Gemmi-Plattenhörner O-Gipfel (2'830 müM) und Alte Gemmi mit Biwakübernachtung


Publiziert von Camox , 1. September 2013 um 19:42.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Frutigland
Tour Datum: 1 September 2013
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: L
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS   CH-BE 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1880 m
Abstieg: 1880 m
Strecke:Kandersteg - Eggeschwand - Stock - Spittelmatte - Schwarenbach - Daubensee - Pt. 2284 - Alte Gemmi - Pt. 2719 - Plattenhorn O-Gipfel - Gemmiweg - Spittelmatte - Pt. 1820 - Waldhaus - Eggeschwand - Kandersteg

Dieses Wochenende stand wieder einmal eine Biwaktour auf dem Programm. Seit längerem wollte ich einmal die Gegend um die Plattenhörner auskundschaften. Da ich mir von der Gegend auch in landschaftlich-ästhetischer Sicht einiges versprach, entschied ich mich dazu, die Sache gleich mit einer Übernachtung zu verbinden, zumal der Samstag eh schon halb für andere To-do‘s draufgehen musste.

Gestartet bin ich kurz vor 17:00 Uhr in Kandersteg am Bahnhof. Von dort nehme ich den Wanderweg Richtung Eggeschwand in Angriff, zuerst etwas öde auf Asphaltstrassen, später aber gemütlich der Kander entlang. Da mir der Himmel bereits etwas dunkel vorkam, entschied ich mich den direkten Weg hoch via Stock ins Sunnbüel-Gebiet zu nehmen. Im oberen Teil dieses breiten Kieswegs konnte ich den Fortschritt der sich im Bau befindlichen Downhill-Strecke begutachten. Schade, dass sich nun auch Kandersteg als wie mehr diesen Action-Sportarten hingibt und dafür die Natur vernachlässigt. Mais à chacun le sien..


Ab Stock geht’s dann mehr oder weniger flach zur Spittelmatte. Hier oben kam ich in dichteres Gewölk, das sich aber entgegen meinen Vermutungen als harmlos herausstellen wird. Weiter geht’s den Gemmiweg hoch an der Schwarenbach-Hütte vorbei. Drinnen war im warmen Licht geselliges Zusammensein auszumachen. Mir ist aber nach Ruhe und so ziehe ich den Weg weiter hoch zum Daubensee. Dieser ist von einer Nebeldecke bedeckt, welche aber immer wieder aufbrach und die Stimmung somit an Dramatik einbüsste. Noch einige hundert Meter geht es nun den Gemmiweg weiter, bis man linkerhand auf den Wegweiser zur Alten Gemmi trifft (Pt. 2284) und nun auf einem schmalen Weglein aufsteigen kann. Die Wanderweg-Signaletik prophezeit stolze 1h 40min. Ich denke, das schafft der Durchschnittswanderer auch in kürzerer Zeit. Der Pfad hoch zu meinem Tagesziel ist bestens unterhalten und markiert, sodass ich in der aufkommenden Dunkelheit nie den Überblick verliere. Der Weg führt zuerst angenehm steigend den Hang hoch in die Talebene des Furggentältli und dann entlang der senkrechten Wand des Plattenhorn Ostgipfels hoch zur Alten Gemmi, seither wieder oberhalb vom Nebel. Etwa in der Mitte der Wand kommt man an einem kleinen Bänkli vorbei, welches sich in einer Ausbuchtung in der hier überhängenden Wand befindet. Hier entschloss ich mich zu biwakieren. Da ich nun aber noch mein Tagesziel erreichen wollte, zog ich trotz zunehmender Dunkelheit zügig (nun ohne Riesenrucksack) noch kurz hoch zum Pass und genoss die schöne Aussicht bei Schafgebimmel der Leukerbader Schafe, welche hier noch weit in die steilen Wiesen hochsteigen. Auch auf dem Übergang gäbe es die Möglichkeit im Schutz einiger Steinmauern zu biwakieren. Diese feudale Unterkunft scheint es allerdings nicht mehr zu geben. Da ich noch immer Niederschlag befürchtete, war mir mein Platz weiter unten dann lieber. Wieder beim Biwakplatz richtete ich mein Schlafgemach, ass etwas Znacht und schlief nach dem Bestaunen des Sternenhimmels ein.

 


Am nächsten Morgen wachte ich kurz nach halb Sieben wieder auf. Mit etwas Überwindung kroch ich aus meinem gemütlich warmen Daunen-Gemach und machte mich nochmals auf zur Alten Gemmi. Von hier ging ich noch ein paar Meter weiter hoch (immer noch markiert) zum Gipfelkreuz (mit Symbol in der Landkarte). Hier warteten schon die ersten Sonnenstrahlen über der Gitzifurggu und eine herrliche Aussicht tauchte auf. Auf dem Gipfelkreuz steht „Alte Gemmi“ geschrieben. Ob die „Alte Gemmi“ nun ein Pass oder ein Gipfel ist, bleibt für mich rätselhaft. Noch etwas skeptisch blicke ich zum Ostgipfel der Plattenhörner. Wie der Bug eines Schiffes thront er über dem Übergang. Dies soll nun mein nächstes Ziel sein.


Ich packe, zurück am Biwakplatz, also meine Sachen und laufe los. Entlang der Felswand laufe ich vorerst auf dem Wanderweg runter. Dann verlasse ich den Weg und gehe links noch immer der Wand entlang hoch und gelange so unterhalb eines Couloir mit viel losem Gestein. Ein senkrecht zum Hang stehendes Felsband umgehe ich oberhalb und folge sogleich einem weiteren Felsband leicht absteigend. Sobald ich es überschreiten konnte, stieg ich hoch in Richtung des Übergangs zwischen östlicher Mittelgifpel und Ostgipfel (Pt. 2719, Übersichtsdarstellung). Dieser Abschnitt war etwas mühsam, da in steilem und mobilem Geröll. Nachdem man den Horizont erreicht hat, folgt man alles dem SW-Grat bis auf den Gipfel. Dabei steigt man im unteren Teil noch über ein paar Stufen, bis es weiter oben allmählich etwas flacher wird. Der Grat verschmälert sich zwar allmählich, die Sache wird aber nie wirklich ausgesetzt und war somit problemlos zu meistern. Und so ist auch der Plattenhorn-Ostgipfel bald erreicht, mit nochmals herrlicher Aussicht über das Gebiet Leukerbad, Talkessel Tschal, Torrent-, Majing- und Ferdenrothorn.


Auf gleichem Weg bis zum Couloir gehe ich nun wieder runter, wobei ich im Geröll oftmals genüsslich surfen konnte. Vom Couloir aus ging ich direkt runter und traf so wieder auf den Wanderweg. Diesem folgte ich bis etwa 2‘400 müM, von wo aus ich dann direkt runter zum Gemmiweg abkürzte. Dann wieder runter zur Spittelmatte und bei Pt. 1820 rechts hinab ins Gasterental. Dieser Weg ist zum Absteigen nach Kandersteg definitiv angenehmer und bei weitem auch schöner. Am Waldhaus vorbei geht’s dann via Talstation Sunnbüel wieder zurück zum Bahnhof.


Nun hat zumindest der Ostgipfel der Plattenhörner wieder einmal einen Hikr-Bericht bekommen. Gut möglich, dass ich diese Saison den Westgipfel noch angehen werde. Die beiden Mittelgipfel werde ich mir aber mit grosser Wahrscheinlichkeit nie zutrauen*. Ich hoffe, mit meinem Bericht auch Gluscht auf die Alte Gemmi gemacht zu haben. Ein Punkt, der sich wirklich lohnt zu besuchen.

*Zumindest einer der Mittelgipfel habe ich mir dann eine Woche später doch zutrauen können: Bericht


Tourengänger: Camox


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Kommentare (7)


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Alpenorni hat gesagt: Tolle Sache !
Gesendet am 1. September 2013 um 21:39
Danke für diesen hochinteressanten Bericht !
Es ist immer wieder erstaunlich, was für einsame Gipfelziele es in dieser Ecke noch gibt.
Ich war vor ewigen Zeiten (1980) mal mit einem Freund vom Westgipfel aus bis in die Scharte zwischen den beiden Mittelgipfeln hochgekraxelt.
Wegen dichten nassen Nebels und weil wir damals auch erst 17/18 Jahre alt waren und auf unserem ersten Auslandsurlaub mit Genehmigung der Eltern unterwegs ( "passt gut auf euch auf" und so ), sind wir da letztlich wieder umgekehrt.
Leider hatten wir da keine rechte Sicht, das Gelände wird da oben jedenfalls recht ausgesetzt und felsig.
Danke für den Hikr-Erstbeschrieb, falls ich da oben nochmal unterwegs bin, würde ich gerne mal diese Ecke nach so vielen Jahren nochmal aufsuchen, da könnte das ein schönes Ziel sein.
Und : Bravo für die Biwakaktion !
Was für echte Genießer !
Gruß aus dem Norden
Martin

Camox hat gesagt: RE:Tolle Sache !
Gesendet am 2. September 2013 um 13:47
Hoi Martin,

Danke für deinen Kommentar. Wenn dies deine einzige Jugendsünde war, dann war sie doch wenigstens abenteuerlich, lehrreich und harmlos zugleich. Und sie brachte mich dazu noch zum Schmunzeln. Aber ja, das Gelände um die Mittelgipfel scheint wirklich übel zu sein und ich hätte mich nicht gewagt dort hoch zu gehen (siehe auch dieses Foto), schon gar nicht bei üblem Wetter.
Ich hoffe für dich, dass du wieder einmal in der Gegend sein kannst!

Grüess
Markus

Alpenorni hat gesagt: RE:Tolle Sache !
Gesendet am 2. September 2013 um 15:48
Moin Markus nochmal,

also bis in die Scharte zwischen den Mittelgipfeln kommt man,vom Westgipfel 2639m immer weiter über den Grat, oben am Felskörper links querend und dann durch eine rustikale Rinne, so wie ich das in Erinnerung habe, ca. T5/II etwa.
Wir hatten damals eine Reepschnur dabei, mit der wir uns am Grat vor und nach dem etwas exponierten Westgipfel (kurzer Abstieg nach diesem Punkt, lange fatale Plattenschüsse gen Daubensee) gesichert haben.
Von der Scharte könnte dann vielleicht der östliche Mittelgipfel gar nicht mehr so wild sein, vielleicht aber doch....Kann man auch auf deinem Foto hier gut sehen.

Aus 1980 könnte auch noch eine Art Jugendsünde von uns damals zu sehen sein :
Wir wollten in diesen Nebeltagen nämlich auch zur Alten Gemmi, sind dann aber in der Suppe hängengeblieben, und beim Warten auf etwas bessere Sicht und um uns warm zu halten, vertrieben wir uns die Zeit damit, aus großen Steinplatten ein noch größeres Om-Symbol auf den Rasen zu legen. Hatte Ausmaße von bestimmt 5 x 5 Metern. Da ich nicht wüsste, wer die da weggeräumt haben sollte, könnten die da noch herumliegen - irgendwo auf ca. 2400 Metern, weglos überm Daubensee.
Hat sich bestimmt schon wer gewundert, was das da soll ;-)
Falls das jemand da tatsächlich sehen sollte, bitte fotographieren für mich ! :-)

Ja so waren`s, die 70er/80er...
Gruß
Martin

P.S. Zaza hat den Ostgipfel hier ja auch schon verewigt, sah ich grad - ich hatte nur die (1) hinter dem Mittelgipfel gesehen, aber dieser höchste Plattenhorn-Doppelspitz ist auf Hikr wohl noch Neuland.

Camox hat gesagt:
Gesendet am 3. September 2013 um 19:43
Hoi Martin,

Ich habe mich auch nochmals in der SAC-Literatur schlau gemacht, wie man den östlichen Mittelgipfel erreichen kann. Es gibt grundsätzlich zwei Wege vom Westgipfel aus. Beide führen zuerst über den Grat an die Gipfelfelsen des westlichen Mittelgipfels und dabei bereits über einige Schikanen. Dann entlang der Wand (Daubenseeseite), in die von dir beschriebene Scharte zwischen beiden Gipfeln, wie du's ja bereits schon kennst. Von dort aus kann man entweder den nächsten Zacken auf dem Grat überklettern und über den Grat den Gipfel erreichen oder den Zacken auf der Daubenseeseite umgehen und dann in einer Rinne in Richtung Gipfel aufsteigen. Beides wird mit WS angegeben. Wenn ich den Westgipfel mache, werde ich mich mal in diese Richtung vorwagen.

Vielleicht kannst du auf einem aktuellen oder älteren Luftbild dein Om-Zeichen finden :-) Mir ist einzig eine markante Biwaknische aus Steinen aufgefallen, wie man sie auf dem Foto hier sehen kann (in einer V-Form). Ich hoffe nicht, dass das Material eures Om-Zeichens dafür herhalten musste..

Ja, ich habe meinen Bericht auch zuerst für ein Erstbeschrieb gehalten. Die Mittelgipfel sind bestimmt noch unbeschrieben und der Westgipfel meine ich auch. Es ist gut möglich, dass auch ich am Mittelgipfel scheitere, wenn ich da von Platten mit Geröll drauf lese. Nicht mein Lieblings-Untergrund wie ich von Lohner und Türmlihorn weiss. Aber jetzt weiss ich wenigstens, dass ich mich mit einer Reepschnur etwas sichern kann.

Nochmals liebe Grüsse gen Norden!
Markus

Alpenorni hat gesagt: RE:
Gesendet am 3. September 2013 um 20:22
Über den Westgipfel gibt es von den maenis einen Kurzbericht. Dieser Westgipfel besteht nun auch wiederum aus zwei Spitzen, einem "Touri-Wandergipfel" und dem über eine Platte erreichbaren eigentlichen Gipfelzacken weiter bergan auf dem Grat. Die Platte gibt`s hier zu bestaunen, sollte besser trocken sein...

Bergmax hat gesagt: Plattenhörner
Gesendet am 28. August 2023 um 15:46
Danke für den informativen Bericht.
Ich war letzte Woche auch dort oben und mir hat die Tour gut gefallen.

Beste Grüße aus dem Schwarzwald

Max

Camox hat gesagt: RE:Plattenhörner
Gesendet am 5. September 2023 um 10:19
Hey Max,
Das freut mich, dass dich mein Bericht für deine Tour motivieren konnte. Und noch mehr Freude habe ich daran, dass dir die Tour und die Gegend so gut gefallen haben.
Ich hoffe, du kannst trotz weiter Anreise bald auch noch die anderen Plattenhorn-Gipfel besuchen.
Viel Spass,
Camox


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