Hangendgletscherhorn (3292m) über den Chammligrat


Publiziert von Scout , 25. Juli 2013 um 21:04.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Oberhasli
Tour Datum:21 Juli 2013
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 1 Tage
Aufstieg: 1100 m
Abstieg: 2500 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit PW oder Alpentaxi zum Parkplatz am Ende des Urbachtals (P.880)
Unterkunftmöglichkeiten:Gaulihütte SAC
Kartennummer:1230 Guttannen

Das Hangendgletscherhorn scheint hier auf hikr ein Mauerblümchen-Dasein zu fristen.
Gerade mal ein Skitouren- und zwei Hochtouren-Einträge (Beide über die Normalroute) gabt es bisher.
Das kann weder an der Schönheit der Gegend, noch an der Aussicht vom Gipfel noch an den Aufstiegsmöglichkeiten dahin liegen. Und schon gar nicht kann’s an der Bewirtung auf der Gaulihütte liegen. Vielleicht ist manchen der Hüttenweg zu lang, um dann auf einen mehr oder weniger unbekannten 3000er zu steigen? Uns war das alles egal: Wir waren beide noch nie im Gauli-Gebiet, obwohl wir wussten, dass das ein wunderbares Plätzchen sein soll.
Dank stabil gutem Wetter haben wir die Hütte schon Anfang Woche reserviert,
ohne vorher noch mal die Homepage der Hütte an zu schauen. Das bescherte uns dann doch noch eine unerwartete Überraschung….
 
Gestartet sind wir aufgrund der angekündigten Gewitter-Tendenz bereits um 8.45h vom Parkplatz zu hinterst im Urbachtal (P.880). Für den Aufstieg zur Gaulihütte veranschlagt der Wegweiser dort 5h. Wir waren trotz betont „Bein schonendem“ Tempo nach 4h auf der Hütte. Dazu beigetragen hat bestimmt auch, dass wir beim P.1850 den rechts hoch führenden (nicht mehr offiziellen?) Weg gewählt hatten. Dieser erspart einem nicht nur etwas Strecke, sondern auch ordentlich „Gegenanstiegs-Höhenmeter“.
 
Den Nachmittag verbrachten wir mit Essen, Trinken und Faulenzen. Da sich zwar zunehmend Wolken zusammen zogen, von einem baldigen Gewitter aber nicht die Rede sein konnte, investierte ich auch noch gut eine Stunde in die „Erforschung“ des Zustiegs Richtung Chammligrat. Das war am nächsten Morgen durchaus angenehm.
 
Die eingangs erwähnte Überraschung bestand in der „Dakota-Mania“:
„www.hasliguides.ch“  war mit einer Gruppe „Auf den Spuren der Dakota“ unterwegs,
nach dem Nachtessen gab’s einen „Dakota Abend“ (Vortrag von Roger Cornjoglet) und
das SRF hat für die „Hüttengeschichten“-Serie gefilmt…
Dass sich die Hüttenwartin trotz dieses Rummels richtig Zeit für eine freundliche  Begrüssung und Information ihrer Gäste nahm, ist auf jeden Fall ein grosses Lob wert!
 
Frühstück gab’s für die, die an den Chammligrat wollten bereits um 3.30h.
Ausser uns war das nur noch eine 4-köpfige Gruppe (Bergführer mit drei Gästen).
Da auch das Filmteam schon aktiv war und wir unsere halbwachen Gesichter nicht unnötig der laufenden Kamera aussetzen wollten, machten wir uns bereits kurz nach 4.00h auf den Weg.
 
Aus der nachmittäglichen Bewölkung war während der Nacht doch noch ein kräftiger Schauer geworden und die Wolken hatten sich bis zu unserem Aufbruch noch nicht verzogen. Daher war die Temperatur am frühen Morgen erstaunlich hoch. Eine dünne, langärmlige Schicht Kleidung war mehr als ausreichend. Ab ca. 2400m lag noch praktisch flächendeckend Schnee. Dass dieser alles andere als gefroren war, war nicht erstaunlich.
Den Grat erreichten wir nach 1.5h an der logischen Stelle zwischen P.2821 und P.2981. Mit den Infos der Hüttenwartin und den am vorherigen Nachmittag erworbenen Ortskenntnissen war der Zustieg auch im Dunkeln problemlos zu finden.
Die Stirnlampenlichter der anderen Gruppe sahen wir rechts unten im Tal des Chammlibachs, offenbar hatten sie ihre Pläne betreffend Routenwahl geändert. So waren wir an diesem herrlichen Sommerferien-Sonntag alleine auf dem Chammligrat unterwegs!
 
Bis zum P.2981 bleibt es einfach: Geröll, Blöcke und Gras führen einem in fast beliebiger Routenwahl auf diesen ersten Zacken. Hier ändert sich der Charakter der Tour dann schlagartig: es wird schmal, ausgesetzt und die Hände haben endlich auch etwas zu tun.
Etwas unangenehm war, dass der Fels nach dem nächtlichen Regen noch feucht und die Flechten entsprechend rutschig waren. Wohl deshalb bin ich ziemlich am Anfang einmal etwas zu weit nach rechts in die Flanke ausgewichen. Das bescherte uns eine heikle IIIer Stelle zum Abklettern, oben am Grat wäre der Fels bestimmt fester, ausgesetzter aber vermutlich eher einfacher gewesen…
Danach hielt ich mich schön an die Kante, bis auf ein paar kurze, logische Abweichungen.
Je länger wir unterwegs waren, desto mehr Spass machte uns die Turnerei über den Grat und immer wieder mal hinunter in eine Scharte. Es ist auffällig hier, dass die anspruchsvolleren Stellen meistens abwärts, gelegentlich horizontal verlaufen. Gegen Ende des Grates nehmen die Schwierigkeiten dann schnell wieder ab. Man sollte sich aber nicht zu früh freuen: es wartet noch die eine oder andere Überraschung…
 
Kurz nachdem wir den Vereinigungspunkt von Chammligrat- und Normalroute erreichten, kamen uns jene beiden Seilschaften entgegen, die ca. 1h nach uns auf die Normalroute aufbrachen. Und unmittelbar vor dem Gipfel holten wir die Führerseilschaft ein: sie hatten sich für eine alternative Route entlang des Chammlibachs und zuletzt über den obersten, einfacheren Teil des Chammligrates entschieden.
Zusammengezählt heisst das, dass von den ca. 70 Übernachtungsgästen (Hütte voll) gerade einmal 10 eine Bergtour unternahmen.
 
Die Gipfelrast hielten wir trotz des herrlichen Wetters kurz: da der Schnee schon um 5.00h weich war, wollten wir nicht wissen, wie tief der Sumpf am Nachmittag werden würde…
So machten wir uns um ca. 9.30h bereits wieder auf den Weg Richtung Hütte. Der Abstieg über die Normalroute war dann schneller und einfacher zu bewältigen, als angenommen: weicher, aber noch einigermassen tragender Schnee und die steilste Stelle wohl eher 35° als wie angegeben 40° steil.
 
Fazit:
Die ganze Kletterei am Chammligrat ist technisch eigentlich einfach. Die „offizielle“ Bewertung mit WS+/II passt aus meiner Sicht also durchaus. Man sollte die Sache aber trotzdem nicht unterschätzen:
Im SAC-Alpinführer „Walliser Alpen 4/5“ wird z.B. der Weissmies SSE-Grat mit WS+/2a bewertet.
In meinen Augen liegt da aber beinahe ein ganzer Grad dazwischen: Chammligrat WS++/II (od. T6/T6+, exponiertes Klettern), Weissmies: WS-/II (od. T5, genüssliches Kraxeln).
Schön und lohnend sind aber sicher beide.., und Bewerten wird ja eh überbewertet…
 
Zu erwähnen bleibt vielleicht noch, dass sich der Abstieg von der Hütte ins Urbachtal nochmal ganz ordentlich in die Länge zieht. Inkl. Gegenanstiegen sind vom Gipfel bis zum Parkplatz gut 2500hm zu „vernichten“. Wir machten aber auch den Fehler, auf dem Rückweg dem „offiziellen“ Weg zu folgen: der Anstieg vom Mattenalpsee zur Holzfadghirmi geht noch mehr an die Nerven als in die Beine…
 
 P.S.: wie ich gerade gesehen habe, gibt es nun doch schon einen Eintrag über den Chammligrat, nämlich von "steindaube" und "Kraxlerin". Wenn ich mich nicht täusche, sassen wir beim Nachtessen sogar am gleichen Tisch?!

Tourengänger: Scout


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Kommentare (2)


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jfk hat gesagt:
Gesendet am 25. Juli 2013 um 21:33
Da habt ihr im Aufstieg zur Hütte schon den hochoffiziellen und richtigen Hüttenweg genommen, aber die Markierung hat unter dem langen Winter etwas gelitten. Haben uns zudem auf der Hütte sicher auch gesehen, bin als Hüttengehilfe in der Küche gestanden.

Grüsse

Jonas

Scout hat gesagt: RE:
Gesendet am 26. Juli 2013 um 15:31
Hoi Jonas

ja, klar haben wir uns gesehen.
Nochmals merci vielmal für die super Bewirtung
an diesem für euch wohl doch eher hektischen Weekend.

Gruss
Urs


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