Weisse Flecken: 8 Gipfel im Weisstannental


Publiziert von Delta Pro , 11. Oktober 2014 um 19:00.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum: 9 Oktober 2014
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SG 
Zeitbedarf: 6:45
Aufstieg: 2120 m

Spannende Grattour in einer der einsamsten Regionen der Schweiz bei starkem Föhn

Das hinterste Weisstannental ist praktisch ein weisser Fleck auf der Hikr-Landkarte. Noch immer gibt es dort verschiedene Gipfel ohne Eintrag. Das ist erstaunlich, da die Region relativ gut erreichbar ist, und dank ihrer Einsamkeit einen ganz besonderen Reiz ausstrahlt. Nach der unvergesslichen Grattour, die 3614adrian und ich vor Jahresfrist vom Pizol zum Hangsackgrat gemacht hatten, war mir klar, dass ich diesen Kamm noch weiter verfolgen wollte. Während marmotta schon ein paar Juwelen dieser abgeschiedenen Bergwelt beschrieben hat, gab es zu fünf der acht heute bestiegenen Gipfel noch keine Informationen. Dies inbesondere für den rund zwei Kilometer langen Muotätalgrout vom Fahnenstock zum Älplistock - eine Route die eine besondere Anziehung auf mich ausübte.
Grundsätzlich halten sich die Schwierigkeiten der Grattour in Grenzen. Nur um das Marchegghorn wird das T6 erreicht. Die Charakteristik des Geländes ist ähnlich wie zwischen Pizol und Sazmartinshorn. Obwohl der Grat durchwegs ziemlich ausgesetzt ist, erlaubt das gut gestufte Gestein Umgehungen. Insgesamt eine sehr schöne und lohende Überschreitungstour, welche an diesem Tag durch den stürmischen Föhnwind noch etwas Pfeffer erhalten hat.


Grauspitz - Heubützler (T4, eine Stelle T5+)
Von Untersäss (erreichbar per PW auf einer guten Strasse) auf einem steilen Weg gegen die Alp Foo. Auf ca. 1700 m.ü.M. entscheide ich mich eine "Abkürzung" zum Grauspitz zu nehmen und quere die junge Seez um dann weglos durch steile Grasflanken nach Osten zu steigen. Leider ist die Vegetation ziemlich kraftraubend und ich bin voll dem stürmischen Föhn ausgesetzt. Dies wird immer schlimmer als ich mich die Grauplangg hinaufarbeite. Mehr als einmal holt mich der Sturm fast von den Beinen und ich frage mich schon ernsthaft ob ich geplante Grattour verfrüht abbrechen muss. Zum höchsten Punkt des Grauspitz (T3) und weiter zum Ostgipfel (Pt 2475). Vor diesem gilt es eine kurze, exponierte Stufe am Grat zu erklettern. Der Fels sieht brüchig aus, ist aber erstaunlich solide (T5+). Eine Umgehung in der Südflanke wäre möglich. Vom Muotatalsattel durch den wunderschönen Kessel des Heubützli, zum oberen See und entlang W-Grates zum Heubützler. Dieser Aufstieg ist schön und weglos (T4). Kurz vor dem Gipfel weicht man in die N-Flanke aus und kraxelt dann in gut gestuftem Fels (etwas rechtshaltend) zum höchsten Punkt.

Plattenfirst - Fahnenstock (T5)
Zur Überschreitung des Plattenfirsts hatte ich keine Informationen ausser der dürftigen Beschreibung im veralteten SAC-Führer. Der Erfahrung nach kann ein "L" in diesem Werk ziemlich alles zwischen T3 und 4. Klettergrad sein... Vom Heubützler den ersten Turm rechts, den zweiten links umgehend (Trittspuren) ohne Probleme auf den horizontalen, grasigen Gratabschnitt. Der Föhnsturm ist unbarmherzig. An ein direktes Begehen von schmalen Gratabschnitten ist nicht zu denken. Glücklicherweise ist es oft möglich im zwar steilen und etwas feuchten, aber gut gestuften Gelände in der windstillen Nordflanke knapp unter dem Grat zu gehen. Kurz vor dem Gipfel wird der Grat steiler und man klettert in der Flanke zum höchsten Punkt (T5). Der Grat zum Heubützlipass ist schmal. Ohne Wind würde ich der Kante folgen, nun lasse ich mich aber dankbar auf gute Wildwechsel der Nordseite abdrängen auf denen man ohne Höhenverlust den Pass erreicht (T5). Von dort auf einem guten Weglein (zuerst in der N-Flanke) zum Fahnenstock (T4).  

Muotätalgrout (T6, WS, II)
Die Entscheidung fällt mir alles andere als leicht: Trotz des starken Windes die Begehung des langen und stellenweise wilden Muotätalgrouts angehen? Oder das ganze auf später verschieben? Schliesslich übt das Unbekannte eine zu grosse Anziehungskraft aus. Vom Fahnenstock ganz rechts an der Kante um die Steilstufe gleich am Gipfel. Eine plattige Passage umgehe ich etwas in der Südflanke (T5). Dann auf dem einfachen Graskamm zum ersten Gipfel des Muotätalgrout und weiter über die langsam schmaler werdende Schneide. In stetem Auf und Ab werden einige Kuppen überstiegen. Auch hier gelingt es mir exponierte Gratpassagen nordseitig im Windschatten zu begehen. Ein erster Höhepunkt auf dem spanennden und abwechslungsreichen Grat ist Pt 2571, ein kecker, grasiger Zahn. Im Anschluss wird das Gelände immer wilder, der Grat ist aber nach wie vor gut begehbar.
Vor dem Marchegghorn muss der Grat verlassen werden. Man quert ca. 30m links in die Ostflanke und steigt in unzuverlässigem Fels bis einer Rippe auf. Eine unangenehme, plattige Rinne wird gequert und man erreicht den Vorgipfel. Von diesem exponiert in die Scharte und steil hinauf zum höchsten Punkt (T6). Das Marchegghorn wird wohl so gut wie nie bestiegen und hat nicht einmal den Überrest eines Steinmanns zu bieten. Im steilen Gelände, dem schlechten Fels und dem stürmischen Föhn war ich allerdings zu angespannt um dies zu ändern. Man folgt etwas dem schmalen Grat bis er nicht mehr begehbar wird (brüchige Platten). Ein Wildwechsel verläuft nun absteigend in der hier fast senkrechten Nordflanke. Ich empfand diese Stelle als sehr ausgesetzt (T6). Bei einer Begehung im Aufstieg und ganz trockenen Bedingungen dürfte sie aber für den erfahrenen Alpinwanderer gut zu schaffen sein. Der Grat bleibt schmal, ist nun aber wieder deutlich angenehmer zu begehen und recht schnell erreiche ich die letzten Aufschwünge vor dem Gspaltengrat, wo ab und zu etwas Kletterei (II) nötig ist.
Vom Gipfel über Platten in die Scharte und in erstaunlich gutem Fels über die Steilstufe hinauf (I). Dann einfach an den Fuss des Älplispitzes und in kurzer Kletterei zum höchsten Punkt (nasses Gipfelbuch). Der Weiterweg zur Gross Schiben und über den Weralpergrat wäre logisch, doch im Alleingang hatte ich dies von vorneweg ausgeschlossen. Da ich keine Lust auf den wohl sehr mühsamen Nordabstieg vom Älplijoch hatte, wandere ich zurück zum Gspaltengrat und von diesem den breiten NW-Kamm hinab (T4), mit Sicherheit die einfachste Route auf diesen Gipfel. Dann durch schönes, teilweise steiles Grasgelände (rechts des Baches bleiben) in die Ebene oberhalb der Alp Foo und mit Rückenwind zurück nach Untersäss.


Durchgangszeiten:
Untersäss: 7.15
Grauspitz: 9.05
Heubützler: 10.10
Älplispitz: 12.20
Untersäss: 13.55


Tourengänger: Delta


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