Höch Turm 8746ft - wahre Grösse misst sich nicht in Metern


Publiziert von Mueri , 21. Juli 2014 um 22:58.

Region: Welt » Schweiz » Schwyz
Tour Datum: 6 Juli 2014
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SZ   Ortstockgruppe 
Zeitbedarf: 1 Tage
Aufstieg: 1350 m
Abstieg: 1350 m
Strecke:Milchbüelen - P. 1501 - P. 1854 - Schaffärch - Rappenschnäbel - Höch Turm - Glattalpsee - Glattalphütte SAC - Geisschälen - P. 1501 - Milchbüelen
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit PW bis Milchbüelen (kein Fahrverbot, Naturstrasse ab Talstation Sali)
Unterkunftmöglichkeiten:Glattalphütte SAC

So mancher Alpinist mag die Meinung teilen, dass sich die wahre Grösse eines Berges nicht mit Metern messen lässt. Ob die Änderung des Längenmasses - namentlich die Umstellung von Meter auf Fuss - dazu beiträgt, wahre Grösse fassbarer zu machen, ist zugegebenermassen höchst zweifelhaft, ja unsinnig. Und wenn es hier doch geschieht, dann vor allem aus dem Wunsch heraus, der herrliche Westgrat hätte sich noch über einige hundert Meter hinauf gezogen, sodann aber auch als kleiner Werbegag (nicht kommerzieller und schon gar nicht eigennütziger Art, versteht sich) für den nicht sonderlich hohen, aber meines Erachtens umso lohnenswerteren, grossartigen und auch nicht ganz trivialen Gipfel, der alpinistisch mit so manchem Gipfel mitzuhalten vermag, der bei Gipfelsammlern ob seiner Höhe hoch im Trend liegt. Der Höch Turm ist eben ein richtiger 8000er, seiner wahren Grösse nach bemessen...

Mit der Luftseilbahn Sahli-Glattalp bleiben nur noch 800 Höhenmeter zu bewältigen, bis man oben auf dem Höch Turm steht. So beschliessen wir, alle voller Tatendrang, auf die Luftseilbahn zu verzichten und stattdessen mit dem PW nach Milchbüelen hochzufahren. Von dort steigen wir auf dem Weg via P. 1501 und an P. 1778 vorbei hoch zur Glattalp.

Der anbrechende Morgen begrüsst uns dort erstmals mit verschwenderischem Morgentau. Über triefend nasse Wiesen und durch Felder von Frauenmäntelchen, die sich als ausgezeichnete Wasserreservoirs ausweisen, schreiten wir nördlich vom Glattalpsee parallel zum Weg entlang dem See Richtung Osten zum P. 2011. Wir lassen den Gross Chilchberg links liegen (verzichten also auf dessen Überschreitung) und steigen östlich von ihm zwischen P. 2426 und P. 2426 über ebenso verschwenderisch viel Geröll, wie wir vorher Morgentau angetroffen haben, nordwärts hoch zum Grat. Der Ausstieg zum Grat enthält ganz oben eine kurze Kletterpassage (I), der Grat selber, teils noch schneebedeckt, ganz zu Beginn eine ebensolche. Ansonsten bietet der Grat hin zum Höch Turm alles, was das Herz begehrt: optionale Abstecher und Kraxelpassagen aller Art, tolle Aussicht etc. - eine Entschädigung für das vorher Angetroffene. Doch es soll noch besser kommen...

Bei P. 2466 setzt der Westgrat des Höch Turm an. Wir umgehen den Gipfelaufbau nordseitig und schreiten zwischen dem Fels und dem Restschnee nach Osten voran. Am ersten Band, signalisiert mit einem Fahrverbot, gehen wir vorbei; es ist technisch etwas anspruchsvoller und nicht empfehlenswert. Beim zweiten, also mittleren Band steigen wir ein und erreichen nach wenigen Metern den Westgrat. Kurz vor Erreichen des Westgrats wird im unteren dritten Grad zum Grat hinaufgestiegen - wohl die Schlüsselstelle der Tour. Was nun folgt, ist herrliche Gratkraxelei hoch zum Gipfel, oft direkt auf dem Grat, manchmal leicht links (nordwärts) haltend. Hier hätte ich mir gewünscht, sie würde tatsächlich noch einige Meter andauern, wenngleich nicht gerade auf eine Höhe von 8746m ü. M. Technisch ist die Kraxelei nicht sonderlich schwierig, doch sitzt das Gestein teilweise locker, Ausgesetztheit und Tiefblick sind garantiert ... und man muss auf demselben Weg wieder runterkommen.

Nach einer ausgiebigen Pause auf dem Gipfel steigen wir den Gipfelaufbau bis zum Ende des zweiten Bandes konzentriert hinab, sodann gemütlich bis vor den Gross Chilchberg. Die beim Aufstieg mühsame Schotterscharte ermöglicht nun im Abstieg ein umso schnelleres Vorankommen. Von dort, dem See entlang, steuern wir die Glattalphütte SAC an. Zwar müssen dafür nochmals rund 50 Höhenmeter aufgestiegen werden, doch ist die Lage der Hütte prächtig, die Kuchen ausgezeichnet. Und die Liegestühle sind eine mehr als willkommene Einladung, die Füsse hochzustrecken, die Sonne zu geniessen und sehnsuchtsvoll zum Höch Turä zu blicken, bis zum nächsten Mal.

Und da wäre noch ein Grund, warum es sich lohnt, zur Glattalphütte SAC hochzusteigen. So kann man auf direktem Weg via Geisschälen zu Milchbüelen absteigen, energieeffizient das Geröll hinabsurfend. PS. Der Blick auf den Einstieg in die Geisschälen (von oben) mag auf den ersten Blick verunsichern, ob da wirklich ein Weg hinunterführt. Es sind allerdings nur die ersten Meter, die etwas steiler runtergehen (T4-Bereich und mit Ketten versehen), danach ist alles im grünen Bereich...

"Der Alpinismus ist letztendlich kein Sport, kein Wettkampf, sondern eine Philosophie, eine Lebensform" (Cesare Maestri). In diesem Sinne haben wir den Tag gemütlich ausklingen lassen auf der Alp von Alpinists Bruder und Vater (herzlichen Dank an dieser Stelle für die Gastfreundschaft) und später beim gemeinsamen Znacht.

Ausrüstung: Ein Helm leistet gute Dienste. Pickel und Steigeisen sind je nach Schneeverhältnissen bei der nordseitigen Querung unterhalb des Gipfelaufbaus vom Höch Turm bis zum Einstiegsband unverzichtbar (abschüssiges Gelände). Seil und Karabiner sind auf der Normalroute nicht notwendig.

Fazit: Herrliche T6-Tour aufs Matterhorn des Muotathals mit Kraxeleien ganz nach meinem Geschmack, die das T6-Niveau aber wohl knapp überschreiten. Schwindelfreiheit und Trittsicherheit sind bei dieser Tour vorausgesetzt, tolle Tiefblicke, wunderbare Aussicht und Abwechslung garantiert.

Dank an Alpinist und Cornel für die bereitgestellten Pics und die tolle (Leitung und) Begleitung bei dieser schon lange auf meiner Favoritenliste stehenden Tour.


Tourengänger: Alpinist, Mueri


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Kommentare (3)


Kommentar hinzufügen

silberhorn hat gesagt:
Gesendet am 22. Juli 2014 um 10:53
Alpinist und Cornel?

Mueri hat gesagt: RE:
Gesendet am 22. Juli 2014 um 11:26
Jop, ich habe einfach eine Vorliebe für Cornels;-) Und so bin ich oft mit den beiden Namensvettern unterwegs.

silberhorn hat gesagt:
Gesendet am 22. Juli 2014 um 13:28
Namensvorlieben kenne ich auch. Manchmal weiss man warum einer besonders gefällt, manchmal nicht. Die Namensvetter Möglichkeit geisterte mir im Oberstübli herum.

Den nicht Suter Cornel und Dich kenne ich zwar nicht. Trotzdem drei Grüsse ins Schwyzerland
maria


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