Laufbichlkirche-Überschreitung Nordwestgrat-Ostgrat


Publiziert von quacamozza , 21. Juli 2014 um 19:24. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:17 Juli 2014
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 4:00
Aufstieg: 1080 m
Abstieg: 1050 m
Strecke:Aufstieg Schwarzenberghütte-Paradiesweg-Schwarzenberghütte-Käseralpe-Alpe Engeratsgund-Engeratsgundsee-Laufbichlkirche-Käseralpe-Engeratsgundhof-Giebelhaus (13 km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Bad Hindelang nach Hinterstein Ortsende P Auf der Höh (Tagesgebühr 2,50 €), weiter mit Bus (3,90 € einfache Fahrt) oder Bike zum Beginn des Sommerwegs zur Schwarzenberghütte
Kartennummer:AV-Karte Bayerische Alpen BY 4 Allgäuer Hochalpen Hochvogel, Krottenkopf

Die Laufbichlkirche ist ein typischer Allgäuer Grasberg mit allseits steil abfallenden grünen Flanken. Obwohl direkt neben einem vielbegangenen Wanderweg gelegen, wird sie höchst selten aufgesucht. 7 Einträge seit 2011, das sagt alles. Und dazu versteckt sie sich gut vor bzw. hinter dem breiten Daumen-Massiv.

Im Zuge ihrer Überschreitung darf man sich mit üppiger Vegetation in jeder denkbaren Form auseinandersetzen. Fast schon berüchtigt ist die hohe Population an Kreuzottern.


Zur Schwierigkeit:

Nordwestgrat: T 6, Steilgras bis 65 Grad
Ostgrat: T 5+ und I, Steilgras bis 50 Grad


Zur Ausrüstung:

Der Pickel ist beim Aufstieg eine große Hilfe.


Zum Zeitbedarf:

Paradiesweg-Schwarzenberghütte: 30 min
Schwarzenberghütte-Einstieg Nordwestgrat: 1 Std 30 min
Einstieg-Gipfel: 30 min
Gipfel-Käseralpe: 1 Std 15 min
Käseralpe-Giebelhaus: 20 min


Sehr zu empfehlen als Zugang zur Schwarzenberghütte ist der Aufstieg über den Paradiesweg. Der Giebelhausbus hält kurz hinter der Brücke über die Ostrach. Obwohl der Weg von den Regenfällen der vorherigen Tage noch feucht ist, steigen sogar Wanderer, oder besser gesagt Touristen mit Flipflops aufwärts. Der Aufstieg ist kurzweilig und führt teils durch angenehm schattigen Wald. Unvermittelt steht man an der einladenden Schwarzenberghütte (1380m) mit Übernachtungsmöglichkeit, an der man sich für den weiteren Aufstieg stärken kann.

Dann über eine Wiese hinunter zu einem Wegweiser und auf breitem Schotterweg über den Engeratsgundbach hinweg zur Käserhütte (1401m). Hier verläuft im Winter auch die schöne Skitour auf den Großen Daumen. Auf gutem Wanderweg gewinnen wir schnell an Höhe. An der Alpe Engeratsgund (1622m) vorbei geht's hinauf zum See, an dessen Ufer eine weitere kleine Hütte steht.

Vor uns kommt unser Tagesziel langsam näher. Dem Wanderweg zum Nebelhorn folgen wir noch bis auf eine Höhe von knapp 2000m und steigen zum nahen Laufbichlsattel (1970m) ab. Damit ist der gemütliche Teil der Tour erstmal vorbei.


Der Nordwestgrat ist kurz, aber äußerst steil, meist um die 55 Grad, stellenweise bis zu 65 Grad, zwischendurch ein ausgesetzter, horizontaler Abschnitt. Er bricht also in zwei Stufen vom Gipfel in die Scharte ab, wobei der untere Teil steiler ist als der obere.
Leider ist auch hier oben das Gras noch nicht abgetrocknet. Außerdem ist das Grün nicht sonderlich gut gestuft, auch wenn man manchmal auf kleinen Absätzen die Beine ausschütteln kann. Also eine recht anspruchsvolle Geschichte. Wir sind froh, dass wir den Pickel 1000 Höhenmeter hochgetragen haben. Schon lange nicht mehr gebraucht...die Haue ist vom jahrelangen Nichtgebrauch richtig verrostet.
Hoffentlich ist wenigstens die Südseite trocken, sonst wird's ein netter Eiertanz.

Das Gurkenglas-GB müssen wir erstmal freilegen. Der Pickel eignet sich auch gut als Sense. Der Platz mit der steinernen Rotunde ist seit der letzten Eintragung vor 6 Wochen komplett zugewachsen. Sollen wir uns seelenruhig hinsetzen - wie war das mit den Schlangen? Vom Wanderweg werden wir beobachtet. Kein Wunder: Die direkte Nachbarschaft des Koblats und unsere heute auffällig farbige Kleidung.


Wir haben zwei Abstiegsmöglichkeiten:
Die einfachere würde über den Südrücken hinunter Richtung Langenfeldhütte führen.
Unser Weg ist etwas anspruchsvoller. Erster Eindruck: Das Gras ist hier bereits einigermaßen abgetrocknet. Immer entlang der nördlichen Abbruchkante verläuft der äußerst selten begangene Ostgrat. Flachere Abschnitte wechseln mit Steilpassagen. An einer Stelle schnürt sich der Grat zu einer messerscharfen Schneide zusammen. Nach dem kurzen waagrechten Stück, bei der wir unsere Balance beweisen können, stellt sich die einzige Kletterpassage in den Weg. Wir überklettern das brüchige Köpfl (I, ausgesetzt) und ignorieren einen nach rechts abwärts führenden grasigen Seitenkamm.

Die Identifikation der vielen Blumen ist nicht einfach. Leider sind die schönen Orchideen, die zuweilen 8-10 Blüten aufweisen, schon am Verwelken. Etwas früher im Jahr könnte man richtig eindrucksvolle Makros aufnehmen. Da lohnt sich die Mitnahme eines guten Objektivs. Da wir als Fans des Allgäuer Steilgrases insgesamt von der Tour sehr angetan sind, merken wir uns das für nächstes Jahr.

In Gratmitte treffen wir tatsächlich auf zwei kleinere Kreuzottern, die aber schnell das Weite suchen. Etwas weiter unten kommen uns einige Bäume in die Quere. Wir halten die Grathöhe, bis sich der Grat zunehmend in einer Flanke verliert, in der man mit immer höherem Kraut zu kämpfen hat. Genauso bunt wie unsere Klamotten ist bald unsere Haut. Rot und Braun von der Sonne, Gelb und Grün vom Pflanzenkontakt. Außerdem verursacht das wilde Gemüse ganz schön Hautirritationen. Unten ist allerdings schon der Wanderweg sichtbar, den wir nach Übersteigen zweier Elektrozäune erreichen. In wenigen Minuten sind wir zurück an der Käserhütte.

Zum Schluss gehen wir den gleichen Weg wie vor zwei Wochen über den Engeratsgundhof zum abfahrbereiten und überfüllten Bus am Giebelhaus.

Als schnelle Nachmittagstour ist die Runde nicht geeignet. Man sollte sich hier wirklich Zeit lassen, um alle Attraktionen der Natur ausgiebig genießen zu können. Alternativ kann man die Laufbichlkirche auch von der Station Höfatsblick als Rundtour mit Rückweg durch das Obertal angehen.




Tourengänger: quacamozza, yuki


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