Bretterspitze (2608 m) und Steinspitze (2349 m) - zwei ungleiche Nachbarn in der Hornbachkette


Publiziert von gero , 5. September 2014 um 23:16.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 4 September 2014
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1760 m
Abstieg: 1760 m
Strecke:Häselgehr - Haglertal - Griesschartl - Schwärzerscharte - Bretterspitze - Schwärzerscharte - Griesschartl - Steinspitze - Griesschartl - Luxnacher Sattel - Haglertal - Häselgehr (16,1 km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Hinter der Kirche von Häselgehr (beim Friedhof) gebührenfreier P mit etwa 20 Stellplätzen. Alternativer P westlich unterhalb der Auffahrt nach Gramais neben dem Schwimmbad (Zufahrt durch Sägewerk).
Kartennummer:Freytag & Berndt WK 351 (Lechtaler - Allgäuer Alpen)

Wieder einmal hat der Wetterbericht einen Schönwettertag prognostiziert, und dies speziell für das Allgäu - er wird Recht behalten, ein wunderbarer Spätsommertag kündigt sich in aller Früh an, als sich die letzten nächtlichen Wolkenbänke auflösen.

Um es gleich hier vorwegzunehmen:
es wird diesmal ein etwas längerer Bericht mit sehr vielen Fotos - aber immerhin stelle ich 2 Gipfel vor, und ich möchte den Reiz dieser teilweise sehr abgeschiedenen Umgebung der Bretterspitze möglichst anschaulich vermitteln.

Die Tage sind inzwischen natürlich deutlich kürzer als bisher, deshalb starte ich erst um 6 Uhr am P in Häselgehr (1003 m) mit der ersten Dämmerung. Der Steig Nr. 434 Richtung Bretterspitze ins Haglertal ist von Anfang an hervorragend beschildert und markiert; zunächst auf steiler Forststraße, später auf Wanderweg gehts in 1 Std. hinauf zur Haglertalhütte (1391 m), einer winzigen Jagdhütte inmitten lieblichen Wiesengeländes (hier werde ich auf dem Abstieg eine erholsam sonnige Pause einlegen). Nun wird der Steig noch ein wenig steiler, gleichzeitig taucht die hinter den Lechtaler Bergen aufgehende Sonne die romantischen, grünen Matten des Haglertales in sanftes Licht - wie schön!

Knapp 2 Std. nach Abmarsch erreiche ich eine Wegverzweigung (Wegweiser; ca. 1700 m, in der LK als Rastegg bezeichnet): geradeaus geht es weiter hinauf ins Haglertal Richtung Luxnacher Sattel (auf dem Rückweg komme ich von dort herunter), ich wende mich nun nach rechts (nordwärts) und folge weiterhin der Beschilderung Richtung Bretterspitze. Zügig führt der aussichtsreiche Steig erst durch Latschen, später über zunehmend schrofige Wiesen hinauf an den Südwandfuß der Bretterspitze, die nun die Szenerie dominiert. Ziemlich genau 3 Std. nach Abmarsch erreiche ich das Wegkreuz, an dem es westwärts auf dem Enzensbergerweg Richtung Luxnacher Sattel und zur H-v-Barth-Hütte, geradeaus hinauf zur Bretter- und Steinspitze geht (Wegweiser, ca. 2280 m).

Nun wird es anstrengend: steil geht es durch Geröll hinauf zum nicht markierten Griesschartl (2363 m, auch in der LK unbezeichnet) . Das letzte Stück ist mit einigen dünnen, losen Fixseilen versichert - sie sind eigentlich nicht erforderlich, denn technische Schwierigkeiten gibt es nicht, aber man nimmt sie gern in die Hand, um den Beinen etwas Entlastung zu verschaffen. Erwähnenswert ist noch, daß ziemlich zu Beginn des Steilschuttes der Abzweig zur Steinspitze passiert wird - hier gibt es außer roten Markierungstupfen keine Orientierungshilfe: man muß wissen, daß es zur Bretterspitze steil hinauf, zur Steinspitze horizontal querend in südöstlicher Richtung geht. Hierzu mehr bei der Beschreibung meines Abstiegs.

Mit etwas Schnauferei stehe ich jetzt im Griesschartl - und bin überwältigt von der großartigen Landschaft, die sich hier ausbreitet. Genau gegenüber, hoch über dem Seekar, reckt sich mächtig die Urbeleskarspitze in den blauen Morgenhimmel. Als wilder, dunkler Pfeiler strebt die dunkle Nordkante der Steinspitze (eigentlich deren Westgipfel, wesentlich höher als der ostseitige Kreuzgipfel) unzugänglich aufwärts. Und der Weiterweg ist durch rote Farbtupfen und weitere Fixseile klar vorgegeben: über recht häßlichen, da splittrigen Kleingrus gehts ein paar Minuten weiter. Danach führt mit mehrfachem Auf und Ab der häufig versicherte Steig durch die Ostflanke der Bretterspitze. Das Gelände ist technisch unschwierig, jedoch etwas ausgesetzt, da man sich am Rand von Abbrüchen bewegt, die teilweise als glatte Felsplatten ins Seekar hinunterstreichen. Im übrigen ist aber alles Gehgelände, das lediglich eine gewisse Trittsicherheit und Schwindelfreiheit voraussetzt.

Ich erreiche so einen schon lange sichtbaren, markanten Absatz im Osthang der Bretterspitze (knapp 4 Std. seit Häselgehr); hier, etwa 40m oberhalb der Schwärzerscharte (2464 m) steht wieder ein Wegweiser (Höhenkote 2500 m), der einerseits hinunterzeigt zur Kaufbeurer Hütte, andererseits hinauf zur Bretterspitze. Für die letzten gut 100 Hm bis zum Gipfel sind nochmals 20 Minuten zu veranschlagen; kurz vor dem höchsten Punkt muß eine kleine Kletterstelle im I. Grad bewältigt werden.

Nach 4 Std. 15 Minuten stehe ich schließlich droben auf der Bretterspitze (2608 m), wobei deren höchster Punkt durch einen Steinmann markiert und 2m höher ist als der Kreuzgipfel. Die Aussicht ist großartig, wenngleich der Alpenhauptkamm durch etwas düstere Wolken verschleiert ist.

Ich faulenze heute nur eine halbe Stunde in der Sonne, dann geht es auf gleichem Weg wieder hinunter. Auch im Abstieg bereiten die Querung der Ostflanke der Bretterspitze und der Abstieg vom Griesschartl bei entsprechender Trittsicherheit keine Schwierigkeiten - man nimmt allerdings auch jetzt ganz gern die Drahtseile in die Hand, sie entlasten auch beim Abstieg auf angenehme Weise die Beinarbeit.

Am Wegabzweig zur Steinspitze angekommen, nehme ich mir auch diese noch zum Ziel. Einige rote Punkte und ein Pfeil weisen in ostseitige Richtung, aber es gibt keinen Wegweiser zur Steinspitze (obwohl sie schon in Häselgehr und auch später im Haglertal immer wieder als eigenständiges Ziel ausgewiesen wird). Obwohl mehr als hervorragend markiert (alle paar Meter rote Punkte!), ist der Anstieg zur Steinspitze etwas anspruchsvoller als der zur Bretterspitze: dies liegt nicht etwa an technischen Schwierigkeiten (deutlicher Steig, durchgehend Gehgelände mit Ausnahme einer kurzen Kraxelstufe vor dem Gipfel), sondern daran, daß man etwas exponierte Steilschrofen quert und das Gelände unzugänglicher aussieht, als es ist. Aber keine Bange, nur zu - mit guter Trittsicherheit, natürlich ausgeprägter Schwindelfreiheit und zugegebenermaßen etwas Mut im Herzen gehts von Punkt zu Punkt weiter, bis ich vor dem Gipfelblock stehe. Eine kurze Kraxelstelle, wieder viel einfacher, als es zunächst aussieht (wenige Meter I. Grad) - und ich stehe am Gipfelkreuz der Steinspitze (2349 m, knapp 30 Min. ab Wegverzweigung). Erstaunlich: dieser sehr selten besuchte Gipfel wartet mit tollem Tiefblick ins Lechtal auf, beherrschend sind aber die wuchtigen Kolosse der Bretter- und Urbeleskarspitze. Das Gipfelbuch stammt von 1999, ist aber maximal zu 20% beschrieben. Die Besteigungen des Jahres 2013 passen auf eine einzige Seite, es sind nur 8 Einträge, und 2014 werden es kaum mehr sein !!

Auf gleichem Steig geht es zurück zum Hauptweg. Das Wetter wird immer besser, und ich beschließe, noch hinüber zum Luxnacher Sattel zu gehen. Auf sehr eindrucksvolle Weise tangiert man dabei nacheinander die einsamen Welten von Gliegerkar, Woleggleskar und Sattelkar mit ihren mächtigen Schuttflanken, Zacken und Wänden.

Kaum eine Stunde Gehzeit braucht es hinüber zum Luxnacher Sattel (2094 m). Will man wie ich durch das Haglertal nach Häselgehr absteigen, so empfiehlt sich der ausgewiesene Abstieg, der kurz vor dem Sattel ostseitig hinab ins Haglertal führt. Ich möchte aber unbedingt im Luxnacher Sattel stehen, einige kurze, versicherten Passagen sind zu überwinden und dann ein zusehends schmaler Graskamm, der hinunter in den Sattel führt. Der Sattel fällt westseitig mit ungangbar steilen Grashängen ab; ostseitig ist hinab ins Haglertal das Gelände zwar begehbar, aber ich kann es nicht empfehlen: mühsam geht es für kurze Zeit steile, hartgebackene Schrofen abwärts.

Durch das romantische Haglertal schlendere ich dann wieder hinunter nach Häselgehr.

Schwierigkeiten (trockene Verhältnisse):
- bis unter das Griesschartl: keine
- Anstieg zur Bretterspitze: T3-, alles Gehgelände (weite Bereiche trotzdem versichert, nicht heikel)
- Anstieg zur Steinspitze: T3+ (Gehgelände, jedoch Querung etwas exponierter Steilschrofen)
- wegen zweier etwa 3m langer Kraxelstellen habe ich den Schwierigkeitsgrad I eingetragen

Tourengänger: gero


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Geodaten
 22055.gpx Bretterspitze und Steinspitze ab Häselgehr

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Kommentare (1)


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Felix hat gesagt:
Gesendet am 19. Januar 2015 um 21:23
wild, schön und anregend: eine tolle Tour hast du unternommen - gratuliere Georg!

lg Felix


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