Rauher Kopf (3101m) - Ein langer Tag in der Silvretta


Publiziert von MatthiasG , 19. Oktober 2014 um 23:29.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Silvretta
Tour Datum:18 Oktober 2014
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 13:00
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1300 m
Strecke:21km hin & retour
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto zur Bielerhöhe
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Auto zur Bielerhöhe
Unterkunftmöglichkeiten:Wiesbadner Hütte, hat aber schon geschlossen.
Kartennummer:1178 Gross Litzner

Um 4:00 geht der Wecker für Sylvias ersten 3000er. Wir nehmen es gemütlich, denn wir wissen, dass das Wetter stabil ist, und wenig Neuschnee oben liegt. Dass wir über 20km zu meistern haben, das habe ich meiner Frau erst am Ende der Tour verraten :)

Bei einem kleinen Ausrutscher auf einer Eisplatte im Dunklen verreißt sie sich die Schulter, und ich sehe schon das Ende der Tour, bevor sie überhaupt angefangen hat, aber Sylvia beißt sich durch und ignoriert den Schmerz den ganzen Tag lang, auch beim Klettern!

Mit der Stirnlampe geht es am Stausee vorbei, bis die ersten Sonnenstrahlen den Piz Buin erreichen. Ein gewaltiger Anblick! Ziemlich genau auf 2500m verlassen wir dann den Weg - jetzt heißt es selber suchen. Es ist nicht übermäßig schwer, denn ich weiß vom Kartenstudium, dass wir uns immer an den kleinen Seen entlanghanteln müssen. Trotzdem hatten wir auch ein wenig Glück, denn an ein paar Stellen haben wir wohl eher durch Zufall (und vielleicht ein wenig Instinkt) den richtigen Weg gewählt.

Am Gletscher angekommen die nächste Erleichterung: es liegt nur sehr wenig Schnee. Trotzdem seilen wir uns an, denn es gibt vereinzelt sehr wohl Spalten. Sylvia findet aber einen guten Weg, und wir müssen nur über eine einzige schmale Spalte steigen.

Auf dem Hinweg hielt der Schnee noch, auf dem Rückweg dann schon nicht mehr. Aber ich wußte, dass die Spalte da sein musste, und bin daher nur mit dem Fuß ein wenig eingebrochen, als ich absichtlich mit entsprechender Vorsicht auf den Schnee trat, um die genaue Position der Spalte zu bestimmen. Erkennen konnte man sie an dem länglich leicht eingesunkenen Schneeband.

Am höchsten Punkt der Rauhkopfscharte verlassen wir den Gletscher und befreien uns von den Steigeisen. Randspalte ist kaum vorhanden. Dann geht es zuerst an einem breiten Turm eng westliche vorbei, bis man in leichtes Kraxelgelände kommt (UIAA I). Als nächstes kommt eine einladende Rinne - zu einladend - ich lasse sie links liegen und wir begeben uns in schwierigeres Gelände (UIAA II) - sehr brüchig, alles lose. Die einladende Rinne wäre aber der richtige Weg gewesen, wie wir dann auf dem Rückweg deutlich sehen können.

Dadurch, dass wir die falsche Rinne zum Grat nehmen, kommen wir zuerst auch ein wenig zu hoch an, und ich klettere den Grat hinauf, um zu sehen ob es da weiter geht - Fehlanzeige. Bis UIAA III kraxel ich aber weiter, sehr ausgesetzt, dann weiß ich, dass es falsch sein muss (Tirol ist nur 200m entfernt - senkrechte 200m, der Grat verläuft genau auf der Grenze). Wieder zurück und etwas nach unten entdecken wir schließlich einen kurzen Kamin (ca. 5 Meter hoch, UIAA II), ebenfalls ziemlich brüchig. Das wäre bei richtiger Routenwahl wohl die Schlüsselstelle. Im Aufstieg geht es recht gut, im Abstieg ist sie dann etwas ungemütlicher.

Nach dem Kamin ist mehr Schnee und kleinblockiges, leicht instabiles Gelände, aber nicht schlimm. Der Gipfel wäre näher gewesen, als wir dachten, aber auf dem Nebengipfel (eine Stelle UIAA II) war es auch schön. Dann nochmal runter und auf den Hauptgipfel, der mit einem beeindruckenden Gipfelkreuz (zwei Bretter und ein rostiger Nagel) und gar keinem Gipfelbuch ausgestattet ist. Schade.

Da es etwas windig ist und wir den lästigen Kamin hinter uns bringen wollten, haben wir die eigentliche Pause dann aber weiter unten eingelegt. Der Abstieg durch die Schuttrinne war dann recht harmlos im Vergleich zu unserer Aufstiegsvariante.

Der Weg zum Auto zog sich aber dann schon ziemlich in die Länge. Auf halbem Weg trafen wir noch einen Jäger mit Hund und Büchse, dem wir Auskunft über das erblickte Wild gaben. Er sprach starken tiroler Dialekt, daher scherzten wir schon, dass er ein Wilderer sein müsste, hier auf vorarlberger Jagdrevier.

Kurz bevor wir das Auto erreichten, konnten wir dann noch den Sonnenuntergang bewundern. Fotos gibt es davon nur wenige, wir wollten uns dann nicht mehr ewig aufhalten.

Eine wunderschöne, und völlig einsame Tour, aber ich muss schon sagen, meinen ersten 3000er (das Sparrhorn) habe ich mir bei weitem nicht so hart erkämpfen müssen!

Zum Zeitbedarf: Großzügige Fotopausen inklusive, sehr gemütliches Tempo
Zur Schwierigkeitsbewertung: einige recht vereiste Stellen, sehr brüchige Kraxelei. Im Hochsommer wahrscheinlich alles einen Grad leichter.
Zum GPS Track - Achtung: im Aufstieg einige gefährliche Irrwege! Ansonsten ist der Track sehr genau und folgt einer beinahe idealen Linie. Allgemein: Auf Gletschern nie einen GPS Track vertrauen, Gletscher bewegen sich und sind jedes Jahr anders! 

Tourengänger: MatthiasG, SylviaB
Communities: T6


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