151 m). Ich kann noch kurz die Sonne auf der Terrasse genießen, ne eisige Dusche nehmen, schon gibt es Abendessen und viele Geschichten auf Französisch, Spanisch und Englisch kreuz und quer.

2. Tag – Sonntag, 07.09.2014: Refuge des Oulettes de Gaube – Refugio de Bujaruelo
Frühmorgens wird die Hütte munter und – was soll´s – steh ich halt auch auf. Hab ja lange genug gepennt. Danke, liebe Ohrstopfen. Übers Frühstück, eigentlich meine wichtigste Mahlzeit, sage ich lieber nichts. Auf die nächste Tour nehm ich mir wenigstens ein ordentliches Müsli mit und misch es dann mit der sogenannten Milch.
Es ist noch sehr schattig, als ich aufbreche. Über viel Schotter gehe ich 500 m steil rauf bis zum Col des Mulets (2.611 m). Die Sonne schaut nur ab und zu mal durch die Wolken. Am Pass überquere ich die spanische Grenze. Den Rest des Tages geht es nur noch bergab durch das Valle del Ara. Anfangs felsig, schottrig, unwirtlich wird es immer lieblicher und romantischer. Ein kleines Wiesel tobt sich wenige Meter von meinem Rastplatz entfernt so richtig aus, springt auf mich zu, wieder weg, guckt nur, überschlägt sich wild. Yoga, Osteopathie, klassische Medizin – alles das braucht das kleine Kerlchen nicht. Es lebt einfach, wonach ihm ist. Mein rechtes Knie fängt leider an zu schmerzen. Hab da eigentlich selten was. Das viele Bergab bin ich nicht. Mit Geduld, Zuwendung und Entspannung bekomm ich den Schmerz erstaunlicherweise wieder weg.
Hinterm Berg braut sich ein Gewitter zusammen. Jetzt nicht hektisch werden, sondern in meinem knieverträglichen Tempo weitermarschieren. Das klappt gut. Nach einer Stunde erreiche ich das Refugio de Bujaruelo (ca. 1.338m), mit Tagesgästen gut gefüllt. Warme Dusche, großes Bier, nette und interessante Gespräche mit anderen Wanderern unterm Sonnenschirm im strömenden Regen. Julian, ein englischer Bergführer, der eine Gruppe Franzosen leitet und die Gegend sehr gut kennt, gibt mir wertvolle Tipps und hilft mir bei der Einschätzung, was für mich machbar ist und was nicht. Letzteres ist für mich nicht unwichtig, denn ich war schon lange nicht mehr im Gebirge auf Tour und schon gar nicht alleine.

3. Tag, Montag, 08.09.2014: La Pradera– Refugio de Goríz
Die ganze Nacht hat es geregnet und gewittert und es tröpfelt immer noch. Die Wolken hängen tief im Tal und alles ist patschnass. Heute wollte ich mir eigentlich einen Traum erfüllen und über die Grau dera Faixeta aufsteigend die Faja de las Flores begehen. Mit Julian hatte ich die Tour grob geplant. Aber bei dem Wetter? Schaut nicht gut aus. Die Alternative ist der Weg durchs Valle de Ordesa zur Gorízhütte. Da es bis zur Hütte sehr weit ist, fahr ich mit drei netten Briten zusammen im Taxi nach Torla und von dort mit dem Bus bis zum großen Parkplatz La Pradera (ca. 1.400 m). Durch die verregneten Busfenster sinniere ich darüber, was ich machen soll. Keine Ahnung. Beim Aussteigen weiß ich es plötzlich: trotz Scheisswetter, trotz Knieschmerzen am Vortag, trotz unbekanntem Weg bis zu Gorízhütte und obwohl ich nicht weiß, wie ich so ganz alleine auf die ausgesetzten Stellen reagieren werde, nehme ich den Anstieg zur Faja de las Flores in Angriff.
Erst geht es noch einen halben Kilometer das Tal wieder runter, bis ich intutitiv abbiege und sofort den schmalen Waldweg hinauf finde. Ich grabsche mir noch nen Wanderstock, der dort auf mich wartet und lasse mich von meinem inneren Motor den Berg hinauf tragen. Der regennasse Wald erfrischt mich dabei. Viele Pilze stehen hier rum, auch zwei seltene Krause Glucken. Als ich aus dem Wald komme, sehe ich, dass der Himmel im Süden aufklart und die Wolken über und mittlerweile auch unter mir langsam wegschiebt. Alles richtig gemacht. Andere Menschen gibt es hier keine. Und auch den restlichen Tag nur mal in der Ferne.
Immer weiter geht es auf dem schmalen Weglein bergauf. Bald werden die steilen Felswände sichtbar, die ich überwinden muss. Unterhalb der Clavijas de Carriata entscheide ich mich für die Grau dera Faixeta. Dürfte so 2.200 m hoch liegen. Der schmale Weg führt in die senkrechte Wand. Auf der einen Seite geht es senkrecht hoch, auf der anderen runter. Vor mir auch eine senkrechte Wand, denn der Weg geht um die Ecke.  Angst oder auch nur ein mulmiges Gefühl kommen nicht auf. Ich bin einfach nur überglücklich, mich heute Morgen richtig entschieden zu haben und jetzt an dieser einmaligen Stelle zu stehen.
Die Sonne hat mittlerweile auch den Weg zu mir gefunden. An der anschließenden leichten Kletterpassage lasse ich mir Zeit und bin sehr umsichtig. Auf der anschließenden Wiese gönne ich mir eine Vesperpause, bevor es doch noch ein ganzes Stück hoch bis zum Einstieg in die Faja des las Flores (rund 2.400 m) geht. Bevor es in die unvergleichliche Faja geht, hab ich noch einen schönen Blick rüber zum Casco an der französischen Grenze.
Die Faja ist eigentlich unbeschreiblich. In einem aus der senkrechten Felswand rausgewitterten Felsband wandere ich im Zickzack rund drei Kilometer lang und 1.000 m über dem Talgrund, der gefühlt senkrecht unter mir liegt. Der Weg ist komfortabel breit. Nur selten gibt es Obacht-Abgrund-Stellen. Die Aussicht ist phänomenal. Am Ende erwartet mich neben dem Ausblick in den Cirquo de Cotatuero eine über und über mit Edelweiß bewachsene Wiese.
Über schroffes Karstgelände, der Gottesacker am Hohen Ifen kommt mir vergleichsweise wie ein Babypopo vor, suche ich mir einen Weg südlich um den Pico del Descargador möglichst direkt zur Refugio de Goríz (2.195 m). Da ich schon langsam etwas schlapp bin und auch Ungewissheit im weglosen Gelände und angesichts manch schwarzer Wolke am Horizont an mir nagt, komme ich nur langsam voran. Irgendwann taucht in der Ferne das Refugio auf. An einem Teich, in dem sich zwei Wassermolche tummeln, mach ich noch eine letzte Pause in der Sonne.
Auf den letzten Metern zur Hütte überzeugt mich ein riesiger Steinhaufen nicht, dass es hier runter zur Hütte geht. Ich bin verwirrt, warum ich hier runter soll und so lauf ich geradeaus weiter und hab dann irgendwann einen ganz ganz tollen Blick von oben auf die Hütte. Bravo Kai! Ich muss zurück und komme erst um halb acht ziemlich ausgelutscht an der unwirtlich erscheinenden Hütte an. Die Meute der anderen Wanderer hat schon ohne mich angefangen zu essen, aber ich beruhige mich schnell, denn ich erfahre, es ist erst die erste Schicht und es kommt noch eine zweite, für mich und noch ne hungrige Meute. Ich nehme vor dem Essen noch ne kalte Dusche im versifften Klocontainer neben der Hütte. Wenn ich beim Duschen „Cold As Ice“ singe, fühlt sich das Wasser gleich viel wärmer an. Da ich zwei witzige Spanier am Tisch habe, ist mir die Enge, Lautstärke und der Minimalkomfort der Hütte ziemlich schnurz.

4. Tag, Dienstag, 09.09.2014: Refugio de Goríz
Ruhetag, leider ohne Sonne. Ich lese viel. Ein Rettungshubschrauber holt einen leicht verletzten Wanderer ab. Ich erfahre, dass der Erweiterungsbau der Hütte, der im Rohbau steht, vor drei Jahren aus Geldmangel gestoppt wurde. Abends kommt Julian, der britische Bergführer aus Bujaruelo, mit seiner Gruppe in der Hütte an, die die letzte Nacht in Nerín verbracht haben und über den Mondoto mit Blick über die Anisclo-Schlucht gewandert sind. Er gibt mir den Tipp, über den Höhenweg zur Breche de Roland zu gehen. „Fabulous“ sagt er. Und er sollte Recht haben.

5. Tag, Mittwoch, 10.09.2014: Refugio de Goríz – Refuge de Sarradets
Der Himmel ist wolkenlos. Mich erfüllt allerdings eine Mischung von Abenteuerlust, mulmigem Gefühl und Ungewissheit, was da heute auf mich zukommt. Ich hatte Julian noch befragt, wie der Weg über den Gletscher unterhalb der Brêche de Roland beschaffen ist. Einige Wanderer haben extra dafür Steigeisen dabei. Julian fragt zurück, ob ich denn wenigstens ‚sticks’ dabei hätte. Ich hab jedoch nur nen Wanderstock. Er meinte, wenn ich ganz vorsichtig bin, dann würde das schon gehen.
Na prima, da freu ich mich schon drauf. Vor Rutschpartien auf Schnee- und Eisfeldern hab ich nämlich echt den Horror. Abfahrtski kann ich nicht. Langlauf und Schlittschuhlaufen ist auch nicht mein Ding und voll das Rumgeeier. Dagegen fahr ich gerne mit dem Rennrad auf 25 mm breiten Reifen durch Schnee und Eis in meiner Heimatstadt Bremen. Das gibt mir nen Kick. Für den Gletscher heute nachmittag bleibt mir nur Hoffen und Beten, dass ich da lebend rüber komme.
Zunächst geht es im Schatten rauf zum Lago Helado auf rund 3.000 m, der allerdings nicht gefroren ist. Die Monte-Perdido-Besteiger sind hier auch unterwegs, auch Julian mit seiner Gruppe. Am Lago verabschieden wir uns. Ich gehe gen Westen, leicht ansteigend, um den Vorgipfel des Cylindre. Ich quere ein erstes abschüssiges Schneefeld. Geht prima. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Von einer Steinwüste komme ich in die nächste. Eine großartige Mondlandschaft. Die Aussichten in die Schluchten des Ordesa-Nationalparks und die Steilwände dort ist nicht minder atemberaubend. Auch die Weitsicht ist sehr gut.
Im Kessel zwischen Cylindre, Marboré und Pic de la Cascade bin ich unsicher, wo es lang geht. Nach ausgiebigem Kartenstudium komme ich zum Ergebnis, dass ich unterhalb einer Steilkante lang muss. Die Steinmännchen bleiben aber oberhalb und einen Abstieg finde ich nicht. Also gehe ich ein endloses Schotterfeld rauf. Schotter wo ich hinblicke, rechts, links, vorne, hinten, unten. Nur über mir blauer Himmel. Plötzlich ist das Schotterfeld zu Ende und ich blicke fast von einer Sekunde auf die andere in den Cirque de Gavarnie, 1.500 m tief,  und auf das Riesenpanaroma der französischen Berge. Mir stockt der Atem und vor ich bin angesichts dieser Größe und Schönheit überwältigt.
Nach ner Vesperpause geht es weiter. Eigentlich immer mehr oder weniger an der Kante des Cirque lang. Vor mir geht es aber auch nur senkrecht runter. Ich muss zurück. Später wird mir klar, dass ich auf der L´Épaule (3.073 m) gelandet bin. An der Stelle, wo mich die Steinmännchen fehlgeleitet habe, finde ich jetzt den Abstieg über die Felskante. Von weiter oben konnte ich auch zwei Wanderer unterhalb entdecken. Beruhigend, denn das heißt, es geht hier irgendwo hin, vielleicht sogar dahin, wo ich hin will.
Von Steinmännchen zu Steinmännchen geht es über Felsen, Schotter, Steine oder auch mal ein Schneefeld. Ein einsamer Wanderer begegnet mir. Die zwei von vorhin sehe ich ab und zu und versuche ihnen zu folgen. Kurz vor der La Torre (3.015 m) hab ich nochmal einen wunderschönen Ausblick in den tiefen Kessel von Gavarnie, jetzt auch mit Blick auf die Cascade.
Es geht jetzt ein Stück runter zum Gemsensteig, Cuello de los Sarrios. Ich komme gut klar mit dem Weg, auch einer Kletterstelle. Nur einmal hab ich das Vergnügen, über ein kleines, sehr steiles Schneefeld zu gehen und zu üben, mich sicher darauf zu bewegen. Der Himmel hat sich mittlerweile zugezogen, Gewitter bleiben heute aber aus. Die mit einer Kette versicherte Stelle vor der Brêche de Roland (2.807 m) entlockt mir nur ein müdes Lächeln. An der Brêche treffe ich endlich ein paar Menschen. Es ist frisch hier, auch schon spät und ich bin müde. Die Refuge des Sarradets (2.587 m) ist unter mir sichtbar und ich mach mich dran, den Gletscher hinter mich zu bringen. Komplett harmlos. Es liegt Schnee drauf und ist nur etwas rutschig. Die Hütte hat zur Abwechslung mal gar keine Dusche und der mitgebrachte Waschlappen kommt zum Einsatz.

6. Tag, Donnerstag, 11.09.2014: Refuge de Sarradets – Refuge des Granges de Holle
Heute freue ich mich auf einen gemütlichen, genussvollen Tag ohne große Abenteuer. Wie ich in den Cirque runter komme, weiß ich zwar noch nicht. Der Weg entpuppt sich allerdings als bestens markiert. Er ist zwar steil, ab und zu brauche ich auch mal ne Hand. Der Blick in den Cirque ist großartig, auf die Cascade. Stolz und ehrfürchtig erinnere ich mich an die Stellen, von denen ich gestern noch herabschaute. Auf den steilen Wiesen wächst Eisenhut dicht an dicht. Die Sonne erreicht mich erst, als ich am Hotel de Cirque ankomme. Ein Stück weiter unterhalb verlasse ich den breiten Hauptweg, quere den Bergfluss und komme zu einer romantischen, verlassenen Wiese mit Blick zurück auf den Cirque. Ich lege mich ins Gras und genieße die Friedlichkeit.
Der Weg führt oberhalb von Gavarnie vorbei und am frühen Nachmittag komme ich in der Refuge de Granges de Holle (ca. 1.500 m) an, nehme eine warme Dusche, trinke ein Bier, lese und tausche mich mit den anderen Wanderern aus, die nach und nach eintrudeln.

7. Tag, Freitag, 12.09.2014: Refuge des Granges de Holle – Refuge des Oulettes de Gaube
Heute hab ich einen weiten Weg vor mir durchs Ossoue-Tal. Natürlich wähle ich nicht die Fahrstraße zur kleinen Barrage d´Ossoue, sondern den Wanderweg auf der Südseite des Tales, anfangs etwas steiler ansteigend auf 1.800 m, dann lange diese Höhe haltend. Nach vorne hab ich den Vignemale vor Augen, hinten blitzen Marboré und ab und zu sogar die Brêche de Roland auf. Vor der Cabane de Lourdes mache ich auf einer Mauer Mittagspause. Nach dem Stausee (1.834 m) beginnt der Aufstieg, um diese Tageszeit schon etwas mühsam, aber durch eine wunderschöne Bergwelt. Unterwegs und auch an der Refuge de Baysselance (ca. 2.641 m) mach ich kurze Pausen, bis ich auf 2.734 m die Hourquette d´Ossoue erreiche, mit Blick auf die Nordwand des Vignemale. Ein Riesenstück kracht vom Gletscher ab. Die Klimakatastrophe lässt grüßen. Bis zu meinem Tagesziel, der mir von meiner ersten Übernachtung bekannten Refuge des Oulettes de Gaube (2.151 m) ist es noch rund eine Stunde über Schotter- und grobe Blockfelder.

8. Tag, Samstag, 13.09.2014: Refuge des Oulettes de Gaube – Cauterets
Mein letzter Tag bricht an. Während die Spitze des Vignemale sich in Morgensonne taucht, breche ich auf durchs schattige Tal. Es ist schön, die Tour so gewählt zu haben, dass ich sie am Ausgangspunkt beende. Das gibt ein rundes, wärmendes, meine Erinnerungen umschließendes Gefühl. Am Lac de Gaube hat es die Sonne endlich auch zu seinem Ufer und mir geschafft. Weiter unten kommen mir immer zahlreichere Menschen entgegen, die schon beim einstündigen Aufstieg zum See heftig an ihre Grenzen stoßen.
An der Pont d´Espagne mache ich Pause auf einem sonnigen Felsen und wundere mich über ein ungewöhnliches Gefühl an meinen rechten Zehen. Irgendwie, ja wie soll ich sagen, so luftig, frei, ungezwungen, fast wie neu geboren. Ich schau runter und sehe, dass auf den letzten Metern die Sohle meines Wanderstiefels abgeplatzt ist. Ich lache mich kaputt. Was für ein Zufall. Ein paar Tage früher hätte mir das ernsthafte Probleme eingebracht. Ich hatte schon überlegt, sie in Paris in der Metro abzustellen, da sie schon ziemlich abgenudelt waren. Jetzt werde ich Sie in Cauterets (942 m) entsorgen. Bis dahin werde ich wohl noch kommen. Sonst hätte ich auch noch Wandersandalen dabei, die ich überhaupt nicht gebraucht habe, mir jetzt auf dem Rückweg aber gute Dienste leisten werden.
In Cauterets hab ich noch etwas Zeit, aber leider ist der Ort ziemlich ausgestorben. Ich kaufe noch leckeren Käse und Würste als Mitbringsel ein. Um drei fährt der Bus, um fünf dann der Zug ab Lourdes bis nach Toulouse. Dort hab ich drei Stunden, flaniere durch die lebhafte Stadt. Am Bahnhof zurück laufen mir doch tatsächlich die drei netten Briten aus Bujaruelo wieder über den Weg, die am nächsten Morgen einen Flug in ihre Heimat haben. Mir ist die Bahn viel lieber. So hab ich Zeit, über meine Erlebnisse und Erkenntnisse nachzudenken und nachzuspüren.

Tourengänger: kaipi


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Kommentare (1)


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lampbarone hat gesagt:
Gesendet am 24. November 2016 um 13:53
Ein schöner Bericht von einer tollen Gegend!
Du hast allerdings Vignemale und Perido als Wegpunkte angegeben, warst aber dem Bericht nach nicht wirklich oben (?).
Das Problem dabei ist, auf dieser Seite lesen auch viele unerfahrene (die nach Informationen suchen und selbst keine Berichte schreiben bzw. nicht einmal einen Account haben). Die könnten durch solche Informationen dazu verleitet werden, dass die Gipfel so einfach mit T3 bestiegen werden können und in Gefahr gebracht werden.


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