Cresta dei Lenzuoli ("reverse")


Publiziert von Bombo , 5. Juli 2013 um 00:43.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Locarnese
Tour Datum:30 Juni 2013
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Gridone 
Zeitbedarf: 7:15
Aufstieg: 740 m
Abstieg: 1440 m
Strecke:Cap. Al Legn - Fumadiga - Cresta dei Lenzuoli - Mergugno
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Cap. Al Legn 1785m
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Mergugno 1060m

Cresta dei Lenzuoli "reverse"


Das Wetter hat entschieden. Einerseits, dass wir uns einmal mehr wieder im prächtig schönen Ticino aufhalten und andererseits, dass wir die sonst klassische Lenzuoli-Tour von Nordost nach Südwest an diesem Wochenende quasi im Rückwärtsgang in umgekehrter Richtung, also vom Rifugio Al Legn 1785m hinüber zum Pizzo Leone 1659m mit anschliessendem Abstieg nach Mergugno 1060m, bewältigten.

Dank meiner absolvierten Tour vor knapp 3 Jahren stellt sich nun natürlich die Frage, welche Variante man künftig nun wählen soll. Die einfache Antwort lautet: je nach Wetter. Ist der erste von zwei Tagen trocken angesagt, dann wohl eher klassisch vom Pizzo Leone 1659m zum Fumadiga 2010m und runter zum Rifugio Al Legn 1785m, verspricht der Wetterfrosch am zweiten Tag perfekte Bedingungen, dann wohl eher in umgekehrter Richtung am zweiten Tag, sodass man bei unsicherem Wetter am ersten Tag lediglich den kurzen Hüttenzustieg zum Rifugio Al Legn 1785m hat. Selbstverständlich lässt sich die Tour auch als Tagesprogramm bewältigen - Beispiele gibt es genügend hier auf Hikr. Auf alle Fälle sollte die Tour bei trockenen und stabilen Verhältnissen angegangen werden, denn Rückzugsmöglichkeiten sind mancherorts zwar vorhanden, jedoch nicht immer sehr komfortabel. 

Unser Ziel war es von Beginn weg, die Nacht mit dem anschliessenden Sonnenauffang im majestätisch schön gelegenen Rifugio Al Legn 1785m zu verbringen. Hierzu gehört auch das Mitbringen von eigenem Speis und Trank, denn nicht immer ist ein Vertreter des entsprechenden Vereines vor Ort. Beim Trank hingegen sollte es gemäss Aussagen immer genügend Vorrat geben und falls es in den Tagen zuvor doch sehr durstig war, so gibt es immer noch sauberes, kühles Quellwasser direkt aus dem Wasserhahn des Spülbeckens oder aus dem Brunnen beim Eingang des Rifugios.

Wie schon bei meiner letzten Übernachtung im Oktober 2009 wurden wir auch heuer nicht enttäuscht. Zusammen mit den beiden Tessiner Hüttenverantwortlichen, 3 in der Schweiz wohnhaften Polen und 2 weiteren Deutschschweizer, verbrachten wir einen gemütlichen und geselligen Hüttenabend am gemeinsamen runden Tisch. Kurz vor 6 Uhr dann der erwartete Sonnenaufgang - jedes Mal wieder unbeschreiblich schön. Für uns hiess es nochmals zurück ins Bett, wollten wir den Tag schliesslich gemütlich angehen.

Das Frühstück draussen auf der Hüttenterrasse liess auch dieses Jahr keine Wünsche mehr offen - die Aussicht sowie der Tiefblick lassen auf jeden Fall das Geniesserherz schneller schlagen.

Während es tags zuvor noch ziemlich stark gewindet hatte und sich das Wetter auch erst am späteren Nachmittag von der freundlichen bzw. sonnigen Seite zeigte, ging es heute am "Gipfel"- bzw. "Cresta"-Tag von Anfang an perfekt los. Fast windstilles, wolkenloses Wetter - beste Voraussetzungen für die nicht selten ausgesetzte und wilde Tour über den Lenzuoli-Grat. 

Das aus Sicherheitsgründen mitgenommene 25m-Seil blieb meistens im Rucksack. Zwei Schwierigkeiten gab es aber dennoch zu bewältigen: 

- den Abstieg hinunter zur Lücke kurz vor dem Pizzo Fedora 1908m sowie
- den Aufstieg über die Platte bzw. auf dem schmalen Band zum P. 1878

Weil wir von oben keine Einsicht in die Scharte kurz vor dem Pizzo Fedora hatten, wählten wir nach verschiedenen Versuchen die Umgehungsvariante westlich der Flanke. Das Problem war damit aber noch nicht gelöst, denn das Ziel war es ja, wieder zurück auf besagten Gipfel zu kommen. Und hier hat es zur aktuellen Saisonzeit eine Unmenge von Alpenrosen und sonstigen Arm- und Beinkratzer, die meisten davon in sehr steilem und unbequemen Gelände. Wir "pflügten" uns also sehr aufwändig hoch zum Gipfel des Pizzo Fedora 1908m und haben dann erst von dort aus gesehen, dass der Abstieg in die Scharte durchaus funktioniert hätte. Man müsste einfach am äussersten Ende kurz vor dem Abstieg sehr steil entlang des Strauches oder des kleinen Baumes absteigen - evtl. mit Zurhilfenahme eines Seiles oder einer Reepschnur. Ganz klar kann ich hier sagen, dass der damalige Aufstieg bedeutend einfacher war als nun der versuchte Abstieg.

Der vor 3 Jahren getätigte Abstieg von P. 1878 über die Platte war ebenfalls einfacher als der heutige Aufstieg. Bis zum erwähnten Band zwar kein Problem, doch fehlte heute aufgrund der üppigen Alpenflora plötzlich ein geeigneter Ausstieg. So wählte ich im Vorstieg die direkte Variante gerade hoch, hier bewegt man sich dann zwischen einer II und einer III. Auf alle Fälle ist ein Absturz zu vermeiden, hat man dann doch schon einige ungesicherte luftige Meter und dem Allerwertesten (Hinweis: mind. 1 alte Rostgurke steckt im Fels). Auch hier sahen wir erst am Schluss, wo der eigentliche Ausstieg wäre. Man müsste tatsächlich weiter dem Band entlang folgen, also trotz kratzbürstigen Alpenrosen um die Ecke, wo man zu Beginn definitiv nicht dahinter sieht, was dann noch folgt. Mut zur Lücke heisst hier wohl die Devise.

Hinweis: Die beiden  anderen Deutschschweizer haben ebenfalls diese Tour absolviert. Diese haben die Platte aber vollständig ausgelassen und sind in einfachem Gehgelände von Westen her richtung P. 1878 gestiegen. 

Eine der letzten Schwierigkeiten stellt der Abstieg vom Pizzo Ometto 1846m durch den steilen Kamin dar - einerseits helfen hier Routenkenntnisse weiter, andererseits weisen verrostete Drähte den richtigen Weg (keinesfalls voll reinhängen und aufgepasst auf offene Drahtsprossen --> Verletzungsgefahr!). Hat man diesen Abstieg und dann wenige Minuter später noch den Durchstieg durch ein sehr schmales Grattor hinter sich, bleibt nur noch der endlose Marsch bis zum Pizzo Leone 1659m und Abstieg via Alpe di Naccio 1395m hinunter nach Beredo 1043m. Weil wir unsere Benzinschleuder am Vortag in Mergugno 1060m parkiert hatten, hiess es nochmals ein wenig auf die Zähne zu beissen und die letze Etappe hinein ins Sertacci-Tal zu ertragen. Spätestens hier auf den letzten Kilometern spürt man die in den Stunden zuvor geleistete Arbeit. Zum Glück gibt's beim Parkplatz in Mergugno einen Trinkwasserbrunnen und später dann bei der Rückfahrt hinunter nach Brissage noch ein Grotto (zugegeben, einzig die Aussicht ist empfehlswert, das Essen ok und die Bedienung aus der Ostschweiz alles andere als zuvorkommend --> besser Einheimische nach einem anderen Grotto fragen).


Fazit:

Wer den nötigen Respekt und die Vorsicht mitbringt, ebenso auch die Erfahrung oder mindestens jemanden dabei hat, welcher die Tour schon kennt, der wird grossen Spass auf dieser Tour erleben. Die Vielseitigkeit und die nicht mehr enden wollende perfekte Aussicht in alle Himmelsrichtungen machen diese ausgesetzte und wilde Alpinwander-Tour zu einem besonderen Leckerbissen. Eine Übernachtung im erwähnten Rifugio Al Legn 1785m würde ich sofort wieder wählen, ebenso auch den fast schon obligaten Besuch auf dem Gipfel des Gridone 2188m, welchen wir als Abendprogramm am Tag zuvor genossen haben. Eine 20m-Reepschnur ist auf dieser Tour sicherlich nicht falsch, weitere Utensilien sind keine notwendig.

Hätte ich die Wahl, ich glaube, ich würde die Tour wieder im klassischen Format wählen, somit also Mergugno - Pizzo Leone - Fumadiga - evtl. Gridone - Rifugio Al Legn.

 
Tour mit Lena.


Tourengänger: Bombo, Schusli


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Geodaten
 16575.gpx Cresta dei Lenzuoli

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Kommentare (1)


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MaeNi hat gesagt:
Gesendet am 5. Juli 2013 um 08:05
Wollen auch mal hin! :-)


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