ViaSpluga - Vom Bündnerland nach Italien


Publiziert von Domenic , 13. Juni 2013 um 21:04.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Hinterrhein
Tour Datum:28 August 2012
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   I 
Zeitbedarf: 4 Tage
Aufstieg: 3600 m
Abstieg: 3900 m
Strecke:68 Kilometer
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit der RhB via Chur nach Thusis.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Mit dem Postauto von Chiavenna über den Malojapass nach St. Moritz und weiter mit der RhB über den Albulapass nach Chur.

Nachdem ich letztes Jahr auf Hikr nicht so aktiv war, nahm ich mir nun die Zeit einen Tourenbericht fertigzustellen, der seit letztem Sommer halb vollendet auf meiner Festplatte lag. Im Juli hatte ich Lust wieder einmal eine längere Tour in der Schweiz zu machen. Da ich gerne auf geschichtsträchtigen Pfaden unterwegs bin entschied ich mich für die ViaSpluga, welche den Spuren des alten Saumpfads von Thusis über den Splügenpass nach Chiavenna folgt.
 
Am Anreisetag traf ich gegen zwei Uhr mit der Rhätischen Bahn in Thusis ein, wo ich im Hotel „Weisses Kreuz“ mein Zimmer bezog und mein Gepäck deponierte. Danach ging es raus um mich etwas einzulaufen. Von Thusis aus führte mich der Weg an der Burg Ehrenfels, in der sich eine lauschige Jugendherberge befindet, vorbei zum alten Bahnhof Sils. Im Anschluss ging es über offenes Feld zur idyllischen Kapelle Sant Cassian, wo ich eine kurze Pause einlegte. Weiter ging es dann am Schloss Baldenstein vorbei ans Ufer der Albula, der ich bis zur Einmündung in den Hinterrhein folgte. Nun war es Zeit für eine späte Mittagspause. Nach dem Essen fand ich auch noch die Zeit mich eine halbe Stunde in die Sonne zu legen und das schöne Wetter zu geniessen. Dem Hinterrhein entlang ging es dann zurück nach Thusis, wo ich den Tag auf der Terrasse des Hotels ausklingen lasse und die letzten Sonnenstrahlen geniesse.
 
Am nächsten Morgen geht es dann endlich richtig los. Zu Beginn folgt die ViaSpluga derselben Strecke, die ich gestern schon begangen habe. Nach der Überquerung des Hinterrheins geht es dann über offenes Feld nach Sils. Kurz darauf beginnt der Anstieg, welcher mich erneut an der Burg Ehrenfels vorbeiführt. In zahlreichen Kurven windet sich der schmale Pfad hinauf zur Burgruine Hohenrätien, wo ich gleichzeitig mit den ersten Sonnenstrahlen dieses Tages eintreffe. Hohenrätien ist die grösste Burganlage Graubündens und auf jeden Fall einen Besuch wert. Von hier oben hat man eine wunderbare Aussicht über das ganze Domleschg. Kurz nach der Burg verlasse ich die ViaSpluga in nordöstlicher Richtung um den Crap Carschenna zu besuchen. Ich hatte gelesen, dass auf diesem Hügel Felsmalereien zu finden seien. Etwas naiv habe ich mir prächtige Höhlenmalereien vorgestellt. Auf dem Hügel angekommen bin ich dann fast an diesen Höhlenmalereien vorbeigegangen. Im Gegensatz zu meinen Vorstellungen handelt es sich nur um in den Fels geritzte Kreise, die für Fachkundige durchaus interessant sein können, für mich Laien jedoch nur mässig interessant sind. Wie ich später in Erfahrung brachte, ist sich jedoch auch die Fachwelt uneinig über die Bedeutung dieser Höhlenmalereien. Anscheinend kann es sich genauso gut um Relikte aus vorchristlicher Zeit handeln, wie um die Freizeitbeschäftigung eines Hirten aus dem 19. Jahrhunderts.
Nach dem kurzen Abstecher geht es dann zurück zur ViaSpluga, die nun oberhalb der Hinterrheinschlucht verläuft und immer wieder Ausblicke in die Tiefe gewährt. Bei den Ruinen der Kapelle Sant Albin führt der Weg in den Wald hinein und erreicht etwa 2 Kilometer später den Traversiner Tobel, welcher durch den Traversinersteg überbrückt wird. Der Traversinersteg ist eine Hängebrücke, die zusätzlich zur Überwindung des Tobels auch noch ca. 50 Höhenmeter überwindet. Nach einer kurzen Pause geht es abwärts in Richtung Viamala. Viamala bedeutet schlechter Weg und unschwer kann man sich vorstellen welche Schwierigkeiten dieses Wegstück den Erbauern früherer Verkehrswege bereitete. Heute geht es hier recht touristisch zu. Dennoch lasse ich mir den Besuch in den Tiefen der Schlucht nicht entgehen. Tief hat sich der Rhein hier in den Fels gefressen und man kann über die Treppen so weit hinuntersteigen, dass kaum noch Tageslicht zu einem gelangt. Bei den beiden historischen Steinbrücken welche die Schlucht überbrücken befindet sich ein kleiner Informationsraum, welcher Interessierten die Geschichte dieses Verkehrswegs näherbringt. Nach einem kurzen Anstieg erreicht man kurz vor dem Dorf Reischen eine Schweizer-Familie-Feuerstelle mit Tischen und einem kleinen Unterstand, wo ich eine ausgedehnte Rast einlege. Weiter führt die Route durch Reischen und Zillis nach Donat. In Zillis hätte man noch die Möglichkeit die aus dem Mittelalter stammenden Malereien in Kirche zu besichtigen, da der Nachmittag jedoch schon fortgeschritten ist, verzichte ich darauf und mache stattdessen etwas Tempo, was mir in der Hitze jedoch nicht leicht fällt. Zum Abschluss dieses Tages gibt es nach Donat noch einmal einen saftigen Anstieg hinauf nach Clugin, von wo aus man das Ziel der heutigen Etappe, Andeer prima sehen kann. In Andeer streife ich auf der Suche nach dem Hotel für die nächste Reise etwas durch die Strassen, natürlich begann ich die Suche am falschen Ortsende, werde schliesslich aber doch noch fündig. Das Hotel Favri ist ein rustikales Hotel, welches in der Hotelhalle 20er Jahre-Charme versprüht. Die Zimmer sind jedoch modern eingerichtet. Direkt angeschlossen gibt es ein Thermalbad. Dies war vermutlich auch der Grund, wieso ich mit Abstand der jüngste Gast zu sein schien.
 
Am nächsten Morgen ging es nach dem Frühstück gut erholt und frisch gestärkt weiter. Der Weg führt am Kieswerk vorbei, durch einen schönen Föhrenwald zu einem Elektrizitätswerk. Unterwegs begegnen mir dieselben Leute wieder, die gestern schon unterwegs waren und die mir auch die nächsten beiden Tage von Zeit zu Zeit wieder begegnen werden. Bald steigt der Weg um ca. 200 Meter an, nur um knapp einen Kilometer später wieder zur Roflaschlucht abzusteigen. Ähnlich wie in der Viamala ist es auch hier möglich in die Schlucht hinunter zu steigen. Anfangs des 20. Jahrhunderts schuf der Eigentümer des Hotels Roflaschlucht diesen Weg als touristische Attraktion. Heute ist der teilweise in den Fels gehauene Weg sichtbar in die Jahre gekommen, aber immer noch einen Besuch wert. Besonders die Unterquerung des Rheins fand ich sehr eindrücklich. Im Anschluss an die Schlucht folgt man weiter dem Hinterrhein, wo sich der Wanderweg und die Strasse den knappen Platz im engen Tal teilen müssen. Der Wanderweg ist intelligent angelegt und verläuft zeitweise auf dem Dach der Lawinengallerie oder über einen Steg, der an der Stützmauer der Strasse befestigt ist. Über Hängebrücken wird auch der Rhein mehrfach überquert. In der Nähe der Festung Crestawald weitet sich das Tal wieder. Die Festung Crestawald ist ein Artilleriewerk aus dem zweiten Weltkrieg, welches lange Zeit als streng geheim galt, heute jedoch ein Museum beherbergt. Gerne hätte ich das Museum besucht, leider war es jedoch geschlossen. Allerdings gilt ja bei Festungswerken aus dieser Zeit sowieso der Grundsatz: Kennst du Eines, kennst du Alle. So gesehen habe ich nicht viel verpasst. Bald schon kommt der Sufnersee, ein Stausee, in Sicht. Nun ist es nicht mehr weit, glaube ich. Doch auch heute zieht sich der Weg unter der brütenden Sonne in die Länge, auch wenn er im Wald beschattet wird. Kurz vor dem Ziel passiere ich die aus dem 13. Jahrhundert stammende Burgruine Splügen, welche ein Relikt aus den Machtkämpfen zwischen den Freiherren von Vaz und den Freiherren von Sax-Misox darstellt, die beide versuchten ihren Machtbereich in dieser Gegend auszubauen. Einen Augenblick später kommt auch das Dorf Splügen in Sicht. Auf den Wiesen um die Ortschaft sind die Bauern eifrig damit beschäftigt das Heu einzubringen, da am nächsten Tag ein Wetterumschwung erwartet wird. Anders als in Andeer habe ich in Splügen kein Problem damit das Hotel zu finden, thront es doch auf einem Hügel über dem Dorf. Die alte Herberge Weisses Kreuz ist ein fantastisches Hotel, dessen Wurzeln bis ins Mittelalter zurückreichen. Auf gekonnte Weise wurde die historische Bausubstanz mit modernen Annehmlichkeiten kombiniert. Die restlichen Stunden des Nachmittags verbringe ich bei einem wohlverdienten Bier auf der Terrasse. Auch das anschliessende Abendessen schmeckte hervorragend.
 
Tag 3, die Bergetappe, heute wird mich die ViaSpluga über den Pass führen. Schon am Morgen versprechen die Wolken am Himmel nichts Gutes. Rasch breche ich auf um noch möglichst viel Strecke im Trockenen hinter mich zu bringen. Schon kurz nach Verlassen des Dorfes steigt der Weg steil an und folgt einem Bach in Richtung Pass. Bei einer historischen Brücke aus Marmor werden der Bach und auch die Passstrasse überquert. Der Weg führt entlang des alten Saumwegs an mehreren Alpen vorbei. Das Trassee des alten Saumwegs ist über weite Strecken, vor allem im oberen Bereich, wo sich der Weg in Serpentinen bergauf schlängelt, noch gut zu erkennen. Erste, vereinzelte Regentropfen fallen schon beim Aufstieg. Richtig los, legt Petrus jedoch erst nach dem passieren der Passhöhe und somit auch der Grenze. Auf Höhe des alten italienischen Zollhauses beginnt es förmlich zu schütten, ein Zustand der sich erst in der Nähe von Chiavenna wieder ändern wird. Bald schon erreiche ich Monte Spluga, eine Ortschaft die einst wohl vor allem vom Verkehr über den Splügenpass lebte, heute jedoch hauptsächlich aus Ferienwohnungen besteht. Hier sieht man auch wie das Trassee der alten Strasse im Lago di Monte Spluga, einem weiteren Stausee verschwindet. Der Wanderweg verläuft einige Meter über dem See am Hang des Monte Cardine. Immer wieder kommt man an den Überresten verlassener menschlicher Behausungen vorbei, die wohl aufgegeben wurden, als sie durch den Stausee von der Umwelt abgeschnitten wurden. Die ViaSpluga wechselt über besagte Staumauer die Talseite und steigt dann steil in die einst gefürchtete Cardinello-Schlucht ab. Und auch heute ist mir nicht so recht wohl hier, da der in den Fels gehauene Saumpfad, der die Schlucht hinab führt vom Regen ziemlich glitschig ist. Auch die Wolken welche die Schlucht hinauf ziehen gefallen mir nicht, sehen sie doch verdächtig nach Gewitter aus. Glücklicherweise bleiben mir jedoch Blitze erspart, so dass mir lediglich der Regen ins Gesicht peitscht. Auch der Bach unten in der Schlucht schwillt langsam an, so dass ich mich beeilen muss, da ich nicht weiss, ob ich ihn heute noch überqueren muss. Durch die Dörfer Radeglia und Mottaletta steige ich weiter ab und erreiche schliesslich völlig durchnässt das Dorf Isola, welches ausser dem Namen jedoch nichts mit einer Insel gemein hat. Die Regenjacke bewährt sich nicht, ich fasse den Entschluss sie bei nächster Gelegenheit zu ersetzen. In der Albergo Cardinello angekommen gönne ich mir als erstes eine heisse Dusche zum Aufwärmen, anschliessend werden die Kleider zum trocknen aufgehängt. Ich selbst verkrieche mich bis zum Abendessen unter der warmen Bettdecke und denke ernsthaft darüber nach, ob ich die Tour vorzeitig abbrechen möchte. Das Risotto, welches es zum Abendessen gibt, liefert mir jedoch neue Energie und verleitet mich dazu es bis zum Ende durchziehen zu wollen, komme was wolle.
 
Am Morgen des vierten Tages, steige ich nach dem Morgenessen, wieder in meine nassen, klammen Kleider und Schuhe. Draussen schüttet es immer noch in Strömen, so dass es keine Rolle spielt, dass die Kleider nicht recht getrocknet sind. Erneut stellt sich die Frage eines frühzeitigen Abbruchs. Wie schon gestern Abend überwinde ich mich auch heute im Angesicht dieser Sintflut dazu, die Tour fortzusetzen. Allerdings verpasse ich anscheinend die Abzweigung des Wanderwegs und folge stattdessen ein Stück der Strasse. So komme ich zwar einerseits zügig voran, andererseits ist es auf der Strasse nicht ganz ungefährlich, da man dem Fahrstil der Autofahrer deutlich anmerkt, dass man sich in Italien befindet. Als sich die Strasse etwa ein Kilometer vor Campodolcino mit dem Wanderweg kreuzt, bin ich erleichtert sie endlich verlassen zu können. Beim Campingplatz, den ich kurz darauf passiere, mache ich unter einem Baum, unter dem es relativ trocken ist, jedenfalls für die heutigen Verhältnisse, eine kurze Pause ein. In Campodolcino gäbe es ein Museum, in dem die Geschichte des Splügenpasses erklärt wird. Da ich jedoch schon wieder durchnässt bin, beschliesse ich meinen Weg fortzusetzen und in Bewegung zu bleiben, damit ich mich nicht erkälte. Der Weg führt hauptsächlich durch Wald oder buschige Landschaft. Von Zeit zu Zeit passiere ich die Ruinen verlassener Häuser oder erkenne auf der anderen Talseite kleine Dörfer. Der Weg folgt nun wieder dem historischen Saumpfad. Immer wieder überspannen gemauerte Brücken, oder wo diese fehlen Hängebrücken, kleine Bäche. Auffallend ist, dass die Hängebrücken schlechter in Schuss sind als jene auf der Schweizer Seite. Zum Glück hielten sie jedoch alle. Je näher ich dem Ziel Chiavenna komme, desto besser wird das Wetter. Kurz nach San Giacomo hört der Regen plötzlich auf. In Gedanken bin ich schon am Ziel als der Weg noch einmal 200 Meter durch einen Kastanienwald ansteigt. Wie zum Hohn reisst der Himmel nun auf und die Sonne brennt mit ihrer ganzen Kraft auf die Erde nieder, wodurch sie den ganzen Wald zum Dampfen bringt. Innert kürzester Zeit herrscht ein Klima wie im Dschungel, welches mich noch einmal ordentlich zum schwitzen bringt. Dennoch geniesse ich die Sonne nach den zwei Regentagen. In Chiavenna suche ich als erstes mein Hotel, wo ich an der Reception kritisch beäugt werde, wie ich da nass, schmutzig und höchstwahrscheinlich auch stinkend stehe. Nach einer kurzen Dusche, nach der ich wieder menschlich aussehe, besichtige ich bei schönstem Wetter die Altstadt von Chiavenna, trinke einen Kaffee auf der Piazza und bin zufrieden, dass ich die Tour trotz zeitweilig übler Umstände beendet habe.
 
Am nächsten Tag geht es dann mit dem Postauto durch das landschaftlich sehr schöne Val Bregaglia Richtung Malojapass und St. Moritz, von wo aus mich der Zug der RhB über den Albulapass bringt. Von der Bahnfahrt habe ich leider nicht mehr viel mitgekommen, da ich ziemlich hinüber war und fast die ganze Fahrt im Zug verschlief.
 
Abschliessend kann ich sagen, dass es eine sehr schöne und abwechslungsreiche Tour war. Die Tatsache, dass die ganze Tour fertig buchbar war, war auch sehr angenehm. So musste ich mich nicht um Unterkünfte und Verpflegung kümmern, was auch mal sehr angenehm war. Auf jeden Fall kann ich die ViaSpluga jedem empfehlen.

Tourengänger: Domenic


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Kommentare (2)


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Vonti hat gesagt: Schöne Erinnerungen...
Gesendet am 14. Juni 2013 um 08:49
Oh ja, da kommen gleich schöne Erinnerungen zurück. Wir waren im Juli 2012 unterwegs. Anschl. verbrachten wir noch einige Tage im nahen Bergell; ebenfalls sehr zu empfehlen.

Domenic hat gesagt: RE:Schöne Erinnerungen...
Gesendet am 14. Juni 2013 um 09:35
Die Tour war auch für mich ein tolles Erlebnis. Das Bergell habe ich nur vom Postauto aus gesehen. Es wäre aber sicher einen Aufenthalt wert gewesen. Aber "leider" musste ich weiter nach Norwegen. ;-)


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