Dürrnbachhorn, 1715, einsame Tour durch die wilde Nordseite


Publiziert von windi , 7. Juli 2008 um 11:00.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Chiemgauer Alpen
Tour Datum:20 Juni 2008
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   D 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1000 m
Abstieg: 1000 m
Strecke:8 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Straße Reit im Winkl-Ruhpolding, Parkplatz ca. 500 östlich des Lödensees
Kartennummer:Chiemsee, Bayer. Landesvermessungsamt, 1:50000

Das von Süden unscheinbare und lifterschlossene Dürrnbachhorn besitzt eine einsame, wilde Nordseite mit großen Schotterströmen, Wasserfällen, Schluchten und Gumpenbächen, gänzlich ohne markierte Wanderwege. Leider sind bei den Unwettern Anfang September 2007, bei denen es bis auf 700 m hinab massiv und feucht schneite, und im Sturm Emma am 1. März 2008 viele Bäume, selbst riesige Buchen umgefallen.

Die beim Parkplatz links beginnende Forststraße geht nach 1,5 km in einen guten Pfad über, der am linken Rand eines Grabens in Kehren hinaufzieht, bei HM 1100 einen Kamm erreicht und danach immer in der Nähe des Kamms, oft mit schönen Ausblicken nach links in die wilde Schluchtenlandschaft, bis zum Joch nördlich des Hausgrabenkopfes zieht. (Der Hausgrabenkopf ist in 5 min. über einen leichten Pfad erreicht und bietet schönen Blick auf Weit-, Mitter- und Lödensee). Von besagtem Joch geht man in den mäßig steilen Westhängen leicht ansteigend Richtung Nordgrat (umgestürzte Bäume meistens oben umgehen) und trifft an seinem Beginn auf einen ganz guten Pfad. Es geht über steile Grashänge und durch ausgeschnittene Latschen, manchmal auch kurz bergab. Der Pfad entfernt sich nie wesentlich vom Grat! Bei HM 1600 wird es flacher. Durch 2-3 Latschenriegel gelangt man auf die Wiesen des Liftgeländes (Ausstieg aus dem Latschengürtel gut merken!). Hier nicht versuchen, am Westgrat durch die Latschen zum Gipfel abzukürzen: das ist elendig! Stattdessen über die Wiesen leicht abwärts zur Bergstation des Sessellifts und zum Gipfel-Wanderweg hinüberqueren. Fünf Gehminuten vom Gipfelkreuz entfernt bietet der etwas höhere Ostgipfel zusätzliche Einblicke in die zerrissene Nordflanke des Berges und in die Berchtesgadener Alpen.
Der Abstieg kann auf dem Aufstiegsweg erfolgen. Besonders an heißen Tagen wird aber mancheiner den Wunsch haben, den im Tal rauschenden, mit Wasserfällen und Gumpen versehenen Bach hautnah zu erleben. Für den Abstieg dorthin benützt man am besten die dünn bewaldete Rampe, die ca. bei HM 1500 an einer trollblumenbestandenen Wiese vom Nordgrat des Dürrnbachhorns nach NO abzweigt (auf der Karte deutlich dargestellt). Der oberste Teil dieser Rampe ist zwar sehr steil (Gras und Schotter), bei Trockenheit und umsichtigem Verhalten aber ungefährlich. (Das Hangeln an den sehr bruchsicheren Latschenzweigen kann zusätzliche Sicherheit geben.) Bevor die schöne Rampe in Steilabbrüchen endet, muß man sie nach rechts verlassen, was an mindestens 2 steilen, schottrigen Stellen relativ leicht möglich ist. Am besten, man steigt auf der Rampe soweit ab, bis man dem südlich auf der anderen Bachseite erkennbaren kleinen begrünten Joch genau gegenübersteht. Dieses Joch zu finden ist sehr wichtig, denn nur darüber kommt man weiter hinab. Hinter dem Joch öffnet sich eine leicht zu begehende Schuttrinne. Unten auf der Schotterebene (bei ca. HM 1140) meint man zurückschauend, dass der Bach die wildesten Teile hinter sich haben müsse, aber die kommen erst. Für den Wanderer heißt es nun, sich vom Bach zu trennen  und sich in dem weglosen, teilweise steilen und durch Windbruch leider etwas beeinträchtigten, aber dennoch wunderschönen Nordhang-Gelände einen Weg hinab zu suchen (Es folgt ein Vorschlag, es gibt sicher Varianten. In Bachnähe ist das Gelände aber durchgängig sehr steil und schrofig). Man kann dem Bach von der Schotterebene nur noch ein kleines Stück folgen, weicht dann nach rechts in die gut begehbaren Hänge direkt oberhalb des Baches aus und hält die Höhe, um zwei wilde Bachtobel an einigermaßen unschwierigen Stellen zu überqueren. Nach ca. 50 HM Abstieg quert man direkt oberhalb mehrerer um- und abgestürzter großer Buchen, hält wieder die Höhe und quert einen letzten Bacheinschnitt. Danach wird das Gelände flacher. Rechts einer Windbruchzone absteigend trifft man auf einen guten Jägerpfad Karte!), der zum letzten Highlight der Tour hinabführt, dem Zusammentreffen des Gumpenbachs mit dem großen von rechts herabziehenden Schotterstrom. Hier ist Wildnis, hier spürt man die Naturgewalten. Der Bach wird überquert (letzte Badestelle). Er verschwindet nochmals für 300 m in einer letzten Schlucht. Am Schluchtausgang gelangt man hinab auf den imposanten Schotterstrom, folgt ihm ca. 500 Meter und steigt in dem von links kommenden Seiten-Kiesstrom hinauf zur Forststraße.

Hinweise: mäßig schwierige Tour, Wegfindung im Abstieg schwierig. Trockenes Wetter erforderlich.
Jahreszeit: Mai bis Anfang September. Später im Jahr scheint keine Sonne mehr in den Logger Hausgraben und es wird feucht und rutschig.

Durchgehend auf Pfaden verläuft folgende Aufstiegsvariante über den Kamm von Kreuzschneid und Wildalpjoch (Vorschlag von fir99): Man parkt etwas weiter nördlich, dort wo die Lödenseestraße den Schotterstrom überquert, folgt dem sehr schönen Pfad auf der Ostseite des Schotterstroms und zweigt bei P884 nach Osten ins Seitental ab (guter, fast zu flacher Pfad). Am Kamm gehts weiter durch abwechslungsreiche Vegetation nach Süden zu P1499 (kleines Gipfelkreuz und Gipfelbuch). Das Gelände wird danach extremer. In der steilen Nordflanke der Kreuzschneid hängt ein ca. 70 m langes Stahlseil, mit dem man das schrofige Steilgelände leichter bewältigen und sich über eine 1,5m-Kletterstelle hinaufziehen kann, im Vertrauen auf die Vitalität der Latschenkiefer-Wurzel, an dem das Seil festgemacht ist. Die Stelle ist aber ohne Seil nur von echten Kletterern zu überwinden und, soweit ich das sehen konnte, nicht zu umgehen. Der Weiterweg zum Dürrnbachhorn ist ohne Schwierigkeit, aber ziemlich langatmig. Es geht lange Strecken eng durch Latschen, teils durch freies Gelände, zuletzt am Wanderweg, immer wieder ergeben sich Tiefblicke in die steile Nordflanke.


Tourengänger: windi


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Kommentare (4)


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fir99 hat gesagt: Super Tour
Gesendet am 18. Juli 2009 um 10:48
Die Tour hat mir sehr gut gefallen, die Beschreibung ist hervorragend.

Alternativ zur weglosen Strecke ab dem Fuß der Schuttrinne besteht die Möglichkeit, den gegenüberliegenden, licht bewaldeten Hang aufzusteigen. Nach ca. 60 HM trifft man auf einen deutlichen Pfad, welcher sanft abfallend, manchmal in großen Schleifen, am Ausgang des Grabens endet, an dem die Tour begonnen hat.

windi hat gesagt: RE:Super Tour
Gesendet am 18. Juli 2009 um 14:34
Hallo fir99!
Vielen Dank für Deine mail. Ich freue mich sehr, wenn Du die Tour gefunden und genossen hast - überhaupt freue ich mich über jede Rückmeldung. Den Abstiegsweg, den Du beschreibst auf der Nordseite des Logger Hausgrabens, bin ich auch schon einmal im Aufstieg gegangen, weil er teilweise in der Karte verzeichnet ist. Er ist auf jeden Fall eine Alternative, wenn man nach dem "Rampenabstieg" mal wieder einen handfesten Weg unter den Füßen haben will. Die Route auf der Südseite ist schon ziemlich abenteuerlich und anstrengend.
Probierst Du öfters unmarkierte Touren? Dann möchte ich Dich dazu animieren, diese bei Hikr zu veröffentlichen, damit auch andere von Deinen Weglos-Erfahrungen profitieren können. Es gibt genug Literatur für Kletterrouten oder Hochtouren, aber leider keine Führer für solche Routen.
Viele Grüße, windi

fir99 hat gesagt: RE:Super Tour
Gesendet am 23. August 2009 um 19:30
Ein ganz klein wenig Weglos-Führer gibt es schon, aber sie sind zugegebenermaßen nicht leicht zu finden und teilweise schwer zu beschaffen. Zwei Büchlein, welche mir spontan einfallen, sind:
Kittel, Rolf und Bernd 1982: Mini-Führer - Auf stillen Wegen in den Ammergauer Bergen. - 128 S., 26 Touren mit Wegskizzen. Süddeutscher Verlag München. ISBN 3-7991-6167-8.
Muschik, Christian: Abseits Aufwärts - 28 Tourenvorschläge zwischen Eschenlohe und Berchtesgaden für wegfindige und erfahrene Bergbegeisterte. - 61 S., 4. Auflage. Privatproduktion. Internet: http://abseits-aufwaerts.blogspot.com/.
Viele Grüße, fir99

fir99 hat gesagt: Dürrnbachhorn-Runde
Gesendet am 29. Dezember 2010 um 09:18
Eigentlich wollte ich meiner Dürrnbachhorn-Runde eine eigene Seite widmen, aber da für eine Vollendung 2 m Weg gefehlt haben, erscheint mir das ganze als Fußnote doch angemessener.
Der Aufstieg zum Dürrnbachhorn wie oben beschrieben. Dann den Pfad weiter in östliche Richtung. Wo der Weg den Grat verlässt und zur Wildalm absteigt, am Grat bleiben und einen niederen Weidezaun übersteigen. Der Pfad ist jetzt deutlich weniger begangen, aber noch gut sichtbar. Im leichten auf und ab und immer am Grat geht es weiter über das Wildalphorn (1738 m) zum Kreuzschneid (1669 m). Hier schwenkt der Weg nach Norden, bis er hinter der Fahsteigenschneid (1578 m) durch eine Latschengasse zu einem Sattel (ca. 1420 m) absteigt.
Hier ist die Schlüsselstelle des Weges: Eine 100 m lange, 30 Grad abfallende Felsplatte mit einer knapp 1,5 m hohen Stufe im oberen Bereich. Die Stelle ist durch ein, oben in den Latschen gut verankertes Stahlseil gesichert. Trotzdem habe ich mich nicht über die Stufe getraut, denn aufgrund der nordseitigen Ausrichtung trocknet die Felsplatte schlecht ab bietet bei Feuchtigkeit wenig Reibung für einen sicheren Halt.
Ist die Hürde aber überwunden, bieten sich zwei Abstiegsvarianten: Entweder der lange Abstieg entlang des Fahsteigenbaches nach Laubau oder weiter am Grat über den Hirschbrunstkopf (1499 m), bis der Weg vor dem Richtstrichkopf (1322 m) nach Westen schwenkt und nördlich eines kleinen Baches in vielen Kehren talwärts strebt. Auf Höhe 884 m erreicht man den Talweg, der zum Lödensee führt.
(Weitere Beschreibung der Dürrnbachhorn-Überschreitung: http://www.sonntagshorn.de/HHB302.htm).


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