Illimani


Publiziert von frmat , 20. August 2013 um 12:40.

Region: Welt » Bolivien » Cordillera Real
Tour Datum: 5 August 2013
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Wegpunkte:
Geo-Tags: BOL 
Zeitbedarf: 4 Tage
Aufstieg: 2650 m
Abstieg: 2650 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Privattransport nach Pinaya
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Zeltcamp in Puente Roto und Nido de Condores, Einfache Hütte in Pinaya

Der Illimani ist eine Gemeinheit. Egal auf welcher der Dachterrassen in La Paz man auch sitzt, man hat ihn ständig vor Augen. Und was für ein Berg! Ein ganzes Massiv, ähnlich imposant wie der Kilimanjaro, trohnt er mit mehreren Gipfeln hoch über dem Altiplano. Wenn man dort ist, dann will man, ja MUSS man da rauf!
Ursprünglich planten wir am Tag nach dem *P. Alpamayo zum Illimani aufzubrechen. Nach dem anstrengenden und langen Gipfeltag brauchte ich jedoch erst noch eine Pause und wir verschoben die ganze Aktion um einen Tag. Mit im Boot waren auch Matthew und Cary aus England. Matthew hatte bereits zweimal den Huayna Potosi und auch den Sajama bestiegen. Wir sollten also eine schlagkräftige Truppe am höchsten Berg der Königskordilliere sein. Der Trip kostete pro Person übrigens 380$. Dafür bekommt man Führer, Transport, Verpflegung, Zelte, Gepäcktransport ins Hochlager und einen Koch. Vergleicht man die Preise mit dem Kilimanjaro (2008, 6 Tage, 1000$) freuts einen sehr :)

Samstag, 3.8.13
Gegen 8h fuhren wir los. Der Weg nach Pinaya, einem 3800m hoch gelegenen Bergdorf und Ausgangspunkt für die Besteigung ist nicht weit, aber lang. Der "unvermeidbare Geländewagen", wie er in zahlreichen Andenführern beschrieben wurde, entpuppte sich wieder einmal als Toyota-Minibus. Unfassbar was die aus so einer Schleuder rausholen... Teilweise mussten wir sogar andere Straßen fahren, weil die Originalrouten zu steil waren...
Über die Zona Sur, dem Stadtviertel der Reichen, fuhren wir zur südlichen Stadtgrenze. Während der Fahrer tankte mussten wir aussteigen und das Gelände verlassen. Zu groß sei die Gefahr, dass etwas passiere... An der Stadtgrenze dann wieder ein Wegzoll. Auch unser nicht funktionierender Feuerlöscher im Wagen wurde kontrolliert und eingezogen. Kostete natürlich nochmal. Irgendwann waren wir raus aus dem Getümmel und eine herrliche Landschaft breitete sich vor uns aus, das Ziel immer vor Augen. Bergauf bergab erreichten wir den Palca-Canyon, ein weiteres Natur-Highlight, von denen Bolivien so viele zu bieten hat!
Nach insgesamt 4h Fahrtzeit fuhren wir auf die Plaza von Pinaya. Dort angekommen gab es Mittagessen und eine Wartepause wegen der Esel. Neugierig scharrten sich immer mehr Kinder aus dem Dorf um uns. Einer hatte einen Fußball. Er landete vor meinen Füßen. Leider trug ich Plastikbergschuhe, ließ mich aber natürlich nicht zweimal bitten und marschierte zum Elfmeterpunkt. Unter großem Gelächter versägte ich den Schuss in der Pampa. Ich schob es auf die Bergschuhe. Aber damit war das Eis gebrochen. Und so begann für uns alle unser wohl höchst gelegenes Fußballspiel: Europa +2 Bolivianer gegen Gesamt-Pinaya. Glorreich verloren wir 5:2 und waren nach dem Kick völlig außer Atem. Die Jungs konnten darüber nur müde lachen.
Als endlich die Esel kamen starteten wir unseren Aufstieg ins Illimani-Basecamp "Puente Roto" (T3). Das wohl schönste Basislager Boliviens liegt auf einer herrlichen Wiese direkt am Fuß des großen Berges, 4500m hoch. Dauer des Aufstiegs: 1:40 in sehr gemütlichem Tempo. Der Rest des Tages diente dem relaxen, Essen, Zelte aufbauen. Ein toller Tag!

Sonntag, 4.8.13
Der zweite Tag ist ein erster Knackpunkt am Berg. 1000Hm sind zu bewältigen. Von Puente Roto zunächst kurz nach Osten dann südlich über mehrere Moränenhänge und einen Schutthang in einen kleinen Sattel, 4900m, 2h. Nach der Mittagspause weitere 2h entlang eines breiten Felsgrates hinauf ins Hochlager "Nido de Condores". Tatsächlich sahen wir am Vortag zwei Andencondore hoch in der Luft. Mehr als zwei schwarze Pünktchen sind auf dem Foto leider nicht zu erkennen :( Der insgesamt gut 4stündige Aufstieg ins Hochlager ist abwechslungsreich und schön zu gehen (T4). Immer wieder muss man sich zwingen nicht zu schnell aufzusteigen. Eine andere Gruppe sah das scheinbar anders. Außer uns vier Gästen waren noch zwei Amerikaner am Berg. Interessante Leute. Ihr Gepäck ließen sie abends per Motorrad ins BC liefern. Ein pompöser Auftritt. So gestaltete sich auch ihr Abend im BC. Hier, am folgenden Tag, setzte sich das ganze fort. Strammen Schrittes zogen sie im HC ein. Meine schönen Bergschuhe (La Sportiva Spantik, ein wirklich guter Schuh) wurden gleich kritisch beäugt. "Zu leicht, zu kalt" stellten sie bedauerlich fest, seien diese Schuhe für ihre nächstjährige Everest-Besteigung. Den Illimani wollten sie schnell als kleinen Test angehen... Ich musste innerlich schmunzeln als sie uns am nächsten Morgen auf 5800m schon wieder entgegenkamen. Die Ausreden hätte ich mir gerne angehört...
Im Highcamp gibt es Platz für 6-8 Zelte. Danach muss ins Eis ausgewichen werden. Der Platz liegt wirklich schön, eben wie ein Kondornest, in einer kleinen Schwachstelle des Grates. Von hier trennen einen noch etwa 950m vom Gipfel. Mittlerweile sehr gut an die Höhe angepasst hatte ich eine sehr gute Nacht auf dieser Höhe und keine Kopfschmerzen.

Montag, 5.8.13
Der Wecker sollte um 1h klingeln. 0:55h wachte ich auf. Wie herrlich warm doch so ein Schlafsack sein kann. Draußen war es bitterkalt.
Meine Bekleidung für diesen Tag:
Unten: Thermounterhose, Fleecehose, Berghose, Goretex-Überhose
Oben: Thermounterhemd, Trikot, 2x Softshell, Daunenjacke, Goretext-Jacke
Es war nicht zu warm! Und es dauerte bis ich mich so verpackt hatte. Noch schnell 3-4 Tassen heißen Tee getrunken, eine Trinkflasche und die Kamera in der Daunenjacke verstaut, Gurt an, Steigeisen an und los. 2:30 Abmarsch. Die Amerikaner sind 20min vor uns gegangen. 50m über uns schwirren ihre Stirnlampen durch die Dunkelheit. Der Illimani fordert ab dem Highcamp fast dauerhaft volle Konzentration (ZS). Gleich zu Beginn steigt man eine steile Eisflanke hinauf, die schon einigen Bergsteigern (v.a. im Abstieg) das Leben kostete. 5700m: Spuren durch frischen Triebschnee. "Wenn das bis oben hin so weitergeht komme ich nie da rauf" dachte ich mir. Matthew klagt über Bauchkrämpfe. Er hatte sich kurz vorher Parasiten eingefangen. Dennoch will er weitergehen. Er ist verdammt konditionsstark. Außer "break" und "go" reden wir wenig. Ich versuche mir über den MP3-Player im flacheren Gelände Motivation zu holen, doch die Batterien versagen nach kurzer Zeit. Die Amis sind weg, wahrscheinlich zu schnell gegangen am Vortag. Ob wir mehr Glück haben? 6000m. Das Gelände wird wieder steiler. "4 hours to the top". Das Wasser im Trinkbeutel ist gefroren. Zum Glück habe ich die Flasche in der Daunenjacke. In 6100m setzt die Schlüsselstelle an: Eine ca. 200m sehr steile Eisflanke. Im Zickzackkurs auf Trittspuren ist die Stelle gut zu meistern. Es ist schon hell und der Blick zum Nordgipfel ist ernüchternd. Immer noch liegt er über uns. Nach über 5 Stunden erreichen wir zuletzt durch eine Spaltenzone den Sattel. "Jetzt nur noch den Gipfelgrat rauf". Mittlerweile ziehen dichte Wolken um den Berg. Der Sturm lässt die Temperaturen nochmal sinken. Der Grat ist breit, eher ein Rücken. Ich schaffe noch 20Hm am Stück. Dann brauche ich eine kurze Rast. Nicht wegen der Luft, aber die Beine waren so schwer. Irgendwann meint Andres "ten minutes, come on". Nach wenigen Schritten sehe ich die anderen stehen und höre sie schreien. Und dann standen auch wir oben. Naja, fast. Aus diversen Berichten wusste ich, dass der Grat am Gipfel flach wird und dass es noch ca. 50m horizontal zum wirklich höchsten Punkt sind. Ich sagte es den anderen, doch sie wollten auf dem Vorgipfel bleiben. Diese letzten Meter ließen wir uns natürlich nicht nehmen, traversierten südwärts und standen nach 6 1/2h auf dem Gipfel des Illimani, 6439m hoch! Unglaublich, 6 1/2h für lächerliche 950m. In den Alpen macht man das in etwas mehr als 2h. Und doch hätte ich hier beim besten Willen nicht einen Schritt schneller gekonnt. Aber ich musste ja auch nicht. Die großen Berge besteigt man am besten langsam, dafür aber bis oben hin :) Unsere gesamte Gruppe stand auf dem Illimani und wir waren verdammt glücklich und stolz es bís hierher geschafft zu haben! Mehr als ein paar Fotos waren bei der Kälte leider nicht drin, Baptiste filmte mit der GoPro wie ich jubelnd und schreiend oben stand :)
Nach wenigen Minuten traten wir bereits den Rückweg an. Da sahen wir erstmal, was wir in der Nacht alles zurückgelegt hatten. Einen Hang nach dem anderen nahmen wir im Abstieg und nach 2 1/2h lagen wir zerstört vor den Zelten im Nido de Condores. Die Engländer kamen eine halbe Stunde später an. Unsere Guides eröffneten uns nun den Plan: Gesamtabstieg bis Pinaya. Einerseits verlockend, denn dort gibt es eine neue Hütte, in der man bequem übernachten kann. Und Bier könne man kaufen... Andererseits bedeutete dies weitere 4h Quälerei durch die nachmittägliche Sonne. Wir hatten ja durchaus schon Sport gemacht an diesem Tag. Wir beratschlagten. Am Ende siegte das Bier. Knapp 3h bis Puente Roto und eine weitere bis Pinaya. Dann lagen wir völlig fertig auf der Plaza und blickten zurück zu "unserem" Berg, der wieder wolkenfrei 2600m über uns grinste. Matthew zitierte Hillary: "We knocked the bastard off"! Ich würde sagen, wir hatten Glück und eine gute Taktik. Wie dem auch sei, das Bier schmeckte hervorragend. Fußball gabs heute aber nicht mehr.

Dienstag, 6.8.13
Was waren wir froh bereits hier in Pinaya zu sein. Schließlich ging der Rest des "Abstiegs" per Minibus. Da in Bolivien Nationalfeiertag war dauerte die Rückfahrt einiges länger als normal. Aber am Nachmittag waren wir zurück in La Paz und ließen es bei einem Top-Essen in einem sehr guten Restaurant für umgerechnet 7€ so richtig krachen :)

Mein bislang wohl anstrengendstes Bergerlebnis, definitiv nicht zu vergleichen mit dem Kili. Technisch nicht zu schwierig, aber auch nicht ungefährlich. Durch die Höhe sehr hart. Landschaftlich ein Traum. Für mich persönlich einer der schönsten Berge der Anden!

Tourengänger: frmat


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Kommentare (3)


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TeamMoomin hat gesagt: Gratulation zu diesem
Gesendet am 25. August 2013 um 11:40
Super Bergd er Anden, muss echt ein Traum sein dort oben stehen zu dürfen! Toll geschrieben, merci!

Lg Oli und Moomin

frmat hat gesagt: RE:Gratulation zu diesem
Gesendet am 25. August 2013 um 16:49
Danke Oli, danke Moomin. Euch euch beiden ganz herzliche Gratulation zum letztjährigen "6er". Ein irres Gefühl dort zu stehen, wo man das doch sonst nur aus Büchern kennt :)
Der Chimborazo ist übrigens mein nächstes größeres Ziel. Wenn ich darf komme ich gerne bezüglich Infos auf dich zu:
Viele Grüße aus Freiburg i.Br.

TeamMoomin hat gesagt: RE:Gratulation zu diesem
Gesendet am 26. August 2013 um 12:35
Gerne jederzeit.

Lg Oli und Moomin


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