Mein erster Dreitausender: Über den Ritterpass aufs Helsenhorn


Publiziert von jaschwilli , 10. August 2014 um 13:54.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum: 6 August 2014
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 2200 m
Abstieg: 2200 m
Strecke:18 km

Vier Tage im Binntal, heute die Königstour von Heiligkreuz über die Chummibort und auf dem Weg zum Ritterpass, unterwegs abgebogen zum Helsenhorn. Gleich vorweg, das war die schönste Tour meines Lebens bisher und das nicht nur, weil zum ersten Male die 3000er Marke gefallen ist.
Das Binntal ist für mich das ideale Wandergebiet, nicht nur weil es dort alles gibt was ich zum Wandern brauche, hohe Berge, lange Strecken, viel Steigungen sondern auch weil es im Binntal nichts von dem gibt, was ich nicht brauche: Seilbahnen und Lifte, Klettersteige, Gipfelrestaurants sucht man glücklicherweise hier vergebens.
Im SAC Führer Oberwallis ist diese Tour als lang und ernsthaft klassifiziert, was man so sofort bestätigen kann. Dabei ist der Anfang von Heiligkreuz bis zum Stausee ein ordentlicher Auftakt, mit einigen Tiefblicken garniert. Die im Führer erwähnten Orientierungsprobleme bei der Querung des Mättitalwassers bei Punkt 1997m Bodi bestehen sicherlich nicht mehr. Mit Erreichen des Stausees betritt man plötzlich eine andere Welt. Das Chummiborttal ist so urtümlich, dass es einen nicht wundern würde, käme ein Wollnashorn oder ein Mammut ums nächste Eck. Der Fluss mäandert völlig natürlich durch den Talgrund, wirklich wasserdichte Schuhe sind hier ehrlich von Vorteil. Im Rückblick sieht man das Finsteraarhorn und am Talschluss baut sich unbezwingbar das Hillehorn auf.
Und aus diesem Tal soll es wirklich einen wanderbaren Weg heraus geben?? Die Wände des Kessels sehen uneinnehmbar aus und doch windet sich ein Pfad durch die Zwergweiden hoch, quert kühn Blockrinnen, quetscht sich unter einer Felswand entlang – und das alles nur T4, nie schwieriger, eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Ein herzliches Danke für die fleißige Markierung am Weg, und offensichtlich wird der Weg auch so oft begangen, sodass er tatsächlich ein Weg mit sichtbaren Spuren ist. Nur ein oder zweimal muss man die Hände zu Hilfe nehmen, dann aber nähert man sich dem Ausstiegscouloir zur Endmoräne des Helsengletschers und in dieser Rinne liegt noch viel Schnee. Allein ein schmaler Streifen am Rande ermöglicht einen gefahrlosen Durchstieg, für Nervenkitzel ist wegen des extrem rutschigen Gesteins gesorgt, vor allem als meine treue Begleiterin Akela, ihres Zeichens bayerischer Gebirgsschweißhund, einem den Schnee hinunterkullernden Stein in der Schneerinne mit Vollgas verfolgt – aber sie beherrscht diese Übung und kommt so auf ein paar Höhenmeter extra. Der Weg quert den Bach exakt an der Stelle, an der das steile Schneeband schon unterbrochen ist und bald erreicht man einen Platz mit Markierungsstange und zwei Steinmännern. Hier verlasse ich den Ritterpasspfad, wenn man auf der linken Seite sich die Felsfiguren auf dem Grat ansieht, versteht man übrigens den Namen des Weges sehr gut. Die Wegbeschreibung im SAC Führer ist ausgezeichnet, als nächstes wird Punkt 2853 anvisiert und über einen rutschigen Blockhang auch mühsam erreicht. Jetzt hat man Blick auf den weiteren Routenverlauf. Links das Helsenhorn, rechts die Punta delle Piodelle, den Pass dazwischen steuere ich an und kann den Wegverlauf recht gut über schotterige Felsterrassen legen und muss nicht so oft in den Schnee, auf den Gletscher. Ab und an bestätigt gar ein Steinmann die Routenwahl. Die einzelnen Schneebänder sind aber gut griffig und trittfest, sodass ich im weiteren Verlauf sogar gerne auf den Gletscher ausweiche. Spalten oder Blankeis habe ich auf der gesamten Tour nicht gesehen.
Schließlich erreiche ich den vergletscherten Pass (Punkt 3017) und stehe somit zum ersten Mal auf 3000 Metern Höhe. Auf der anderen Seite Weitblick bis zum Mont Blanc, auf Walliser / Berner Seite das große Kino mit Finsteraarhorn und Aletschhorn als Blickfang. Ich entscheide mich dazu, ziemlich nahe an der Passhöhe weiter über den Gletscher anzusteigen, erstmals kommt mein Pickel dabei zum Einsatz und leistet gute Dienste. Bevor der Gletscher eine unangenehme Steilstufe macht, wechsele ich auf einen Blockhang links, auf dem ich gut vorwärts komme. Allerdings ist der Hang bei Weitem nicht so gefestigt wie zuvor, keinem Block kann man richtig trauen. Ich visiere einen kleinen Sattel am Gipfelgrat an – hier deutlich im T5 angekommen an der oberen Kante des Gletschers unter steilem Fels traversieren, alles sehr rutschig und ein Fehltritt wäre fatal, nur Akela saust den steilen Gletscher hinab mit Volldampf einem Stein hinterher… Auf allen Vieren und mit Hilfe des Pickels arbeite ich mich auf den kleinen Grat hoch und weiß nun nicht, auf welcher Seite der höchste Punkt liegt. Ich entscheide mich für eine Richtung und arbeite mich noch 5 Minuten weiter hoch, die nun verlangte Übung über einen schmalsten Steg aus nicht wirklich Vertrauen erweckenden Fels schenke ich mir aber, stattdessen 5 Minuten Pause und Genussaussichten .
Im Abstieg sind die zuvor beschriebenen Traversen auch nicht leichter und sorgen für Herzklopfen. Von oben scheint es aber sinnvoll, frühzeitig über ein ebenes Band des Gletschers nach rechts zu laufen. Man erreicht dann felsig gestufte Terrassen und muss einmal über 2 Meter abklettern, hier braucht der Hund ein wenig Hilfe. Im Abstieg sieht das Gelände sehr anders aus und obwohl ich sicherheitshalber im Aufstieg Fotos nach unten gemacht habe fällt es mir schwer, den Punkt am Ritterpassweg zu finden, fast zweifele ich im richtigen Tal gelandet zu sein. Dann aber sehe ich den roten Pfeil, der das Rutschcouloir markiert und mache mich auf den kurzweiligen Abstieg, jetzt mit einer ganz anderen Perspektive bin ich noch immer fasziniert von der kühnen Weganlage. Über diesen Weg ein paar Kilo Reis schmuggeln? Never ever.
Es folgt eine – jetzt nachmittags deutlich nassere – Passage durch das Chummiborttal und nach neuneinhalb Stunden (8 Stunden Laufzeit, 1,5 Stunden Pause) erreiche ich Heiligkreuz.

und trotz des Titels der Tourbeschreibung war ich genaugenommen weder auf dem Ritterpass (vorher abgebogen) noch auf dem Helsenhorn (Gipfelgrat verweigert) - und trotzdem eine Supertour!

Tourengänger: jaschwilli
Communities: Hikr's Dogs


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