Silberplattenchöpf (IV, V und VI) und Silberplatten - Atemberaubende Überschreitung im Alpstein


Publiziert von Ivo66 , 6. September 2014 um 23:11.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum: 6 September 2014
Wandern Schwierigkeit: T4- - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SG   Alpstein 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1200 m
Abstieg: 1200 m
Strecke:Laui - Thurwis - Chlus - Unter den Platten - Gruebeseeli - Silberplattenchöpf IV, V und VI - Silberplatten - Charrefeld - Langtal - Thurwis - Laui
Kartennummer:1:25'000 Säntis und Nesslau

Die Silberplattenchöpf im westlichen Alpstein sind eine Ansammlung von Felszacken und grasigen Aufschwüngen zwischen dem Stosssattel und der Silberplatten. Schon oft sind wir unter ihnen auf der Südseite in diesem einsameren und wilden Teil des Alpsteins hindurchgewandert und wunderten uns, dass eine Überschreitung der Köpfe IV, V und VI (die Nummerierung folgt vom Stosssattel her) gemäss den Kletterführern mit einer Schwierigkeit von maximal 2b bewertet wird, also so etwas zwischen II+ und III-, im doch sehr moderaten Kletterbereich. Dazu noch geführt und gesichert von Maveric - da konnte eigentlich nichts schief gehen (ging auch nichts...)

Auf meine Kappe nehmen muss ich den vorgeschlagenen Zustieg von der Laui im Toggenburg aus. Ich war der Meinung, dass von dort ein rasches Hochkommen möglich wäre, wenn man den Wanderweg zur Tierwies bald verlässt und via das idyllisch gelegene, kleine Gruebenseeli direkt zum Einstieg hochsteigt. Die Vegetation war hier aber immer noch voll im Schuss (kein Wunder bei dem nassen Sommer) und gestaltete das Unternehmen sehr mühsam. Wechselnd über steile Grashänge mit hohen Pflanzen, Schrofen und Geröll erreichten wir schliesslich irgendwann doch noch den Einstieg in die Rinne, welche zur Scharte zwischen den Silberplattenchöpf III und IV hinaufführt.

Die Rinne (im Topo des Kletterführers zurecht als "splittrige Rinne" bezeichnet) machte von unten einen freundlichen Eindruck, der aber schon nach wenigen Metern Aufstieg mutierte: Es liegt viel loses Gestein und der Fels ist hier nicht immer zuverlässig. Unmittelbar bevor sich die Rinne sehr steil aufrichtet, wartet eine ausgesetzte Querung über Schrofen zu einem Boden, von wo aus es wieder steil über kleingriffige Felsstufen nach oben geht und man bald darauf wieder zurück in die Rinne quert.

Auch in diesem Bereich war die Rinne - wie schon weiter unten - feucht und ab und zu auch rutschig; das lange Fixseil hilft hier bei solchen Verhältnissen weiter. Einen Schreckmoment erlebte ich kurz vor Erreichen der Scharte, als sich eine etwa 50 cm lange Platte, welche ich als Griff auswählte, löste. Ein Hinunterstürzen derselben konnte ich aber verhindern und hielt sie fest, bis Lena und Maveric bei mir und somit aus der Gefahrenzone waren. Kurz darauf war die Scharte erreicht.

Weiter ging es in sehr steilem Grasgelände, welches allerdings sehr gut gestuft war und somit keine besonderen Schwierigkeiten im Aufstieg bot, wenn es auch ziemlich feucht war. Heikler war der darauffolgende Abstieg nach der Überschreitung des Kopfs IV in immer noch nassem Gelände. Dann endlich konnte die eigentliche Kletterei beginnen: Maveric stieg vor, die ersten Meter in kleingriffigem, aber festem Fels gaben schon einmal den Tarif durch: In immer noch grasdurchsetztem Gelände erreichten wir die erste schöne Passage in bestem Schrattenkalkfels. 

Anschliessend galt es, ein erstes Mal abzuseilen, wobei Maveric Lena und mich freundlicherweise sicherte und die 8 Meter abliess. In der Folge wartete der Aufstieg auf den dritten Silberplattenchopf der heutigen Tour, den Kopf VI. Sehr ausgesetzt, aber in herrlichem Fels ging es zunächst etwas in die Südwand bis bald wieder der schmale Grat erreicht wurde. Und dann war klar: Jetzt folgt die 22 m-Abseilstelle. Nebel war aufgezogen und das Wetter verschlechterte sich zusehends, erste Regentropfen konnten dem trockenen Fels vorerst aber nichts anhaben.

Lena liess sich als Erste hinunterbaumeln auf einen schönen ebenen Platz inmitten der wilden Welt der Silberplattenchöpf. Ich folgte - etwas Überwindung kostete es schon, sich einfach ins Seil hängen zu lassen und abzutauchen. Routiniert gesellte sich danach auch Maveric dazu. Ausgesetzt ging es in die nächste Scharte und danach über ein hübsches Grätchen zum Fusse des Schlussaufstiegs.

Im Schlussaufstieg, der über eine steile Rippe erfolgt mit guten Griffen und Tritten, fehlen Bohrhaken und andere künstliche Einrichtungen. Maveric bewältigte dies in gewohnter Manier ohne Probleme, auch wenn mittlerweile bereits Regen eingesetzt hatte. Lena und insbesondere ich als Letzter im Bunde fanden im Schlussaufstieg klattschnasse Felsen vor. Im Regen kletterten wir die letzten gut 50 Meter hoch - eine ungewohnte Angelegenheit für uns, dennoch erreichten wir ziemlich sicher den Gipfel der Silberplatten (am Seil im Nachstieg konnte ja nichts passieren), wo aus der Ferne ein erstes Donnerhallen zu hören war. Wenn also das Wetter auch nicht schön war, so waren dies immerhin die Prognosen, die auch am Mittag noch trockene Verhältnisse bis zum späten Abend voraussagten.

Auf dem Gipfel blieb keine Zeit für einen Gipfeleintrag oder gar eine kurze Rast. Es hiess, Regenschutz montieren,Seile und Utensilien verstauen und nichts wie runter, nachdem sich schon der zweite Donnerschlag - immer noch aus der Ferne - meldete. Gut 20 Minuten regnete es recht stark, bis sich die Wetterlage wieder etwas beruhigte.

Über schlammige Pfade stiegen wir Richtung Tierwies weiter, wo wir weiter auf dem rutschigen Wanderweg über die Karrenfelder schliesslich das Fahrsträsschen erreichten, über welches wir bequem hinunter zum Ausgangspunkt gelangten.

Ein weiteres Highlight mit Maveric liegt - im wahrsten Sinne des Wortes - in Trockenen. Ihm gilt einmal mehr unser herzlicher Dank für ein unvergessliches Erlebnis in den Bergen. Die Silberplattenchöpf sind zwar technisch nicht schwierig zu überschreiten; das Gelände ist aber durchgehend ziemlich bis sehr ausgesetzt und stellenweise auch heikel zu begehen. Die Schwierigkeitsbewertung 2b mag zwar nicht offensichtlich falsch sein, aber dennoch - beurteilt man den Tourencharakter als Gesamtes - nur die halbe Wahrheit. Die Route scheint sehr wenig begangen zu sein und ist wohl nicht mehr nach dem Geschmack der heutigen Kletterer. Genau das macht sie aber äusserst reizvoll.

Tourengänger: Ivo66, Lena, Maveric


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Kommentare (2)


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Peter23 hat gesagt: Silberplatten
Gesendet am 8. September 2014 um 12:15
Hallo Ivo und Lena

Da kann man nur sagen: fantastisch beeindruckend! Mit den Silberplattenchöpf habt Ihr aber ganz besondere Gipfel im Alpstein bezwungen. Gratulation und vielen Dank auch für die interessanten Berichte zu Euren Verzasca-Touren.

Beste Grüsse
Peter

Ivo66 hat gesagt: RE:Silberplatten
Gesendet am 8. September 2014 um 18:37
Hallo Peter

Vielen herzlichen Dank. Ich muss sagen, dass ich die Silberplattenchöpf aufgrund der Routenbeschreibungen deutlich unterschätzt habe... Aber spannend, beeindruckend und wunderschön war es auf jeden Fall. Der Platzregen im Schlussaufstieg über den Westgrat hätte aber nicht sein müssen...

Und das Verzascatal ist ohnehin ein Paradies für Alpinwanderer:-)

Beste Grüsse
Ivo und Lena


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