Hundstein (2157 m) - Überschreitung N/SE


Publiziert von marmotta , 17. Juni 2013 um 22:16.

Region: Welt » Schweiz » Appenzell
Tour Datum:16 Juni 2013
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-AI   Alpstein 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1340 m
Strecke:Wasserauen - Seealpsee - Meglisalp - Spitzigstein - Bötzelsattel - Hundsteinschlucht - Hundstein - Hundsteinhütte - Stiefel - Alp Sämtis - Plattenbödeli - Brüeltobel - Brülisau
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Wasserauen
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Brülisau, Kastenbahn
Kartennummer:LK 1115 Säntis (1:25.000)

Die Mittlere Kette des Alpsteins ist in einem Abschnitt zwischen Altmann und Widderalpsattel geprägt von wilden, zu beiden Seiten in steilen Felswänden abfallenden Gipfel. Davon ist einzig der Hundstein (2157 m) auf ausgeschilderten und markierten Wanderrouten zu erreichen. Dadurch ist er zwar etwas weniger einsam und exklusiv  als seine Nachbarn, bleibt jedoch allein schon wegen seiner Lage und der prächtigen Aus- und Tiefblicke ein überaus lohnendes Ausflugsziel. Und hat man die Wanderautobahnen zwischen Seealp- und Fählensee einmal hinter sich gelassen, geht es hier oben auch an schönen Sonntagen im Sommer erstaunlich ruhig zu und her.
 
Will man nicht über die gleiche Route auf- und absteigen, bietet sich die klassische Überschreitung von N nach SE oder umgekehrt an. An heissen Sommertagen ist ein Aufstieg von Norden durch die "Schlucht" klar der Südostflanke vorzuziehen, wo sich die brütende Hitze in den steilen Flanken und Kalkwänden der Widderalpstöck ballt. Kein Wunder fühlen sich hier die Legföhren wohl…
 
Dank frühem Start in cff logo Wasserauen bin ich noch vor den grossen Massen am Seealpsee. Ein beschaulicher Ort, der besonders am Morgen in einem wunderschönen Licht daliegt. Ich bin nicht der Einzige, der diese schöne Stimmung digital festhalten will, eine Japanerin mit professioneller Fotoausrüstung ist bereits damit beschäftigt, den Seealpsee in all seinen Farb- und Lichtfacetten aufzunehmen. Gibt es im "Land des Lächelns" vielleicht bald eine Doku über den Alpstein? :-)
 
Überhaupt ist an diesem herrlichen Sonntag im Alpstein die gesamte Bandbreite des zu Berg gehenden Volkes aufgeboten: Alphornbläser sind auf dem Weg zum Seealpsee, Familien unterwegs zu den zahlreichen Feuerstellen an Seealpsee und Sämtisersee, Kletterer turnen in den sonnendurchfluteten Kalkwänden herum und später sollte ich noch Zeuge eines Konzertes einer kleinen Musikkapelle an der Bollenwees werden.
 
Da ich kein Freund grösserer Menschenansammlungen bin, steige ich zügig via Meglisalp zum Bötzelsattel (1865 m), wo bereits ein reger Verkehr herrscht. Der weite Kessel zwischen Bötzel- und Widderalpsattel ist noch schneegefüllt, doch in der Querung unter den Nordwänden der Freiheit hat es eine gut getretene Spur. Am Ende der Querung verlasse ich den Wanderweg und steige die Geröllhalde hinauf zum Beginn einer markanten, breiten Schuttrinne, welche momentan noch schneegefüllt ist (Foto). Entlang der felsdurchsetzten Rasenrippe links der Schuttrinne führte einst ein Weglein hinauf zum unteren Ende der Felsschlucht, durch die man zu den Gipfeln von Hundstein und Freiheit gelangt. Teilweise ist die Steiganlage noch gut zu erkennen, auch einige verblasste rote Markierungen sind noch vorhanden (Schwierigkeit: T4). Am oberen Ende der Rinne trifft diese (alte) Route auf die neueren weiss-blau-weissen Markierungen der alpinen Route, welche am Widderalpsattel beginnt. Kommt man von der Meglisalp bzw. vom Bötzelsattel, ist die alte Route aus meiner Sicht klar vorzuziehen - man gewinnt so nicht nur schneller den Einstieg in die "Schlucht" sondern (er-)spart sich auch die Turnerei über diese etwas heikle, brüchige Passage.
 
Erscheinen die Verhältnisse in und neben der Schuttrinne ungünstig oder ungemütlich, kann -wie ich dies auch getan habe- die schrofendurchsetzte Rasenrippe direkt überstiegen werden. Hat man einmal die ersten steilen und luftigen Meter zu Beginn überwunden (T5), wandelt man auf der Schneide auf ausgeprägten Gemsspuren, bis man weiter oben wieder auf die Wegspur und die (alten) roten Markierungen trifft.
 
Die zwischen den schattigen, feuchten Nordwänden von Hundstein und Freiheit hindurch führende "Schlucht" ist dann wie erwartet noch schneegefüllt. Zum Glück ist der Schnee grösstenteils trittweich und stellt somit trotz der vor allem im oberen Teil (nach dem Klemmblock) beträchtlichen Steilheit kein Problem dar. Ein Pickel (den ich auf solchen Touren bei Frühjahrs- bzw. Frühsommerverhältnissen grundsätzlich mitführe) bringt hier zusätzliche Sicherheit. Als besonders hilfreich erweist er sich diesmal an der Stelle, wo ein mannshoher Felsblock den Durchgang versperrt. Diese Passage, die schon unter normalen Umständen nicht ganz einfach ist und durch etwas Stemmarbeit über die begrenzenden Felswände überwunden werden will (II), erweist sich heute als absolute "Schlüsselstelle": Die Felsleiste links oben ist mit einem Eispanzer bedeckt, die guten Griffe und Tritte an der rechten Felswand unter einem kompakten Schneeblock verborgen. Nach Freiklopfen des Felses und etwas Akrobatik klappt der Aufstieg dann aber doch einigermassen gut - ohne Handschuhe und Eispickel wäre ich hier wohl umgekehrt…
 
Über ein anfänglich schmales, aber gut begehbares Band in der Hundsteinwand verlässt man die Schlucht nach links (im Aufstiegssinn) und gelangt über gestuftes Rasengelände - den Markierungen und Wegspuren folgend- bald in den Hundsteinsattel. Hier und auch am Gipfel ist keine Menschenseele zu sehen - das sollte sich im Verlaufe meiner Gipfelrast schnell ändern! Zuerst erreichen 2 Wanderer von Südosten das Gipfelkreuz, dann gesellen sich 3 junge Appenzeller dazu, die wie ich von Norden duch die Felsschlucht aufgestiegen sind und nach einer Weile entsteigen plötzlich noch wie aus dem Nichts 2 Kletterer der Südwand. Nun war ziemlich Betrieb auf dem kleinen Hundsteingipfel. Bemerkenswert ist noch, dass kein einziger der Besucher für den Abstieg die gleiche Route wie für den Aufstieg wählte. Während die zwei jungen Wanderer, welche über die Alpinwanderroute durch die SE-Flanke aufgestiegen waren, in Richtung Nordkamin verschwanden, stiegen die anderen wie ich über die heisse Südostseite ab. Der gut angelegte und weiss-blau-weiss markierte Alpinwanderweg ist praktisch schneefrei (2 kleine Schneefelder können an deren Rand umgangen werden, bei der derzeitigen Hitze werden sie sowieso bald der Vergangenheit angehören), weist jedoch vom Winter einige Schäden durch Schnee- und Hangrutsche auf. Einige Male müssen die Hände aus dem Hosensack (Stöcke behindern hier mehr als sie nützen), die Felsstufen sind aber jeweils einfach zu überwinden (T4, I). Unter den herrlichen Schrattenkalkwänden der Widderalpstöck kann ich noch zahlreiche Kletterer beobachten, bevor ich dann unterhalb der Hundsteinhütte SAC in die "Grüezi-Wanderautobahn" einbiege. Heisser Ausmarsch bis hinunter nach Brülisau (922 m).  

Tourengänger: marmotta


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