Schüsselkarspitze W-Grat – ein Traum aus Fels


Publiziert von algi , 11. August 2014 um 11:17.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Wetterstein-Gebirge und Mieminger Kette
Tour Datum:10 August 2014
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   D 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1400 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Leutasch Klamm, Privatparkplatz beim alten Weg hinauf ins Scharnitztal

Um zur Wangalm zu gelangen nutze ich nicht den neuen etwas „ausschweifenden“ Weg aus dem Gaistal, sondern den alten, direkten Weg vom Ortsende von Klamm. Auf dem gebührenpflichten Privatparkplatz ( 3 Euro ) ohne Hinweisschild ist Platz für ca. 10 – 12 Fahrzeuge. Der kleine Parkautomat hängt gegenüber an einer Hausecke, hab ich am Morgen im Eifer total übersehen, daher durfte ich bei der Rückkehr noch zusätzlich 4 Euro „Bearbeitungsgebühr“ drauflegen.

Der Weg führt immer auf der rechten Seite des Baches nahezu schnurgerade und sehr effektiv  hinauf. Nach dem Passieren der Wangalm geht es flach weiter in das schöne Scharnitztal hinein. Unmittelbar vor der großen Geröllreiße, die vom Oberreintalschrofen herabzieht, folgt man den Weg rechterhand zum Scharnitzjoch hinauf. Wie vor 35 Jahren, gehört der nun folgende Grat zum Wandfuß des Westgratturmes offenbar zu den Lieblingsplätzen einer der hier grasenden Schafherden, soll heißen: der Weg ist total versch….  Nun ja, oben angelangt, tausche ich die grünlich verschmierten Treter vorsichtig gegen die Kletterpatschen, und dann kann es mit dem Klettern losgehen.

Obwohl der eigentliche Westgrat zur Schüsselkarspitze „nur“ ein oberer III-er ist, wird trotzdem der Grad IV fällig, da der leichteste Weg zur östlichen Wangscharte nicht unter dem genannten Schwierigkeitsgrad zu haben ist. Diesmal entscheide ich mich für den „Zackenweg“, der zunächst direkt vom höchsten Punkt über griffigen Fels auf ein Grasband führt, hier wenige Meter nach links und den markanten Rißkamin im Grund der Verschneidung hinauf auf einen Felskopf. Ich bin begeistert, das ist eine Felsqualität wie ich sie mir erträume, die Griff-und Trittstrukturen sind aus dem kompakten Fels herausgewaschen bzw. erodiert, da wackelt und bröselt nichts, ich kann mich voll auf’s Klettern konzentrieren, muss mich nicht mit den Unwägbarkeiten von brüchigem Fels beschäftigen. Eine kleingriffige Querung führt mich schließlich auf den markanten Zacken, den das „Plattenband“ von der anderen Seite her erreicht. Nun über kurze Risse weiter zum nächsten Kopf, kurz absteigen und sehr ausgesetzt aber gutgriffig waagrecht zur Kante hinüberqueren. Man erreicht den Westgrat wenige Meter oberhalb der Wangscharte.

Nun in sehr schöner und teilweise recht ausgesetzter Kletterei weiter auf den ersten Gratabsatz. Der nächste Aufschwung sieht wild aus, aber die erwarteten Schwierigkeiten lassen sich alle sehr gut lösen, wo möglich, bleibe ich immer direkt am Grat und genieße die schönen Bewegungen. An der Abseilstelle vom Westgratturm ( gut 15 m ) ist ein Fixseil gespannt, keine Ahnung für was dies gut sein soll. Südlich der Kante zieht der Riss aufwärts ( IV - ), über den man den Westgratturm in umgekehrter Richtung erklettern kann. Da ich ja genug Zeit habe, klettere ich ihn noch schnell hinauf und seile ein zweites Mal ab.

Der nächste Turm wird nordseitig auf einem kleinen Gesims umgangen ( I ), und nun wieder in anregender Kletterei ( II mit Stellen III ) bis zum Gipfel, der relativ weit östlich unmittelbar vor der Biwakschachtel liegt. Gipfelkreuz gibt es keines und ein Gipfelbuch habe ich auch nicht entdeckt.

Seit dem Einstieg sind gerade mal 90 Minuten Zeit vergangen, ich könnte locker nochmal 90 Min. dranhängen, so gut gefällt mir die Tour. Wenn ich wenigstens die Wanderschuhe nicht am Einstieg zurückgelassen hätte, dann wäre noch der Übergang zur Leutascher Dreitorspitze über den Normalweg drin. Aber mit den Kletterpatschen geht es sich eben nur sehr schlecht, so dass ich nur noch bis kurz vor die Dreizinkenscharte absteige. Der direkte Übergang zur Dreitorspitze über den SW-Grat  ( IV- bzw. IV bei der direkten Variante ) sieht schon sehr brüchig aus, da möchte ich lieber nicht ohne Seilsicherung unterwegs sein.

Nach einem Sonnenbad auf dem Gipfel mache ich mich wieder an den Abstieg. Bis vor den Westgratturm muss der Grat wieder abgeklettert werden, danach nutze ich den Schnellabstieg, dazu steigt man nördlich des Westgratturmes in einer Rinne ca. 100 m ab. Der große graue Bohrhaken der ersten Abseilstelle befindet sich ein paar Meter links in einer kleinen Nebenrinne, ca. 10 m oberhalb ist noch eine alte Abseilstelle mit Normalhaken und Schlingen eingerichtet. Die zweite Abseilstelle führt schließlich über einen größeren Überhang wieder zu Gehgelände, das linkshaltend mit kurzen Kletterstellen ( II ) zur Wangscharte hinüber leitet. Da ich nur eine 40 m lange 6 mm Reepschnur dabei habe, darf ich von der Wangscharte 4 mal abseilen um zum Wandfuß zu gelangen. Nun aber schnell hinauf zum Einstieg, um endlich die engen Kletterschuhe von den Füßen zur reißen und gegen die mit Schafsch... verschmierten, aber bequemen Wanderschuhe einzutauschen.

Fazit: ausgesprochen schöne Klettertour, die ich jedem, der sich in diesem Schwierigkeitsgrad wohl fühlt, weiterempfehlen kann.

 

Viele Grüße
Albert


Tourengänger: algi


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Kommentare (2)


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Anton hat gesagt: Reepschnur 6 mm
Gesendet am 11. August 2014 um 22:06
Hallo Albert,
Mit Deiner schönen Fels Tour hast Du mir unbewußt einen großen Gefallen getan mit der Benutzung der 6mm Reep Schnur zum Abseilen. Meine AV Kameraden sagen schon seit Jahren ich sei verrückt weil ich mit einer 7mm Reep Schnur abseile, die ich fast immer im Fels sicherheitshalber mitführe, und da und dort auch benutze. Ja tolle Landschaft und Felsgipfel wo Du warst. Die Klassiker dort sind halt immer wieder einen Besuch wert.
Aber auch die vielen Gedenktafeln am Abzweig zum Schönberg, neben der Ruhebank mit den Brotzeit Felsen geben zu denken. Meine Bergstiefel haben es auch oft mit Gemsen Sch... zu tun, aber die muß ich gottlob bis III nicht unterwegs wechseln und im Rucksack unter bringen. Hat halt alles vor und Nachteile.

Gruß Anton

algi hat gesagt: RE:Reepschnur 6 mm
Gesendet am 12. August 2014 um 10:13
Hallo Anton,

für jede Gelegenheit gibt es eben das ideale "Werkzeug", und wenn man, wie ich, unterwegs die Hälfte liegen läßt, dann muss man auch mit "Einbußen" rechnen. Aber glücklicherweise kann der Übergang zur Leutascher Dreitorspitze ja nicht weglaufen, da findet sich schon noch ein Möglichkeit um diese vergebene Gelegenheit nachzuholen.

Mit der 6 mm Reepschnur und einem Bremshandschuh läßt sich's vortrefflich abseilen, das war eine Investition die ich nicht bereue.

Viele Grüße
Albert


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