Ende Juli / Anfang August verbrachten wir zwei Wochen Familienferien in einer Ferienwohnung in Laax Murschetg. Das Programm war natürlich vor allem unseren Söhnen (2 1/2 Jahre und 6 Jahre) angepasst. Spielplätze, Laaxersee, Caumasee, Crestasee, Steine suchen, ein Besuch mit viel Action in der Freestyle-Academy, Bräteln und Bäche stauen. Das typische aber auch coole Familienprogramm. Einer der Höhepunkte war der Besuch der Mineralienbörse in Disentis. Meine Jungs kriegten leuchtende Augen und ich konnte bei Gian die Begeisterung für Mineralien und Kristalle wecken.
Am 5. August konnte ich einen Tag für mich 'aushandeln' und machte mich auf zu einer tollen Tour auf den Piz Dolf.
Der Ausgangspunkt für diesen erstaunlicherweise relativ selten bestiegenen 3000er liegt auf dem Cassonsgrat (Fil de Cassons). Bei einer Höhe von 2678m wird einem der Anstieg durch die Sessellifte Flims - Foppa und Foppa - Naraus und danach durch die Seilbahn Naraus - Cassonsgrat massiv erleichtert.
Mit der ersten Bahn, die leider erst um 09:00 in Flims abfährt, ging es hoch zu diesem Ausgangspunkt. Aus der Seilbahn zum Cassonsgrat konnte ich mehrere Steinböcke und einige Murmeltiere beobachten. Noch waren sie ungestört, der Touristenstrom auf diesen tollen Aussichtspunkt kommt offenbar erst deutlich später.
Nach einer Stärkung im Gipfelrestaurant machte ich mich auf den Weg zum Piz Dolf. Mein Tenue hat einige verdutzte Blicke provoziert. Ich war im leichten Running-Outfit unterwegs. Im Rucksack selbstverständlich ein Softshell und eine Goretex-Jacke. Die obligaten Stöcke und meine bewährten Trailrunning-Schuhe.
Gemäss den Beschreibungen im SAC-Führer und den Berichten auf Hikr.org sollte der Aufstieg ohne Gletscherkontakt möglich sein und Regen war für den Tag auch keiner angesagt. Also keine höheren Anforderungen an die Schuhe.
Zuerst verläuft der Weg über den Gipfel des Fil de Cassons runter zur Fuorcla Raschaglius (2551m). Den Südgrat des Piz Dolf hat man wunderbar im Blick. Für mich war aber nicht der Südgrat geplant sondern der Nordrücken der sich vom Sardonapass bis zum Vorgipfel auf 2998m heraufzieht.
Nach der Fuorcla Raschaglius zieht der Pfad in nördliche Richtung in der Westflanke des Piz Dolf. Man sollte nicht zu früh runter zur Ebene der Plaun Segnas Sura sondern mit möglichst wenig Höhenverlust in Richtung Segnes-Gletscher laufen. Das geht alles ohne Probleme. Der Weg ist nicht zu verfehlen.
Auf ca. 2700m stieg ich über einen recht steilen und sehr mühsamen, äusserst instabilen Schieferhang möglichst direkt zum Nordrücken des Piz Dolf. Somit konnte ich einen Gletscherkontakt vermeiden. Das ging eigentlich noch recht gut. Beim Abstieg konnte ich wie auf einem Schneefeld surfend diese Höhenmeter hinter mich bringen.
Durch diesen direkten Weg auf den Nordrücken liess ich den Sardonapass quasi links (eigentlich eher rechts) liegen.
Es ging nun darum, möglichst die 'Gratschneide' zu erreichen. Wenn man überhaupt von einer Gratschneide sprechen kann. Jedenfalls war ich recht rasch beim Vorgipfel (2998m) des Piz Dolf angekommen.
Dort folgte der heikelste Teil der Tour. Es galt eine sehr abschüssige Stelle von ca. 50m Länge zu traversieren. Ein Fehltritt hätte gravierende Folgen gehabt. Im feuchten und sehr rutschigen Schiefer waren diese Meter alles andere als angenehm.
Doch bald verbreiterte sich der Pfad wieder und wenige Minuten nach dem Vorgipfel stand ich auf dem Gipfel des Piz Dolf. Mutterseelenalleine auf 3028m.
Traumhafte Aussicht auf Piz Sardona, Piz Segnes, Atlas, die Tschingelhörner, Ofen, Laaxer Stöckli, Vorab und so weiter.
Der Blick ins Gipfelbuch offenbarte dass dieser Gipfel relativ selten besucht wird (zumindest im Sommer), was angesichts des sehr komfortabel erreichbaren Ausgangspunktes einigermassen erstaunt.
Nach einer kurzen Stärkung ging es wieder runter. Wo immer möglich im leichten Laufschritt. Ein grosses Schneefeld und die oben erwähnte Steilstelle im feinen Schutt erleichterten den Abstieg.
Da ich zum Gipfel nur wenige Höhenmeter absolvieren musste wollte ich wenigstens einen längeren Abstieg. So ging ich nicht wieder hoch zum Fil de Cassons sondern querte die wunderbare Ebene von Plaun Segnas Sura bis zu La Siala, um von dort via Tschenghel dil Gori nach Plaun Segnas Sut abzusteigen. Etappenziel war die Segneshütte, wo ich mich noch kurz verköstigte.
Der weiter Abstieg via Nagens bis nach Laax Murschetg hatte es 'beintechnisch' dann doch noch in sich.
Gegen Abend kam ich dann wieder in der Ferienwohnung an und konnte von einer coolen 'Solo-'tour berichten.
Fazit:
Tolle und erstaunlich einsame Tour auf einen sehr einfach erreichbaren 3000er. Technisch nicht schwierig, einige Stellen aber bei Nässe heikel. Könnte durchaus verlängert werden mit einem weiteren Anstieg ab Segneshütte zum Grischsattel und von dort zum Ofen und zum Laaxer Stöckli. Die Tage müssten einfach länger sein ;-)
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