Galtbergspitze - einsames Bergsteigerziel hoch überm Fernpass


Publiziert von gkraxler , 2. November 2013 um 20:34.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Lechtaler Alpen
Tour Datum:27 Oktober 2013
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 1 Tage 6:00
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1400 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:auf der B179 zur Fernpasshöhe, Parkplätze direkt auf der Passhöhe
Kartennummer:Alpenvereinskarte 4/1 Wetterstein- und Mieminger Gebirge West

Wenn von Nordwesten eine Kaltfront naht und der Wetterbericht einige letzte Sonnenstunden dank Südföhn verspricht, dann tut der gipfelhungrige Berggänger gut daran, sich eine kurze Tour in einem typischen Föhnstrich zu suchen. Die Gegend um den Fernpass ist prädestiniert dafür. Noch dazu gibt es in der dortigen Loreagruppe, dem Ostende der Lechtaler Alpen, stille und wilde Felsgipfel zu entdecken. Die Galtbergspitze ist einer davon. Der AV-Führer spricht von diesem Hauptdolomitgipfel als dem "Inbegriff einer unberührten Ödlandschaft". Davon sollte man sich nicht abschrecken lassen, die Tour auf die Galtbergspitze über den Südostgrat bietet landschaftliche Eindrücke vom Feinsten. Die in der Literatur erwähnte IIer-Stelle auf dem Gipfelgrat lässt sich noch dazu umgehen. Aber etwas Vertrautheit mit ausgesetzten Graten und alpine Erfahrung sollte man schon mitbringen.

Startpunkt der Tour ist die Fernpasshöhe auf 1.216 m. Parken sollte man direkt an den Buchten auf der Passhöhe, an den wenigen Häusern drohen etliche Verbotsschilder. Wir verlassen diesen ungastlichen und lauten Ort schnell nach Westen und folgen dem Weg 612 ins Kälbertal. Nach wenigen Minuten verlassen wir hinter einer Kapelle den Fahrweg nach rechts. Der stets gut markierte Bergpfad leitet uns nun zügig über eine erste Anhöhe, vorbei an einem Abbruch mit ordentlichem Tiefblick ins Bachbett, hinein in den Vorderen Pirchboden. Kaum zu glauben, dass man ein derartiges Kleinod nur einen Kilometer vom hektischen Fernpass entfernt findet! Sanfte Alpwiesen direkt am Bach in der goldenen Morgensonne geben einen ersten Vorgeschmack auf die landschaftlichen Erlebnisse im Kälbertal.

Zügig durchschreiten wir den Vorderen Pirchboden. Immer der Markierung folgend, zieht ein Fahrweg ein Stück weit durch Bergwald hinauf, um dann bei einem Marterl den Bach zu überqueren. Jetzt zeigt sich unser Gipfelziel mit seiner Ostflanke bereits in der glühenden Morgensonne. An einer Jagdhütte vorbei, steigen wir weiter durch lichten Latschenbestand und leuchtende Lärchen dem Talschluss des Kälbertals entgegen. Am Talschluss wendet sich der geschickt angelegte Pfad nach rechts, um die Steilstufe zur Galtberghütte zu überwinden. Mit der Morgensonne im Rücken und dem Gipfelziel im Blick ein echter Genuss. Nach gut 1,5 h Gehzeit sind die beiden Galtberghütten erreicht. Der Pfad bietet bis hierher keinerlei besondere Schwierigkeiten.

Kurz nach den Galtberghütten beginnt unser Gipfelanstieg und damit der weglose und anspruchsvollere Teil der Tour. Wir folgen dem markierten Pfad nach den Hütten noch wenige Minuten nach Süden in Richtung Kreuzjoch. Kurz bevor wir eine Hochfläche mit kleiner Lache erreichen, verlassen wir den Steig nach Westen und steigen weglos in Richtung Ochsengarten hinauf. Aber keine Angst: die namensgebenden Rindviecher haben hier so gute Trassierarbeit geleistet, dass der Aufstieg über die gut gestuften Alpwiesen ein reines Vergnügen ist. Wichtig: einen markanten Felssporn, der von der Galtbergspitze nach Osten herunterzieht und lt. AV-Karte den Punkt 2.151 trägt, umgehen wir links (südseitig).

Im Ochsengarten angekommen, sehen wir linkerhand die markanten Kaminlochköpfe, und rechts davon die Ostflanke der Galtbergspitze. Eine Rippe zieht fast bis zum Ochsengarten herunter und ist nahezu durchgehend begrünt - sie vermittelt den einfachsten Aufstieg zum Südostgrat der Galtbergspitze. Am besten erklettert man diese Rippe von der rechten Seite. Die nun folgenden knapp 300 Höhenmeter Aufstieg auf der Rippe ziehen zwar etwas in den Waden, bieten aber kaum technische Schwierigkeiten. Der größte Teil des Aufstiegs vollzieht sich auf ausreichend gestuften Grasplanken, garniert mit ein paar Schrofenkraxeleien (max. I+). Dennoch sollte man sich stets bewusst sein, dass man sich auf der Rippe bereits im Absturzgelände befindet. In zügigem Gehtempo haben wir ca. eine halbe Stunde für den Rippenanstieg benötigt.

Auf dem Grat angekommen, wird man erstmals mit einer grandiosen Gipfelschau nach Westen in die Lechtaler Alpen belohnt. Was nun folgt, ist sicherlich der anspruchsvollste Teil der Unternehmung: die Begehung des Südostgrates der Galtbergspitze. Dieser ist technisch nicht besonders schwierig - aber mit ausgesetztem Gelände in brüchigem Hauptdolomit sollte man schon zurechtkommen. Schlüsselstelle ist der brüchige, etwas ausgesetzte Abstieg in die Scharte vor dem Gipfel (I+) - bedachtes, konzentriertes Abklettern ist hier gefragt! Die klettertechnische Schlüsselstelle folgt im darauffolgenden Aufschwung zum Gipfel - lt. AVF eine II - allerdings kaum ausgesetzt und umgehbar. Alles in allem ist der Grat ein wunderbar luftiges Erlebnis für den mit brüchigem Fels vertrauten Bergsteiger. Einziges Manko: der Grat ist viel zu kurz - 20 Minuten nach dem Ausstieg aus der Rippe standen wir schon auf dem einsamen Gipfel, den nur ein bescheidener Steinmann ziert. Und nun auch ein Gipfelbuch, das sich auf die Einträge von Nachahmern freut :-)

Der Abstieg folgt dem Aufstiegsweg. Die Schlüsselstelle auf dem Grat ist in Aufstiegsrichtung keinerlei Problem, und die grasige Aufstiegsrippe lässt sich an einigen Stellen erstaunlich gut knieschonend und sitzend "abfahren" - entsprechende Erfahrung und Vorsicht natürlich vorausgesetzt! Der restliche Weg hinab ins herbstgoldene Kälbertal ist easy going - entspanntes Schaulaufen zum Ausklang des Bergsommers. Noch ein letztes Mal die besondere Atmosphäre der Pirchböden aufsaugen, bevor einen die Hektik des Fernpasses wieder in die Realität zurückholt ...

Auf dem Rückweg fragte uns einer der wenigen einheimischen Berggänger, denen wir begegnet sind, nach unserem Gipfelziel. Als wir von der Galtbergspitze berichteten, fragte er nur entgeistert: "Ha? Wos isn des? Kenn i nit!" Ja, so geht's zu in den einsamsten Lechtalern ...

Reizvoll ist sicherlich auch eine Gratüberschreitung von der Galtbergspitze zur Steinmannlspitze hin oder eine Kombination mit den Kaminlochköpfen. Das Kälbertal hat uns auf jeden Fall nicht zum letzten Mal gesehen :-)

Ein spezieller Dank geht an die Jungs von festivaltour.de für Ihren Hinweis auf dieses einsame Ziel!

Tourengänger: gkraxler


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