Dom 4545 - wo waschechte Schweizer an deren Grenzen stossen


Publiziert von Mueri , 24. August 2013 um 15:30.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:17 August 2013
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS   4000er 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 3150 m
Abstieg: 3150 m
Strecke:Randa - Domhütte SAC - Festijoch - Dom
Zufahrt zum Ausgangspunkt:mit PW nach Randa, ab dort zu Fuss
Unterkunftmöglichkeiten:Domhütte SAC

Einmal als waschechter Schweizer auf dem höchsten waschechten Schweizer, als dem Berg, der mit seiner kompletten Basis innerhalb der Schweiz liegt, zu stehen ist nicht ganz ohne Reiz! So habe ich mich schon vor Monaten entschieden, die Gelegenheit beim Schopf zu packen und auf die Ausschreibung vom SAC Lindenberg zu reagieren. Nachdem im vergangenen Jahr weder die Besteigung des Piz Palü noch die des Nadelhorns mit dem SAC Lindenberg zustande kamen, sollte es beim dritten Anlauf funktionieren... Ob wir als Gruppe über den Festigrat oder den Normalweg aufsteigen werden, war mir vor Tourenbeginn noch nicht vollends klar. Ich hatte meine Präferenzen, aber auch meine Vermutungen - und schliesslich ... Ach, was will ich es nun vorwegnehmen. Den Weg hoch zum Dom muss man sich mühsam erkämpfen: 3150 Höhenmeter ohne die Möglichkeit, mit Hilfe einer Bergbahn abzukürzen. Da darf ich wohl auch dem Leser / der Leserin zumuten, sich noch etwas zu gedulden.


Tag 1

Von Randa steigen wir als 13-köpfige Gruppe hoch zur Domhütte. Bei P. 1534 wird der Dorfbach gequert. Anschliessend überwinden wir auf einem Wanderweg angenehm bei stetiger Steigung und meist im Schatten der Lärchen einige hundert Höhenmeter. Auf der Höhe von ca. 2400 Metern stösst man an den Fuss der Festiflüe. Ab dort steigen wir technisch einfach auf einem alpinen Wanderweg, der bestens mit Ketten und Steighilfen versehen ist, hoch zur Domhütte.

Nach dem Zimmerbezug und einem erfrischenden Bier geniessen wir schon bald den delikaten Znacht und versuchen danach zu schlafen. Schon bald dürfte der Wecker klingeln, für einige das viel zu frühe Ende einer kurzen Nacht, für andere die Erlösung vom endlos scheinenden Sich-Hin-und-Herwälzen.


Tag 2

Um 3.00 Uhr morgens klingelt nicht etwa der Wecker des Tourenleiters, sondern zur Überraschung aller der vom Hüttenwart vorprogrammierte Wecker in unserem Schlafsaal – Hightech am Berg! Nach einem gemütlichen Frühstück starten wir um ca. 4.00 Uhr als letzte aller Gruppen. Gleich links neben der Hütte führt ein Weg hoch auf eine Seitenmoräne des Festigletschers, so dass man parallel zum Festigletscher der Sonne entgegen (also ostwärts) voranschreitet. Auf einer Höhe von ca. 3150 m. ü. M. wechseln wir von der Moräne auf den Festigletscher und steigen auf diesem hoch bis unter das Festijoch (P. 3723). Selbst auf der breiten und unverfehlbar gut festgetretenen Spur, die ganz am Nordrand des Gletschers hochführt, sind immer wieder Spalten sichtbar, teils gewaltig tiefe selbst am Rand des Gletschers, dem entlang die Spur idealerweise hochführt. Es lohnt sich also, bei Betreten des Gletschers auf Steigeisen zu wechseln und angeseilt weiterzugehen.

Unten am Festijoch wird, nach vielen kürzeren Pausen, eine längere Pause eingelegt. Langsam aber sicher zeichnet  sich ab, dass ich heute nicht ganz so schnell unterwegs sein werde wie normalerweise. Statt zu schwitzen kämpfe ich kurzfristig eher mit der Kälte, die das wunderbare Tageserwachen begleitet.
Nach der Pause folgt der Aufstieg zum Festijoch, die wohl einzige Passage bei dieser Tour, die Kraxelei erfordert. Nach anfänglicher Unsicherheit, wo sich der Einstieg in den mit Schutt unterlegten und mit Bohrhaken versicherten Weg befindet, steigen wir mit unseren drei Seilschaften schliesslich gemächlich hoch zum Festijoch. Während einige von uns den Aufstieg geniessen, denken andere mit einem Gefühl von Beklemmung bereits schon daran, wie dieses Hindernis wohl im Abstieg bewältigt werden wird, zumal eben kein Weg an dieser rund 50 Meter hohen Steilpassage vorbeiführt; und dies unabhängig davon, ob man über den Normalweg oder den Festigrat aufsteigt.

Bei P. 3723 angekommen, werfe ich einen letzten, sehnsüchtigen Blick auf die Spuren, die Richtung ESE verlaufen. In diese Richtung würde der Aufstieg via Festigrat verlaufen. Wir nehmen als riesige Gruppe, ohne Helm im Gepäck, für einige Meter die entgegengesetzte Richtung ein und steigen problemlos und ohne grossen Höhenverlust auf den Hobärggletscher ab. Unterhalb der gewaltigen Gletscherabbrüche queren wir den Hobärggletscher und steigen eher auf der östlichen Seite des Gletschers hoch. Beim ‚en‘ von ‚Lenzjoch‘ vorbei führt der Trampelpfad des Normalwegs hoch zum Gipfel. Im Gegensatz zum Festigletscher, bei dem sichtbare kleinere und grössere Spalten ständige Begleiter waren, liess sich dieses Phänomen auf dem Hobärggletscher nicht beobachten. Man hatte vom Festijoch bis zum Gipfel immer das Gefühl, auf einer Skipiste zu gehen. Nichtsdestotrotz trifft es wohl zu, dass der Normalweg (im Vergleich mit dem Festigrat) zwar die technisch einfachere, aber aufgrund der unsichtbaren Spalten auch objektiv gefährlichere Route hoch zum Dom ist.

Mit der „Stop and go“-Technik erreichen wir schliesslich gemeinsam den Gipfel, einige todmüde und erschöpft, alle aber glücklich und zufrieden.

Nach Gipfelfotos, Gratulationen etc. folgt der Abstieg auf demselben Weg. Für die Knie wäre es wohl wesentlich entlastender gewesen, neben dem festgetretenen Pfad abzusteigen... Beim Festijoch entscheiden wir uns aufgrund der Verfassung der Gruppe (bzw. einzelner Teilnehmenden) und der Sicherheit, abzuseilen, zumal oben am Festijoch ein Stand eingerichtet ist und ein 50m-Seil präzis reicht, um sämtliche Teilnehmende von oben direkt (ohne Zwischenstand) auf den Festigletscher runterzulassen. Für den letzten Teilnehmenden ist in der Mitte ein weiterer Stand eingerichtet, wenn er darauf verzichtet, oben zwei 50er-Seile zu verknoten. Aufgrund der Stein- bzw. Felsstruktur empfiehlt es sich gar, keine Knoten im Seil zu lassen, wenn das Seil nachgezogen wird. Zu schnell könnte ein Knoten sich festklammern...

Unten in der Hütte angelangt, machen Cornel und ich uns für die verfrühte Heimreise bereit. Dass wir die Kosten für Übernachtung und Halbpension trotzdem übernehmen müssten, wussten wir bereits. Dies wurde uns bereits am Tag zuvor mitgeteilt. Und so entscheiden wir uns, den Tag in der Hütte mit den anderen Teilnehmenden noch etwas ausklingen zu lassen, bei Bier und anschliessend einem feinen Znacht. Kurz nach 20.00 Uhr brechen wir sodann zu zweit auf, erst bei Tageslicht, sodann bei Dämmerung und allmählicher Dunkelheit im Licht der Stirnlampe. In rund eineinhalb Stunden erreichen wir Randa, schwitzend, nachdem wir auf diesen letzten rund 1550 Höhenmetern etwas flotter gehen als zuvor in der Gruppe.


Tour mit dem SAC Lindenberg


Fazit zur Tour: Der Dom ist zweifelsohne ein lohnendes, körperlich forderndes, technisch wenig schwieriges Ziel für Hochtourengänger. Der Berg belohnt  mit einer überwältigenden Aussicht. Und als höchster waschechter Schweizer gehört er wohl auch in die Reihe der Prestigeberge.
Für mich war es die erste Tour überhaupt mit dem SAC und in einer so grossen Gruppe. Die Gemeinschaft unter den einzelnen Teilnehmenden war eine tolle Erfahrung. Die Grösse der Gruppe und die Tatsache, dass sie wohl nicht ganz homogen war, waren jedoch auch hinderlich, zumal ich nie dazu kam, in meinem Tempo zu gehen und einen Rhythmus zu finden.


Fazit zur Domhütte: Die neu renovierte Hütte ist zweifelsohne äusserst professionell geführt, das Essen ist ausgezeichnet, das Personal freundlich. Bei all der Professionalität macht sich meines Erachtens aber eine Entfremdung von dem bemerkbar, was die SAC-Hütten einst so sympathisch machte und vielerorts noch immer macht: die Leidenschaft für die Arbeit und der damit verbundene Idealismus. Das Hüttenpersonal hat seine Sache zweifelslos gut gemacht, doch fehlte mir der Charme, das Herzliche. Ein Gespräch wurde - bestimmt auch bedingt durch die volle Bude - am "Schalter" geführt, alles Zusätzliche grosszügig in Rechnung gestellt. Ich verstehe durchaus, dass Nächte, die im Voraus gebucht werden, in der Hochsaison auch verrechnet werden, selbst wenn man eine Nacht früher als geplant runtersteigt. Ich verstehe ebenso, dass man als Hüttenwart auf Umsatz angewiesen ist. Ich tue mich jedoch schwer damit, wenn der Umsatz eine allzu bedeutende Rolle einzunehmen scheint. So haben es zumindest ich und einige meiner Kollegen empfunden. Und wenn ich dies hier geschrieben habe, so nicht, um jemanden zu diffamieren, sondern lediglich um persönliche Eindrücke zu vermitteln (entstanden durch den Vergleich mit anderen von mir besuchten Hütten), zumal HIKR ja gerade im Vergleich zu anderen Bergportalen dafür Platz bietet und bieten will.

Übrigens... Wer mit der Domhütte in Kontakt treten will, soll dies am besten gleich telefonisch tun. Die Kontakt-Email auf der Homepage der Domhütte wird - ohne Information auf der Homepage diesbezüglich - nicht mehr beantwortet. Reservationen sind nur telefonisch möglich.

Tourengänger: Mueri


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Kommentare (4)


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Henrik hat gesagt: Die Kommerzialisierung
Gesendet am 24. August 2013 um 23:59
und Oekonomisierung macht ja vor nichts mehr halt, sonst hätten wir nicht die lauten Zirkusse allerorten. Sei es in der Heimat CH oder am entfernten Hillary-Step .....Zuwendung im Spital gibt es nur noch über einen Code bzw. abrechenbare Leistungserfassung - Oekonomie pur!

Mueri hat gesagt: RE:Die Kommerzialisierung
Gesendet am 25. August 2013 um 20:47
Ich habe mich schon des Öfteren gewundert, mit welcher Berechtigung gewisse Institutionen sich als 'soziale Institutionen' bezeichnen dürfen. Da mag die geschichtliche Entwicklung derer in unser christlich-abendländischen Kultur ausschlaggebend sein und ebenso deren Ziel und Zweck, wohl kaum aber deren Antrieb und Struktur. Schade, aber wahr, dass der Dienst am Mitmenschen vielerorts Filter durchläuft, die der eigentlichen Sache fast diametral gegenüberstehen.

Felix hat gesagt:
Gesendet am 26. März 2014 um 08:53
gefällt mir sehr gut, dein Bericht: vom Text wie den Fotos her!

lg Felix

Nicole hat gesagt: Super Bericht für die Vorbereitung
Gesendet am 27. Juli 2014 um 09:22
Hallo Mueri

Bin gerade in Vorbereitung für den Dom und dein Bericht mit Bildern ist sehr hilfreich - danke dafür!

än Bärggruess
Nicole


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