Stoss (2111 m) - Unterwegs im "Wilden" Westen des Alpsteins


Publiziert von marmotta , 9. März 2014 um 19:44.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum: 8 März 2014
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT5 - Alpine Schneeschuhtour
Wegpunkte:
Geo-Tags: Alpstein   CH-SG 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 1220 m
Abstieg: 1220 m
Strecke:Unterwasser - Chüeboden - Laui - Troosen - Schrenit - Lauchwis - Stoss retour
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Unterwasser, Post
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Unterwasser, Post

Der Westliche Alpstein ist eine der einsameren Ecken dieses (wander-)touristisch geprägten Gebirges. Von den Gipfeln zwischen Windenpass und Silberplatten wird im Sommer gerade mal der Lütispitz (1987 m) regelmässig und der Stoss (2111 m) ab und zu begangen. Im Winter verirren sich nur vereinzelt Tourengänger in das Gebiet rund um die Lauchwis, das Gipfelbuch des Stoss weist im heurigen Winter bis jetzt gerade mal 4 Begehungen aus. Doch nicht nur wegen der Einsamkeit lohnt sich ein Besuch: Der Blick vom Gipfel über die wilden Felstürme von Scherenspitzen & Co. bis weit in die Berner Hochalpen ist einzigartig!
 
Der Frühling ist da! Dies ist in den Voralpen bereits deutlich sichtbar. Dort ist eine der kürzesten Skitourensaisons (für mich) beendet. Ich habe weder Lust auf Skitragen noch auf "Wasserskifahren". Da aber in der Höhe noch beträchtliche Mengen an Schnee liegen, der ab dem späten Vormittag sehr weich wird, kommen mal wieder die leicht angestaubten Schneeschuhe zum Einsatz.
 
Mit der ersten öV-Verbindung ins Toggenburg starte ich um 7.15 Uhr in Unterwasser (906 m). Winterlich sieht es hier nur noch auf der Nordseite aus, südseitig blühen schon die ersten Frühlingsblumen. Kurz vor Laui (1069 m) treffe ich auf die ersten nennenswerten Schneereste, auf dem Alpboden des Alpli ist der Schmelzharschdeckel jedoch über Nacht derart gut durchgefroren, dass er auch ohne Schneeschuhe perfekt trägt. Über bereits schneefreies Gelände steige ich anschliessend zur Alpstrasse auf, welche zur Alp Troosen führt. Zwischenzeitlich befinde ich mich an der Sonne und es wird bereits (um 8 Uhr!) seeehr warm. Obwohl auf der noch immer perfekt tragenden Unterlage die Schneeschuhe nicht notwendig wären, montiere ich sie auf einer Höhe von ca. 1200 m - einfach, um etwas Gewicht vom (schweren) Rucksack an die Füsse umzuschichten und natürlich auch, weil dank den Frontzacken im hartgefrorenen Schnee effektiver aufgestiegen werden kann als nur mit den Bergschuhen. Eine vom Vortag stammende, einsame Abfahrtsspur führt durch den weiten Kessel unter der Alp Schrenit. Ansonsten nichts, was auf eine menschliche Begehung des Gebiets in den letzten Tagen hindeutet. Für die Überwindung des Felsriegels zwischen 1500 und 1600 m wähle ich nicht die Steilrinne, durch die der Skifahrer herunterkam, sondern eine breitere Schneerinne oberhalb eines Erlengürtels etwas weiter östlich (ca. 35 ° auf 100 Hm). Die (eingeschneite) Alphütte von Schrenit links liegen lassend, steige ich geradeaus steil über den in der Alp Schrenit auslaufenden Kamm bis auf einen Absatz auf ca. 1720 m. Das war nicht ganz optimal, da ich nun -um in den Kessel unter der Lauchwis zu gelangen- eine im harten Schnee mit Schneeschuhen etwas unangenehme Querung zu absolvieren habe. Aber ständig die Schneeschuhe an- und ausziehen ist halt auch blöd. Gemacht hab ich das dann trotzdem für den Schlussaufstieg zur Lauchwis (auf der östlichen Seite oben bis knapp 40 °), da ein Fussaufstieg hier (mit dem Pickel als Unterstützung) im perfekten Trittschnee einfach effizienter und sicherer war.
 
Im breiten Weidehang derLauchwis zum Stoss finde ich dann doch tatsächlich noch etwas Pulverschnee - also die Schneeschuhe wieder ran an die Füsse! Endlich kühlt mich auch der in der Höhe deutlich spürbare Nordostwind etwas - ansonsten hätte ich wohl einen Hitzschlag erlitten… :-)
 
Bis zum ersten Felsaufschwung des Stoss-Westgrats auf ca. 2050 m geht es gut mit den Schneeschuhen, dort deponiere ich die Geräte und wechsle auf die Steigeisen. Zuerst im steilen Schrofengelände auf der Südseite, dann (nach einem Absatz) durch eine mit Pulverschnee gefüllte Rinne auf der Nordseite, bis ich unmittelbar vor dem letzten Felsaufschwung wieder über den Weidezaun steigen kann. Auf den ersten Blick sieht die Querung der abschüssigen Flanke unter dem finalen Felsgrat (Foto) wegen der am Übergang dünnen Schneeauflage ziemlich heikel aus, daher entscheide ich mich, den Felsgrat zu überklettern. Dies ist allerdings eine sehr luftige und exponierte Angelegenheit, zumal die Gratschneide teilweise mit Schnee garniert ist (WS). Nicht ganz ohne Anspannung arbeite ich mich zu den Gipfelfelsen des Stoss, auf denen die Blechfahne thront, und beschliesse, auf dem Rückweg doch lieber den "Normalweg" zu nehmen.
 
Da ein Fettsack und ein Rucksack unmöglich durch den schmalen Kamin der Gipfelfelsen passen, deponiere ich den Rucksack darunter und kraxle in wenigen Kletterschritten (I) zum höchsten Punkt. Unter den Felsen und im Kamin selbst ist es ziemlich vereist, so dass meine Alpinausrüstung sicherlich nicht fehl am Platz ist.
 
Nachdem ich im Gipfelbuch den erst 4. Eintrag seit Ende der (schneelosen) Wandersaison gesetzt und die faszinierende Aussicht -vor allem auf den im Winter noch kühner und unnahbarer erscheinenden Gamschopf- ausgiebig genossen habe, steige ich wieder zurück zu meinem Rucksack. Von der kleinen Scharte unter den Gipfelfelsen steige ich nun auf der auch im Sommer gebräuchlichen Route in der Rinne ca. 20 m ab, bis ich in perfektem Trittfirn problemlos zum Beginn des Felsgrats hinüberqueren kann. Von hier auf der Aufstiegsroute hinab zu P. 1830 an der Lauchwis. Den ersten steilen Abschnitt des Abstiegs in den Kessel (von der dortigen Geröll- und Blockhalde ist im Winter übrigens nichts zu sehen) gehe ich zu Fuss, anschliessend wieder mit den Schneeschuhen auf gerade noch passablem Firn. Die Schneequalität nimmt jedoch unterhalb der Alp Schrenit massiv ab! Bereits um 11.30 Uhr ist der Schnee völlig aufgeweicht und ich versinke bei jedem Schritt in der nassen Pampe. Diesmal wähle ich die (zwischenzeitlich von einem weiteren Skitourengänger malträtierte) Steilrinne südlich der Alphütten von Schrenit. Ein Abstieg mit den Schneeschuhen erscheint mir hier wenig ratsam (das wäre wohl eher ein Abflug geworden), somit ging es abermals zu Fuss nach unten. Eine Schrecksekunde erlebe ich dabei, als ich plötzlich ins Bodenlose abtauche - klar, es handelt sich hier ja um einen (eingeschneiten) Felsriegel, doch der Schnee schmilzt in diesem voll der Sonne ausgesetzten Steilgelände so schnell wie eine Eiscreme am Badestrand im Hochsommer! Also schnell weiter, solange es noch hat. Passenderweise vernehme ich in diesem Augenblick, wie gerade eine Nassschneelawine mit lautem Getöse von den Felswänden unter derHälegg hinunterdonnert und die darunterliegende Flanke freiputzt…
 
Im mühsamen Sumpf kämpfe ich mich an der Alp Troosen vorbei zur Alpstrasse und über diese hinunter zum Alpli. Dank der vielen Tourengänger und Winterwanderer, die dort so herumlaufen, trägt der Schnee hier wenigstens wieder und ich kann den restlichen Abstieg bei frühsommerlicher…pardon…frühlingshafter Wärme wieder geniessen.
 
Bis zur Abfahrt des Postautos lasse ich mich auf der Sonnenterrasse des Gasthauses Post verköstigen. Zu meinem Erstaunen sitzt dort um 13 Uhr kein Mensch, ist wohl etwas gar früh fürs "Après-Ski"…        

Tourengänger: marmotta


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