Die drei Gipfel in der Daumengruppe waren seit meiner Jugend ein Traumziel. Vom Bauernhof, wo ich mehrere Jahre jeweils 14Tage Sommerurlaub machte schaute ich fasziniert mit dem Fernrohr hinauf zur Rotspitze, deren Gipfelkreuz so unendlich fern erschien. Durch verregnete Sommer(die gab es auch schon in den guten alten 60iger Jahren!) und andere Probleme blieb mir der Zugang dort hinauf jedoch verwehrt und die Einheimischen hatten stets vor einer Besteigung abgeraten, warum auch immer. Wenigstens bis zur Daumenscharte waren mein Vater und ich trotz eines späten Starts vorgedrungen(am letzten Tag eines grossenteils verregneten Urlaubs im August 1968), das Gipfelkreuz wurde aus Zeitmangel dennoch nicht erreicht. Natürlich galt damals die Tour zum Gr.Daumen als äusserst anstrengend und ein Aufbruch um 5Uhr morgens war Pflicht, ein heutiger konditionsstarker Monstertourengeher könnte darüber nur grinsen...
Hier war also für mich einiges nachzuholen. Und nicht nur einen, gleich 3 Gipfel hatte ich mir vorgenommen-und das von München aus als Tagestour mit dem Zug. Autoversessene Zeitgenossen wissen gar nicht, was bei den heutigen Fahrplänen an Ausflügen mit der Bahn in komfortabler Weise möglich ist.
Start in Altstädten um 11.30Uhr zuerst den Schildern nach über Beilenberg zum Sonthofener Hof auf guten Forstwegen, leider teils asphaltiert.. Dann über den Straussbergsattel mit erheblichen Höhenverlust hinunter ins Retterschwangertal zum Mitterhaus. Dieser Abstiegsweg ist derzeit übel verschlammt mit großer Rutschgefahr. Noch ein gutes Stück ins Tal hinter, dann links hoch Richtung Haseneckalpe auf 1600m.
Dort verzweigt sich der Weg,nach links steil hinauf zur Rotspitze, nach rechts geht es zum Daumen. Als ersten Gipfel habe ich die Rotspitze anvisiert. Auf einem brauchbaren Steig geht es durch steiles Gras ungefährlich hinauf bis kurz unter den grünen Grat, dann folgt eine weniger schöne lange Querung durch die Westflanke mit durch Erosion unterbrochenen heiklen Passagen. Am Ende leicht auf den Gipfel, der eine sehr gute Aussicht bietet. Jetzt könnte man dem ausgesetzten Grat zum Kl.Daumen folgen(klettersteigartige Abschnitte),nachdem ich aber Höhenmeter machen wollte bin ich wieder runter zur Haseneckalpe und von dort auf dem Normalweg hinauf zur Daumenscharte. Restschneefelder waren immer noch vorhanden, sie verursachten aber keine Schwierigkeiten. Relativ leicht erreicht man den Gr.Daumen auf einem etwas ausgesetzten Grat und über eine schöne Hochfläche. Wie auch auf der Rotspitze fehlt hier das Gipfelbuch.
Nach kurzem Aufenthalt Abstieg zur Scharte und noch hinüber zum Kl.Daumen, der angeblich nicht ganz einfach ist. Außer absoluter Schwindelfreiheit braucht es aber nicht viel Kletterkunst, um auf der sehr ausgesetzten Route mit Seilversicherungen das Kreuz mit Buch zu erreichen(T4).
Vom Kl.Daumen kann man direkt bis zum Türle absteigen, die Schneefelder stören dabei nicht. Dann weiter zur Möslealpe und talauswärts nach Hinterstein. Mangels Bus nach einem Weissbier mit dem Taxi nach Sonthofen und mit dem letzten Zug zurück nach München.
Fazit: Landschaftlich traumhaft mit zur Zeit sehr üppiger Vegetation und Blumenvielfalt, aber konditionell fordernd. Immerhin mit 64LKM nicht allzu weit von einer "Monstertour" entfernt.
Start
Kommentare (12)