Abwechslungsreiches Gipfelzehnerpack über der Klewenalp


Publiziert von Tobi , 29. Oktober 2013 um 23:13.

Region: Welt » Schweiz » Nidwalden
Tour Datum:22 Oktober 2013
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Bauen - Brisen - Bürgenstock   CH-NW   CH-UR 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1820 m
Abstieg: 1950 m
Strecke:19.3km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Stockhütte
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Niederrickenbach Dorf

Das Gebiet der Klewenalp ist durch Bergbahnen und Wanderwege bestens erschlossen, so dass man innert kürzester Zeit vier Gipfel besteigen kann. Auf einem davon trifft man trotzdem garantiert keine Menschenseele an, da er wohl extrem selten besucht wird (bisher noch von keinem Hikr). Nach diesem kurzweiligen Vormittagsprogramm findet sich noch genügend Zeit, um die Tour mit dem Nordaufstieg auf den Schwalmis und der Schinberg-Südkante alpinistisch in höchstem Masse aufzuwerten.
 
Da meine Erkältung noch nicht gänzlich auskuriert ist, schwebe ich gemütlich mit der Gondelbahn zur Stockhütte (1297m). Nach einer Stärkung im dortigen Restaurant wandere ich weit ausholend über den Bergweg hoch zum Aussichtspunk Stock (1395m). Erstaunlicherweise eröffnet eine Hikr-Erstbesteigung diese Tour...
 
Weiter auf dem rot-weiss markierten Bergwanderweg über die Twäregg (1499m) auf den markanten Felsklotz Stollen (1678m). Auch von hier geniesst man eine fantastische Aussicht auf den Vierwaldstättersee.
 
Der markierte Pfad führt mich weiter nach Westen, der Schlussaufstieg auf den Klewenstock (1748m) erfolgt weglos über die Flanke. Im gleichen Stil steige ich wieder hinab zur Bergbeiz Röten. Zum Einkehren ist es aber noch zu früh, deshalb zieht es mich ohne Pause weiter nach Westen.
 
Über Trampelpfade erreiche ich die Geländemulde östlich des nächsten Ziels: die Felsbastion des Bachscheitistocks. Auf etwa 1510m erahne ich eine Stelle im Felsriegel, die mit viel Fantasie als Schwachstelle interpretiert werden könnte. Wobei sich dies bei den mit schmierigem Dreck und feuchtem Moos bedeckten Felsen als übertrieben herausstellt. Aber irgendwie kann ich mich hindurch mogeln, allerding ohne eine Empfehlung für diese Routenwahl abgeben zu können. Da hält man sich besser an meine Abstiegsroute. Nach diesem Hindernis wartet nur noch der steile bewaldete Schlussanstieg auf den Gipfelaspiranten. Oben auf dem Bachscheitistock (1595m) wird man vor allem mit schwindelerregenden Tiefblicken belohnt. Die Aussicht nach Norden ist fast gänzlich durch Bäume versperrt.
 
Im Abstieg hält man sich ziemlich strikt nach Norden mit leichter Rechtstendenz. Zwar warten hier auch einige kleinere Felsen, doch sind diese nicht durchgehend. Auf knapp 1500m kann wieder unter dem Felsriegel nach Osten traversiert werden. Insgesamt bewegen sich die Schwierigkeiten auf dieser Route im Bereich von T5. Über den Trampelpfad gelange ich wieder zurück zum Naturfreundehaus Röten, nun ist Zeit für eine Pause.
 
Als nächstes lockt der Heitliberg (1778m), welcher in kürzester Zeit über den markierten Bergweg erwandert wird. Dieser Gipfel bietet eindeutig mehr Panorama gegen Norden, als der vorher Erklommene. Wobei mein Interesse zugegebenermassen eher dem Blick nach Süden gilt, auf die steile Nordflanke des Schwalmis. Durch diese hat Delta vor einiger Zeit eine beeindruckende Route entdeckt und bestens beschrieben: *Schwalmis Nord (Mattgrat) – Schinberg Überschreitung.
 
Ich folge nun also dem Mattgrat, wobei ich mich eher neben dem Grat bewege, da anfänglich noch ein Pfad durch die Flanke führt. Je höher ich komme, desto gerölliger wird es. Nun ist definitiv ein Wechsel auf den Grat angezeigt, wo ich auch wieder auf Pfadspuren treffe. Der Grat wird allerdings bald durch einen felsigen Abbruch unterbrochen. Also wieder nach rechts zurück in die Flanke, darin lassen sich aber die Höhenmeter wegen dem rutschigen Geröll nur sehr mühsam überwinden. Deshalb versuche ich so bald wie möglich wieder zurück auf den Grat zu wechseln, wobei sich dieser zu einem Rücken verbreitert hat. Auf diesem steige ich hoch zum finalen Felsriegel. Diese letzten Meter sind wirklich sehr heikel. Der Fels ist von schlechter Qualität und zu allem Übel auch noch feucht. Definitiv T6-Gelände, das an den Nerven zerrt. Allerdings ist das Ende absehbar, schon bald leitet eine sanfte Grasflanke hoch zum Gipfelgrat, auf dem der höchste Punkt des Schwalmis (2246m) rasch erreicht wird.
 
Oben bläst mich der Föhn fast weg, so dass ich nur kurz verweile. Die Aussicht lässt sich auch im Abstieg noch bestens bewundern. Über den Schwalmisgaden befinde ich mich bald „Bi den Seelenen“. Weglos sichere ich mir die nächste Hikr-Erstbesteigung des heutigen Tages: der unscheinbare Hügel des Stöckli (2017m).
 
Von hier bietet es sich fast an, dass man nun über den Zingelgrat von Süden auf den Risetenstock (2290m) steigt. Eine dem alpinen Wanderer durchaus empfehlenswerte Variante im Bereich zwischen T4 und T5. Aktuell ist im oberen Teil der Zaun abgebaut, falls dieser steht, könnte er etwas hinderlich sein.
 
Vom Gipfel steige ich Richtung Hinter Jochli ab und traversiere etwa auf halber Höhe zum Schinbergjochli. Je näher ich komme, desto furchteinflössender sieht die Südkante des Schinbergs aus. Schon fast ehrfürchtiger nähere ich mich ihr über den Grat. Leider löst sich hier nichts wirklich in Wohlgefallen auf. Entsprechend respektvoll und vorsichtig nähere ich mich dem Kamin bis zum versperrenden Felsblock. Dieser soll über die bauchige Wand rechts davon überwunden werden. Hier gibt es nichts zu mogeln, hier sind definitiv Kletterkünste gefragt. Dennoch will ich einen Versuch wagen. Auf dem grossen Stein direkt unter dem Felsblock stehend erreiche ich knapp eine Felsschuppe, welche einen soliden Griff bietet. Dank meinen langen Beinen kann ich die Füsse schon über dem Bauch des Aufschwungs positionieren. Mit einem kräftigen Zug erreiche ich mit der Hand den Ausstieg. Doch dort finde ich nur loses Geröll und auch darunter ertaste ich nichts zum Festhalten. Doch kurz bevor ich aufgeben will, entdecke ich etwas weiter oben einen formidablen Felsknubel, an dem ich genügend Halt finde. So kann ich mit einem weiteren Zug dank meiner Körpergrösse und viel Kraft das Hindernis (III+) überwinden. Kletterpuristen hätten beim Anblick meiner Technik sicher nur den Kopf geschüttelt…
 
Der Rest des Kamins ist wieder bedeutend einfacher und das kleine Kreuz auf dem Südostgipfel des Schinberg (2145m) ist rasch erreicht. Auch der Schinberg Nordwestgipfel (2110m) ist nur einen Katzensprung entfernt, wobei hier zuerst noch eine etwa zehn Meter hohe Steilstufe überwunden werden muss (T5+, II).
 
Als Abstieg wähle ich den breiten Rücken nach Nordosten und stehe schon bald im Sätteli (1757m). Eine kurze Gegensteigung später erreiche ich den letzten Gipfel des heutigen Tages und komplettiere mit der Scheidegg (1781m) das Zehnerpack.
 
Die Pfadspuren führen weiter über den wilden Grat der Scheidegg zur Bärenfallen (1580m). Mit markiertem Bergweg unter den Füssen nähere ich mich im Sauseschritt dem Ende meiner Tour. Ich hätte es allerdings auch gemütlicher angehen können, den die Bahn von Niederrickenbach (1158m) fährt bis spät abends.
 
 
Fazit: Sollte nun definitiv der Schnee kommen, wäre dies rein hypothetisch ein gelungener Saisonabschluss gewesen: Drei Hikr-Erstbesteigungen, die abenteuerliche T6-Route über den Mattgrat auf den Schwalmis und schliesslich noch der anspruchsvolle direkte Aufstieg über die Südkante auf den Schinberg. Wahrlich ein fantastischer Alpinwandertag. Doch ich bin ein optimistischer Träumer und hoffe auf weitere goldige Herbsttage…
 

Tourengänger: Tobi


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