Ochs Nordgrat


Publiziert von jfk , 31. Juli 2014 um 18:48.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Jungfraugebiet
Tour Datum:19 Juli 2014
Hochtouren Schwierigkeit: S+
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-VS 
Zeitbedarf: 3 Tage
Aufstieg: 3150 m
Abstieg: 1070 m
Strecke:23 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Pfingstegg
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Jungfraujoch
Unterkunftmöglichkeiten:Schreckhornhütte SAC, Berglihütte SAC, Mönchsjochhütte
Kartennummer:map.geo.admin.ch

Unglaublich elegant präsentiert sich das Kleine Fiescherhorn von der Schreckhornhütte. Zuerst wandartig und dann scharf und filigran schwingt sich der Nordgrat vom Ochsenjoch empor und bildet die Scheide zwischen den gleissenden, zerrissenen und komplizier aufgebauten Firnfeldern des Oberen Ischmeers und der mächtigen und düsteren Fiescherwand. Der Ochs, wie das Kleine Fiescherhorn auch genannt wird, ist mit 3895 Metern das kleinste der drei Grindelwaldner Fiescherhörner und bildet den noröstlichen Eckpunkt der Gruppe. Mit den anderen beiden Gipfeln ist er über ein weites Firnplateau verbunden. Da der Gipfel die magische 4000er Marke knapp verfehlt und zudem die längsten und kompliziertesten Anstiege der Gruppe vermittelt, wird er kaum je bestiegen.

Schon lange ist der Nordgrat auf den Ochs eine meiner absoluten Traumtouren im Berner Oberland. Nachdem mir im bisherigen Tourenjahr bereits einige anspruchsvollere Hoch- und Voralpine Touren geglückt waren, fühlte ich mich bereit diesen Traum in die Realität umzusetzen. Mit 560 war dazu auch der richtige Tourenpartner schnell gefunden...

Route 
>>>TOPO OCHS NORDGRAT I
>>>TOPO OCHS NORDGRAT II


Die Hauptschwierigkeiten der Tour liegen im brüchigen Mixedbereich des Steilaufschwungs zu P.3578 und im Oberen Gipfelgrat. Dazwischen bietet das kleine Firnplateau Zeit zur Erholung. Sobald man sich in den Felsen des Steilaufschwungs befindet ist ein Rückzug zur Schreckhornhütte problematisch und mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Die kürzeste Rückzugsmöglichkeit bietet ab hier das Fiescherjoch von welchem in die Finsteraarhornhütte abgestiegen werden kann.
 
Nach Auskunft des Hüttenwarts der Schreckhornhütte waren wir seit über eineinhalb Jahren die erste Seilschaft die in der Route unterwegs war. Die spärlichen Begeher vor uns wären zudem wegen der aperen Felsen im Steilaufschwung meist erst gegen Ende Saison gestartet. Bester Zeitpunkt für die Tour ist aus unserer Sicht trotzdem im Frühsommer, wenn der spaltenreiche Gletscherarm des Oberen Ischmeers noch gut eingeschneit ist und die Schlüsselpassagen eine gute Firnlage aufweisen. Da die Felspassage nicht wirklich schwierige Kletterstellen bietet aber aus ziemlich brüchigem Gestein besteht, ist eine Begehung bei guter Firnlage die alles etwas zusammenhält sicherer als in aperem Zustand. Alles in allem handelt es sich hier ja auch um eine ausgesprochene Firntour.

Die im Alpinführer Berneralpen (2.Auflage) veranschlagten 8 Stunden von der Schreckhornhütte bis zum Gipfel sind bei guten Verhältnissen ein realistischer Richtwert. Bei starker Vereisung ist man schnell noch länger unterwegs.

Material
Zusätzlich der normalen Hochtourenausrüstung waren wir mit folgendem unterwegs:
  • 60m Einfachseil
  • 2. Pickel/Eisgerät
  • Steileissteigeisen
  • 7 Eisschrauben (bei den angetroffenen Verhältnissen etwas knapp)
  • 2 kleine Friends
  • 2 kleine Keilsets (eines hätte gereicht)
Im felsigen Part muss alles selbständig abgesichert werden.

Zur Tour
Da wir in den Eispassagen nahezu durchwegs nur eine dünne Firnauflage auf Blankeis hatten und uns so über weite Strecken "hochschrauben" mussten, benötigten wir etwas über 10 Stunden von der Hütte bis zum Gipfel.

Der aufgeweichte Firn, eine nicht mehr all zu ferne Gewitterfront, unsere bereits etwas müden Beine (ich hatte am Gipfeltag leider von Beginn weg nicht die frischsten Beine) und die Tatsache dass wir mit dem Ochs Nordgrat bereits das Hauptziel erreicht hatten, bewogen uns vom ursprünglichen Plan über das Gross Fiescherhorn in die Berglihütte abzusteigen abzurücken und stattdessen den zwar etwas längeren aber unter diesen Umständen sichereren Weg über den Fieschersattel in die Mönchsjochhütte einzuschlagen. Obwohl wir im Abstieg vom Sattel und auf dem Ewigschneefäld teilweise Knietief einsanken, die absolut richtige Entscheidung: Zwar wurden wir auf den letzten Metern zur Hütte bereits vom Donnergrollen und Nieselregen begleitet, das Fiescherhorn war aber bereits früher in dunkle Wolken gehüllt. Am nächsten Morgen kam zudem die Kaltfront früher als angekündigt und so waren wir froh, nicht mehr von der Berglihütte ins Jungfraujoch stapfen zu müssen. 

Zu den Hütten
Da ich vor der Tour sowohl die Mönchsjoch- als auch die Schreckhornhütte nur vom Hörensagen kannte und das Gehörte bei beiden nicht allzu positiv war, noch ein paar Worte dazu:

Schreckhornhütte: Grummlig, militärisch und eigenwillig sei der "Schreck Hans"(wie Hans Balmer, der Hüttenwart, auch genannt wird). Das Telefonat zur Reservation und mit der Frage ob wir, da wir noch arbeiten mussten, auch noch um 20 Uhr etwas zwischen die Zähne bekommen würden, schien diese Vorurteile erst einmal zu bestätigen.
Umso grösser dann die Überraschung auf der Hütte als wir mit einem Gläschen Tee herzlich begrüsst wurden und einen feinen, kompletten Hüttendreigänger aufgetischt bekamen. Hans nahm sich danach viel Zeit mit uns die Route zu besprechen und auch sonst gab's noch einiges zu erfahren. Am nächsten morgen wurde uns um 1:30 als Zugabe noch ein herrvorragendes frisches Müesli aufgetischt!
Ich werde die Hütte auf jedenfall in bester Erinnerung behalten und sicher wiedereinmal zurückkehren! 

Mönchsjochhütte: Kaum eine andere Hütte in der Schweiz hat einen so schlechten Ruf wie die Mönchsjochhütte. Aber auch hier wurden wir äusserst positiv überrascht. Obwohl wir erst relativ spät kamen, nicht reserviert hatten und sicherlich nicht die besten Kunden waren (wir wollten nur übernachten, keine Halbpansion), wurden wir von der Hüttenwartin Heidi warm und freundlich empfangen. Sie wollte alles über unsere Tour wissen und zum Schluss meinte sie, das wir uns nach dieser Tour ein Einzelzimmer verdient hätten und so hatten wir einen ganzen Schlag für uns alleine. Auch sie zählt so wie die Schreckhornhütte zu meinen positivsten und schönsten Hüttenerlebnissen!



 




 


Tourengänger: damiangoeldi.ch, jfk


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Kommentare (14)


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laponia41 hat gesagt: Vor mehr als 40 Jahren
Gesendet am 31. Juli 2014 um 19:09
stand ich auch mehrmals auf den Gipfeln der Fiescherhörner, im Sommer und im Winter. Dein Bericht und deine Fotos beeindrucken mich gewaltig. Allerdings: Sehnsucht nach solchen Touren habe ich nicht mehr. Mit zunehmendem Alter setzt man sich neue Ziele und findet wiederum Erfüllung in den Bergen.

LG Peter

EverWrest hat gesagt:
Gesendet am 31. Juli 2014 um 19:31
Stark!

Alpinist hat gesagt:
Gesendet am 31. Juli 2014 um 20:28
Gratuliärä.

Geili Siächä !!!

Gruäss

danski hat gesagt:
Gesendet am 31. Juli 2014 um 21:51
Chapeau! Eine fantastische Linie an einem wohl kaum besuchten Gipfel.

xaendi hat gesagt:
Gesendet am 31. Juli 2014 um 23:19
Grosses Kino, das habt ihr toll gemacht!! Ein Aufsteller in diesem trüben Hochtourensommer ;-)

TeamMoomin hat gesagt: Geniale
Gesendet am 1. August 2014 um 13:05
Tour habt Ihr da wieder mal gemacht, schön werden auch solche Gipfel besucht.
Wenigstens ein paar Hikr haben diesen Sommer bis jetzt mal ein Schönwetterfenster gefunden.

Lg Oli und Moomin

Sputnik Pro hat gesagt:
Gesendet am 2. August 2014 um 11:13
Hi JFK,

Absolut geile Tour! Gratuliere euch zur HIKR-Erstbesteigung.

Gruss, Andi

Sarmiento hat gesagt:
Gesendet am 2. August 2014 um 14:51
Tolle Tour, tolle Fotos! Da möchte man glatt mitmachen! Glückwunsch euch beiden!

alpinos hat gesagt:
Gesendet am 2. August 2014 um 16:37
Coole Tour und klasse Fotos, Gratulation!

Alpin_Rise hat gesagt: Touren solchen Kalibers
Gesendet am 4. August 2014 um 15:21
sind mitunter die schönsten und eindrücklichsten Erlebnisse in den Alpen, gratuliere zum Erfolg und Stil.
Danke fürs mitlesen und -schauen,
G, Rise

steindaube hat gesagt:
Gesendet am 8. August 2014 um 16:41
Klasse Tour! Hab Deinen Bericht erst jetzt entdeckt.
Matthias.

Felix hat gesagt:
Gesendet am 11. August 2014 um 14:54
grossartig - Gratulation!

Bruchpilot hat gesagt:
Gesendet am 27. November 2018 um 13:13
Hallo Jonas,

Deinen Bericht heute beim Surfen zufällig entdeckt...
Immer schön, wenn man liest, dass auch heutzutage noch jemand abseits der Auswahlführer unterwegs ist. Haben den Ochs 2002 gemacht - aber das Ambiente auf der Schreckhornhütte war exakt so wie Du es beschreibst. Der Balmer Hans knurrt anfangs rumm - nix kanst du ihm recht machen.Dann erzählst du ihm, was diu vorhast und plötzlich taut er auf, kocht er dir das mitgebrachte Essen, erklärt dir die Route, verabschiedet dich morgens mit der Ansage: 4 h!!! Das haben wir allerdings nicht ganz einhalten können.
Ich suche übrigens jemanden, der gerne mal sich von Grindelwald zur Berglihütte durchbeißen möchte. Interesse?

Grüße
Thomas

jfk hat gesagt: RE:
Gesendet am 30. November 2018 um 18:16
Hoi Thomas

Merci für den netten Kommentar! Zur Berglihütte schreibe ich dir noch eine PN.

E Gruess Jonas


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