Brisi, Schibenstoll und der vertagte Hutruhestand


Publiziert von countryboy , 25. Juli 2013 um 11:02.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:21 Juli 2013
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Churfirsten   CH-SG 
Zeitbedarf: 8:30
Aufstieg: 1550 m
Abstieg: 1550 m
Strecke:ca. 14.5km: Sellamatt - Thurtaler Stofel - Brisizimmer - Brisi - Brisizimmer - Rüggli - Schibenstoll - Rüggli - Hinderlücheren - Zinggen - Sellamatt
Zufahrt zum Ausgangspunkt:mit dem Auto nach Alt St. Johann (Parkplatz bei Sessellift Talstation, gebührenfrei)
Kartennummer:Obertoggenburg/Alpstein 1:25'000

Hi!

Mein Liebling der Churfirsten – wohlverstanden, ich war noch nicht auf allen Gipfeln – ist der Zuestoll. Heute war es an der Zeit, ihn auf Gipfelhöhe von seinen Nachbarn aus zu betrachten. Laut einheimischen Wanderern, die mir heute begegnet sind, ist der Zuestoll seit einer Woche frisch wbw (zuvor wrw) markiert, nachdem es jüngst immer wieder zu Problemen mit Wanderern kam, die die Schwierigkeiten zwischen Rüggli und Zuestoll Gipfel (und wieder runter) unterschätzt hatten. Aber wenden wir uns im Folgenden den heutigen Protagonisten zu: Brisi und Schibenstoll.

Facts zur Wanderung:
- Sellamatt bis Thurtaler Stofel T1
- Brisi Auf-/Abstieg, dann weiter bis Rüggli, alles (anstrengendes) T2
- Schibenstoll Auf-/Abstieg ab Rüggli T3 (durchgehend gut markiert, unterer Teil nach Rüggli zeitintensives Felsengelände, Mitteldrittel unterhalb dem Felsband entlang auf schmalem, steilem, teils rutschigen Weglein, oberes Drittel und Gipfelbereich weniger steil, grosszügig, problemlos)
- Rüggli bis Hinderlücheren T2, anschliessend T1 bis Sellamatt

Wetter: relativ heiss, Gelände grösstenteils trocken, kurz unter Brisigipfel ein Minischneefeld (problemlos), vormittags sonnig, ab Mittag abwechselnd sonnig/wolkig
Zeit: insgesamt 8 1/2 Stunden, davon ca. 7 1/2 reine Wanderzeit; ca. 1 Stunde für Foto-, Gipfel- und Genusspausen (wovon Brisi 30min, Schibenstoll 10min)
"spez." Ausrüstung: Wanderstöcke (v.a. Abstieg), Spikes (nicht eingesetzt)
Flüssigkeitskonsum: 3 Liter

Wanderbericht:
Lang, lang hab ich studiert, wo die heutige Wanderung hinführen sollte. Schliesslich hab ich mich dann doch für die Churfirsten entschieden. Mit Brisi und Schibenstoll würde ich zwei neue Gipfel kennenlernen und meinen Liebling, Zuestoll, von beiden Seiten aus der Ferne betrachten können.

Meine Frau - möge sie in der Ferne ihre Ferien geniessen - hat mir eine herzensschwere Hausaufgabe aufgetragen. Mein geliebter Hut ist arg in die Jahre gekommen. Im salzigen Schweisse meines Angesichts hat er Wanderung für Wanderung immer wieder Qualen erlitten. Vom ursprünglichen Braun kann keine Rede mehr sein. Den Zustand verwittert zu nennen wäre immer noch schmeichelhaft. Mit 20 Jahren zählt er wohl genügend Lenze, um ihn in Ehren in den Ruhestand zu schicken: irgendwo auf einem Berggipfel, das bin ich ihm schuldig. Vielleicht ein Churfirstengipfel? Heute wäre Gelegenheit dazu. Ich hatte sogar ein Baseballcap im Rucksack, sodass ich mir "nach der Beerdigung" nicht die Mönchslichtung verbrenne. 

Um es kurz zu machen: ich hab's nicht über's Herz gebracht, weder auf dem Brisi noch auf dem Schibenstoll. Schliesslich war die perfekte Ausrede gefunden. Mein Hut soll irgendwo im Kanton Graubünden seine letzte Ruhe finden, zu Ehren meines Grossvaters, mit dem ich den Hut damals gekauft habe. Mal sehen, welcher Gipfel sich als würdig erweisen wird...

Brisi: Von Sellamatt bis Thurtalerstofel einfacher, leicht steigender Weg mit wunderbarem Blick auf die Churfirstenkette. Ab Brisizimmer wird es zunehmend steiler und spätestens den Bergrücken des Brisi emporsteigend, werden die Schritte etwas kürzer und langsamer. Wenn dann noch die Sonne erbarmungslos herunterbrennt, fängt der innere Schweinehund laut an zu bellen: glaub ja nicht, dass ich mich den Brisi hochquäle, wieder absteige und dann noch den Schibenstoll nachlege. Als im letzten Viertel des Aufstiegs dann die ersten Wolkenschwaden die Sonne abschwächten, verzog sich Herr Schweinehund in seine Hütte.

Die erhoffte Aussicht auf dem Brisi war eine diffuse Sache. Gegen Norden grau in grau, gegen Süden einigermassen freie Sicht mit Wolken und Dunst. Eine Gipfelpause von ca. 30 min gönnte ich mir trotzdem. Der Brisi - breit wie er oben ist - bietet viele kleine Gipfel, wo man für sich sein kann, auch wenn sich mehr Wanderer gleichzeitig oben befinden.

Der Abstieg ging recht flüssig, bei Brisizimmer rechts weg in Richtung Langlitten, was schliesslich zur Abzweigung in Richtung Rüggli führt. Dort habe ich kurz inne gehalten: Schibenstoll - ja oder nein. Wie es schien, machte der Schweinehund gerade ein Nickerchen und kurz darauf sah ich meine Beine in Richtung Rüggli aufsteigen. Zeitlich hatte ich nicht mehr unbedingt ein komfortables Polster, aber einen Versuch war es wert. Ab Rüggli müsste ich in 1 1/2 h, also um 15:00 auf dem Schibenstoll Gipfel stehen,  sonst würde ich umkehren, denn die Sesselbahn würde den Betrieb um 17:00 einstellen (den Gesamtabstieg nach Alt St. Johann würde ich meinen Knien heute nicht antun wollen). Hätte ich während der Hälfte des Aufstiegs nicht vom Wolkensonnenschutz profitieren können, hätte es wohl nicht geklappt.

Um punkt 15:00 stand ich auf dem Schibenstoll Gipfel, gönnte mir dann dort aber doch 10 min Pause. Auch hier war die Sicht meist von Wolken versperrt. Wenigstens einmal in jede Richtung rissen die grauen Fetzen auf; danke Petrus. Abstieg: Wortwechsel mit Wanderern, die mir noch entgegenkamen und ein paar Fotostopps warfen mich zeitlich etwas zurück, sodass ich schliesslich zwischen Hinderlücheren und Sellamatt rennend meine Beine nochmals richtig abplagen musste. Beim gelegentlichen Blick auf mein Handy wurde mir je länger je mehr bewusst, dass es zu knapp werden würde. Schliesslich traf ich um 17:05 bei der Sesselbahn ein.

Danke an die Betreiber der Bahn, die mich noch einsteigen liessen. Kaum bei der Talstation angekommen, wurde die Bahn abgestellt. Auch ohne den Abstieg von der Sellamatt, der mir zum Glück erspart geblieben war, würde mich u.a. dank der Joggingeinlage die nächsten Tage ein herzhafter Muskelkater plagen.

Genug geschrieben.
Gruss,
countryboy

P.S. Die Wanderschuhe, die ich heute trug, hatte ich zuvor auf drei Wanderungen eingetragen. Auf dieser Wanderung, kann ich endlich sagen, sind wir eins geworden. :-)

Tourengänger: countryboy


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Kommentare (1)


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maxl hat gesagt:
Gesendet am 26. Juli 2013 um 01:46
also, meine letzte Mütze hat im Karwendel ihre letzte Ruhe gefunden. Allerdings unfreiwillig. Trotzdem net schad drum..... hab immer nur billigste Kopfbedeckungen, sonst ärgert man sich immer so, wenn man sie im Latschendickicht oä verliert...


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