Kelleschrofen via Bachschmidkamin und Babylonischer Turm


Publiziert von quacamozza , 26. September 2014 um 16:11.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:24 September 2014
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 6:45
Aufstieg: 1140 m
Strecke:Nesselwängle-Gimpelhaus-Tannheimer Hütte-Bergzigeunerhütte-Sabachjoch-Kelleschrofen-Babylonischer Turm-Sabachjoch-Nesselwängle (14 km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Reutte, Pfronten oder Oberjoch ins Tannheimer Tal nach Nesselwängle P Materialseilbahn Gimpelhaus (Tagesgebühr 3 €)
Unterkunftmöglichkeiten:Gimpelhaus, Tannheimer Hütte
Kartennummer:AV-Karte Bayerische Alpen BY 5 1:25 000 Tannheimer Berge Köllenspitze, Gaishorn

Der Kelleschrofen und der Babylonische Turm sind die beiden schwierigsten Tannheimer Gipfel. Während der Babylonische Turm wegen einiger schöner Extremkletterrouten noch hin und wieder besucht wird, ist der Kelleschrofen in den letzten Jahren völlig vereinsamt.
Das muss man sich mal vorstellen: Noch kein einziger GB-Eintrag im Jahr 2014, das bald schon wieder rum ist.

Naja, wenn man mal eine Route geklettert ist, kann man das nachvollziehen. Die früher oft begangenen Anstiege durch die Südseite sind von übelstem Bruch und damit sehr steinschlägig. Wer also mal scharf darauf ist, zu überprüfen, ob und wieviel uralte Rosthaken noch halten und sich beim Klettern in schwerem Fels nicht daran stört, dass trotz vorherigem Belastungstest plötzlich Griffe und Tritte wegbrechen, kann in einen der beiden Südkamine einsteigen. Das Abenteuer ist garantiert. Steinschlag lässt sich bei dieser Gesteinsqualität sowieso nicht vermeiden. Man darf sich als Nachsteiger darauf einstellen, dass einem ordentlich was um die Ohren fliegt. Wir passen natürlich sehr auf. Die Aussicht vom Gipfel entschädigt dann zwar etwas für die Plage. Unser Gesamturteil aber lautet: nicht empfehlenswert.  

Eigentlich wollten wir durch den linken der beiden Kamine, den Führerkamin, auf den Kelleschrofen. Dieser soll mit neuen Haken saniert sein. Wir haben den Einstieg allerdings verfehlt. Der Kamin ist im unteren Teil auch nicht als solcher auszumachen. Er ähnelt mehr einer Schlucht. Das Gelände ist generell recht unübersichtlich. Der markanteste Einschnitt in der Südwand neben zwei auffällig gelben Felstürmen führt jedenfalls in den 1897 erstmals durchkletterten Bachschmidkamin.


Zur Schwierigkeit:

Kelleschrofen Bachschmidkamin: IV+ und IV ca. 25 Meter, Einstieg III, oben T 6 und II, zwischendurch viel Schutt; Die Bewertung mit III+ im alten Führer Tannheimer Berge ist zu niedrig gegriffen.
Babylonischer Turm: II+ aus der Südgratscharte

Abstiege jeweils mit Abseilen. Bei Abklettern III und II mit einer gehörigen Portion Risikobereitschaft


Zur Ausrüstung:

Vollständige Kletter- und Abseilausrüstung, zusätzlich einige Friends


Zum Zeitbedarf:

Nesselwängle-Gimpelhaus-Sabachjoch: 1 Std 30 min
Sabachjoch-Kelleschrofen: 2 Std
Kelleschrofen-Babylonischer Turm: 1 Std
Babylonischer Turm-Sabachjoch: 1 Std
Sabachjoch-Nesselwängle: 1 Std 15 min 



Vom Parkplatz der Materialseilbahn Gimpelhaus schräg über die Wiese und auf den breiten Weg zum Gimpelhaus (1659m). Weiter zur Tannheimer Hütte (1713m) und zwischendurch mit 60 Metern Höhenverlust zur Bergzigeunerhütte (1705m). Auf gutem Wanderweg ins Sabachjoch (1860m).

Statt direkt an den Bergfuß hochzusteigen queren wir ein Stück auf gleicher Höhe in Richtung der beiden gelben Felstürme. Dann geht es in die Geröllschlucht, die bald mit einer unangenehmen, plattigen Stufe (III) aufwartet. Nach einigen aufgrund der vielen losen Steine anstrengenden Höhenmetern verschmälert sich die Schlucht bald zu einem engen Kamin und damit zum Beginn der Hauptschwierigkeiten.

Während die unteren Meter noch einigermaßen genussvoll zu klettern sind (III), wird's später richtig gruselig. Wir weichen auf die bauchige und griffarme rechte Begrenzungswand aus. Die Kletterei ist psychisch fordernd, nicht nur weil die Schwierigkeiten deutlich höher sind als angegeben. Wir fragen uns, welche Route wir gerade klettern. Hm, solange wir wenigstens noch alte Haken und Schlingen finden...

Nach dem Kaminausstieg geht's dann durch eine flache, schuttige Rinne etwas hoch. Danach soll man laut Führer links auf einen Grashang steigen. Rechts auf den Südostgrat scheint uns allerdings die bessere Wahl. Das Gelände bleibt zwar heikel, ist nun aber deutlich leichter. Typische Tannheimer T 6-Steilschrofen mit IIer-Stellen. Oben auf dem Grat erwartet uns der schönste Teil des Aufstiegs mit tollem Tiefblick ins Reintal. Über den grasigen Grat kommen wir schnell an den kleinen Gipfelaufschwung, den wir direkt erklettern (II). Schließlich über einen kurzen Verbindungsgrat (der weitere Grat zum Babylonischen Turm zweigt rechts ab) zum Gipfel des Kelleschrofen (2091m; GK und GB). Das GB von 1970 ist leider nicht mehr in gutem Zustand und zerfällt zunehmend. Auf jeden Fall interessant, ein bißchen durchzublättern und nach bekannten Namen zu suchen.


Kurz auf dem Grat zurück und dann westlich etwa 30 Meter weiter. An zwei Stellen lässt sich abseilen. Am besten hinunter bis auf ein schmales Band, das um eine Ecke direkt in die Scharte zwischen den beiden Gipfeln führt. In der Scharte befindet sich ein Schartenbuch in einer Metallkassette.

Aus der Scharte zunächst etwas rechts der Kante, dann auf dem fast horizontalen Grat zum recht geräumigen Gipfel des Babylonischen Turmes (2060m). Alte Verankerungen deuten darauf hin, dass hier früher mal ein GK gestanden haben muss. Am Beginn des Gipfelgrates befindet sich ein Haken, den wir zum Abseilen in die Scharte nutzen.

Den Weiterweg über den Teufelsgrat zur Kellespitze verschieben wir nach einiger Überlegung aufs nächste Jahr. Mit Seilsicherung und Abseilen liegt der Zeitbedarf bis dahin bei geschätzt ca. 4 Stunden. 

Der weitere Abstieg durch die Südrinne erfolgt durch dreimaliges Abseilen von je 15-20 Metern. Am Beginn der Rinne führen Spuren im Linksbogen hinunter auf einen von oben gut sichtbaren grasigen Absatz. Ab hier dann auf Trittspuren hinüber an die Südkante des Kelleschrofens und über Steilgras und einige Felsen (bis II) hinunter ins Sabachjoch

Auf der Terrasse des Gimpelhauses genießen wir Speis und Trank, bevor es wieder runter nach Nesselwängle geht. 




 

Tourengänger: quacamozza


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Kommentare (12)


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AIi hat gesagt: Gratulation....
Gesendet am 26. September 2014 um 16:27
zu den schwierigsten Tannheimern und der hikr Erstbesteigung! Als ich dort unterwegs war hab ich auch den ein oder anderen sehnsüchtigen Blick zu ihnen hinauf geworfen, doch leider nicht Alitauglich.

Sportlichen Gruß
Ali

quacamozza hat gesagt: RE:Gratulation....
Gesendet am 26. September 2014 um 20:59
Hallo Ali,

da bedanke ich mich doch erstmal ganz herzlich.

Lese auch gerne Deine Berichte aus den Ammergauern. Bin mir sicher, dass Du irgendwann den Weg auf diese beiden Gipfel finden wirst.
Wünsch Dir weiterhin schöne, unfallfreie Touren.

Sportliche Grüße zurück
Ulf

83_Stefan hat gesagt:
Gesendet am 26. September 2014 um 16:30
Hallo Ulf, ich gratuliere dir zu den schönen Gipfeln. Den Kelleschrofen habe ich auch auf der erweiterten "to-do-Liste". Beste Grüße!

quacamozza hat gesagt: RE:
Gesendet am 26. September 2014 um 21:06
Hallo Stefan,

vielen Dank für Deine Worte. Oben ist es ja ganz schön, aber ich kann Dir unseren Aufstieg nicht empfehlen. Zu gefährlich. Aber es gibt ja noch andere Wege..

Wünsch Dir weiterhin viel Erfolg bei Deinen Touren und allzeit eine gute Rückkehr.

Ulf

Nic hat gesagt: Sauber!
Gesendet am 26. September 2014 um 16:47
Gratulation! Feut mich für dich das es endlich geklappt hat. Warst mit Bergführer unterwegs? Klingt ja nach ner ordentlichen Nummer. Für mich eindeutig zu "gach". Wie man in Bayern sagt. LG Nico

quacamozza hat gesagt: RE:Sauber!
Gesendet am 26. September 2014 um 21:18
Hallo Nico,

ja, supergeil, dass sogar für mich noch n Gipfel rausgesprungen ist in diesem bescheidenen Bergsommer.

Führer? Hast net die Syoko auf den Fotos vorklettern sehen? :-))

Ja, hat sich tatsächlich einer meiner sonderbaren Wünsche erbarmt. Haben uns wirklich super verstanden. War wirklich lässig...Fortsetzung folgt.

Ansonsten: Diesen Aufstieg muss man wirklich kein zweites Mal gehen.

Bis nächste Woche...hau rein, wenn jetzt das stabile Wetter kommt.

Lieben Gruß
Ulf

Nic hat gesagt: RE:Sauber!
Gesendet am 26. September 2014 um 21:35
Ich versuchs. ;-) Auch wenb ich an diese Kaliber natürlich nicht annähernd rankommen werde. Hab 3 Touren vor. Für mich persönlich Highlights. :-)

hawkeye hat gesagt: Heieiei
Gesendet am 26. September 2014 um 17:46
Das war eine meiner ersten Klettertouren...
und seeeehr alpin, weil in der Schlucht auch noch Schnee lag.
Gratuliere!

quacamozza hat gesagt: RE:Heieiei
Gesendet am 26. September 2014 um 21:24
Servus,

als eine der ersten Touren? Alle Achtung...an solche Kaliber hätt ich mich damals nicht ran getraut.

Wir haben uns zwischendurch gefragt, ob der Aufstieg mit Schnee gefüllt nicht (steinschlag-)sicherer wäre als ohne. Ich fand's auf jeden Fall recht gefährlich...

Sportliche Grüße
Ulf

hawkeye hat gesagt: RE:Heieiei
Gesendet am 27. September 2014 um 13:01
Tja, nach z.B. Rote Flüh - Alte Süd und Gimpel- Westgrat erschien uns eine Führe die im AVF mit 3 bewertet ist als machbar.
Kein Wort von Bruch oder so, "nur" eine geröllerfüllte Rinne im unteren Teil. Danach wussten wir, warum wir deutlich mehr als die angegebenen 2 Stunden brauchten.

Vor 30 Jahren wars halt noch anders... ich bin über Touren wie Holzgauer Wetterspitze zum Klettern gekommen; da war auch Sicherheit in Gelände das heute mit T 5 bewertet wird vorhanden.

yuki hat gesagt: :-)
Gesendet am 26. September 2014 um 20:32
Lieber Ulf,

gratuliere nochmal zu Kelleschrofen und Babylonischem Turm! Was für eine krasse Tour... und saugute Tage, oder?

Lieben Gruß
Syoko

quacamozza hat gesagt: RE::-)
Gesendet am 26. September 2014 um 21:31
Liebe Syoko,

Deine Glückwünsche nehme ich doch liebend gerne an.

Solche schönen Bergtage hätte es diesen Sommer ruhig öfter geben können.
Bin aber wieder recht zuversichtlich für den Herbst, dass vielleicht noch was geht.

Freu mich aufs Wiedersehen und die nächsten Schandtaten.

Grüßle
Ulf


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