Lawinen....


Publiziert von MaeNi , 7. Januar 2014 um 13:32.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum: 2 Januar 2014
Ski Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR 
Zeitbedarf: 4 Tage
Unterkunftmöglichkeiten:Hotel Tiefenbach
Kartennummer:1231 Urseren, 255S Sustenpass

...derzeit ein vieldiskutiertes Thema, mit welchem wir uns auch wieder mal eingehend befasst und unsere vorhandenen Kenntnisse aufgefrischt haben.

Anlässlich eines viertägigen Kurses haben wir uns mit den üblichen Themen im Bereich der Lawinenkunde befasst...Lawinenbildende Faktoren, Gefahrenstufen und deren Merkmale, Schneedeckenaufbau und Wetter, Säulentest, nötige Ausrüstung und deren korrekte Verwendung und Verhalten bei einem Lawinenunfall...nur um ein paar wenige Punkte zu nennen. Auf eine genauere Ausführung in Bezug auf die Themen verzichten wir an dieser Stelle.

Was aber nehmen wir persönlich mit aus diesem Kurs? Nun, nebst all den interessanten und wichtigen Fakten zum Thema Schnee, vorherrschende Verhältnisse, Tourenplanung, Ausrüstung und Verhalten im Gelände ist für uns auch der Faktor Mensch noch etwas mehr ins Zentrum gerückt. Wir sind schlussendlich das Zünglein an der Waage. Wir entscheiden "To go or not to go".

Wichtig dabei erscheint uns auch der Aspekt des Gruppendrucks und/oder der Einfluss von einzelnen, aber dominanten Tourenkameraden, die vielleicht nicht kompetenter sind, aber eine andere Riskobereitschaft als der Rest der Gruppe haben.

Kommunikation innerhalb der Gruppe: Lassen wir die anderen an unseren Zweifeln teilhaben? Teilen wir uns mit, wenn wir ein schlechtes Bauchgefühl haben? Wie gehen die anderen dabei auf uns ein? Wird mit Fakten argumentiert oder werden wir ohne weitere Diskussion abgekanzelt? Wird grundsätzlich eine gewisse Disziplin eingehalten? Wer hat die Verantwortung, ist der "Chef"? LVS-Check zu Beginn der Tour? Was nützen Entlastungsabstände im Aufstieg, wenn wir den gleichen Hang bei der Abfahrt alle zusammen wie eine Horde Wildgewordener abfahren?

Touren in der Gruppe sollen als Miteinander und mit dem nötigen Respekt durchgeführt werden. Der- oder diejenige mit der meisten Erfahrung waltet wenn nötig als Chef der Truppe. Dies mag nun etwas militärisch klingen, aber wenn die Tourenpartner harmonieren, dann sind die vorerwähnten Aspekte eine Selbstverständlichkeit, wenn man unterwegs ist. Und dabei können auch Entscheidungen des Chefs diskutiert und die eigenen Argumente eingebracht werden. Vielleicht wird es dabei auch mal etwa lebhafter, aber jedes Vorgehen darf hinterfragt werden. Schliesslich ist keine(r) über alle Zweifel erhaben. Auch nicht die Aussenstehenden, wenn doch mal ein Unglück passieren sollte.

Aussenstehende wissen nämlich immer, was falsch war (auch wenn die genauen Gegebenheiten gar nicht bekannt sind). Auch haben die meisten das Rezept für das richtige Verhalten. Kritik am Verhalten anderer fällt manchmal lockerer als nötig aus den Gesichtern. Da geht die Sache mit der Selbstkritik schon wesentlich schwerer von statten. Und dabei schliessen wir uns überhaupt nicht aus und fassen uns dabei an die eigene Ski- und Nasenspitze. 


Habt Ihr Euch schon mal gefragt, wie oft Ihr wohl schon einfach nur Glück gehabt und gar nicht mitbekommen habt, dass Ihr die Situation falsch eingeschätzt habt?


Hat jemand von Euch vielleicht schon mal einen Lawinenunfall mit- oder gar überlebt? Reflexionen dazu wären schon mal interessant...was lief falsch, war es schlichtweg Pech oder was hätte man anders machen müssen...


Wir sind uns sicher, dass wir, auch mit regelmässigen Ausbildungen zum Thema Lawinenkunde, gar nie wirklich abschliessend beurteilen können, ob wir nun sicher unterwegs sind oder nicht. Fehleinschätzung, Restrisiko oder einfach die Natur, die so oder so stärker ist als wir.

Wir können uns in der Theorie einiges an Wissen aneignen, aber das Mehr an Erfahrung können wir nur erhalten, wenn wir die Nase in den Schnee stecken und mit offenen Augen und Ohren unterwegs sind.

In diesem Sinne wünschen wir Euch allen unfallfreie und schöne Touren und bedanken uns an dieser Stelle bei unseren Bergführern Ueli, Richi, Iwan und Dani für die lehr- und erlebnisreichen 4 Tage im Furkagebiet. Danke unseren alten und neuen Kameraden fürs Dabeisein und die vielseitige Unterhaltung. Danke natürlich auch an Madeleine und Hansruedi mit Team vom Tiefenbach für die Gastfreundschaft und das feine Essen. Und Danke auch all unseren Schutzengeln und denen, die ausrücken müssen, um in den Bergen Pech- und andere Vögel zu retten.


Tourengänger: MaeNi, SchmiGno


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Kommentare (14)


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Winterbaer hat gesagt:
Gesendet am 7. Januar 2014 um 14:46
Hallo Ihr MaeNi`s!
Schöner "harmonischer" Bericht, ohne "Angeberei, Draufgängertum und Anschuldigungen", gefällt mir.

Ich selber habe eine gute Bekannnte, die in einem total verlassenen Gebiet ohne Handyempfang voll verschüttet und einbetoniert wurde, dabei auch verletzt wurde. Ihr Vater, der in der Suche sehr fit war, hat sie geortet und ausgebuddelt, die Koordinaten gespeichert, sie "deponiert", ist abgefahren, um Handyempfang zu haben, hat den Heli gerufen.
Ich weiß aus diesem Unfall, dass man auch als Verschütteter eine lange Zeit danach sehr mit der Bewältigung so eines Erlebnisses zu kämpfen hat, auch wenn es am Ende noch "gut" ausgegangen ist...es einem alles außen am Rucksack Befestigte wegreißt, nebenbei dass man zum Buddeln von ggf. betonhartem Schnee mit einer Plastikschaufel wenig Erfolg hätte, dass das Graben alleine schon wahnsinnig anstrengend ist, vor allem, wenn man alleine ist...dass man für eine evtl. Rettungsmaßnahme eine wirklich gute Kondition und auch viel körperliche Kraft braucht!
...und so habe ich schon lange einen Heidenrespekt vor offenem Gelände im Winter. Die Vorstellung allein, den anderen (noch schlimmer den engsten Partner!) in dieser Stresssituation, evtl. im Tiefschnee alleine suchen zu müssen, ihn hoffentlich schnell zu finden, ausgraben zu können, evtl. wiederbeleben zu müssen (was sehr sehr anstrengend ist, wie wir alle aus der Ersten Hilfe wissen), ihn liegen lassen zu müssen, um den Hang mit Tiefschnee möglichst schnell hochzusteigen (würde ich das überhaupt schaffen?), Alarm loslassen zu können und trotzdem nicht zu wissen, wie es ausgeht....verursacht mir derartiges Grausen, dass wir die großen, schöne Hänge generell im Winter meiden, ab LWst. 2 nicht mehr in offenes Gelände ziehen. Und auch unter 2 kann was passieren, ein sehr ungutes Gefühl!
Auch wenn man sich ständig schult und "viel Erfahrung" hat, für mich ist die Natur letztendlich trotz aller Tests, Einschätzungen, Kurse, im Endeffekt die Stärkere und zu einem großen Teil unberechenbar, wie die vielen Unfälle jedes Jahr auch mit Bergführern und Bergwachtlern (die es doch am besten wissen müssten!) zeigen. Früher, vor 30 Jahren bin ich auch in der Alpenvereinsgruppe auf den Skitouren mitgezogen auf 3000er, ohne zu denken, einfach hinten nach. Heute will ich das nicht mehr. Ich mag auch die (immer lauten) Gruppen nicht mehr.
Natürlich entgehen uns dadurch die ober xxxxx (ich mag das Wort nicht so gern:-) Hänge und Abfahrten. Aber der Gedanke, den Rest meines Lebens mit dem Horror leben zu müssen, lässt mich doch mit unseren Stimmungen auf den kleinen, unbedeutenden Berglein voll und ganz zufrieden sein.
Das ist Winterbaers verrücktes Statement zu den Lawinen und deren Gefahreneinschätzung, die ein richtiger Freak sicher nicht verstehen kann.

Euch allzeit unfallfreie, super schöne Bergerlebnisse. Und ich weiß doch, dass Euch der Winter am allerliebsten ist!

VG Uschi

MaeNi hat gesagt: RE:
Gesendet am 7. Januar 2014 um 16:03
Danke Dir liebe Uschi, für Dein offenes Statement zu unserem Bericht. Und ganz egal, ob die Freaks es verstehen oder nicht - Hauptsache wir sind alle zufrieden und glücklich mit dem eigenen Tun und Lassen. Und sei dies auch auf unbedeutenden Erhebungen...absolut wurscht, wichtig ist, dass es gefällt :-)
Herzliche Grüsse
Nicole und Marcel

jfk hat gesagt: Toller Bericht!
Gesendet am 7. Januar 2014 um 15:10
Schön geschrieben und absolut wahr...

MaeNi hat gesagt: RE:Toller Bericht!
Gesendet am 7. Januar 2014 um 16:03
Danke Dir.
LG
N&M

adrian hat gesagt:
Gesendet am 7. Januar 2014 um 15:45
Guter Bericht!!!
Dem kann ich mich gerne anschliessen.
Allen immer unfallfreie und schöne Touren, händ Sorg und händs guet!

MaeNi hat gesagt: RE:
Gesendet am 7. Januar 2014 um 16:03
Merci Adrian.
Auch Dir weiterhin eine gute und unfallfreie Saison!
LG
N&M

orome hat gesagt:
Gesendet am 7. Januar 2014 um 16:04
Danke für den schönen Bericht, grade ads Problem Entscheidungsfindung und Diskussion in Gruppen habt ihr schön angesprochen! Sicherlich wird man die "Lawinenkunde" nie abschliessend behandeln können, viel zu viel bleibt Zufall. Das hat man jetzt ja auf tragische Weise bei dem Unglück im Unterwallis wieder gesehen. Und das Problem ist ja, dass man kaum aus Fehlern lernen kann, da man nie weiss wie knapp die Geschichte ist. Im Gegenteil, eher nimmt man sowas mit: "es war ja ein dreier und da ist sich sogar so ein Hang ausgegangen, so schlimm kanns ja nicht sein".
Man fragt sich natürlich oft einmal, wie knapp eine Situation war, ob man etwas richtig einschätzt, ob man vielleicht auch aufgrund falscher Einschätzungen viel zu vorsichtig gehandelt hat ... Am 26.12. bin ich entgegen der Mehrheit der Gruppe umgedreht, weil ich einfach ein sau blödes Gefühl beim Spuren hatte (whs unbegründet). Aber was solls, lieber zu oft als zu selten umgedreht ...

Schade ist allerdings, dass so viele Leute vom Schreibtisch aus das unstillbare Bedürfnis haben, sich über Unfälle auszulassen, die Leichtsinnigkeit der Freerider oder der Skitourengeher im Allgemeinen verurteilen und natürlich alles bis ins kleinste Detail besser zu wissen meinen. Wieso immer alles kommentiert werden muss, bleibt wohl ein Rätsel.

In diesem Sinne Euch auch unfallfreie und schöne Touren!
Manu

MaeNi hat gesagt: RE:
Gesendet am 7. Januar 2014 um 16:09
Danke auch Dir Manu für Dein Statement, welches das Thema gut ergänzt.

LG und auch Dir gute und unfallfreie Touren!
Nicole und Marcel

bulbiferum hat gesagt:
Gesendet am 7. Januar 2014 um 16:29
Der komplexe Umgang mit der Gruppendynamik war auch in unserem Schneeschuhtourenleiterkurs vor ein paar Jahren ein ganz wichtiges Thema. Man kann davon ausgehen, dass auch sie ihren Beitrag bei der Entstehung von fatalen Entscheidungen beitragen. Ich finde es sehr gut, dass ihr dieses Thema aufgegriffen habt.
Lg Markus

PS. Was uns damals auch eingebläut wurde ist der folgende Satz:
"Nichts passiert, heisst nicht alles richtig gemacht"


MaeNi hat gesagt: RE:
Gesendet am 7. Januar 2014 um 16:56
> "Nichts passiert, heisst nicht alles richtig gemacht"

Danke Markus - das drückt es auch sehr gut aus.
LG
Nicole und Marcel

bigblue hat gesagt:
Gesendet am 7. Januar 2014 um 19:06
Ciao Nicole und Marcel
I tried to understand a little bit ......
German is difficult for me. Only three years of school :-(
Very interesting relationship. Always good to do school tests.
The place really like me too.
Beautiful photos and congratulations you
Ciao
Pia

MaeNi hat gesagt: RE:
Gesendet am 9. Januar 2014 um 08:44
Grazie Pia.
La regione della Furka e molto bella...arrampicate, (ski)alpinismo e gite. E naturalmente la capanna Sidelen - un posto bello!

Buone gite.
Ciao
Nicole e Marcel

poudrieres hat gesagt: Glück oder Vernunft
Gesendet am 8. Januar 2014 um 21:28
Wichtige Gedanken zur Gruppendynamik. Druck kann aber auch durch Gruppen entstehen, die nicht direkt an der Tour teilnehmen. Ich wünsche allen Mut zur Umkehr, wenn sich die innere Stimme meldet.

Am Tag des Lawinenunfalls von CarpeDiem stand ich mitten Osthang des Mont de l'Etoile unvermittelt auf einem "Altschneeproblem" an einer felsigen Stufe nicht allzu weit unterhalb des Gipfels. Die Gefahrenstufe war nur "mässig" , aber an diesem Tag habe ich sicher Glūck gehabt.

MaeNi hat gesagt: RE:Glück oder Vernunft
Gesendet am 9. Januar 2014 um 08:47
Vielen Dank für Deine Ergänzungen - sehr guter Hinweis mit dem Druck durch andere Gruppen / Tourengänger...ist auch nicht zu unterschätzen.

Hoffen wir, dass wir wirklich alle immer den Mut und das Selbstbewusstsein haben, unserem Bauchgefühl zu folgen....und dass uns wenn nötig, auch mal das Glück hold ist.

Dir weiterhin gute und unfallfreie Touren!
LG


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