Hochstarzel - Unspitze - Derraköpfle - Güntlespitze (Nordgrat) - Hint. Üntschenspitze - Wannenberg


Publiziert von Nik Brückner , 3. Juni 2014 um 10:22. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 1 Juni 2014
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 980 m
Abstieg: 1800 m
Strecke:20km

Letzter Tag unseres Frühjahrsviertagers im Südosten der Allgäuer Alpen. Judith7 und ich hatten nach der Überschreitung der Üntschenspitze, den Graten zwischen Diedamskopf und Greenhorn und der Tour über die Ochsenhofer Köpfe und den Nordpfeiler der Üntschenspitze eigentlich eine Art Resteverwertung vor, in aller Ruhe und mit vielen Pausen. Am Ende wurde es eine nochmal eine grandiose Tour!


Hochstarzel

Zunächst ging es auf den Hochstarzel. Vom Neuhornbachhaus (1700m) auf breiten Almweg zur Althornbachalpe, dann durch durchfurchtes Gelände ins Starzeljoch (1867m). Bis hierher einfach, eine Dreiviertelstunde. Vom Starzeljoch dann in 20 Minuten auf dem zwischendurch wilden, felsigen und mäßig ausgesetzten Grat (unterer T4-Bereich) auf den Hochstarzel. Hier lagen schon die Seile bereit, gesichert war aber noch nichts. Es geht aber auch gut ohne.

Auf dem Gipfel (1974m) haben wir erst einmal eine gemütliche Rast eingelegt. Der Hochstarzel ist eine schöne Aussichtskanzel, die vom Grat ein wenig nach Osten vorspringt und so einen tollen Blick hinunter ins Kleinwalsertal bietet.

Und auf den Weiterweg zur Unspitze.


Übergang Hochstarzel - Unspitze:

Vom Gipfel des Hochstarzels entweder direkt nach Osten oder zuerst südlich, eine kleine Rippe umgehend, steil hinunter über Gras und (bisweilen leichter) erdige Geröllrinnen, bis man bequem nach links zum Grat zwischen den beiden Gipfeln queren kann. Hier führen Kuhpfade um einen Gratzacken herum, den man natürlich auch "mitnehmen" kann. Wir waren faul...

Am tiefsten Punkt des Grats beginnt der Westanstieg zur Unspitze. Von hier aus ist es vielleicht eine Viertelstunde bis zum Gipfel, die hat es aber in sich. Anfangs geht man etwas rechts der Gratschneide, bis der Grashang zu steil wird. Dann gibt es keine andere Möglichkeit mehr: immer unerbittlich direkt am Grat, der bisweilen äußerst schmal wird, geht es hinauf. Drei Einserstellen verlangen etwas Kletterfähigkeit, mehr aber noch Konzentrationsfähigkeit. Hier muss man seine Psyche fest zusammenzurren. Bald steht man unter dem Gipfel an einer Stelle, wo der Grat etwas nach rechts versetzt ist und tiefe Furchen darauf schließen lassen, dass er irgendwann auseinanderbricht. Hier geht es über eine letzte Felsstufe hinauf, und noch ein paar Meter ausgesetzt auf Gras zum Kreuz (1926m). Der gesamte Übergang bewegt sich zwischen T4 und T5, einige Passagen sind leichter.

Die nächste Gipfelrast! Auch die Unspitze ist ein herrlicher Aussichtsgipfel. Ich habe dann noch den Ostanstieg ausgecheckt, der schien mir aber eher unspektakulär. Erst 2018, als ich ihn beging, stellte auch er sich als ziemlich bissig heraus.

Wir stiegen dann über unsere Aufstiegsroute ab, und wanderten auf dem guten Weg von der Oberen Spitalalpe (1770m) zur Derra-Alpe (1814m). Ein eingebrochenes Altschneefeld war dabei schnell und unschwierig gequert.


Derraköpfle:

Das Derraköpfle wird selten bestiegen. Warum auch? Aber wenn man schonmal da ist... Und prompt stellt sich heraus, dass es ein kleines wunderbares Ziel ist! Der Weg ist einfach: Von der Derra-Alpe geht es in ein paar Minuten auf der Grasschneide zum höchsten Punkt (1813m). Lediglich ein Erlenriegel stellt sich einem in den Weg, durch den man sich aber schnell hindurchgezwängt hat. Auf der anderen Seite erwartet einen ein schmaler Grasgrat. Der ist in etwa vergleichbar mit den leichten Stellen an der Unspitze, allerdings stellenweise ausgesetzt und ohne jegliche Trittspuren (deutlich T4). Das Derraköpfle ist nicht spektakulär, aber ein sehr nettes Bergl, das von Süden dann sogar doch einigermaßen Eindruck machen kann. Vielleicht ein gutes Testgelände für Leute, die sich mal an einem Grasgrat versuchen wollen. Man kann's auch komplett überschreiten, auch von Ost nach West, das ist dann allerdings krass.

Von der Derra-Alpe ist man in 10 Minuten die 70 Höhenmeter zum Derrajoch aufgestiegen.


Güntlespitze (Nordgrat)

Vom Derrajoch (1860m) aus ist der Nordgrat der Güntlespitze kaum zu verfehlen. Beim Blick zum Gipfel ist es der rechte Grat, unverkennbar durch den Doppelzacken auf halber Strecke. Der obere der beiden Zacken hatte mir einen Tag zuvor etwas Sorgen gemacht, wirkt doch sein felsiger Nordabbruch von fern recht brüchig. Mal sehen.

Zunächst geht es über Almwiesen hinüber zum Grat, der hier im unteren Teil noch ein breiter Rücken ist. Weiter oben bildet sich dann eine schmale Rippe aus, die sich recht schnell zu einem schmalen Grat zusammenzieht. Wer hier auspsycht, kann ohne Weiteres wieder absteigen. Auch später ist für den erfahrenen Steilgrasgeher immer wieder mal ein Ausstieg nach links, zum Normalweg hinüber, problemlos möglich. Den Blick nach rechts hinunter sollte man allerdings besser meiden, hier geht es teilweise senkrecht mehrere hundert Meter hinab.

Über erste steile Passagen helfen die festen Zweige der Sträucher, die hier überall wachsen. Dann steht man vor dem Doppelzacken. Der erste ist sehr steil, aber im gestuften Gras gut zu bewältigen. Dann geht es ein paar Schritte hinunter zu der schieferigen Rinne zwischen beiden Spitzen. Die Felsstufe gegenüber mag vom Normalweg aus schwierig aussehen, steht man davor, entpuppt sie sich jedoch als leicht zu bewältigender doppelter Aufschwung. Nur der erste Teil ist echte Felskletterei, der zweite ist schon leichter (im Grunde beides I), und viel schneller als gedacht steht man auf dem markanten zweiten Zacken.

Ab hier ist es eine Genusstour: Bis hinüber zur Gipfelpyramide erwartet einen ein schmaler Grasgrat, der aber nur nach rechts wirklich ausgesetzt ist. Nach links könnte man an einigen Stellen gut zum Normalweg hinüberqueren. Zunächst noch Gehgelände, geht es nun bald zum Gipfel hinauf, der im oberen Teil wieder recht steil ist. Hier muss man dann stellenweise wieder herzhaft ins Gras packen.

Der ganze Grat ist spaßig, T4 bis T5, aber kurz: in 25 Minuten geht es vom Joch zum Gipfel (2092m).

Auf der Güntlespitze haben wir dann die nächste Pause eingelegt. Judith7 hat eine perfekte "Aussichtsbank" im Ostabbruch entdeckt.

Und die Rundsicht genossen! Der Blick fällt zunächst nach Osten, wo der Widderstein den Horizon dominiert. Rechts dahinter ist die Vorderseespitze zu sehen, im Südosten folgt der Hohe Riffler. Davor: der Heiterberg. Es folgen das Karhorn, die Rüfispitze, die die Braunarlspitze und die Rote Wand. Davor, im Süden, der Hochberg, daneben Rothorn und Feuerstein.

Im Südwesten erheben sich die Hochkünzelspitze und direkt davor die Niedere Künzelspitze. Weiter rechts: der Zitterklapfen und die Gräshörner mit dem Annalper Stecken. Am Horizont ist der Alpstein zu erkennen, mit Moor, Altmann und Säntis. Viel näher sind das Glatthorn, die Damülser Mittagspitze, Gungern und Klippern.

Im Westen steht die Graspyramide der Üntschenspitze. Jenseits davon geht es weiter mit Diedamskopf und Falzerkopf. Im Norden folgt mit dem Ifen Allgäuer Prominenz. Man sieht den Grünten, davor die Kette bis zum Walmendinger Horn, davor Hochstarzel und Unspitze. Dahinter erheben sich weitere bekannte Gipfel: Entschenkopf, Rubihorn, Großer Daumen, Nebelhorn, Laufbacher Eck, Schneck, Höfats, Großer Wilder und Hochvogel. Dann folgt der Allgäuer Hauptkamm, mit Öfnerspitze, Krottenkopf, dem Hohen Licht und dem Biberkopf. Davor die Kette mit Elfer und Liechelkopf, und davor der Bärenkopf und der Kleine Widderstein. Mit seinem großen Nachbarn schließt die Runde.



Güntlespitze - Hintere Üntschenspitze - Wannenberg

Der Weiterweg vom Gipfel ist zunächst eine schmale Grasschneide, dann, wenn sich das Gelände wellig verbreitert, zweigt nach links eine nicht markierte Pfadspur ab. Der Übergang zur Hinteren Üntschenspitze und weiter hinunter zum Wannenberg war von uns eigentlich als Nachklapp gedacht, entpuppte sich aber in der Folge als einer der schönsten Wegabschnitte des gesamten Wochenendes!

Zunächst steigt man über hügeliges Gelände ab und drüben wieder auf, bis sich der Grat ordentlich zusammenzieht. Ab hier geht es nun in Schwebebalkengelände weiter, im Grunde bis hinunter zu einer grünen Wanne am, nun ja, Wannenberg. Welche der Erhebungen die Hintere Üntschenspitze sein mag, wird nicht ganz klar, vermutlich die höchste, allerdings steht weiter unten (östllich davon) ein Kreuz, was die Situation etwas verunklärt. Der Wegverlauf ist schnell beschrieben: Es geht immer auf der Gratschneide entlang, meist auf Trittspuren im Gras. Schwierig ist das nicht, eigentlich handelt es sich um Gehgelände, aber es ist meist ausgesetzt (T4). Zwei, drei Stellen warten mit Problemen auf: Einmal ein felsiger Abstieg, bei dem man den Abgrund links im Auge hat, und dann natürlich die berühmte fünf-Meter-Querung auf der Kante abschüssiger Platten. Es gibt allerdings gute schuhgroße schotterige Tritte, die die Querung deutlich entschärfen.

Ab dem Kreuz geht es dann steil hinunter, immer am Grat entlang. Auch hier kann die eine oder andere Stufe noch problematisch sein.


Wannenberg - Derrajoch - Schoppernau

  
In der markanten Wanne des Wannenbergs angekommen, hielten wir uns dann links und stiegen über einige waagrecht verlaufende Rippen nordseitig ins Tal ab. Von der Derra-Alpe aus hatten wir einen Weg entdeckt, der im Oberen Teil des Hangs nach Westen führt und südlich der Alpe mit dem Wanderweg zusammenlief. Den behielten wir im Auge und erwischten ihn problemlos im Abstieg vom Wannenkopf. Von hier aus waren es nur noch ein paar Minuten zur Derra-Alpe (1814m).

Für den zweiten Aufstieg zum Derrajoch brauchten wir dann etwas länger, weil wir zwei Murmelis beim Murmeln beobachtet haben. Es war früh im Jahr und die zwei waren noch ganz verschlafen...
 
Der Rest ist schnell erzählt: Auf gutem, aber noch verschneiten Weg hinunter in den Häfen, wo ich noch einen letzten Blick auf den fantastischen Nordpfeiler der Üntschenspitze warf, und von dort auf dem breiten Almweg an der Pisialpe vorbei nach Schoppernau. Vom Derrajoch aus eineinhalb Stunden.
 

Tourengänger: Nik Brückner, Judith7


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Kommentare (10)


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Nic hat gesagt: Klasse Tour!
Gesendet am 3. Juni 2014 um 10:31
Gratuliere! Jahrelang wurde die Unspitze von Hikrn nicht beachtet. Jetzt 2 Besuche in 2 Wochen ;-) Ein dritter wird folgen...

VG

Nik Brückner hat gesagt: RE:Klasse Tour!
Gesendet am 3. Juni 2014 um 10:35
Ja, witzig, gell! Ein wunderbarer Berg! Wir haben an dem Tag später jemanden nach Osten absteigen sehen und dachten an einen Hikr, aber Ray war ja einige Tage vorher unterwegs. Vielleicht warst du das ja?

Bin gespannt auf deinen Bericht!

Gruß,

Nik

Andy84 hat gesagt:
Gesendet am 3. Juni 2014 um 12:03
schöne Runde. Eure 3 Touren möchte ich demnächst als eine lange Tagestour machen. Gut zu wissen wie die einzelnen Abschnitte von der Schwierigkeit her sind.
VG Andy

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 3. Juni 2014 um 12:06
Hi Andy!

Ja, das geht sicher gut als Tagestour. Bin schon gespannt auf deinen Bericht!

Herzlichen Gruß,

Nik

paul_sch hat gesagt: Macht Lust zur Nachahmung!
Gesendet am 7. Juni 2014 um 14:34
Die Tour sieht echt super aus. Zum Neuhornbachhaus muss man aber zu Fuß aufsteigen, oder? Habe die Tour mal leicht vereinfacht in eine Karte geklickt, da komme ich auf satte 1.760 Höhenmeter und 18 km Webstrecke von Schoppernau aus.

paul_sch hat gesagt: RE:Macht Lust zur Nachahmung!
Gesendet am 7. Juni 2014 um 14:35
Nachtrag: Von Schoppernau bis zur Pisialpe kann man sicher auch biken, oder?

Nik Brückner hat gesagt: RE:Macht Lust zur Nachahmung!
Gesendet am 10. Juni 2014 um 09:57
... mit dem Radl fährst, kannst du ordentlich abkürzen. Bis zur Pisialpe geht's auf jeden Fall, und ein bissl weiter sogar auch noch. Weiter oben wird der Weg aber zu schlecht zum Radln.

Man kann aber auch mit dem Rad zum Neuhornbachhaus rauf.

Herzlichen Gruß und viel Spaß beim Touren!

Nik

Nik Brückner hat gesagt: RE:Macht Lust zur Nachahmung!
Gesendet am 10. Juni 2014 um 09:55
Hi Paul!

Von Schoppernau geht's sicher auch, ist halt ein bissl lang. Wenn du vom tal aus gehen willst, ist Baad der bessere Ausgangspunkt. Aber wenn du...

paul_sch hat gesagt: Macht Lust zur Nachahmung!
Gesendet am 11. Juni 2014 um 08:59
Danke für die Antwort! Im Moment ist der Plan von Schoppernau Üntschen Westgrat, und dann am Grat entlang bis zu Hochstarzel, Abstecher Unspitze, Starzeljoch, evtl. kurzer Abstecher Grünhorn, und dann via Pisialpe runter ins Tal. In dem Fall würd das Rad eh keinen Sinn machen. So komme ich auf 1.730 Höhenmeter, das passt grad gut. :-) Ich denke so nehme ich die schönsten Grate alle mit und muss (fast) keinen Weg doppelt laufen.

Nik Brückner hat gesagt: RE:Macht Lust zur Nachahmung!
Gesendet am 11. Juni 2014 um 10:11
Das ist auf jeden Fall eine tolle Runde! Das sind fantastische Grate. Aber in der Gegend sind einfach alle Grate toll! Über die hintere Üntschenspitze zum Wannenberg, vom Greenhorn zu den beiden Manndln - ach, es gibt so viele tolle Touren!

Viel Spaß wünsche ich Dir!

Herzlichen Gruß,

Nik


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