Schitour ins Langkofelkar


Publiziert von Michael26 , 13. September 2014 um 13:21.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum: 3 Mai 2014
Ski Schwierigkeit: WS+
Wegpunkte:
Zeitbedarf: 4:00
Strecke:Sellajoch-Langkofelscharte-Langkofelkar und zurück, 800 Hm
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Sellajoch

Die Überschreitung der Langkofelscharte mit Aufstieg vom Sellajoch und Abfahrt durchs Langkofelkar ins Grödnertal ist einer der Klassiker der Region. Insbesondere landschaftlich ist die Route überwältigend, da sie mitten durch das grandiose hochalpine Amphietheater der Langkofelgruppe führt, umgeben von legendären Gipfeln wie Langkofel, Fünffingerspitze, Grohmannspitze, Zahnkofel und Plattkofel, mit einer Abfahrt über ca. 1400 Hm.
Zieht man die einschlägige Literatur zu Rate wird allerdings sehr deutlich, dass diese Tour nur bei absolut sicheren Verhältnissen anzuraten ist, da gleich mehrere Risikofaktoren zusammen kommen. Zum einen wirkt die eng eingeschnittene Langkofelscharte wie eine Düse, durch die je nach Windrichtung in beiden Richtungen verstärkt Triebschnee geblasen wird. Sehr schön ist dies daran zu erkennen, dass die direkt in die Scharte gebaute Toni-Demetz-Hütte in manchen Wintern bis zum Dach mit Schnee zugeweht ist. Ein weiterer Risikofaktor ist die Nordwest-seitige Abfahrtslinie durch das Langkofelkar zwischen den hochaufragenden Felswänden. Denn insbesondere im Winter fällt hier keine Sonne herein und es kommt nur sehr langsam zu einer Schneeverfestigung. Andererseits verspricht dies herrlichen Pulverschnee. Nicht zuletzt ist die Steilheit des Geländes zu beachten, die aufstiegs- wie abfahrtsseitig sicherlich 35 Grad Hangneigung erreicht, wobei die Abfahrtslinie im Langkofelkar unter noch deutlich steileren Hängen vorbei führt, die südlich zu Grohmannspitze, Zahnkofel und Plattkofel hinauf ziehen. Enrico Demetz, der Hüttenwirt der Toni-Demetz-Hütte, hat mir erzählt, dass gerade die Querung in diese Hänge hinein, mit darauf folgender Abfahrt, bei den Insidern besonders beliebt, aber auch besonders gefährlich ist.
Also spricht alles dafür, die Route im Frühjahr zu begehen, und tatsächlich gelingt es mir in diesem Jahr, am ersten Maiwochenende zum Schifahren ins Grödnertal zu kommen. Im Grödnertal selbst ist zwar alles schon frühlingshaft grün, aber wir lassen uns nicht beirren. Zuerst machen wir eine Eingehtour von der Seiser Alm auf die Rosszähne, auch da reicht die Schneedecke noch bis zur Straße herunter. Dann geht es frühmorgens mit dem Auto aufs Sellajoch hinauf, dass gerade erst wieder für den Verkehr geöffnet worden ist.
Schon die Auffahrt ist beeindruckend, denn über der Straße auf den steilen Flanken unter den Sellawänden hängen noch große Schneemengen. An einer Stelle ist die Straße sogar noch von Schnee überflutet und ein improvisierter Weg führt seitlich um das Hindernis herum.
Das Wetter ist nicht sehr gut, aber auch nicht schlecht. Zwar ziehen dichte Wolken über den Himmel und werden an den hohen Gipfeln von Marmolada und Langkofel eingefangen, aber die Sicht ist zumindest bis zur Langkofelscharte frei, die man vom Sellajoch aus sehen kann. Da eine gut geschlossene Schneedecke bis ganz oben besteht, steht dem Aufstieg nichts im Weg.  Es geht zuerst durch die Felsblöcke der ´Steinernen Stadt´ und dann direkt die steile Flanke zur Scharte hinauf, insgesamt gut 500 Hm. Nach oben hin wird es immer steiler und bei Vereisung oder hartem Harschdeckel wäre der Aufstieg ohne Harscheisen wohl problematisch. Aber am 3. Mai ist es auf einem Osthang auch morgens schon warm und der Schnee beginnt aufzufirnen, der Aufstieg ist daher trotzt der Steilheit gut zu bewältigen.
Nach ca. 1¼ h erreiche ich die Scharte und die Toni-Demetz-Hütte, die noch gut mit Schnee eingeweht ist. Überhaupt ist es nicht sehr gemütlich, Nebel zieht von der Scharte ins Langkofelkar hinunter und es ist windig und kalt. Da ich noch nie hier gewesen bin treibt mich die Neugier an ins Langkofelkar abzufahren und diesen berühmten Gebirgsstock kennen zu lernen. Und tatsächlich erwartet mich ein Leckerbissen von einer Schiabfahrt durch wunderbar leichten (fast Pulver-)Schnee und viel zu schnell habe ich die große Steilstufe von der Scharte hinunter ins Kar hinter mir. Plötzlich gerate ich im flacheren Bereich in eine Art Bruchharsch und beschließe, die Fell wieder aufzuziehen und zurück in die Scharte zu steigen, um anschließend wieder zurück zum Sellajoch abzufahren. Das war von Anfang an mein Plan, denn eine Weiterfahrt bis ins Grödner Tal ist sowieso nicht möglich, da die Schneedecke nicht viel weiter als bis zur Langkofelhütte reicht. Und zu Fuß bis ins Tal mit den Skiern am Rücken abzusteigen und mit dem Bus wieder aufs Sellajoch zurück zu fahren ist absolut nicht verlockend.  
Also heißt es nochmals mindestens 300 Hm zurück in die Scharte aufzusteigen, durch den lockeren eingewehten Schnee und ohne Spur auch nicht gerade ein Vergnügen. Dafür kann ich jetzt die grandiose Gebirgslandschaft um mich herum ausgiebig bewundern. Insbesondere ist es auch eine gute Gelegenheit den unteren Bereich des Normal-(Kletter-) Wegs auf den Langkofel, das so genannte ´Fassaner Band´, zu inspizieren, ist es doch ein verlockender Gedanke, diese Tour einmal im Sommer zu versuchen. Dieses Band zieht direkt vor meinen Augen von Ost nach West ansteigend quer über den Bergstock, der das Langkofelkar nördlich einrahmt, die so genannte Venusnadel. Im unteren Bereich sieht das Band nicht sehr schwierig aus, mündet aber dann in ein steiles Wandstück, wahrscheinlich die erste ernsthafte Kletterstelle. Jedenfalls sieht das alles bei Nebel und Schnee sehr eindrucksvoll aus, Anreiz genug, im Sommer wieder zu kommen (tatsächlich haben wir den Langkofel am 1. August über genau diese Route bestiegen).
Jetzt kommen mir einige Tourengeher entgegen, die auch von der Scharte ins Kar abfahren. Ich schaue ihnen zu, wie sie nach der Steilstufe erst im Flachstück im Bruchharsch ins Stocken geraten (genau wie ich), dann aber weiter Richtung Langkofelhütte abfahren und um einen Bergrücken meinen Blicken entschwinden. Wie sie wohl ins Tal kommen werden ?
Letztendlich erreiche ich wieder die Scharte und beschließe nach zwei Aufstiegen erst einmal zu rasten. Dazu setze ich mich windgeschützt vor der Hütte auf meinen Rucksack und stärke mich mit Müsliriegeln und Apfel. Zwei vorwitzige Bergdohlen besuchen mich, die genau wissen, dass es hier etwas zu holen gibt. Ich liebe diese wunderschönen Vögel mit ihren akrobatischen Flugkünsten und lasse ihnen tatsächlich einige Müslikörner und Apfelstückchen zukommen, die auch sofort weggeputzt werden.
Als es nun doch noch leicht zu schneien beginnt wird mir kalt und ich breche zur Abfahrt hinunter zum Sellajoch auf. Jetzt geht es den steilen Osthang hinunter, aber auch diese Abfahrt wird ein Genuss, denn nun erwartet mich feiner Firnschnee. Ich komme also wunderbar auf meine Kosten und als ich gegen Mittag zu meinem Auto zurück komme bin ich mehr als zufrieden mit einer rundum gelungenen Frühjahrs-Schitour.
 


Tourengänger: Michael26


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