Vlhošť a Ronov (Willhoscht und Ronberg)


Publiziert von lainari , 4. April 2014 um 18:57.

Region: Welt » Tschechien » Dokeská pahorkatina
Tour Datum:30 März 2014
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 6:45
Aufstieg: 680 m
Abstieg: 680 m
Strecke:26,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto oder Zug der ČD bis Stvolínky
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 11 České středohoří východ

Auf in neue Regionen - Dokeská pahorkatina (Hirschberger Hügelland)
 
Die heutige Wandertour gerät zum Grenzfall, nicht weil sich etwas Außergewöhnliches ereignet hätte, sondern weil sie im Grenzgebiet zwischen zwei Landschaften verläuft. Ein Gipfel wird bisweilen dem České středohoří (Böhmisches Mittelgebirge) zugeordnet, der andere (oder beide - je nach Betrachtung) dem Ralská pahorkatina (Rollberger Hügelland). Letzteres ist meinem Wissen nach in das Dokeská pahorkatina (Hirschberger Hügelland) und das Zákupská pahorkatina (Reichstädter Hügelland) untergliedert. Mein Tourenplan führt mich in das Dokeská pahorkatina, speziell in eine Landschaft die wegen ihrer zergliederten Sandsteinplatte auch Kokořínsko (Daubaer Schweiz) genannt wird. Nachdem nun die Örtlichkeit etwas eingegrenzt ist, begebe ich mich am Morgen nach der Sommerzeitumstellung voller Tatendrang Richtung Tschechien. Die Anfahrt führt mich über Česká Kamenice, Žandov und Kravaře zum Ausgangspunkt meiner Wanderung nach Stvolínky (Drum). Hier stelle ich das Auto an der etwas abgelegenen Bahnstation ab und durchquere zu Fuß die Ortslage. Die von 1358 stammende Kirche und das wesentlich jüngere Schloss scheinen schon etwas morbide. Ich folge einer roten Wanderwegmarkierung. Hinter dem Ort wird in einem großen Bogen ein erster, für den Wanderer nicht sichtbar im Wald liegender Teich umgangen. Nebel und Dunst wabern durch das Gelände und werden durch die Sonne eindrucksvoll illuminiert. Nach Überquerung der Hauptstraße und später der Bahnstrecke erreiche ich den großen Dolanský rybník. Er bildet den Anfang der im leicht hügeligen Gelände auf Sandsteinuntergrund liegenden künstlich angelegten Teichlandschaft. Die einzelnen auf unterschiedlichem Niveau liegenden Gewässer sind durch raffiniert angelegte Felsdurchstiche, Über- und Abläufe miteinander verknüpft. In einem Hügel waren einige alte Felsenkeller vorzufinden. Die begehbaren Keller bestanden meist aus mehreren tiefer gestaffelten Räumlichkeiten, so dass ich vermute, dass hier einst im Winter von den Seen geschnittene Eisplatten eingelagert wurden. Das Eis könnte in der wärmeren Jahreszeit allgemein zur Kühlung oder speziell für die Fischereiwirtschaft vorgehalten worden sein. Die großartige Teichlandschaft wird von einer mannigfaltigen Vogelwelt besiedelt. Ich sah Reiher, Kormorane, Schwäne, Enten, Blesshühner und Möwen. Einer der Teiche liegt zurzeit trocken. Der nächste auf der Route anzutreffende war der Milčanský rybník. Dieser ist von Wochenendgrundstücken gesäumt und dient heute vornehmlich der Naherholung. Auf einem bewaldeten Rücken befindet sich daneben die Ruine der Burg Vítkovec. Hier ist nur noch ein einzelner Mauerrest vorzufinden, aber die Größe der einstigen Anlage zeichnet sich deutlich im Untergrund ab. Die Besitzung der Wartenberger aus dem 16. Jh. wurde im Dreißigjährigen Krieg beschädigt und wahrscheinlich zur Gewinnung von Baumaterial später abgetragen. Über ein Fahrsträßchen erreiche ich nun den Holanský rybník (Hohlener Teich) und komme nach Holany (Hohlen).
 
Am Seeufer mache ich eine kleine Rast. Der Ablauf des Hohlener Teiches zerschneidet in einem tiefen Durchstich eine felsige Anhöhe. Möglicherweise ist der Ortsname auf diesen Umstand zurückzuführen. Im Ort gibt es viele Umgebinde- und andere Holzhäuser als Zeugen großartiger Volksarchitektur. Einer blauen Wanderwegmarkierung folgend, verlasse ich den Ort. Zunächst über Felder wird später der Wald erreicht. Im Wald schließt sich ein Aufstieg zur Schulter des Vlhošť an. An einem Abzweig biege ich auf den gelb markierten Rundweg, der um den Berg führt, ein. Der Berg ist als Naturschutzgebiet ausgewiesen, ein ausdrückliches Betretungsverbot besteht nach meiner Wahrnehmung aber nicht. Kurz vor der Westaussicht zweigt vom höchsten Punkt des Rundweges der alte Gipfelzugang ab. Namenseinritzungen in der Rinde der hier wachsenden Buchen können dabei als Anhaltspunkt dienen. So erreiche ich den Gipfel des Vlhošť (Willhoscht/Wilschtberg). Verrottende Holzreste mit Bearbeitungsspuren lassen auf ein einstiges Triangulationsgerüst oder einen hier vorhandenen Turm schließen. Der Gipfel des Berges der einen Sandsteinsockel hat, besteht aus Phonolith. Nach einer verdienten Rast kehre ich zum Rundweg zurück und steige vom Berg ab. Dabei durchquere ich einen einzigartigen tief eingeschnittenen Hohlweg im Sandstein. Mittlerweile treffe ich vermehrt auf Wanderer in größerer Zahl. Im Verlauf erreiche ich Hvězda (Sterndorf). Auch hier dominieren sehenswerte Holzhäuser in Volksarchitektur. Hinter dem Ort folgt der Wanderpfad der felsigen Abbruchkante des Sandsteins, bevor ein steiler Abstieg ansteht. Ein Mountainbiker donnert ohne die Chance je am Berg anhalten zu können in irrem Tempo an mir vorbei zu Tale. Am Waldrand unterhalb der Felskante gehe ich an einem Bächlein nach Stranné (Stran). Unterwegs fallen die markanten Stangen von Hopfenfeldern ins Auge. Das nächste Ziel, der Ronov dominiert nun die Landschaft. Zunächst an einer Straße, dann entlang von Flurwegen komme ich zum Fuß des Basaltkegels. Die relative Wärme und die doch etwas mangelhafte Kondition fordern ihren Tribut in Form einer zusätzlichen Erholungspause zu Beginn des Gipfelaufstieges. Dann mühe ich mich hinauf auf den Ronov (Ronberg/Ronburg). Die den Berg krönende Burg ist in ihrer Historie wieder eng mit den ortsüblich Verdächtigen verwoben. Die Erbauung im 14. Jh. wird den Berken von Duba zugeschrieben, später wechselte der Besitz zu den Wartenbergern. Die wohnten lieber ebenerdig in Drum, so dass die Burg ab 1575 ungenutzt war. Zerstört wurde sie ausnahmsweise nicht von den Oberlausitzern sondern erst im Dreißigjährigen Krieg durch die Schweden. Die heutigen Reste sind durchaus noch als sehenswert zu bezeichnen. Als ich eintraf stand eine Person auf einem Mauervorsprung. Er trug Kampfstiefel, Tarnhose, hatte einen freien Oberkörper und eine Stirnglatze… Nein - Putin war es nicht, denn dazu kamen ein Zopf und ein geflochtener Vollbart. Er sonnte sich, indem er sich in verschiedene Richtungen drehte und dabei die Augen schloss. Die Gefahr dabei die Balance zu verlieren schien förmlich greifbar. Ich suchte mir einen Sitzplatz und rastete. Anschließend stieg ich bis zum Abzweig vom Berg hinunter und kehrte geführt von der roten Markierung nach Stvolínky zurück.
 
Die Gipfelaufstiege sind mit der Schwierigkeit T2, der restliche Weg als T1 zu bewerten. Der Gipfelzugang zum Vlhošť ist unmarkiert. Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 6 h 45 min.

Tourengänger: lainari


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