Fest - fester - Totenkirchl (Führerweg)


Publiziert von RossiS , 25. September 2013 um 16:14.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Kaiser-Gebirge
Tour Datum:24 September 2013
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1250 m
Abstieg: 1250 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Über Kössen - Schwendt in die Griesenau und dann die Mautstrasse (3 €) hinauf zur Griesener Alm (988m)
Unterkunftmöglichkeiten:Stripsenjochhaus
Kartennummer:AV Nr.8 Kaisergebirge

Das Totenkirchl ist einer der drei bekanntesten Kletterberge im Wilden Kaiser. Kein Wanderweg führt auf dessen Gipfel. Dafür nahezu unendlich viele Kletterrouten.  Wie eine Festung thront er hoch über dem Stripsenjoch und bietet fast überall (wie man hört) besten Fels zum klettern. Das wollten wir heute mit eigenen Augen sehen und mit eigenen Händen begreifen. Wir entschieden uns für den einfachsten Anstieg, den Führerweg, der mit UIAA III zwar nur moderate Schwierigkeiten bietet aber trotzdem wegen der Länge und alpinen Absicherung eine durchaus ernstzunehmende und  tagesfüllende Tour darstellt. Man muss sich den Gipfel schon erarbeiten was aber das Erlebnis nur steigern kann.

Start war um 7:45 an der Griesener Alm. Etwas verspätet aber das kümmert uns kaum. Es verspricht ein traumhafter Herbsttag zu werden. Nebel wabern noch um die Gipfel aber die Sonne und der blaue Himmel zeigen sich schon. Wir haben den ganzen Tag Zeit und zur Not auch unsere Stirnlampen dabei.
Der Aufstieg zum Stripsenjoch ist in einer Stunde erledigt und es ist erst mal Zeit für eine kurze Kaffeepause auf der Sonnenterrasse. Der Fokus liegt heute ganz klar auf Genuss und so lassen wir es auch geruhsam angehen. Die Pause nutzen wir auch um einen Blick ins Topo zu werfen und mit der Realität abzugleichen.

Der Zustieg zur Route ist gleich gefunden. Der kleine Steig beginnt direkt am Stripsenjochhaus und zieht südlich auf einem Latschenrücken entlang. Eine kurze Stelle ist abzuklettern und dann kommt man in eine geröllige Rinne die man linkshaltend bis unter die Führernadeln aufsteigt. Beeindruckende Kulisse bietet sich schon hier. Der Einstieg befindet sich etwas rechts der Nadeln und ist (wie auch der Rest der Route) mit roten Punkten markiert. Einstieg ca. 10 Uhr. Wir machen uns kletterfertig, begehen aber den unteren Teil über den Scheißhäuslkamin bis zum Führerwandl noch seilfrei. 

Hier beginnt der etwas ernstere Teil der Tour und wir seilen uns an. Der weitere Anstieg sieht abweisend aus, es ist schattig und kühl. Aber der Fels ist fest und die Orientierung  Dank der roten Punkte rel. einfach. Trotzdem ist ein waches Auge von Nöten. Eine andere Seilschaft (die einzige der wir an diesem Tag begegnen sollten) versteigt sich unterhalb der 2. Terrasse und bricht dann ab.
Der weitere Charakter bis zur 2. Terrasse wird von Kaminen und Rinnen geprägt durch die man sich spreizend und stemmend empor arbeitet. Mit Rucksack auf dem Rücken nicht immer ein einfaches Unterfangen aber es macht Spaß! Und es eröffnen sich immer wieder grandiose Tiefblicke auf das direkt unter einem liegende Stripsenjochhaus. 
Das Erreichen der 2. Terrasse bedeutet für uns auch das Erreichen der Sonne und der Charakter ändert sich schlagartig von ernst auf heiter und genüsslich. Da heißt es erst mal Brotzeit machen und schauen. 
Das Seil wird verstaut und weiter geht's im Gehgelände bis hin zum nächsten Aufschwung. Der ist abwechslungsreich mit tollen Felsformationen und einer Höhle. Nie wirklich schwierig und so gehen wir diesen Teil seilfrei bis auf die 3. Terrasse. 
Hier öffnet sich ein fantastisches Panorama zum frisch verschneiten und weiß leuchtenden Hauptkamm und zur Ellmauer Halt samt Kopftörlgrat (auf dem auch einiges an Betrieb ist heute). Außerdem tritt der spektakulär aussehende Gipfelblock des Totenkirchls mit Kreuz erstmals ins Blickfeld. Linkshaltend steigen wir in eine nordseitige Scharte und klettern von dort die letzte Seillänge (wieder gesichert) zum Gipfel. Wir haben ihn ganz für uns allein. Es ist 14:45 Uhr. Puh! Ganz schön spät. Aber eine halbe Stunde muss Zeit sein. Zum Schauen und zum Staunen. Ich will nicht umsonst mein Fernglas hier heraufgeschleppt haben. Und die Ausblicke Richtung Norden ins Alpenvorland und zu den benachbarten Gipfeln lohnen sich wirklich. Beeindruckend im Osten die Fleischbank und der Predigtstuhl, im Westen der Haltstock. Vereinzelt sind auch auf den anderen Gipfeln und Graten noch Kletterer auszumachen. Hier würde man gerne noch länger verweilen aber die Zeit drängt nun doch ein wenig als wir um halb Vier den Abstieg über die selbe Route beginnen. Kurz bevor wir aufbrechen kommt auf einmal ein älterer Herr ums Eck (aus der anderen Richtung). Ohne Rucksack, ohne Helm. Im T-shirt und normalen Bergschuhen.

Etwas verwundert fragen wir wo er denn herkommt.
"Auch über den Führerweg. Aber eine kleine Variante am Schluss."
"Aha. Wie oft er denn schon herobn war", fragen wir noch.
"Er kann's nicht mehr zählen", sagt er und grinst.
Respekt!
Wir verabschieden uns und noch an der ersten Abseilstelle werden wir von besagtem Herrn ein- und überholt. Guten Abstieg! - und weg war er!

Wir bummeln hinunter. Genießen die nachmittägliche Herbstsonne die langsam immer mehr auch die Nordflanken sanft bestreicht und klettern bis zur 2. Terrasse wieder seilfrei hinab. Dann beginnt die Abseilpiste mit gut eingerichteten Ringhaken. 4 Mal Seil fädeln, werfen und abseilen; zwischendurch abklettern und wir stehen wieder unten am Einstieg. Von der Abendstimmung können wir uns allerdings nur schwer trennen. Wir verweilen noch eine Zeit lang bei den Führernadeln die jetzt orange in der Abendsonne leuchten. Auch das Bier im Stripsenjochhaus kann uns noch nicht ganz weglocken von diesem schönen Fleck. Aber irgendwann ist es dann Zeit zu gehen. Vorbei an einem Rudel Gämse sind wir pünktlich zum Sonnenuntergang wieder auf der Strips. Es ist halb Acht. Ein Bier und ein Schnaps (für die Verdauung) müssen trotzdem noch sein. 
Schön wäre es jetzt einfach hier sitzen zu bleiben aber wir müssen ja doch hinunter. Also Stirnlampen auf und Abmarsch. Der Sternenhimmel begleitet uns.
Um 9 Uhr sind wir glücklich und müde wieder am Auto an der Griesener Alm.
Ein perfekter Herbsttag geht zu Ende.

Fazit: Auch wenn der Führerweg hauptsächlich als Abstieg der unzähligen anderen Routen auf's Totenkirchl benutzt wird ist er doch auch für sich eine sehr lohnende Tour wie ich finde. Der Fels ist durchweg fest was in diesem Schwierigkeitsbereich doch oft eine Seltenheit ist. Für den Sportkletterer ist hier freilich zu wenig Kletteraction geboten aber der alpin orientierte Bergsteiger wird seine Freude daran haben. Für mich wahrscheinlich das Highlight dieses Sommers (mal schauen was noch kommt).

Anmerkungen:
- Topo: http://www.bergsteigen.com/klettern/tirol/kaiser-gebirge/fuehrerweg-totenkirchl
- Ausrüstung: Schlingen, Keile, 60m Einfachseil, Abseilgerät
- Dauer des Abstiegs nicht unterschätzen!
- Orientierung trotz verwinkelter Routenführung gut machbar Dank roten Markierungspunkten und Pfeilen für den Abstieg
- der Speck hält sich in Grenzen
- Stände sind gebohrt; sonst selbst abzusichern



Tourengänger: RossiS


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Kommentare (2)


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Chiemgauer hat gesagt: Gratulation zur Tour ...
Gesendet am 26. September 2013 um 21:12
und ich hoffe es hat dir so gut gefallen, dass du es irgendwann nochmals machst ;-) Einer der langsam weniger werdenden Kaisergipfel, die mir noch in meiner Sammlung fehlen.
Gruß,
Hans

RossiS hat gesagt: RE:Gratulation zur Tour ...
Gesendet am 27. September 2013 um 16:52
Danke Hans!
Irgendwann sicher noch mal. War wirklich besonders schön und es gibt ja noch so einige Varianten (hab ich gehört ;-))
VG...


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