Alpeler: urwüchsig und widerborstig


Publiziert von Maisander , 10. September 2013 um 14:03.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum: 6 September 2013
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Bauen - Brisen - Bürgenstock   CH-UR   Chaiserstuelgruppe   CH-NW 
Zeitbedarf: 3:00
Aufstieg: 600 m
Abstieg: 500 m
Strecke:Gitschenen - Alpeler - P. 1883m - Sinsgäuer Schonegg - Widderen - Oberrickenbach
Zufahrt zum Ausgangspunkt:ÖV und Seilbahn St. Jakob - Gitschenen
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Postauto oder freundlicher einheimischer Autofahrer
Unterkunftmöglichkeiten:Berggasthaus Gitschenen
Kartennummer:1171, 1191

Als imposanter Felszapfen thront der Alpeler über Gitschenen und bildet mit dem Maisander und dem Hoh Brisen eine formschönes Dreiergespann. Während meines Arbeitseinsatzes auf Gitschenen schaue ich des öfteren zu den umliegenden Bergen hoch und mache mir zum Ziel, auf den einen oder anderen einen Fuss zu setzen. 

Heute knöpfe ich mir quasi als Feierabendtour den Alpeler vor. Im SAC-Führer lapidar als "ohne Schwierigkeiten zu erreichen" taxiert, wird das wohl keine so grosse Sache sein. Doch weit gefehlt! Der ganze Berg ist so was von krautig und überwachsen, dass man dafür eigens eine neue Schwierigkeitsskala einzuführen bräuchte. Vielleicht war ich aber auch einfach zur falschen Jahreszeit unterwegs. 

Beim Brätliplatz kurz vor dem Geissboden biege ich links ab und steige auf Viehpfaden den immer steiler werdenden Hang hoch. Bis zu einem Plateau auf ca. 1750m kann ich mich auf einem Weg mit niedergetrampeltem Gewächs bewegen. Von unten scheint diese Passage durch das Buschwerk rätselhaft, doch bis hierhin gehts eigentlich ganz gut. Aber was jetzt kommt ist traurig: Der Pfad verliert sich in hüfthoher Vegetation, den Untergrund muss man sich mit dem Schuhwerk ertasten und mit jedem Schritt hoffen, nicht auszurutschen und bäuchlings im feuchten Gestrüpp zu landen. Einen Stock, der hier hilfreiche Dienste leisten würde, habe ich natürlich nicht dabei, dafür fungiere ich als wandelnder Samenträger zahlreicher Pflanzenarten. 

Als ich etwas weiter oben endlich wieder über das Kraut hinweg sehen kann, scheint mir ein Ausstieg auf den Grat links des P. 1883m am vernünftigsten. Der Hang gewinnt wieder an Steilheit; immerhin wächst hier nun Gras, welches einige Griffe vermittelt. Ziemlich ausser Atem, aber erleichtert erreiche ich den Grat, auf dem wieder schwache Wegspuren vorhanden sind. Zum Alpeler zieht sichs aber noch ne ganze Weile und so brauche ich fast eine Stunde für die insgesamt läppischen 300 Höhenmeter Aufstieg. Auf dem Alpeler geniesst man dann einen spektakulären Tiefblick auf Gitschenen.

Eigentlich wollte ich noch einen Augenschein des Maisander-Ostgrates nehmen und diesen bei genügend Zeit anhängen. Nebst der Zeit fehlte nun aber auch die Lust: meine einzige Motivation bestand darin, den Urwuchs unbeschadet zu verlassen. Auch gegen das Sulztal hinab überwiegt das Kraut, also beschloss ich, dem Grat wieder ein Stück zurück zu folgen und dann später - so meine Hoffnung - über Geröll absteigen zu können. Zuerst einmal muss aber dazu der Aufschwung von P. 1883m überwunden werden - die Schlüsselstelle der Tour. Dieses Getürm ist auf der linken Seite felsig, rechts grasig, und macht einen sehr instabilen Eindruck.

Noch ehe ich mir überlege, ob ich da überhaupt hoch will, sehe ich mich von Schrofe zu Schrofe zu hangeln und bin froh, die Gratschneide wieder zu erreichen, ohne dass da was unter meiner Last zusammengebrochen ist. Nach einem weiteren Felsabsatz, den man aber auch linkerhand umgehen kann, wird der Grat breiter resp. doppelspurig, bleibt aber mühsam überwachsen. Kurz vor dem etwas mächtigeren Aufschwung P. 1944m sticht mir eine Geröllhalde ins Auge, über die man bis zum Schonegggaden runter surfen könnte. Diese Gelegenheit lasse ich mir nicht entgehen. Ein letztes Mal für heute durchkreuze ich den Wildwuchs auf das für mich rettende Geröll. Hier sieht man wenigstens wieder, wo man hintrampelt.

Leider will sich auch der Traum des eleganten Geröllrutschens nicht bewahrheiten. Das Gelände ist entweder zu steil oder die Geröllauflage zu mager, als dass man die Steine in Bewegung versetzen könnte. Nach knapp zwei Stunden Wanderzeit treffe ich beim Schonegggaden auf den erlösenden Bergweg. 

Über die Sinsgäuer Schonegg steige ich nun bei Abendsonne nach Widderen ab. Hier ist eine neue Alpstrasse im Bau - irgendwie verständlich zwar, und doch sehr schade: Den blühenden Krokusteppich im Frühling habe ich als einen der schönsten überhaupt in Erinnerung -  nun durchschneidet eine Strasse die Blumenpracht im Sinsgäu. Und wer weiss, wie lange das sympathische alte Lotterbähnli via Ober Spis nach Oberrickenbach noch besteht... Jedenfalls ist dies ein Grund mehr, es noch zu benutzen. So alt wie die Seilbahnkabinen sind auch die Preise: 6.- CHF bezahle ich für die einfache Fahrt über zwei Sektionen. Übrigens lohnt sich die Fahrt nicht nur wegen der Prise Nostalgie, die mitschwebt: Für die illustren Gespräche mit dem Älpler, der die Bahn bedient, sollte man sich ein paar Minuten Zeit nehmen!

In Oberrickenbach ist das letzte Postauto schon lange weg, ich versuche es per Autostopp, was schon bei der ersten Gelegenheit klappt! Vielen Dank an den netten Einheimischen!

Tourengänger: Maisander


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