Grosser Turm 2830m (Dri Türm)


Publiziert von Bombo , 21. April 2008 um 21:53.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Prättigau
Tour Datum:20 April 2008
Ski Schwierigkeit: ZS+
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   A 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1550 m
Abstieg: 1550 m
Strecke:St. Antönien (Bühl, PP Nr. 5) - Carschinahütte SAC - Drusator - Drusenfluh P. 2830 - Drusator - Partnun - St. Antönien
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Bei St. Antönien der Strasse folgend immer geradeaus (bergaufwärts) bis Parkplatz Nr. 5 - Gebühr CHF 5.--
Unterkunftmöglichkeiten:St. Antönien, Partnun, etc.
Kartennummer:LK 1:50'000, Bl 238 S "Montafon"

Eine weitere Folge von "bombostische Schlumpfentouren", heute:


"Drusenfluh - vom Gipfelstürmer zum Pirouettentänzer" (nichts für Kurztext-Leser...)

Es ist 03.30 Uhr - mein Handy klingelt, "all-in-one" heisst das heute - Telefon und Wecker gleichzeitig. Wäre unsere Technologie noch nicht so fortgeschritten, so würde ich wohl noch heute im Tiefschlaf schlummern, denn wo kein Handy, da kein Wecker...

Mein erster Gedanke geht an meinen Tourenpartner Roger Schlumpf, welcher näher an unserem vereinbarten Treffpunkt wohnt - er kann noch mind. 15 Minuten länger schlafen, während ich noch immer Mühe habe, meine Augen überhaupt zu öffnen. Einmal mehr - die Nacht war zu kurz.

Pünktlich um 04.15 trafen wir uns im zürcherischen Aatal (Das Dinosauriermuseum passt irgendwie in diese Herrgottsfrühe) und fuhren in 1 1/4 Stunden zum Parkplatz Nr. 5, ein paar hundert Meter oberhalb von St. Antönien im Prättigau. Es ist 05.40 Uhr, wo wir der Welt den Rücken kehren und uns davon machen - jetzt gilt nur noch die Gegenwart und alles was Vergangenheit ist, lassen wir zurück und beobachten glücklich und zufrieden den Vollmond und die Sterne im bereits erwachten Tag. Begleitet werden wir vom Rauschen des Schanielabachs, welchen wir schon bald über eine Brücke überquerend verlassen und uns der endgültigen Bergruhe widmen.

Schollberg, Rotspitz, Schijenflue, Wiss Platte - die Berge beobachten uns. Doch wir beobachten auch, nämlich die prächtige Sulzfluh (http://www.hikr.org/dir/Sulzfluh_5260/), welche majestätisch über unsere rechte Schulter schaut. Unglaublich wie schnell der Tag seinen Lauf nimmt: die Sonne erleuchtet bereits die ersten Gipfel, die Vögel singen um die Wette und würde jetzt ein Hauch von Kaffeeduft uns umgeben, so wäre jetzt wohl der ideale Zeitpunkt, um eine Tasse davon zu geniessen.

Immer wieder bleiben wir stehen, die Waldgrenze längst hinter uns - vor uns, neben uns, hinter uns - überall nur noch eine durchgehend weisse hügelige Landschaft - selten habe ich so einen schönen Anblick einer verschneiten Gegend gesehen. Wir fühlen uns wie auf dem Mond - schwebelos, ruhig - so muss das Paradies sein. Vor uns taucht die Carschinahütte (http://www.carschinahuette.ch/) auf - hier werden wir unseren "Kaffeehalt" machen - wenn auch ohne Kaffee, aber das ist nebensächlich. Viel wichtiger ist die Drusenfluh - denn diese zeigt sich nun in ihrer vollen Grösse - Wahnsinn. Da sollen wir hochsteigen? Nicht wahr, oder? Diese Bergkette mit ihren zahlreichen Türme und Gipfel hat so etwas "gefürchiges" wie der Name selbst. "Drusenfluh" hört sich nun mal nicht harmonisch an - "Drusenfluh" steht ihrgendwie für kämpferisch, für spitzig, mutig, felsig und eben gefürchig. Was uns da wohl erwarten wird...

Bei der Hütte angekommen werfe ich einen Blick in den Winterraum - wow, hier lässt es sich also gut leben. Super gemütlich, sauber, alles vorhanden - auf jeden Fall einen Besuch bzw. eine Uebernachtung wert.

Ab jetzt heisst es nicht mehr nur geniessen sondern auch ein wenig "leiden" und schwitzen - bereits der Weg zum Drusator zwingt uns die ersten Schweisstropfen zu vergiessen. Während der eigentliche Weg links vom Drusator durchführt, stiegen wir ganz hoch zu diesen beiden "schützenden" Felsen, welche eben wie ein Tor aussehen (siehe Foto). Doch Achtung, mit diesem "krampfhaften" Aufstieg verliert man im Verhältnis zum "richtigen" Weg locker 10 Minuten - es sei also davor gewarnt! :-)

Anschliessend geht es skitragend ein kleines steiles Couloir hinunter bis man dann möglichst hoch die steilen Hänge der auslaufenden Drusenfluh-Bergkette quert. Achtung, hier herrscht mit stärkerer Sonneneinstrahlung absolute Lawinengefahr - wir sind vom einen über den anderen Lawinenkegel gefahren. Früh aufstehen ist hier um diese Jahreszeit ein Muss. Weiter geht es vorbei an der unübersehbaren Sporahöhle bis zu einem steilen schmalen Couloir, welches hoch zum Sporentobel führt. Hier heisst es Ski abziehen und auf allen vieren hochkraxeln. Wenige Höhenmeter weiter oben wird man jedoch für diese Anstrengung belohnt: Mächtige Felszähne greifen steil nach den Sternen - dies müssen wohl die Dri Türme sein.

Das Sporatobel zieht sich nun in die Höhe - der Schnee unter unseren Skis könnte nicht pulvriger sein. Eine schöne Aufstiegsspur erleichtert uns den Aufstieg - vor uns haben wir mind. 10 weitere Drusenfluh-Erklimmer gesichtet. Zuoberst beim Sporatobel müssen wir zuerst noch einmal tief durchatmen - der Aufstieg lässt unsere Kondition und Beinmuskulatur hinterfragen - einmal mehr nehmen wir uns vor, während der Woche nach der Arbeit mehr Sport zu treiben (was wahrscheinlich beim Vorsatz bleiben wird...). Nun gehts auf den Gipfelaufbau in nordwestliche Richtung - endlich sehen wir den höchsten Punkt. Zwar ohne Gipfelkreuz - diese sind auf den umliegenden "Zacken" verteilt - dafür aber mit einem mickrigen Steinmann (der hätte ruhig ein bisschen stolzer gebaut werden können...). Es ist 10.40 Uhr - die Drusenfluh mit dem höchsten Punkt auf 2830m ist inkl. Pausen und Geniessen nach 5 Stunden Aufstieg bezwungen.

Und noch etwas macht sich bemerkbar: Freude, Freude und nochmals Freude! Einmal mehr sind die Gratulationen von Roger wie Balsam aufs Herz - das ist der Moment, wo einem wohl unbemerkt das Herz einen Moment stillsteht und man alles rund herum vergisst. Ah ja, der Föhnsturm war natürlich noch immer am wüten - schätzungsweise um die 80 km/h haben uns um die Ohren gefegt. Dank der jahreszeitlichen Erwärmung und eben des Südwindes war es aber alles andere als kalt auf dem Gipfel - das hat man auch nicht alle Tage, dass es einem fast "vom Sockel haut" und Kuhnagel in weiter Ferne bleibt. Ein solcher Moment muss gefeiert werden - wir genehmigen uns einen 38% Kräuter-Schnaps aus der Chiemsee-Gegend - somit ist heute auch Deutschland mit von der Partie.

Die Aussicht auf das Panorma-Karussell ist schlichtweg unbeschreiblich - in allen Himmelsrichtungen strecken sich bekannte und weniger bekannte Gipfel empor - richtung Süden erkennt man die Auswirkungen des Föhnes - schlechtes Wetter und düstere Wolken. Die Sieger - wettertechnisch gesehen - sind heute die Oesterreicher, denn exakt auf der Grenze zwischen der Schweiz und Oesterreich lösen sich diese Wolken auf und hinterlassen ein Himmelsblau wie im Bilderbuche.

Die Abfahrt führt in etwa der Aufstiegsspur entlang - das Sporatobel wandelt sich von der Pulverpiste gleichzeitig in ein Tanzparket - wo nebst Kurzschwung auch der Pirouttentanz praktiziert wird - einen weiteren Kommentar hierzu scheint überflüssig... :-) Uebrigens Roger, Note 9 von 10... nächstes Mal die Brille nicht verlieren und kein Schnee im Gesicht, dann gibts 10 von 10... haha...

Knackpunkt bildet nochmals das Couloir, welches die Hang-Traverse von der Sporahöhle mit dem Sporatobel verbindet. Hier kann man von oben aus betrachtet das Couloir mit den Skis links umfahren und durch einen sehr schmalen Uebergang in die Traverse fahren. Doch aufgepasst, heimtückische Felsen warten auf die schönen Bretter und der Schnee ist um diese Tageszeit alles andere wie trittsicher bzw. skisicher. Augen zu und durch...

Während in kühleren Jahreszeiten die Nord-Abfahrt zur Lindauer Hütte bestimmt ein wahrer Pulvertraum ist, entscheiden wir uns für die Höhenlinie und fahren so leicht abfallend bis zum Punkt, wo uns die Aufstiegsspuren der Lindauer Hütte kreuzen. Hier geniessen wir einen sonnigen Rast und bestaunen ein weiteres Mal die Oesterreichischen Gipfel, welche so wild und unberührt das Land unser Nachbarn verzieren.

Es geht nun hoch bzw. zurück zum Drusator, erneut ziehen wir die Skis ab und stellen uns auf der Höhe einmal mehr dem Föhnsturm. Vor 1 Minute noch windstill und nun wieder ein Gebläse im Gesicht, als stünden wir im Sauber Formel 1-Rennstall im Windkanal (Christian, das wär was für Dich... smile). Dieses Mal den richtigen Weg genommen folgen wir den Spuren, welche zuerst abfallend und anschliessend wieder ansteigend dem Zipärli folgen. Ca. beim Punkt 2300 lassen wir die Carschinahütte rechts liegen und fahren in einer eigenen Spur richtung Brunnenegg und dann über die traumhaften Hänge des Meder hinunter nach Partnun. Nach rund 3 Stunden - inkl. Rast und Genusspausen - wartet hier das längst ersehnte Après-Bier - das haben wir uns heute einmal mehr verdient.

Nach der ergiebigen Bier- und Sonnenpause gehts nun zuerst weglos den Hang richtung Äbi und dort auf der Zufahrtsstrasse weiter zum Touren-Ende, welches vor rund 10 Stunden der Beginn einer unvergesslichen und konditionsreichen Tagestour war.

Ich danke an dieser Stelle meinem Kollegen Roger Schlumpf, welcher einmal mehr als Kartenleser und vorallem als "Hof-Fotograf" fungierte - die untenstehenden Fotos sind sein Werk und wiederspiegeln die unvergesslichen Momente dieser Tour. Merci Roger!

Schlumpf's Bericht kann hier nachgelesen werden: www.hikr.org/tour/post6458.html

Bitte Fotokomplimente direkt bei den Fotos von seinem Bericht erfassen - denn wer säht, darf auch ernten :-)


P.S. Sorry für die ungewollte Länge dieses Berichtes - aber wenn man plötzlich in Gedanken abdriftet, dann lässt es sich nur noch schwer bremsen...








Tourengänger: Schlumpf, Bombo


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

ZS+
20 Apr 08
Grosser Turm 2830m (Dri Türm) · Schlumpf

Kommentare (4)


Kommentar hinzufügen

CK hat gesagt: Lustig:-)
Gesendet am 22. April 2008 um 00:45
Hoi,

ihr seid schon lustig ihr zwei:-))

Gruss, Christian

Lois hat gesagt: Freue mich ;-)
Gesendet am 22. April 2008 um 10:09
Hallo bombastisches Schlumpfenduo,

Euer Bericht weckt wieder Erinnerungen an eine unvergesslich schöne Tour im Rätikon. Gruß Lois

Fenek hat gesagt: schöön!
Gesendet am 22. April 2008 um 11:26
Gratulation an euch beide! Ein schöner Bericht Dominik. Beim Lesen taucht man grad mit ein in eure Erlebnisse. Bilder wie immer super, Roger!!

Bombo hat gesagt: RE:schöön!
Gesendet am 23. April 2008 um 21:06
Salü mitenand

Danke für Eure Gratulationen und Kommentare - ich hoffe, dass Roger weiterhin diese unglaublich schönen Bilder schiesst und ich meinerseits Euch nicht mehr mit so langen Berichten quälen muss, smile...

Bis bald und weiterhin gute Touren - es herrschen Traumverhältnisse! :-)


Kommentar hinzufügen»