Wildes Maggiatal: Ronchini – Coroi – Montascio – Cortasell – Brié (Gordevio)


Publiziert von Seeger , 18. April 2014 um 00:13.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Locarnese
Tour Datum:17 April 2014
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Poncione Piancascia 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 848 m
Abstieg: 848 m
Strecke:7,41km: Ronchini 305m – Ronchini Reservoir 410m – Coroi 1004m – Montascio 1066m – Cortasell 706m – Brié 360m – Ronchini 305m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:FART von Locarno nach Ronchini. Auto: Ausgangs Ronchini nach links zum Helilandeplatz. Dort freie Parkplätze. Logischerweise von Brié zurück zu Fuss zum Parkplatz (30 Min.)
Zufahrt zum Ankunftspunkt:FART von Gordevio Paese nach Locarno
Kartennummer:1292 Maggia, 1312 Locarno

Wieder ein Highlight an der orographisch linken Flanke des Maggiatales. So intensiv erlebt, dass aus einer Marschzeit von etwa 5 Stunden plötzlich 10 Stunden wurden! Die Plauderstunde wurde zu Stunden, die Pausen zu Aufenthalten. Total nach meinem Gusto: Wenn die Einheit nicht Stunden sondern EIN TAG ist und eine sympathische Familie im Mittelpunkt (nicht nur auf der Karte) meiner Wanderung war. Unvergesslich! Ein herzliches Dankeschön zu Euch dort oben in der Abgeschiedenheit.
Bei schönstem Frühlingswetter steige ich in Ronchini 305m hinauf zum Ronchini Reservoir 410m an vielen gepflegten Häusern und einem Grotto vorbei. Momentan wird die Strasse saniert und ein Könner von Trockensteinmauerbauen werkelt umgeben von zwei Gehilfen. Der Parkplatz ist mit Strassengeröll bedeckt.
Etwas weiter vorn zweigt ein Weg nach rechts hoch in den Wald ab. Diesem folge ich und erreiche einen alten Karrenweg, welcher bei einem Ferienhaus endet. Bellende Hunde, doch sympathische Leute. Klar dürfe ich hier durch. Ich müsse einfach durch den Ginster und komme so auf den Weg. Tatsächlich ist dieser alte Weg weiter nach links (immer in Laufrichtung) verlegt worden. (siehe Karte „Route“).
Tatsächlich muss ich alle Register ziehen, den teilweise schwer zu findenden Weg aufzuspüren. Ohne Landeskarte wäre ich aufgeschmissen. Doch Steinmännchen, Bändeli, Schnürchen und ganz speziell angefertigte Kettchen, dazu Relikte von Steintritten, helfen sehr. Und wenn es bei den Bachgräben, welche man prinzipiell horizontal nach links traversieren muss, etwas kritisch wird, erstelle ich einige zusätzlichen Steinmänner.
Auf 700m zweigt ein auffallender Weg nach rechts hoch ab, welcher sehr wahrscheinlich der Zustieg von Ronchini nach Montascio ist. Und genau dort unter der Felswand ist man geneigt, eher die selbige rechts  zu umgehen, statt richtig nach links zum Bachbett hoch zu steigen.
So erreiche ich schliesslich das unterste Haus von Coroi auf 860m. Sein Dach ist zur Hälfte eingestürzt. Und dennoch macht der Bau wegen seiner Grösse enorm Eindruck. Im oberen Stock sind noch Zeugen aus Alter Zeit erhalten: Ein Käsekessen-Galgen und ein Relikt einer Futtertruhe. Hier wurde also Käse hergestellt. Wie mag er wohl geschmeckt haben? In meiner Fantasie erscheint der Raum in altem Glanze, der Stall besetzt mit Vieh. In der einen Ecke rührt der Senn den Käse, in der andern sitzt der Hütebub und zwei jüngere Geschwister am einfachen Holztisch auf selbstgezimmerten Hockern. Dahinter die Liegepritschen mit frischem Heu. Die Mutter ist unten in Maggia mit den Eltern und den andern Kindern und muss heuen. Idylle? Wohl kaum, wenn man bedenkt, dass die Käselaibe auf diesem steilen Weg nach Ronchini hinunter getragen werden mussten. Normalerweise Frauenarbeit. Die Last zu 40-60kg! Dennoch: Die Älpler gehörten zur besitzenden Schicht. Ihnen ging es verhältnismässig gut.
Aus dieser Pause wird ein Aufenthalt. Irgendwann erwache ich aus meiner Tagträumerei und nehme den Anstieg beginnend mit einer gekonnt angelegten Steintreppe unter die Füsse. Der Weg vom unteren Haus hinauf nach Coroi 1004m (T3) ist sehr viel besser imstande wie der untere Teil und bequem angelegt (Wurde ausschliesslich von oben - Gemeindegebiet von Maggia -  bestossen, da direkt unterhalb der Hütte das Gemeindegebiet von Ronchini beginnt. Und dort durfte man nicht durch! Danke Frank). Plötzlich erscheinen sie: Die super renovierten Häuser unterhalb einer Felswand mit gepflegter Umgebung. Ein Lebenswerk, welches nie zu Ende gehen kann. Zum Glück ziehen Alle am gleichen Strick.
Dann eben gerät das Zeitmanagement der Plauderstunde aus dem Ruder. Und wenn ich mich nicht irgendwann einmal aufgerafft hätte, wäre ich jetzt noch dort oben. Dieses Ambiente, dieses Licht, diese Herzlichkeit machen Coroi zu einem Paradies.
In Begleitung steige ich zur Quelle hinauf. Wenige Meter höher wird mir der Anfang des Weges nach links Richtung Aiarlo gezeigt und meinen nach rechts Richtung Montascio 1066m (T4). Verabschiedung. Zum Glück ist die Vegetation noch spärlich und der Pfad ist noch als Trassee knapp erkennbar. Wenige Fixpunkte, wie Steintritte oder Steinmänner, helfen bei der Orientierung. Vereinfacht ausgedrückt steigt man bis auf 1080m an, wo man im letzten Drittel einen Vertikal-Graben oben durch umgeht, um dann wieder zur bewaldeten Ebene von Montascio leicht abzusteigen. Im Wald verstecken sich teils gut erhaltene, teils verfallene Häuser. Ein Haus – das grösste – hat einen eingefriedeten und gepflegten Umschwung. Ein spezielles Marienbild (Jesus als Knabe) ziert die Ostseite.
Die Landeskarte gibt den Verlauf des Weges exakt an. Durch ehemaliges Weideland führt der sehr gut unterhaltene und angenehme Weg in ausholenden Kehren nach Cortasell 706m (T3-) hinunter. Auch hier verstecken sich die Häuser im Wald. Aber der Ausbau erinnert einem bei einem Haus an „Villa mit Umschwung“, das heisst Garten mit Azaleen, Magnolien, Golfrasen……Ein anderes etwas mehr links hat unlängst ein neues Dach erhalten. Der 38-jährige stolze und aufgestellte Besitzer ist allein am Drainieren der Grundmauern. Auguri.
Nun beginnt ein beinahe durchgehend mit Steinplatten belegter Weg. Teils flach, teils als Tritt verlegt. Zu Hunderten! Echt knieschonend. So erreiche ich total relaxed den oberen Teil von Brié 360m (T3-), folge einem alten Karrenweg Richtung Ronchini, welcher gleichzeitig Wasserschutz bietet (T2). Der Fortsetzung auf der andern Seite des Auffangbeckens folgend (Alte Maggiatalstrasse ?) kann ich vor einem Grotto zur Kantonsstrasse hinuntersteigen. Kurzer Schlussspurt nach Ronchini 305m der Strasse entlang.
Diese Tour ist wegen dem schwierig zu findenden Aufstieg nach Coroi nicht zu unterschätzen. Im Bereich von Montascio ja nicht den Weg verlassen: Es hat trügerische Löcher.

You‘ll never walk alone! Gell Lea, Monika und Roland. Merci vielmol.

Tour und Varianten beschrieben und bebildert in Valle di Gei  www.alpi-ticinesi.ch  (Va 
 
  

Tourengänger: Seeger
Communities: Ticino Selvaggio


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Kommentare (6)


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bidi35 hat gesagt: toll geschildert...
Gesendet am 18. April 2014 um 10:26
...und bebildert deine interessante Wanderung. Der erste Abschnitt deines Berichts sagt eigentlich alles aus!!

LG Heinz

Seeger hat gesagt: RE: toll geschildert...
Gesendet am 18. April 2014 um 11:25
Danke Heinz.
Freut mich, dass allfällige Ausschweifungen Gefallen finden.
Reine Wegbeschreibungen sind nicht so mein Ding.
Gruss
Andreas

Henrik hat gesagt: Did I miss something?
Gesendet am 18. April 2014 um 16:52
Deine Menüschilderung fehlt diesmal?

Aber dein Erzählstil wird von mal zu mal besser.

CS

Enrico

Seeger hat gesagt: RE:Did I miss something?
Gesendet am 18. April 2014 um 19:52
Ciao Henrik
Ich ass unkontrolliert während der Tagträumerei. So ganz automatisch.
Verstehst Du das?
Gruss
Andreas

jimmy hat gesagt: Schade, dass ich nicht
Gesendet am 19. April 2014 um 14:34
dabeisein konnte, und dies kurz vor dem winterlichen Weiss!
Wieder einmal Tessinergschichte (für Forgeschrittene!) auf Seeger-Art.
Salve
Andreas

Seeger hat gesagt: RE:Schade, dass ich nicht
Gesendet am 19. April 2014 um 20:15
Ciao Andreas
Da war ich heute morgen recht erstaunt. Schnee bis auf 800m hinunter! Und das im Tessin, wohlverstanden.
Nichts wie nach hause.
Gruss vom Roggenhalm
Andreas


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