Müeterlishorn Hauptgipfel, Sommerbesteigung


Publiziert von Alpengitzi , 7. Juli 2014 um 11:51.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum: 5 Juli 2014
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1300 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:A2 Richtung Süden, Ausfahrt Göschenen, Göschenen, Abzweigung Göschener-Alp, Parkplatz beim Restaurant Damma-Blick (8 CHF pro Tag)

Mein erster Bericht auf Hikr ist gleich eine Hikr-Erstbesteigung, was für eine Ehre ;-).

Das Müeterlishorn ist der höchste Gipfel in der sogenannten Bäz-Kette, welche sich von der Schöllen bis zur Älpergenlücke zieht und das Bild des Urseren-Tals auf der orografisch rechten Seite weitgehend dominiert. Das Müeterlishorn selbst besteht aus drei Gipfeln (Haupt, Ost und West), wobei vor allem der Ost-Gipfel im Winter häufig als Skitour gemacht wird (auch auf Hikr oft beschrieben). Im Sommer fristen die Berge rund ums Müeterlishorn wegen der langen Zustiege trotz der imposanten Kulisse eher ein Schattendasein. Wegen seiner wilden und ursprünglichen Ambience ist die Gegend aber auf jeden Fall einen Besuch wert.

Aufstieg via Pt 1927 und alpinem Wanderweg auf die Älpergen-Platten - den Fluss noch vor dem Älpergensee gekreuzt - Aufstieg zum Blauberggletscher auf der rechten Moräne - via Blauberggleitscher zum Kessel, der durch den Hinteren Feldschijen sowie den Haupt- und den Ostgipfel des Müeterlishorns gebildet wird - durch die Nord-Ost-Flanke auf den Gipfel - Abstieg über den Ostgrat - via Blaubergletscher zum Älpergensee - zurück auf dem Aufstiegsweg. Eins vorweg: die im Führer beschriebene EB-Route durch die Nord-Ost-Flanke haben wir nirgends gefunden. Stattdessen sind wir in brüchigem, ausgesetzem Gelände mit mehreren Kletterstellen aufgestiegen. Doch nun der Reihe nach...


 Gestartet vom Parkplatz des Gasthauses Dammablick sind wird zuerst über die Staumauer gequert und haben die ersten Schritte auf dem See-Rundweg gemacht. Nach der Staumauer steilt der Weg auf, die ersten hundert Höhenmeter sind schnell gemacht. Dann geht es auf gutem Wanderweg immer leicht ansteigend gegen Älpergen und Pt. 1927 (T2). Die einzigen Schwierigkeiten waren eine Bachüberquerung (Schmelzwasser!) und einige Geissen, welche den Weg versperrten. Ein ganz stures Exemplar, welches partout nicht vom Weg geschoben werden wollte, wurde elegant überklettert ( I ) ;-).

 Bei Pt . 1927 folgt die Abzweigung des Alpinwanderwegs zur Lochberglücke und dem Urserental. Ab jetzt geht es auf weiss-blau-weiss markiertem, jedoch immer noch gut ausgebautem Wege steil nach oben. Eindrucksvoll erheben sich auf der linken Seite die Türme des Vorderen Feldschijen. Bekannte Klassiker in bestem Furkagranit können hier an heissen Sommertagen bei angenehmen Bedienungen geklettert werden. Hier werden auf einer Strecke von etwa einem Kilometer mehr als 500 Höhenmeter bewältigt. Durch die oftmals hohen Tritte ein konditionell anspruchvolles Unterfangen, das von untrainierten Bergwanderern nicht unterschätzt werden sollte (T3+). 

 Um einige Höhenmeter zu sparen sind wir noch vor dem Älpergensee gegen den Vorderen Feldschijen und den Blauberggletscher gequert. Prinzipiell die richtige Entscheidung, wenn der Bach viel Wasser führt, sollte man allerdings mit der Überquerung warten, bis man die Felsstufen zwischen 2300 und 2400 m ü. M. passiert hat, ansonsten ist es ein eher mühsames Unterfangen. Der weitere Aufstieg führte uns dann in angenehmer Steilheit auf der rechten Moräne des Blauberggletschers (aus Sicht des Aufsteigenden) über Geröll Richtung Müeterlishorn. Der Westgipfel des Müeterlishorns ist schon von weitem sichtbar, den Hauptgipfel jedoch sieht man eigentlich nie. An geeigneter Stelle quert man dann in die Mulde und steigt weiter auf. Wir hatten etwa ab 2550 m ü. M. angenehme Firnfelder für den Aufstieg. Später im Jahr, wenn es ausgeapert hat, über loses Geröll, ist der Aufstieg bestimmt mühsamer. So gelangt man ohne Probleme in den Kessel,auf ca 2920 Metern, welcher vom Hinteren Feldschijen und den beiden Müeterlishorn-Gipfeln Haupt und Ost gebildet wird. Bis hierher brauchten wir knapp 3h (T4). Das Panorama ist einzigartig. Auf der einen Seite die filigrane Pyramide des Hinteren Feldschijen, auf der anderen Seite die drohenden Granitflanken des Müeterlishorns. Auf den Hinteren Feldschijen führen mehrere selten begangene Kletterrouten, welche selbst abzusichern sind. Die einfachste Route ist im dritten Grad machbar. Vor allem im unteren Teil liegt viel loses Material auf prinzipiell gutem Granit.

 Von hier führt laut SAC-Clubführer Urner Alpen 2 aus dem Jahre 1996 eine EB-Route durch die Nord-Ost-Flanke auf den Müeterlishorn-Hauptgipfel. Zur Information: EB bedeutet Erfahrener Bergwanderer und beschriebt eine alpine Route mit der Schwierigkeit T3+ bis ca T5-.

 Etwa 100 Meter westlich des tiefsten Punkt im Verbindungsgrat Ost- und Hauptgipfel sind wir über ein sehr steiles Firnfeld in die Flanke gestiegen. Die Steilheit des Firnfeldes ist schwierig abzuschätzen, jedenfalls war nur noch der Aufstieg mittels Kopfstützpickel-Technik möglich - die Steilheit betrug also weit über 45°. Am Einstieg galt es dann eine brüchige Felsstufe zu überklettern (II). Dann hat man mehrere Möglichkeiten, die nächste Felsstufe zu erklettern. Wir entschieden uns dazu, zuerst etwa 20 Meter weiter nach rechts im Firn zu queren und den grossen Felspfeiler links liegen zu lassen. Vermutlich die richtige Entscheidung. Ausgesetzt wird eine weitere Felsstufe erklettert (II). Die Griffe müssen alle auf ihre Festigkeit überprüft werden und sind zum Teil relativ weit auseinander, was vor allem kleingewachsenen Alpinisten Schwierigkeiten bereiten kann. Danach sind wir zurück nach links gequert. Dafür muss unter einer Felsnadel durchgeklettert werden (Vorteil für die Kleineren ;-). Anschliessend auf einem schmalen Band muss ausgesetzt ein Pfeiler links umgangen werden. Ab jetzt geht es in einem stabilen Kamin etwa 10 Meter ausgesetzt aber in gutem Fels aufwärts (II). Nun gelangt man auf eine Art Vorplateau des Hauptgipfels. Jetzt muss man nur noch eine weitere Felsstufe in bestem Granit überklettern (III). Die Kletterei ist zwar für kleinere Alpinisten schwierig, aber überhaupt nicht mehr ausgesetzt. Grössere Alpinisten bieten mittels Räuberleiter vorzugsweise ihre Hilfe an. Und dann steht man schon auf dem erstaunlich geräumigen Hauptgipfel des Müeterlishorn. Eine Granitnadel in der Mitte von 3 Metern Höhe kann problemlos erklettert werden (III). Die gesamte Aufstiegsroute T6-. Wir benötigten dafür 1h 45 min.
Alles in allem ein schwieriger Aufstieg. Das Gelände ist brüchig und teils sehr ausgesetzt. Das Firnfeld am Einstieg ist extrem steil und die Routenfindung verlangt selbst einem erfahrenen Bergsteiger alles ab.  Als Abstieg ist diese Variante sicher nicht zu empfehlen. Die Bewertung im Clubführer ist in meinen Augen völlig falsch. Die Nord-Ostflanke ist auf keinen Fall eine einfache oder lohnende Variante. Wahrscheinlich ist der Gletscher vor 20 Jahren noch bedeutend massiver gewesen, so dass das steile Firnfeld und die ersten  beiden Felsstufen umgangen werden konnten.

Auf dem Gipfel dann aufgrund des Nebels keine Aussicht, auch ein Gipfelbuch suchten wir vergebens. Der Hauptgipfel wird wohl nicht so oft besucht.

 Als Abstieg wählten wir den Ost-Grat. Laut Clubführer benötigt man etwa eine halbe Stunde bis zur Scharte und erklettert dabei Stellen im 2. und 3. Grad. Die ersten Pfeiler nach dem Gipfel haben wir in G-Gelände südlich umgangen. Wir hielten uns immer nahe am erstaunlich breiten Grat. Schwierigkeiten umgingen wir südwärts. Etwa ab der Hälfte spitzt sich der Grat immer mehr zu, es wird wieder ausgesetzter. Nun treffen wir auch wieder auf Kletterstellen im zweiten Grad. Ein brüchig aussehendes Türmchen auf dem Grat wird ausgesetzt aber einfach in erstaunlich gutem Fels direkt überklettert (II). Die nächsten Türmchen umgeht man idealerweise nordwärts. Zuletzt schlüpften wir durch ein Loch (Nichts für dicke Touristen...) hindurch runter auf den steilen Firn des Blauberggletschers. Nach einer kurzen Abwärtsquerung (Rückwärts mit Kopfstütz-Technik) geht es in rasanter Rutscherei runter in den Kessel (gesamter Abstieg WS, 30 min). Alles in allem ein lohnender und angenehmer Abstieg. Einige ausgesetzte Kletterstellen in gutem Fels, jedoch konnten wir nirgends Schwierigkeiten im dritten Grad entdecken, vielleicht sind wir diese südwärts umgangen. Den Ostgrat würden wir in Zukunft auch als Aufstieg benutzen. Dann ist die ganze Tour problemlos als WS einzustufen. Man hat dabei sogar die Gelegenheit, den Hinteren Feldschijen und seine aufgetürmten Gipfelfelsen zu bewundern.

Anmerkung: Eine weitere mögliche Alternative ist der Zustieg durch die Nordwestflanke aus dem ersten Kessel. Rein von untern her betrachtet scheint dies eine machbare Angelegenheit. Der Führer spricht von mehreren Felsstufen, welche im zweiten Grad erklettert werden können. zumindest als Aufstieg könnte es eine valable Alternative sein. Im Abstieg würden wir aber immer den Ostgrat vorziehen.

 Nach einer kurzen Rast auf dem Gletscher - nicht direkt im Kessel, da kommt immer wieder Material herunter! - geht es in angenehmer Rutschpartie gegen den Älpergensee, wo wir wieder auf den alpinen Wanderweg gelangen (T4).

 Der anschliessende Abstieg ist zwar steil und zieht sich in die Länge, ist aber unproblematisch. Für den gesamten Abstieg vom Kessel runter via Älpergensee zum Hotel Dammablick benötigten wir ohne Pause etwa 1h 45 min (T3+). Wenn der Blauberggletscher aber ausgeapert hat und man über Geröll absteigen muss, wird es wohl etwas länger dauern.

Ausrüstung:
  • Feste Bergschuhe
  • Pickel
  • evtl. Steigeisen, wenn der Firn gefroren ist.
  • Ein Helm ist auf dem Grat nicht nötig, in der NO-Flanke aber sicher nicht verkehrt.

 Insgesamt eine fordernde Tour in einer wunderschönen und einsamen Gegend, die wir so in dieser Art mit Aufstieg durch die Nord-Ost-Flanke niemandem empfehlen möchten. Die Variante über den Grat ist allerdings sehr lohnenswert, unschwierig und selten ausgesetzt. Im Spätsommer, je nach Ausaperung könnte der Ein- und insbesondere der Ausstieg allerdings schwierig sein. Ein kurzes Seil zum Abseilen könnte Abhilfe schaffen. Für das geschulte Auge gibt es genügend Gelegenheiten, um eine Abseilstelle einzurichten.

Wieso das Ganze allerdings als Müeterlishorn bezeichnet wird, ist uns nicht ganz klar - denn ein altes Müeterli trifft man da oben wohl nicht...

Tourengänger: Alpengitzi


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