Ein harter Nachmittag in der heißen Kalkwüste am Hohen Göll(2522m)


Publiziert von trainman , 31. Juli 2013 um 01:38.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Berchtesgadener Alpen
Tour Datum:28 Juli 2013
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 10:30
Aufstieg: 2100 m
Abstieg: 2100 m
Strecke:Berchtesgaden-Hinterbrand-Alpeltal-Hoher Göll-Berchtesgaden(25km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Zug oder Linienbus nach Berchtesgaden
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Zug oder Linienbus nach Berchtesgaden
Unterkunftmöglichkeiten:Hotels in Berchtesgaden, z.B.Hotel Grünberger,direkt gegenüber dem Bahnhof, empfehlenswert
Kartennummer:Kompass,Berchtesgadener Alpen

Es sah alles ganz einfach aus. 6km Luftlinie vom Bahnhof Berchtesgaden bis zum Gipfel des Hohen Göll, dazu ca. 2000Hm, das müsste in 3.5-4h zu machen sein. Also genau richtig für eine Train and Hike-Tagestour von München aus. Aber ich hatte die Rechnung "ohne den Wirt gemacht", in diesem Fall ohne den GÖLL. Der scheint nämlich von Schnellbesteigungen wenig zu halten und wehrt sich vehement mit äußerst mühsamen und zeitraubenden Aufstiegsgelände. Wie man das in der beliebten T-Skala einstufen soll ist nicht ganz klar. Der T6-Geher 83_Stefan gibt hier nur T3+ ,dagegen plädiert motomounty gar für T5.(beide beziehen sich auf meinen Anstieg durch das Alpeltal) Ich selbst habe mich für T4+ entschieden, da mangels gefährlicher ausgesetzter Stellen T5 zu scharf ist, andererseits aber das besonders scharfkantige Gestein bei einem kleinen Ausrutscher ernsthafte Verletzungen zur Folge hätte und das auf einem langen Abschnitt. Über mehrere Stunden ist konzentriertes Gehen angesagt, dazu kommt noch die Weglosigkeit. Die massenhaft gesetzten roten Punkte auf weissem Grund geben nur grob die Richtung vor, dazwischen gibt es genügend Möglichkeiten für kleine Verhauer ;die haben zwar keine schlimmen Konsequenzen, kosten aber Zeit und Kraft, wenn immer wieder einige Meter auf-und abgestiegen werden müssen. Dieses ruppige rustikale Gebiet hat ein wenig Ähnlichkeit mit dem wild zerrissenen Gletscher des Mere de Glace am Mont Blanc, statt Eis gibt es am Göll eben Kalkgestein. Viele Passagen sind auf Reibung zu gehen, bei der momentan sehr trockenen Wetterlage kein Problem, aber bei Nässe oder Eisauflage würde ich hier sofort aufgeben.
Start am Bahnhof Berchtesgaden Richtung Königssee ,nach ca. 500m nach links hoch Richtung Vorderbrand auf der "Vorderbrandstrasse".Nach mehr als einer Viertelstunde erscheint ein Schild"Hinterbrand 2 1/4  Stunden. Etwas überrascht habe ich das Tempo erhöht und war in 55min. am Parkplatz Hinterbrand. Etwas abwärts bis nach einer Kurve der Weg ins Alpeltal abzweigt, zum Göll 4 1/2 Stunden steht auf dem Wegweiser.Mit dem sicheren Gefühl, nach spätestens 2 1/2h  oben zu sein stiefelte ich los. Schon bald wurde der anfangs freundliche Waldweg mühsamer, feines Geröll forderte den sicheren Tritt und die Spur wurde immer undeutlicher.Auf 1900m dann eine Überraschung, es ging fast 50m in teils leichter Kletterei abwärts. Danach begann der Kampf mit dem Karst. Endloses Auf und Ab ohne nennenswerten Gewinn an Höhen-bzw.Längenmetern nagte an der Moral, der Mangel an Flüssigkeit veranlasste mich, meine geringen Fruchtsaftvorräte mit Schnee zu verdünnen(schmeckt erstaunlich gut).2l  reichen für einen solchen Hitzemarsch eben nicht aus, auch nicht für jemand wie mich, der mit hohen Temperaturen kein Problem hat. So wurden es statt der geplanten 2 1/2 h  fast 4h  bis zum Gipfel. Oben hatte ich kurz einen Abstieg zum Purtschellerhaus in Erwägung gezogen, nachdem ich mich aber an Berichte über den Klettersteig erinnerte, wo von starker Ausgesetztheit und Notwendigkeit eines Klettersteigsets die Rede war entschloss ich mich auf dem Aufstiegsweg zurückzugehen. Das Erreichen des letzten Zugs nach München war damit nicht mehr möglich, das Alpeltal kann man auch im Abstieg nicht im Eiltempo machen. So stieg ich gemächlich ab und genoss die fantastische Nachmittagsstimmung in der Kalkwüste; wie man auf den Bildern sieht ein ganz besonderes Erlebnis .Die Hitze in den Latschenfeldern war allerdings enorm, auch noch gegen Abend. In ziemlich dehydriertem Zustand erreichte ich Vorderbrand, wo ich grössere Mengen an Flüssigkeit konsumierte. Danach war ich wieder fit und fand anschliessend unten in Berchtesgaden im Hotel Grünberger (gegenüber dem Bahnhof)eine angenehme Unterkunft.
Fazit: Für das Alpeltal braucht man viel Zeit, hier macht ein früher Aufbruch tatsächlich Sinn, obwohl ich persönlich das nicht so gern mag. An einem richtig heißen Tag ist die Unternehmung für nordische Wintermenschen tabu, da droht (ohne Übertreibung) der Zusammenbruch. Aber Wintermenschen machen das Alpeltal ohnehin lieber im Winter als Skitour(schöner Bericht von ADI)


Tourengänger: trainman


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Geodaten
 17070.kml

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Kommentare (2)


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83_Stefan hat gesagt:
Gesendet am 31. Juli 2013 um 11:04
Hallo trainman, eine richtig schöne Tour hast du da gemacht - gratuliere! Ich hoffe, es schockiert dich nicht, dass ich deinen Anstieg sogar nur mit "T3, I" bewertet habe. "T3+, I" bezieht sich nur auf die Überschreiung der Archenköpfe. Technische Schwierigkeiten sind ja - mit Ausnahme der kurzen, versicherten Querung - keine vorhanden...

PS: 83_Stefan, nicht Stephan83 ;-) !

Sommerliche Grüße!
Stefan

heinrich hat gesagt: Hoher Göll
Gesendet am 26. November 2014 um 13:16
Der " Zapfen " heißt Pflughörndl ( 2047 m ). Normalweg IV. Ich habe selten soviel Luft unter dem A.. gehabt .Näheres siehe AV-Führer Berchtesgadener Alpen, Ausgabe 1997.
Mit Berggruß

Heinrich


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