Durch die ruhige Nordflanke auf die wilde Gedererwand (1399m)


Publiziert von Fabse_94 , 23. Juni 2013 um 22:08.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Chiemgauer Alpen
Tour Datum:23 Juni 2013
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 4:15
Aufstieg: 1000 m
Abstieg: 1000 m
Strecke:Aschau Bahnhof - Maisalm - Schmiedalm - Roßboden - Gedererwand - Roßboden - Sulten - Roßboden - Maisalm - Aschau [ca. 13 km]
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Bahn nach Aschau

Als ich morgens aus dem Fenster schaute, war es tatsächlich schön - also nichts wie raus aus den Federn und ab in den Zug nach Aschau. Der Tag musste nochmal genutzt werden, bevor es in den kommenden Tagen wieder regnet bzw. schneit. Der Plan war, über den einsamen Steig von der Schmiedalm auf die Gedererwand zu steigen, um den Leuten zu entgehen (wenn auch die Massen wohl eher an der Kampenwand zu finden sind und nicht an der 270m niedrigeren, aber genauso markanten Gedererwand).

Vom Bahnhof in Aschau geht's aufgrund der bedrohlichen Wolken, die sich jetzt schon über die Kampenwand wälzten, flotten Schrittes hinauf zur Maisalm (900m), die ich nach einer halben Stunde erreichte. Das schnelle Tempo und die hohe Luftfeuchtigkeit brachten mich schon ordentlich zum Schwitzen, und jetzt kam doch noch die Sonne raus. Von der Maisalm folgt man der Straße bis zu einer Kreuzung, hier geht man geradeaus weiter, dem Wegweiser "Schmidalm, Gederer" folgend. Nach einigen Metern wirds kurz steiler und man kommt zu einer weiteren Kreuzung. Hier links (von rechts werden wir später runter kommen) und nahezu eben bis kurz vor die Schmiedalm (1011m; 20 Minuten von der Maisalm). Circa 30 Meter vor der Zufahrt zur Schmiedalm zweigt rechts eine Pfadspur in den Wald ab, dort muss man abbiegen. Den Baum mit der verwaschenen Markierung, von dem in älteren Beschreibungen noch die Rede ist, habe ich nicht gesehen. Kurioserweise gibt es bei dieser Verzweigung keine "Gedererwand"-Beschilderung, führte sie uns doch an der letzten Kreuzung genau hierhin.
Dem matschigen, kleinen, aber immer sichtbaren Pfad folgend geht's geraudeaus im Wald hoch bis zu einer Verzweigung auf gut 1100m. Hier führen zwei deutlich erkennbare Wege in genau entgegengesetzte Richtungen, nämlich einmal nach Westen und einmal nach Osten. Ich folgte intuitiv dem rechten Pfad (also nach Westen), dieser führt aber nach ein paar hundert Metern bergab. Das kann ja nicht sein, dachte ich mir, und ging wieder zurück zur Wegverzweigung und lief nun dem Steig nach Osten nach. Wie sich herausstellte, war dieser der richtige - etwa 20 Meter nach der Kreuzung war eine Markierung. Ich hätte einfach mal die Augen aufmachen müssen.
Auf dem Weg geht's in Serpentinen hinauf bis zu einem Geröllfeld unter dem Zwölferturm, einer spektakulären Felsformation. Im Geröll steigt man bis kurz vor die Felswand auf und geht dann nach rechts unter den Felsen entlang, bis man zu einem kaminartigen Durchschlupf kommt. Über diese fünf, sechs Meter hohe Passage geht's kraxelnd (I) hinauf und geraudeaus durch ein Gatter zum sattelartigen Roßboden (1304m). Am Besten läuft man hier ganz runter bis zur Schilderstange und geht dann nach Osten dem Weg folgend zur Gedererwand (nicht angeschrieben). Nun geht es hinauf zur Kammhöhe, dann in fortwährendem Auf und Ab - mal eine kleine Schlucht durchquerend und immer wieder mal die Hände zu Hilfe nehmend (T3) - zum Gipfelkreuz der Gedererwand (1399m), das noch erstaunlich lange 20 Minuten vom Roßboden entfernt ist, mit schönem Chiemseeblick. Vom Bahnhof habe ich knapp 2 Stunden gebraucht, ohne den Verhauer hätte ich mir weitere 10 Minuten sparen können.
Es befanden sich vier Personen auf dem Gipfel, zum Glück kamen mir einige Wanderer entgegen, kurz bevor ich den Gipfel erreichte. Auch diese Vier hielt es nicht mehr lange, und so hatte ich die Gedererwand 10 Minuten für mich allein (die Dohlen waren natürlich auch noch da). Nach einer Viertelstunde stieg ich wieder ab Richtung Roßboden, aber nicht ohne mir kurz den beeindruckenden Zwölferturm aus der Nähe anzusehen. Dazu ging ich kurz vor der kleinen Schlucht nach rechts (Norden) und stieg bzw. kraxelte die 10 Höhenmeter zur Kammhöhe hinauf. Dann steht man auch schon vor ihm. Getrennt durch eine tiefe Spalte, konnte man vor 100 Jahren noch mit einem gewagten Sprung auf den Zwölferturm übersetzen, bräuchte man heutzutage einen wahrlich gewaltigen Satz, denn der Turm entfernt sich im Laufe der Zeit immer mehr vom Kamm und neigt sich jedes Jahr ein Stückchen weiter nach Norden.
Nach diesem interessanten Schauspiel mit anregenden Tiefblicken marschierte ich wieder zurück zum Weg und zum Roßboden. Da ich noch nicht ausgelastet war und es in absehbarer Zeit nicht nach Regen aussah, stieg ich noch schnell die 170 Höhenmeter auf den Sulten (1473m), trank einen Schluck und stieg wieder ab. Dies stellte meine zweite Besteigung des Sultens dar (die erste war erst letzten September) - der Sulten ist ein Berg, bei dem sich mehrere Besteigungen eigentlich nicht wirklich lohnen, da völlig unspektakulär, einzig der Blick zu der Ameisenautobahn an der gegenüberliegenden Kampenwand ist interessant und zudem wachsen am Nordrücken ein paar schöne Blumen; na immerhin (und die zusätzlichen Höhenmeter sind ja auch gutes Training). Und allein war ich auch.
Abgestiegen bin ich dann vom Roßboden über den anfangs lehmigen, ausgetretenen Steig Nr. 22 zum Marterl "Bei Unserer Lieben Frau", wobei mir doch tatsächlich ein Mann mit einem Einrad entgegengekommen ist - wohl die neue Trendsportart, das "Mountainonewheeling" - na, viel Spaß bei der Abfahrt. Kurz nach dem Bildstöckel verbreitert sich der Weg zu einer Forststraße und man folgt dieser - an einer Kehre abkürzend -  bis zur bekannten Kreuzung zwischen Schmied- und Maisalm. Ab hier beschreibt der Abstieg den Aufstieg.

Schwierigkeiten:
Aschau - Maisalm - Schmiedalm: T1
Schmiedalm - Roßboden: anfangs T2, später T3, I
Roßboden - Gedererwand: T3
Roßboden - Sulten: T2
Roßboden - Maisalm - Aschau: bis zur Forststraße T2, dann T1


Fazit:
Nette Halbtagestour bei überraschend passablem Wetter, aber leider eingeschränkter Sicht; die Straßenhatscher im unteren Teil sind allerdings wenig abwechslungsreich.
Der einsame Anstieg über die Schmiedalm zur "kleinen Schwester" der Kampenwand mit ihren steilen Wandfluchten ist absolut empfehlenswert, vor allem für diejenigen, die trotz der Nähe zum Kampenwand-Steinlingalm-Zirkus eine Zeit lang ihre Ruhe haben wollen und diesem interessanten Gipfel einen Besuch abstatten wollen. Die Gedererwand finde ich persönlich attraktiver als die Kampenwand, da sie erstens weniger besucht wird und zweitens im Norden jäh in spektakuläre Felswände abfällt (da kann die Kampenwand nicht mithalten).
Die Tour ist auch gut für die Anreise mit der Bahn geeignet.






Tourengänger: Fabse_94


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»