Die absolute Hammerspitzentour!


Publiziert von Judith7 , 12. Juni 2014 um 01:01. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 9 Juni 2014
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K2+ (WS+)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 3:15
Aufstieg: 670 m
Abstieg: 670 m
Strecke:5,5km

Krass! Ich höre gerade "Calculations of the Ancients" der Band Supermassive Black Holes - ein Hammerspitzenalbum!

Was tun, wenn man mal nicht so gut drauf ist, und was Cooles, aber Kurzes ohne viel Höhenmeter machen will? Seilbahn! Klettersteig, ausgesetzter Grat - geht das? Im schönen Kleinwalsertal geht das! Am Samstag hatten Judith7 und ich die Reitgrate der Allgäuer Alpen geritten, dann hatte ich am Abend was Falsches gegessen, und der Versuch, den Schrecksee hoch oben zu umrunden, war für mich in einem Fiasko geendet. Judith7 musste also leider alleine im  See schwimmen. Der Rauhenhalsgrat am Pfingstmontag war gleichermaßen unmöglich geworden, Bauchweh, Durchfall und Kopfschmerzen verhinderten größere Anstrengungen. Aber was Cooles wollten wir doch machen!

Also die Judith7 und den Exträjmjürgen als Krankenschwester und Krankenbruder eingepackt und rauf auf die Berge, die aufgrund ihrer Mehrfachbenennung aus verschiedenen Tälern gleich mehrere Namen haben. So sicherten wir, dass wir mit der Besteigung von drei Gipfeln gleich sechs Einträge in unsere Tourenbücher vornehmen konnten. Wer wie wir unter einer Begrenzung seiner Lebenszeit leidet, weiß, welche Anstrengungen man unternehmen muss, um so viele Erlebnisse wie möglich in die kurze Lebenszeit zu packen. Sechs Gipfel in drei Stunden? In dieser Gegend kein Problem! Der besseren Verständlichkeit halber fasse ich die siemerzwanzg Namen aber übersichtlich zusammen.



Also rein in die Bahn und raufgebahnt zur Bergstation auf 1956m Meereshöhe. Bergeshöhe, meine ich. Dort einem Langhaarigen sein Haarbandl nachgetragen und auf diese Weise die ersten Höhenmeter gesammelt. Dann hinaus und hinüber zum Warmatsgundkanzelwandkopf. Dort führen Stufen hinauf. Weil sie das Gehen in solchem Gelände ungemein erleichtern. Damit die störrischen Leute die Stufen nicht ständig umgehen, werden die immer erneuert und dabei sicherlich jedes mal verbreitert, um die Umgehung noch erheblicher zu erschweren.

Wir wollten aber extrem gehen - und hoppla! Jähe fünfzehn Meter unterm Gipfel beginnt ein Klettersteig zum Gipfel! Stand da am Einstieg etwas von eineinhalb Stunden zum Warmatsgundkanzelwandkopf? Nichts wie rein - derlei Absurditäten sind mir jederzeit herzhaft willkommen.

Der Klettersteig ist vermutlich deshalb da, weil es so lustig aussieht, wenn Menschen auf circa geschätzten einhundert Klammern circa geschätzte jähe einhundert Zentimeter über dem Boden eine ständig auf penetrant pomadige Weise leicht überhängende Wand queren. Oder wegen einer Seilbrücke, die man an einer total sinnvollen Stelle angebracht hat. Woher die ganzen Trittspuren, ach nennen wir's doch einfach Weg unterhalb des Klettersteigs kommen, ist mir ein Rätsel. Ich kenne jedenfalls kein Klettersteigset, das so lang wäre, die zwei Meter hinauf zum Drahtseil zu überbrücken.

Überbrückt haben wir dann die extreme Seilbrücke, danach noch ein paar Meter weiter auf recht alpinen Klammerln und dann hinaufgeklammerlt zum, nun ja, Gipfelgrat des mit Menschenbesuch gut versorgten Warmatsgundkanzelwandkopfs (2059m). Von der Bergstation zum Gipfel des Warmatsgundkanzelwandkopfs ein steif geschlagenes halbs Stünderl. Hierher auch auf etwas, das sich "Sportklettersteig" nennt, aber eher der Bizepsmaschine im Fitnessstudio ähnelt.

Mir ging es noch nicht ganz gut, aber der Exkurs auf dem Klettersteig war nicht nur eine nette Überraschung, sondern auch ein Zeichen dafür, dass ich wieder unter den Lebenden war! Wie schön, sich darüber mit Exträjmjürgen und Judith7 zu freuen - gute Freunde sind so viel mehr wert als jeder Berg! Umso mehr, wenn sie nicht böse sind, weil man ihnen die Chance auf den Rauhenhalsgrat genommen hat. Wird alles nachgeholt!

"Gutee Fdoindee kann niemand tdennen!"

Über gutmütige Stufen nun hinunter zum Grat und nun immer exträjm über jeden Zacken oben rüber. Und der Grat hat Zacken, immer so nen halben Meter neben dem Wanderweg. Wenn jemand sich lächerlich machen kann, sind es Nik und Exträjmjürgen - Judith7 stand weise daneben. Die Gehirne von Frauen mögen weniger wiegen - aber was sie damit tun - meine Herrn...

Jürgen und ich haben sämtliche Reitpassagen wenn nicht gefunden, so doch zumindest erfunden, was uns weniger bergsteigerisches Können als vielmehr unbändige Kreativität bescheinigt. Einen wirklich schönen Zacken haben wir dabei überstiegen (!, II), und dabei haben wir oben sogar noch Platz für eine zweite Person (mich) erfunden. Nun gab's kein Halten mehr: in unerbittlicher Wegverachtung immer gute zwanzig Zentimeter daneben am Grat entlang hinauf zur Hammerschüsserspitze, dabei selbstverständlich den im AV-Führer als zu vermeidend erwähnten Weg in die Nordflanke mitnehmend.

Bald standen
wir auf dem mit knapp 20 Leuten völlig vereinsamten Gipfel der Hammerschüsserspitze (2170m). Vom Warmatsgundkanzelwandkopf 45 Minuten. Der Exträjmjürgen war schon zwei Tage vorher hier gewesen, er hatte sich durch den Sportklettersteig gemuskelt und spekulierte nun auf den Übergang zur Hochgehrenhammerspitze. Ich checkte mich, Judith7 die Zeit - wir wollten die letzte Bahn erreichen, für einen Talabstieg fühlte ich mich nicht wohl genug - und wir beschlossen, genau 35 Minuten zu gehen und dann umzukehren.

Nach 22 Minuten waren wir am Gipfel der Hochgehrenhammerspitze (2253m) - nur möglich durch strategische Rucksackdepots meiner- und jürgnerseits. Der Übergang ist weitgehend unschwer, es geht einen gemütlichen Wanderweg erst hinunter und dann wieder hoch, über rutschiges Geröll und Einserstellen hinauf zum Grat, kurz über ausgesetztes T5-Gelände (I-II) und dann über ein wanderwegbreites Band hinüber zu der gut gestuften Flanke, die man zum Gipfel noch überwinden muss (auch I). Dort habe ich versucht, möglichst viele Personen, Bergspitzen und Gipfelkreuze auf meine Fotos zu kriegen (stehen auf Bergen, die zwei Namen tragen, nicht logischerweise auch zwei Gipfelkreuze? Wurden die vielleicht sogar aus zwei Hälften, die man aus beiden Tälern hochgetragen hatte, am Gipfel zusammengesetzt? Das Wunder der Grenze...). Da wir nicht warten wollten, bis unsere 35 Minuten voll waren, haben wir was getrunken, uns gegenseitig sogar noch was von der Cola abgefüllt, und uns wieder auf den Weg gemacht. Ein Weitergang zum Hammerspitzenhauptgipfelschüsser hätte uns alle gereizt, aber wir mussten wiexakt die letzte Bahn kriegen.

Jürgen ist voraus, weil wir ihn eh einholen würden. Wir waren nach 22 Minuten wieder auf der Hammerschüsserspitze, Jürgen schon nach 16. Dann den bereits bekannten Grat runter, diesmal unter überraschter Entdeckung des Weges, bis zum tiefsten Punkt zwischen Hammerschüsserspitze und Warmatsgundkanzelwandkopf, und hier auf Trittspuren hinunter zu dem Wanderweg, der die wenigen Höhenmeter hinauf zur Gipfelstation führt. Hier habe ich dann gemerkt, dass ich immer noch nicht ganz fit war, ich kam ganz schön ins Keuchen. Insgesamt eine Stunde zehn von der Hochgehrenhammerspitze.

Um den vielen Menschen in den vielen rosa Jacken zu entfliehen, langte es aber noch, und so sind wir ebenso unbehelligt wie gemütlich ins schöne Kleinwalsertal hinuntergebaumelt. Was für eine schöne, fröhliche Tour! Und wie schön, so prima Leute zu kennen, die viel Rücksicht nehmen, wenn es einem Bergkameraden nicht so gut geht.
                                                                                                                                                                       Autor: Nik

Tourengänger: Verzasca, Nik Brückner, Judith7


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Kommentare (10)


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Miri hat gesagt:
Gesendet am 12. Juni 2014 um 08:41
Hallo an euch tolle neue Bergfreunde!
Hab den Bericht von Exträjmjürgen geschickt bekommen. Und musste mich jetzt doch hier anmelden, um auch meinen Senf dazu geben zu können. ;-)
Super tolle Tour hört sich klasse an, mit vielen verrückten Details eingebaut.*daumen hoch*
Schade das wir am Montag bereits fahren mussten, und nicht dabei sein konnten!
Aber das wird definitiv nachgeholt!

Viele Grüße
Miri

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 12. Juni 2014 um 16:31
Hi Miri!

Wie schön, Dich wiederzutreffen! Ganz herzlichen Dank für deinen Senf! Hast du denn während dem Lesen auch schön brav "Calculations of the Ancients" von Supermassive Black Holes gehört?

http://www.youtube.com/watch?v=Ox0gWpIdjeo

Ein Hammerspitzenalbum!

Echt schad mim Montag - andrerseiz war's mit mir auch nicht unbedingt die absolute Tour. Nicht einmal heut bin ich schon wieder richtig auf dem Damm. Ihr hattet am Tag davor mit dem Schattenberggrat sicherlich die eindrucksvollere Tour.

Und jetzt mal einen ganz herzlichen, auch an deinen Bursch!

Nik

Judith7 hat gesagt: RE:
Gesendet am 12. Juni 2014 um 19:41
Hallo Miri,

da kann ich Nik nur zustimmen - schön von dir zu hören!

Ich hoffe deinem Knie geht es wieder einigermaßen gut und du bist bereit für neue Alpenabenteuer. ;-)

Und bis dahin lasst es euch gutgehen...

Liebe Grüße
Judith

Miri hat gesagt: RE:
Gesendet am 16. Juni 2014 um 14:29
Hi Nik!
Natürlich hab ich das komplett verpasst, das "Hammerspitzenalbum" während des Berichtslesen zu hören.*verdammt*
Bin eben nicht wirklich die von der braven Sorte ;-P

Nein, selbstverständlich, werde ich mir den You Tube Link noch reinziehen, da mein Allgemeinwissen nicht unendlich reicht, ist mir die Band derzeit noch unbekannt...aber das wird sich bald ändern.

Ich hoffe du bist bereits wieder komplett auf dem Damm, dass es bei dem anhaltenden super Wetter bald wieder losgehen kann?

Bei mir werden leider erst nächste Woche die Fäden am Knie gezogen, aber ich kann seid heute fast schmerzfrei Laufen. Und die Schwellung ist weg.*jipii*

Bis Bald!
Miri

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 16. Juni 2014 um 20:01
Hi Miri! Griaß de!

"Bin eben nicht wirklich die von der braven Sorte" - Versprechen oder Drohung? ;o} Dann sei mal wie auch immer und hör das Album, das ist nämlich extrem unbrav. Aber ganz hören, nicht gleich beim ersten Stück Angst kriegen! Das ist keine der Scheiben, die man nach drei Minuten einschätzen kann. Dass Dir die Band unbekannt ist, liegt daran, dass die Band unbekannt ist. Die sind jung, neu, kanadisch, hungrig und geil - und haben keinen Plattenvertrag. Was sich hoffentlich bald ändert.

Bei mir gez am Wochenend vermutlich wieder auf, mal sehen was das Wetter macht. Auf dem Programm stehen wieder ein paar sehr geile Sachen - wenn ich mich nicht - ähem - wieder übernehme... ;o}

Dass es Dir besser geht, ist sehr prima, das Knie braucht man schließlich für so viele schöne und unbrave Dinge! Weiterhin besse Guterung!

Herzlichen!

Nikster

Nic hat gesagt: RE:
Gesendet am 13. Juni 2014 um 13:40
So klein ist die Welt :-)

montanus hat gesagt: Berichtigung
Gesendet am 12. Juni 2014 um 19:55
Hallo Judith,
Sie müssen Ihren Bericht umschreiben, denn schon vor ca. 2 Jahren wurde das Namenswirrwarr der 3 Gipfel bereinigt; von der Kanzelwand kommend, heißt der 1. Gipfel - Walser Hammerspitze 2170m; der 2. Gipfel - Hochgehrenspitze 2251m und der Hauptgipfel - Oberstdorfer Hammerspitze 2260m; auch auf der AV-Karte BY 2 sind die neuen Namen bereits vermerkt; mit ein Grund für die - nun eindeutige Namensgebung war die Tatsache, dass bei Rettungseinsätzen oft Unsicherheit über den Ort des Geschehens herrschte; übrigens, die Überschreitung der 3 Gipfel ist schöner, wenn Sie von Mittelberg/Schwendle zur Fiderepasshütte aufsteigen und dann den Grat bis zur Walser Hammerspitze begehen und von dort wieder ins Wildental absteigen;
Viele Grüße
montanus

Judith7 hat gesagt: RE: Berichtigung
Gesendet am 12. Juni 2014 um 22:11
Hallo montanus,

vielen Dank für den Hinweis. Wahrscheinlich müssen wir einfach noch die Wegpunkte von Hikr ändern und anpassen.

Was die Namensgebung im Bericht und bei den Bildern angeht, so haben wir beim Wandern einfach so viele Scherze darüber gemacht und Spaß damit gehabt, dass wir das einfach auch im Text beibehalten wollten. Natürlich wollten wir damit nicht unnötigerweise weiter zur Verwirrung beitragen.

Was die Gipfelüberschreitung der drei Gipfel angeht, so steht sie seit dem letzten Wochenende definitiv auch auf unserer Liste. Daher danke für den Hinweis bezüglich der schönen Routenführung.

Liebe Grüße
Judith

Andy84 hat gesagt:
Gesendet am 12. Juni 2014 um 21:57
schade, da ham mer uns um einen Tag verpasst...

Judith7 hat gesagt: RE:
Gesendet am 12. Juni 2014 um 22:27
Ja, das scheint so. Nächstes Mal dann....
Dabei mussten wir bis zur Hochgehrenspitze laufen, um endlich einen Gipfel für uns alleine zu haben.

Gruß, Judith


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