Spätsommertour durchs Allgäu


Publiziert von frmat , 7. September 2013 um 13:32.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 2 September 2013
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K2 (WS)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 4 Tage

Montag, 2.9.13: Bergheim Moser - Kemptner Scharte - Mindelheimer Hütte (bis T4)
Die Woche versprach bestes Bergwetter, das musste genutzt werden. Ziel: Einige schöne Bergtouren in den Allgäuer Alpen. Da wir einige Wochen zuvor am Schüsser 20m unter dem Gipfel umdrehen mussten (wir hatten uns verstiegen), wollten wir diese Tour nun endlich zu Ende bringen. Also gings früh morgens los in Richtung Kleinwalsertal. Am Bergheim Moser nahe Mittelberg kann man für 3€/Tag parken. Von dort stieg ich durchs schöne Wildental zunächst recht flach über die Wiesalpen zu Fluchtalpe auf. Kurz vor dieser hält man sich geradeaus. Der Weg steilt nun auf und führt ca. 400Hm durch Latschenvegetation auf das Plateau der Hinteren Wildenalpe. Kurz entlang des Flusses nach rechts und dann die zweite Steilpassage des Tages zuletzt unangenehm schotterig (und auch steinschlägig) in die Kemptner Scharte (gut 2h ab Bergheim Moser). Von hier aus erreichte ich die schöne Mindelheimer Hütte in wenigen Minuten. Wirklich eine tolle Hütte mit freundlichem Personal und herrlicher Aussicht.
 
 
Dienstag, 3.9.13: Mindelheimer Hütte - Angererkopf - Mindelheimer Klettersteig - Fiderepasshütte (bis T5, II und WS)
Am zweiten Tag stand der Übergang zur Fiderepasshütte an. Da diese jedoch nicht sooo weit entfernt liegt (2-3h über den Krumbacher Höhenweg bzw. 4-5h über den Klettersteig) machte ich morgens noch eine Wanderung auf den selten besuchten Angererkopf. Dieser schöne Gipfel zeigt sich von der Hütte als abweisender Felsklotz und verfügt nicht über einen normalen Wanderweg. Die einfachste Route führt von Südwesten auf den Gipfel. Die Routenbeschreibung des Hüttenwirts: „Do gehst ums Eck, die Rinne rauf und dann sixtes scho“ :) . Na gut, dachte ich mir, dann kanns so schwierig nicht sein. Zunächst folgt man also dem Wanderweg in Richtung Geißhorn – Widderstein. Etwas bergauf und wieder bergab zeigt sich nach ca. 15min rechts die erwähnte große Schuttrinne am Angererkopf. Man verlässt den Wanderweg (gut 200m bevor dieser eine markante Kurve mit Aufstieg zum Sattel zwischen Geißhorn und Wildengundkopf macht) nach rechts über mäßig steile Grashänge. Nun sucht man sich den besten Weg durch das Gras, bis dieses – später schrofendurchsetzt – zur Rinne hin etwas aufsteilt. Nun am besten am Grund der Rinne steiler werdend aufwärts (T5). Bei mehreren Leuten sollte man unbedingt einen Helm mitnehmen, es geht gar nicht, ohne dass man etwas lostritt. Am Ende erreicht man einen kleinen Sattel, von dem aus der Gipfel nicht sichtbar ist. Dummerweise folgte ich den nun vorhandenen Wegspuren nach links ins steile Gras. Der „Gipfel“, den ich dort erreichte, war leider nur ein Gratbuckel vom Liechelkopf, allerdings konnte ich nun den abweisenden Weiterweg zum Angererkopf einsehen. Man muss die Rinne nämlich oben unbedingt nach rechts verlassen. Also kurz zurück in die Scharte und nun weiter auf dem richtigen „Weg“. Zunächst wird eine leichte aber ausgesetzte Kletterstelle (II-) überwunden. Man befindet sich dann auf der Nordseite des Gipfels und quert ansteigend eine schotterige Flanke bis man nach rechts über leichte Felsen den Grat erreicht. Ab hier problemlos zum Gipfel (55min ab Hütte, mit Verhauer). Am Gipfel konnte ich die Rundumsicht alleine genießen, der letzte Eintrag ins Gipfelbuch lag 2 Wochen zurück. Nach ausgiebiger Rast gings den gleich Weg zurück zur Hütte, im Abstieg noch deutlich unangenehmer als rauf. Insgesamt nimmt diese Tour weniger als 2h in Anspruch. Da der Angererkopf auch bei hikr bisher nur einmal beschrieben ist, hatte ich alles schön mit Fotos dokumentiert. Warum ich diese hier wohl nie zeigen kann könnt ihr im Abschnitt „Schüsser“ lesen :( .
 
Nach einer längeren Rast auf der Mindelheimer Hütte brach ich auf zum Fiderepass. Nun war es mit der Ruhe vorbei, denn egal ob man unten oder oben lang geht, ab jetzt teilt man sich das Bergerlebnis mit zahlreichen anderen Wanderern. Über die Kemptner Scharte und das Kemptner Köpfl erreicht man in 35min den Einstieg zum Klettersteig. Dort entweder links durch einen Kamin (schön, ungesichert) oder rechts mithilfe des ersten Stahlseils zum Gipfelplateau des Südlichen Schafalpenkopfes, den man durch kurzes Verlassen des Weges nach links besteigen kann (knapp 1h ab Hütte, T5 oder T4 und L). Nun weiter den Versicherungen folgend, eine Stelle in einer kleinen Schlucht ungesichert (II), in die Scharte. Über eine Leiter und einige Steighilfen wird in weiteren 35 Minuten der turmbesetzte Gipfelkamm des Mittleren Schafalpenkopfes erreicht. Bis hierher kann man gut auf Sicherungen verzichten, falls man sich wohlfühlt. Es folgt das Schlüsselstück des Steiges: der Abstieg vom Mittleren Gipfel. Sehr ausgesetzt und nicht durchgehend gesichert klettert man senkrechte Leitern ab und wieder auf einen steilen Turm hinauf, mehrere Eisenbügel (Schwierigkeit C), schließlich leichter in die Scharte und gut anschließend gestuft über mehrer Aufschwünge und die flache Leiter zum höchsten Punkt des Steiges. Der Gipfel des Nördlichen Schafalpenkopfes wird normalerweise rechts liegen gelassen oder aber über einen leichten ungesicherten Grat in wenigen Minuten erklettert (T5 und I), insgesamt 1:20h ab Mittlerem Schafalpenkopf. Dort auf dem Gipfel traf ich dann auch Susanne, meine Begleitung für die nächsten Tage, die mir vom Fiderepass entgegenkam. Von hier ist es noch eine gute halbe Stunde hinunter zur Hütte, wobei noch mal einige steile und teils leicht überhängende Leiterpassagen zu bewältigen sind (Schwierigkeit C). Dies war meine dritte Begehung des Mindelheimer Klettersteigs. In dieser Richtung ist er deutlich weniger begangen und auch etwas schwieriger, insgesamt aber sehr schön. Die Fiderepasshütte ist eine meiner Lieblingshütten in den Alpen: Super freundliches Team, gutes Essen, herrliche Lage. Übrigens sollte man sowohl hier als auch auf der Mindelheimer Hütte reservieren, v.a. an Wochenenden sind die Hütten regelmäßig voll.
 
 
Mittwoch, 4.9.13: Fiderepasshütte - Schüsser - Hochgehrenspitze - Hammerspitze - Bergheim Moser (bis T6 und II+)
Heute stand die Königsetappe der Tour auf dem Programm: Die Hammerspitzen-Überschreitung. Falls man nicht genau bescheid weiß, kann man sich durch die Namensgebung der Berge prima verwirren lassen. Ich versuche Licht ins Dunkel zu bringen: Nördlich des Fiderepass verläuft ein Grat mit insgesamt 3 Gipfeln: Zunächst der 2259m hohe „Schüsser“ (walserische Bezeichnung), der in Deutschland „Hammerpitze“ heißt. Es folgt die „Hochgehrenspitze“, 2252m, (D: „zweite Hammerspitze“). Schließlich gibt es noch die 2170m hohe Hammerspitze, die in Deutschland (Fanfare zur Verwirrung) „Schüsser“ genannt wird. Logisch oder? Seit neuestem heißt der südliche Gipfel (also der Schüsser) offiziell „Oberstdorfer Hammerspitze“. Nun gut. Ich verwende im folgenden die traditionellen walserischen Bezeichnungen (von Süden nach Norden und in Gehrichtung): Schüsser, 2259m; Hochgehrenspitze, 2252m und Hammerspitze, 2170m.
Die Überschreitung dieser Gipfel ist anspruchsvoll. Wer den Weg nicht kennt, kann sich leicht verirren und dann wird die ganze Sache sehr heikel. In den letzten Jahren haben einige dort oben ihr Leben verloren. Wirklich schwer ist die Route jedoch nie, aber oft sehr ausgesetzt mit nicht immer gutem Fels.
Zunächst steigt man hinter der Hütte den deutlichen Wegspuren folgend im Gras bergan. Nach kurzer Zeit teilt sich der Weg. Wir folgten der rechten Spur und stiegen bis unter die Felsen bergan (gut 20min ab Hütte, 100Hm). Rechterhand folgten wir beim letzten Mal den Bohrhaken eine verlockende Rinne bergauf. Diese Route führt jedoch oben in schwierige und sehr ausgesetzte Kletterei. Daher unbedingt nach links durch die Schotterflanke leicht absteigend (!) um einen Sporn herum queren (wenige Wegspuren) bis in eine breite und meist feste Rinne. In dieser einfach (I+) aufsteigen, meist rechts haltend bis auf den Gipfelgrat. Rechts oben sieht man eine Holzlatte auf einem Vorgipfel. Dort nach links, vorbei an einer Gedenktafel, über einen weiteren Vorgipfel (II) und an die Basis der Gipfelwand. Diese wird nicht schwierig jedoch höllisch ausgesetzt an guten Griffen erklettert (II+, laut AV-Führer III, 11m). Nun steht man auf dem Gipfel des Schüssers (40min). Diese Stelle lässt sich auch links auf schwachen Bändern, ausgesetzt und bröselig, umgehen. Laut einem Bergführer, den wir am Fiderepass trafen, stürzen jedoch genau dort immer wieder Leute ab. Also entschieden wir uns für das Wändchen. Und dort passierte dann unser Missgeschick: Am Gipfel angekommen packte ich das Seil aus dem Rucksack um Susanne nachzusichern. Mein Handy (also auch meine Kamera) legte ich zusammen mit dem restlichen Kram ab. Meine Begleiterin schlug nun einen anderen Kletterweg ein und beförderte das Handy leider einige hundert Meter die Wand runter. Damit auch alle Fotos. Sollte also irgendwann mal jemand ein iphone 4 dort oben finden… naja. Sowas kann passieren, ist ärgerlich, aber allemal besser als wenn es uns getroffen hätte. „Blechschaden“ eben. Sobald ich die Fotos von der zweiten Kamera habe, werde ich diese hier nachreichen. (27.9.13: Fotos sind nun online)
Trotzdem ließen wir uns die schöne Tour nicht vermiesen. Die schwierigste Stelle ist ja nun gemeistert. Es folgt der Gratübergang zur Hochgehrenspitze. Dies ist nicht ganz einfach zu beschreiben, ich versuche es mal: Zuerst den Wegspuren nach, dann teils ausgesetzt aber in gutem Fels am Grat absteigen, bis es nicht mehr weitergeht. Dann links eine Rinne hinab und um einen Felsturm herum. Nun meist links in der Flanke queren bis in die tiefste Einschartung. Dort liegt eine alte Drahtseilrolle. Hier stellt sich der große Felsturm in den Weg. Vor diesem auf einem breiten Band nach rechts zum Beginn des guten Fixseils. Diesem folgen, zunächst durch einen Kamin, oben auf einer Platte auf den Gipfel des Turms. Einige Meter der schmalen Schneide folgen bis in die Mitte des Turms. Dort links eine Rinne ca. 10m hinab (auf keinen Fall bis zum Ende des Turms, sehr heikel und steil) und durch die Flanke zur Basis des Gipfels der Hochgehrenspitze. Nun keinesfalls dem verlockenden Band nach rechts folgen, sondern leicht links zu einem auffälligen Kamin. Dieser wird erklettert (II). Anschließend über Wegspuren und Schrofen zum Gipfel der Hochgehrenspitze (II, T6, 45min ab Schüsser). Diese Richtung ist deutlich einfacher als umgekehrt, da man das Wändchen am Schüsser hochklettert. Es existiert auch ein Bericht auf hikr, in dem der Grat in Gegenrichtung begangen wurde.
Von dort ist der Weiterweg deutlich einfacher. Entweder über Wegspuren und eine Schuttrinne (unangenehm) oder direkt am Grat (I, ausgesetzt) hinab zu einem Kreuz und auf einem einfachen Wanderweg zur Hammerspitze. Hier bieten sich mehrere Möglichkeiten: Entweder hinüber zur Kanzelwand, oder über die Wannenalpe, oder über den Kuhgehrensattel. Wir entschieden uns für die letztgenannte. Via Kuhgehrenalpe und Wiesalpe erreichten wir weitere 2h später den Parkplatz und damit das Ende dieser herrlichen Tour.
 
 
Donnerstag, 5.9.13: Höfatsblick - Hüttenkopf - Großer Seekopf - Gleitweg - Oytal (bis T5)
Da das Wetter weiterhin perfekt war, beschlossen wir noch den Laufbacher Eck Weg anzuhängen. Wenn möglich über die vielen Gipfel und damit weit ruhiger als auf dem Normalweg. Spät ging es gegen halb zwölf (eine Stunde Wartezeit!) mit der Nebelhornbahn zur Station Höfatsblick. Leicht absteigend erreicht man von hier den Zeigersattel. Über eine schmale Grasschneide bestiegen wir noch den nahegelegenen Hüttenkopf. Oben am Gipfel ist der so schmal, dass ich mir fast in die Hose machte und einen Wahnsinnsrespekt bekam, vor allen, die die Höfats überschreiten. Würd ich ja auch mal gern machen, aber ich glaube, da spielen meine Nerven nicht mit. Auch wenn dieses Gipfelchen viel leichter ist, als die gestrige Tour, empfand ich ihn psychologisch als erheblich unangenehmer (T5).
Zurück im Zeigersattel folgten wir wenige Minuten dem Laufbacher Eck Weg und stiegen dann links im steilen Gras auf den Gipfel des Großen Seekopfes (T5, 30min ab Zeigersattel). Das teils feuchte Gras fand ich persönlich sehr unangenehm. Auch der Weiterweg über den Grat verlief im teils steilen Gras. Damit war ich für heute bedient, Gras scheint mir nicht zu liegen… Statt des Weiterwegs entschlossen wir uns kurzerhand in Oytal abzusteigen, und dabei dem schönen Seealpsee noch einen Besuch abzustatten. Der Gleitweg ins Oytal ist ein steiler alpiner Steig, der zurecht als „nur für Geübte“ gekennzeichnet ist. Da meine Nerven heute schon arg gelitten haben gefiel mir auch dieser Weg nicht so recht, schaut man doch beim Abstieg permanent einige hundert Meter hinab zum Talgrund des Oytals. Ich weiß, dass ich hier eine Einzelmeinung vertrete, aber ich persönlich empfand diesen Abstieg als unangenehmer als die Hammerspitzen-Überschreitung. So war ich froh, dass ich nach 1 1/2h endlich das Oytalhaus erreichte. Dort kam ich dann auf die „geniale“ Idee, den Hatsch durchs Tal mit einer Rollerfahrt abzukürzen. Ging auch prima, aber es gab meinen Nerven an diesem Tag den Rest. Wieder an der Talstation der Nebelhorn war ich dann endgültig bedient aber glücklich nicht mehr weiter zu müssen. Und um die Erkenntnis reicher, dass steile Grastouren andere Anforderungen stellen als Felskletterei :) Vier tolle Tage im Allgäu gingen zuende.

Tourengänger: frmat


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