Lochberg (3074 m Wintergipfel) vom Göscheneralpsee


Publiziert von morphine , 22. Juni 2013 um 17:00.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:16 Oktober 2006
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS-
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1300 m
Strecke:Staudamm Göscheneralpsee-Älpergenplatten-Älpergensee-Lochberg Wintergipfel
Kartennummer:1231 Urseren 1:25000

Lochberg zum Dritten!

Nach zwei vergeblichen Versuchen Jahre zuvor, die ich jeweils wegen schlechten Wetters abbrechen musste, fuhr ich an diesem perfekten Herbsttag erwartungsfroh hinauf zum Staudamm am Göscheneralpsee. Ich parkte meinen Wagen und beeilte mich ins Gelände zu kommen, da ich untrerschwellig wohl immer noch Angst vor einem Wetterumschwung hatte.


Der Aufstieg zum Älpergensee

Ich lief über die Dammkrone zum südlichen Seeufer. Dort folgte ich nach rechts dem Wanderweg in Richtung Dammahütte. Schon bald zweigt die blau-weiss markierte Route nach Süden zur Lochberglücke ab. Über Gras und Felsen erreichte ich später die dem Älpergensee vorgelagerten Älpergenplatten. Hier überquert die Route recht weitflächige (ich glaube) Granitplatten. Der nachfolgende obere Talkessel mit dem See ist dann eine rauhe ja regelrecht wilde einmalig schöne Hochgebirgskulisse mit mächtigen Felsblöcken. Hier rätselte ich nun, wie der weitere Aufstieg zum Gletscher unter dem Lochberg erfolgen sollte.


Die Route  zum Gletscher

In anderen Berichten hier auf hikr. wird der Weg zum Gletscher als Aufstieg über Geröll und Schnee bzw. durch Rinnen beschrieben. Meine Erinnerung an des Rätsels Lösung ist so, dass ich vom See noch etwas auf der markierten Route taleinwärts gestiegen bin. In der Fels- und Geröllflanke unter dem Gletscher erkannte ich dann eine Art breites Band, dass schräg durch die Flanke von links unten nach rechts oben  bis in die Nähe des beginnenden Gletschers zog. Den Beginn dieses Bandes erreichte ich leicht, in dem ich den Weg etwas oberhalb des Älpergensees verließ. Der erste Teil des Anstiegs verlief dann tatsächlich auf einem recht breiten Fels/Geröll-Band. Weiter oben verengte es sich dann eher rinnenartig und immer wieder mussten auch leichte Felsen überklettert werden. Am Ende stand ich direkt unter dem steil auslaufenden Gletscherende.


Zitterpartie auf dem Gletscher

Der Gletscher präsentierte sich mit einer Schneedecke überzogen. Wegen der Steilheit brauchte ich selbstverständlich Pickel und Steigeisen für die Begehung. Nach einiger Zeit geriet ich mächtig ins schwitzen, da die Steigeisen nicht mehr griffen und ich böse auf dem Eis rumeierte, d.h. ins Rutschen geriet. Die anfangs zubeißenden Zacken hatten sich nach knapp 100 Höhenmetern bereits dermaßen abgenutzt, dass aus Spitzen abgerundete Kuppen geworden waren. Die Schneedecke erwies sich ebenfalls als lediglich hauchdünne Pulverschicht. Darunter gnadenlos hartes Blankeis. Glücklicherweise hatte ich den Bereich, wo der Gletscher allmählich flacher wird, beinahe schon erreicht. So arbeitete ich mich mühsam mit Hilfe des Pickels und den noch etwas weniger in Mitleidenschaft gezogenen Frontzacken die letzen steileren Meter hinauf. Nach etlichen Flüchen und Einsatz von viel Bein- und Armkraft rettete ich mich in flacheres Gelände. Hier war dann auch die Schneedecke sofort üppiger und leztlich gelangte ich ohne weitere Probleme bis an den oberen Gletscherrand.


Die Lochberggipfel

Dort, wo der Gletscher endete, schaute ich mich um. Der Lochberg schien aus zwei Gipfeln zu bestehen. Links eine massive Felsnadel und rechts der Gipfelpunkt, der in meiner Karte mit  P. 3074,2 bezeichnet war. Die Nadel erschien mir der Höhere der Beiden und so spurte ich kurz dort hinüber. An ihrem Fuß ankgekommen, wendete ich mich dankend  wieder ab (viel zu schwer) und steuerte nun auf P. 3074,2 zu. Diesen Gipfelpunkt erreichte ich nach ein wenig Kraxelei und war froh, nach all den Unannehmlichkeiten, oben angekommen zu sein.  Bei der  klaren Atomosphäre konnte ich eine eindrucksvolle Rundumsicht genießen. Besonders imposant der Blick auf den nahen Dammagletscher mit den höchsten Urnern darüber.


Wie wieder runter?

Die Euphorie auf dem Gipfel wurde ein wenig durch die Gedanken an den bevorstehenden Abstieg gedämpft. Die Alternative über den felsigen Grat zum Planggenstock war mir zu unsicher, da ich nicht wusste, wie sich der Abstieg von dort aus gestalten würde. Auch ein Verlassen dieses Grates vor dem Planggenstock nach rechts wieder unter das Gletscherende erschien mir von hier oben zu schwierig. Die Abstiegsroute über die Lochberglücke hatte ich gar nicht auf dem Schirm. Also entschloss ich mich, auf meiner Aufstiegsroute wieder abzusteigen. Allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass ich den steilen Gletscherhang möglichst in den linken Begrenzungsfelsen umgehen wollte. Dort angekommen erwiesen sich diese Felsen wie erwartet als sehr unangenehm. Immer wieder musste ich den leichtesten Durchschlupf suchen. Mal auf dem Hosenboden, mal mit den Schuhsohlen auf Reibung und manchmal mit Hilfe von Sprüngen hangelte ich mich hinunter von Felsabsatz zu Felsabsatz. Dazwischen auch immer wieder unangenehm loses Gestein. Steinschlägig war dieses Gebiet auch noch. Endlich hatte ich mich am Eishang vorbeigemogelt und die Felsflanke spuckte mich wieder unterhalb des Gletschers aus. In schöner Abendstimmung stieg ich nun wieder über meine Aufstiegsroute ohne weitere Zwischenfälle ab. An diesem Abend war ich doch sehr froh, letztlich unfallfrei wieder von diesem Berg hinuntergekommen zu sein.


Anmerkung:

Im Jahr darauf wollte  ich in der Schweiz im Bergsportgeschäft meines Vertrauens neue Steigeisen kaufen. Die Alten Stumpfen nahm ich dabei mit. Der Verkäufer sah mich verwundert an, nachdem ich ihm das Versagen der Eisen geschildert hatte. Ich sei ja auch mit völlig ungeeigneter Ausrüstung unterwegs gewesen. Dies wären Steigeisen für Skitouren, welche bei Bedarf an Schlussaufstiegen zum Gipfel gebraucht würden. Für hartes Blankeis seien diese Steigeisen aus Leichtmetall absolut untauglich. Der fing richtig an zu schimpfen. Aber er hatte ja recht. Reumütig erwarb ich jetzt wieder Steigeisen aus hartem Stahl. Schwerer aber dafür auch bei Hochtouren brauchbar. Der Gewichtsreduzierungswahn kann halt auch ganz schön gefährlich sein.

Tourengänger: morphine


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