Rötelstein (1394 m): die Suche nach weiteren Aussichtsfelsen in West und Ost


Publiziert von Vielhygler , 27. August 2014 um 20:34.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Bayrische Voralpen
Tour Datum:25 August 2014
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 800 m
Abstieg: 800 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Ohlstadt: 2 Wanderparkplätze zu beiden Seiten der Kaltwasserlaine
Unterkunftmöglichkeiten:Auf der Tour nichts, im Tal: Wer bleiben will: Ohlstadt: "Hotel Alpengasthof", rustikal, zwei Kegelbahnen!!
Kartennummer:AV BY 9 & B LV-Amt Tölz/Lenggries

Hat der vielbesuchte  Rötelstein (1394 m ) außer seinem  Kreuzgipfel noch mehr zu bieten?  Gibt es weitere  felsige und einsame  Aussichtsplätze am  Grat? Hinweise gibt es, doch wie kommt man dahin? Wie so oft  spaziere ich aber  erst einmal kurz  durch den Talort.....

Ausgangspunkt des heutigen „kleinen Gangls“, wie meine hochgebirgserprobte Schwiegermutter so einen Ausflug  ganz leicht abschätzig zu nennen pflegt, soll diesmal Ohlstadt sein, selbsternanntes „Naturparadies im Blauen Land", eine Gemeinde, die sich in den letzten Jahrzehnten bei gewiss nicht schöner gewordenen Bausubstanz zu einer kilometerlangen und breiten Großohlstadt gemausert hat mit mittlerweile fast 3500 Einwohnern- Tendenz steigend. Einerseits ist das ländlich dörfliche Bayern der guten, alten 60`er und 70`er- Jahre noch da oder dort präsent: mit Glasbausteinen und Eternitverkleidungen, auch mit bodenständigen Betrieben wie der „Schreinerei Peter Brettschneider“ und dem nicht minder ausdrucksstark benannten „Hotel Alpen-Gasthof“ (einen„Gasthof Alpen-Hotel“ gibt es leider nicht- oder nicht mehr?) 
Andererseits ist auch hier die Zeit nicht stehengeblieben, natürlich verfügt Ohlstadt mittlerweile, wie könnte es in Südbayern anders sein, über ein engmaschiges Netz geteerter Feldwege und eine nicht minder engmaschige Versorgung durch Therapeuten jeglicher Art. Mittlerweile gibt es auch schon eine „Blue- Land- Experience- Event- Agentur für Kindergeburtstage and more... Serviceparadies Ohlstadt: hier kann man z.B. nach der Heimgartentour, wenn man möchte, bei der „Hundebetreuung Vilma Mangin-Joschko“ den Dackel abgeben, (laut Werbung: „tagsüber im Garten“), um sich dann in Ruhe bei „Melli`s Struwel- Hair“ noch die Moosflechten und Tannennadeln aus den Haaren zupfen zu lassen. Anschließend- wieder mit Dackel- vielleicht erstmal zur "Vroni und Anne`s Kaffeewirtschaft"-  hoffentlich sind die beiden nur gegen Grammatik und nicht auch noch gegen Mehlstaub allergisch. Zum Chillen noch ein ganz heißer Tip: das "Glockenstüberl", (Inhaber David Feierabend, jeden Donnerstagabend Pizza-Party).
Ohlstadt ist kurzgesagt eines von diesen Dörfern, in dem es, wie ein Mithügler zu sagen pflegt,„kein anständiges Kalbslüngerl mehr, aber auch noch kein ordentliches Weißwurstcarpaccio gibt.“

Die Nachmittagswanderung

Von beispielloser Hässlichkeit ist Ohlstadts Wanderparkplatz an sprudelndem Bache, aber ich will nicht undankbar sein, er ist kostenlos und ein gemütliches Sitzbankerl (Foto) gibt`s auch für die obligatorische Zigarette vor dem Aufbruch. Da es schon Mittag ist, kommt der so ziemlich letzte Gipfelstürmer gerade wieder unten an (Foto), was mir ganz recht ist, denn jeder, der schon unten ist, wird mir weiter oben nicht mehr mit: „Servus!“ „Servus!“ „Servus!“ entgegen kommen. Außerdem ist der Parkplatz schon wieder fast leer und ich kann bis zur Pole Position beim Wanderschild vorfahren.
Ich kenne diese Gebirgsgruppe recht gut, auch auf dem Rötelstein (1394 m) war ich schon. Etwas enttäuschend finde ich, daß trotz seiner spitzigen Gestalt und seiner vielversprechend vorgelagerten Position sein Ausblick nach Süden und Norden zwar ausgesprochen schön und instruktiv, nach Westen und Osten aber durch Bäume verstellt ist.
 So konnte ich vom Westen, z.B. vom östlichsten Illingstoa (1347m) oder von der kleinen Rampe des Simmersbergs (1052m) den Rötelstein natürlich auch nur als Waldspitz erkennen, allerdings waren auch ihm westlich auf fast gleicher Höhe vorgelagerte ganz freie Felsen zu sehen. Interessant! Von Osten her, z.B. vom Rauteck (1042 m), sowie vom Rauteckkopf (1509) und vom Rauchköpfl 1508m) konnte ich den Gipfel des Rötelsteins ebenfalls nur als spitze Waldkuppe ausmachen, ich habe aber auch dort einen einzigen und ganz freistehenden Felsblock gesehen. Wieder interessant! Nun will ich heute herausfinden, ob sich der Rötelstein vielleicht durch eine Zusatzbegehung zweier weiterer felsiger Aussichtsplätze in West und Ost auf eine kleine 360° Gipfelrunde ausbauen lässt.
Nach einem raschen und etwas faden Anstieg mit wirklich nur noch zweimal „Servus!“ bis zur Käseralm gehe ich an der Bergwachthütte vorbei die Käseralmwiese hinauf mit schöner Aussicht nach Süden (Foto) an ihrem höchsten Punkt. Dann nur etwa 15 hm weiter oben der unsichtige Alpenkopf (1384m). Bis hierher Pfadspur. Dann nordöstlich und weglos matschig durch Wald in einen Sattel (1257m) und von dort in ein paar Schritten zum Forstweg – hier beginnt der kurze Rötelkopfaufstieg. Der erste Teil des Anstiegs endet an einem hübschen Wiesengrat (etwa 1360m), der flach abfallend von Westen kommend weiter östlich die letzten steilen Meter des Rötelsteins vermittelt.

Die Westfelsen

Ich verfolge den kleinen Grat nach links (Westen) und bin sehr angetan vom kleinräumig entstehenden alpinen Charakter der nach wenigen Minuten erreichten grasigen Felsvorsprünge. Solche Kontraste sind mir mit das Liebenswerteste an unseren Bayerischen Voralpen (1 Foto). Ein Schluff an einem abgestorbenen Baum vorbei und der höchste Punkt ist erreicht. (Vorsicht auf den letzten Metern: recht ausgesetzt- nur deswegen T3. Freie und schöne Sicht! Vielleicht hätte ich versuchen sollen, anlässlich meines allerersten hikr.org- Berichts für die Bilder bei „Blue- Land- Experience“ noch eine fotogene Gams zu buchen (so was sollte doch inzwischen auch in Ohlstadt kein Problem mehr sein), ich bin aber auch so sehr zufrieden .(4 Fotos)
Anschließend gehe ich weiter in etwa 10 Minuten auf den Rötelstein, hier bewährt sich wieder die alte Bergregel: die kleinsten Gipfel haben die größten Kreuze. (Foto) Und ich erspähe unerwartet durch Baumwipfel hindurch bereits den nächsten Felsen östlich und in einigem Abstand. (Auf dem Foto herangezoomt).

Der Ostfelsen

Auf dem Grat selbst nach Osten kann nur ein Zirkusartist weiterbalancieren, denn nach wenigen Metern liegt nur noch ein langer, toter, morscher und astreicher Baum über einem breiten, schluchtartigen Absturz. Ich kann nun entweder nach Norden über steiles Gras absteigen und hoffen, dass sich östlich querend etwas ergibt oder aber nach einem kurzen Abstiegsstück auf der südlichen Seite versuchen, nach Osten zu queren (dort erahne ich nämlich eine Art Waldboden, viel sehen kann ich aber nicht). Ich entscheide mich für letzteres, muß allerdings immer weiter absteigen, um den felsigen Abstürzen auszuweichen, die sich immer weiter nach unten ziehen. Schließlich, schon wieder auf etwa 1250 m treffe ich am Fuße des letzten Felsturms auf einen auf einer schmalen Terrasse eben dahinziehenden grasigen Weg, den ich nicht weiter nach Osten erprobe, denn es  beginnt zu tröpfeln. (Ach, Bergsommer 2014!) Schade um den „Rötelstein Ost“, aber ich werde weiterforschen. Einen erneuten Versuch ist es sicher wert, vielleicht steigt der Pfad ja nach Osten wieder an oder hat einen Abzweiger; außerdem kann ich`s ja noch mal vom Gipfel aus auf der Nordseite probieren.

Ausklang in die Stille

Ich gehe den Pfad dann nach Westen, bis ich wieder auf die Forststraße stoße, etwa dort, wo der Rötelsteinweg abzweigt. Der Rückweg bietet wieder das Übliche: Eine bröselige Forstautobahn (Foto), ein paar bergauf keuchende Feierabendradler, denen ich fröhlich und laut schallend „Servus“ entgegenrufe und Ruhebänke (Foto), die der Fremdenverkehrsverein an garantiert genau den Stellen aufgestellt hat, an denen man überhaupt keine Aussicht hat (noch eine eherne Bergregel). Eine allerletzte Zigarette dort beschließt den Bergnachmittag, an dessen Ausgang ich, wenn schon nichts sehen, so natürlich erst recht nicht hören kann, wie sich- Obacht, jetzt wird’s poetisch: abendliche Stille über das Blaue Land legt.
Ein runder und gelungener Nachmittag zwischen Gipfelglück- und -enttäuschung meine Stieftochter zuhause wird mich etwas despektierlich fragen: „Na, welche neuen Hügel hast du denn diesmal wieder abgehakt?“ Nun ja, einer ist es ja immerhin geworden..

„Servus“? oder lieber: „Habe die Ehre!“ oder: "Griaß enk"! Ganz wie Ihr wollt...

Tourengänger: Vielhygler


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»