Warten und Dägelsberg - auf einsamen Pfaden im Oberland


Publiziert von CampoTencia , 12. April 2014 um 21:35. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Zürich
Tour Datum:11 April 2014
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Zürcher Oberland   CH-ZH   CH-SG 
Zeitbedarf: 4:30
Aufstieg: 740 m
Abstieg: 740 m
Kartennummer:1093 Hörnli, 1113 Ricken

Wir wollten schon lange wieder mal über den Warten gehen und im Tierhag einkehren. Also Vorschlag an Krokus für den Freitag, vorallem weil ein warmer, sonniger Tag mit Aufzug von Bewölkung erst gegen Abend versprochen wird.  Aber ich hätte es ja wissen müssen: sie bringt als Einheimische natürlich einen besseren Routenvorschlag, dem ich in froher Erwartung zustimme und der mich auf unbekannte Pfade führt.
 
Der lange Anmarsch entlang der Töss entfällt heute, da man werktags bis zum Reservoir in Buri mit dem Auto fahren darf. Beim Reservoir werfen wir jedesmal einen Blick zu den Becken und Stromschnellen in der Töss hinunter. Immer wieder faszinierend, dem Tosen und Rauschen zuzuzuhören und dem Lauf des oft klaren Wassers mit den Blicken zu folgen. Nach 400m taleinwärts zweigt eine mit Gittersteinen ausgelegte Alpstrasse links ab, die sich sehr steil gegen Stadel hochzieht. Wir wundern uns, dass man eine solche Strasse befahren kann. Wir würden uns jedenfalls weigern. Nach Stadel läuft man angenehm auf Wiese und Weg und folgt dem schönen Grat nordostwärts zu den Häusern auf der Stralegg hoch. Aus dem Schulzimmer der höchstgelegenen Schule des Kt. Zürich ertönt noch Stimmengewirr, im Sommer soll sie geschlossen werden.
 
Bei P.1054, gleich nach dem Schulhaus, geht es rechts hoch. Meist gut erkenntlich führt ein Pfad zum höchsten Punkt des Warten hoch. Es ist kein offizieller Wanderweg und so ist man halt auch mal gezwungen, Bäume zu übersteigen oder zu umgehen. Umgekehrt macht gerade diese Wildheit der Gegend den Reiz aus. Voraus  erblicken wir ein junges Reh, während die Rehkuh irgendwo bellt und uns in eine andere Richtung locken will. Der Gipfel des Warten ist eigentlich eine bewaldete Erhöhung und verdient den Titel Gipfel kaum. Interessant wird es nach der Senke zwischen Warten und Hinter Warten, wo sich langsam die steile Flanke links neben dem Weg erahnen lässt, wo der Weg anspruchsvoller wird, sich das Dickicht in eine offene Zone mit freistehenden Bäumen erweitert, knorrige Baumstrünke uns anglotzen und der Blick in die Berge freigegeben wird. Der Weg über den und nach dem Hinter Warten ist ein Genuss, da kann beim Wandern die Seele baumeln.
 
Das Bergrestaurant im Tierhag ist heute geöffnet - sonst hätten wir ja einen andern Tag gewählt. Wir setzen uns draussen an die Sonne und geniessen neben der tollen Aussicht einen Kafi fertig. 11 Uhr ist noch ein wenig früh für das Mittagessen, also entschliessen wir uns für ein vorgezogenes Zvieriplättli. Ein Plättli für 2 Personen, auch das ist noch genug, aber es mundet so gut, dass wir auch dieses schaffen. Ist unbedingt zu empfehlen!
 
Den kurzen Weg bis zur Neurüti brauchen wir, um nach der ausgiebigen, genussreichen Pause wieder in die Gänge zu kommen. Es fällt immer wieder auf, wie das Aussehen des ganzen Grates vom Schnebelhorn bis zum Hinter Chreuel geprägt ist durch die knorrigen, einzeln stehenden Bäume. Viele von ihnen sind durch die starken Winde, die ungehindert aus dem Westen eintreffen, in Mitleidenschaft gezogen. In Neurüti, wo ein alter, morscher Baumgeist über die Feuerstelle wacht, zweigen wir nach rechts zum Dägelsberg ab. Der Weg ist rot-weiss markiert, ein Teilstück ist unnötigerweise mit einer Kette gesichert. Je näher man sich dem Gipfel nähert, umso offener wird der Wald. Hier ist offenbar gezielt gerodet worden. Viele der Baumstrünke sind von den Forstarbeitern liebevoll in Sitzgelegenheiten oder in ein Auerhuhn umgearbeitet worden. Die Sonne scheint ungehindert auf den Kamm, auch ohne Jacken kommen wir ins Schwitzen. Vorerst kommt aber noch der kurze steile Abstieg zum Dägelsberger Wisli hinunter, auf dem wir viel Zeit brauchen, bis wir alle Schlüsselblümchen und Frühlingsenziane fotografiert haben.
 
Steil bleibt es auch im folgenden Abstieg zur Töss hinunter. Beim Niderhusers Tobel wird der Blick frei auf einen mehrstufigen Giessen. An vielen Stellen queren wir Erd- und Felsrutsche. Nagelfluh ist eben nicht sehr stabil, vorallem hier im Tösstal muss man immer wieder damit rechnen. Der Töss entlang finden wir viele Pestwurz, sowohl die weissen wie auch die roten. An Nagelfluhwänden fotografieren wir den grünen Blattsatz des Safrangelben Steinbrech, der im Juni/Juli eine weit ausladende Rispe mit dunkelgelben bis orangen Blüten ausbildet. Vorbei an vielen Wasserverbauungen, deren Becken zum Baden oder Spielen einladen, wandern wir über Bachscheidi und Tössscheidi talauswärts. Den letzten botanischen Höhepunkt erleben wir, als wir ein Flüeblüemli in den Felsen entdecken, das erste überhaupt im Tösstal. 
 


Tourengänger: CampoTencia, Krokus


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Kommentare (2)


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alpstein hat gesagt:
Gesendet am 13. April 2014 um 08:53
Das ZH-Oberland hat was.Tolle Wege, tolle Aussichten.

Schöner Bericht!.

Beste Grüße
Hanspeter

PS.: Das Zvieri-Plättli im Tierhag haben vor ein paar Wochen zu zweit nicht gezwungen :-)

CampoTencia hat gesagt: RE:
Gesendet am 13. April 2014 um 10:17
Danke für dein Kompliment. Es hat immer noch Wege und Pfade, die es zu erkunden gilt.

In der Tat! Wie dein Bild anschaulich zeigt, ist es eine sehr grosszügige Portion!

LG Herbert + Ella


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