Windschartenkopf: Wanderung für Naturfreunde


Publiziert von antenberg , 27. April 2013 um 21:17.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Berchtesgadener Alpen
Tour Datum: 1 August 2009
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1300 m
Strecke:18 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Berchtesgaden - Wanderparkplatz Hinterbrand (1130 m)
Unterkunftmöglichkeiten:Keine erforderlich
Kartennummer:UK 50-55 1:50 000 (Bayerisches Landesvermessungsamt) oder UK 25-1 »Nationalpark Berchtesgaden«

Sollten das nicht alle unsere Touren sein? Natürlich, aber diese ist ein besonderes Schmankerl für Blumen- und Tierliebhaber. Die Wahrscheinlichkeit, hier auf nicht Alltägliches zu stoßen ist recht groß. Deshalb blicken auch die Ferngläser der Bergwacht oft in diese Richtung, und das nicht ganz ohne Grund …

Es ist ein unspektakuläres Tourenziel im Nationalpark Berchtesgaden. Für den Wanderer, der sich auch wegloses Gehen in weitgehend unschwierigem Gelände zutraut, ist das aber eine ganz besondere Tour. Wir jedenfalls begeben uns auf den Weg, wenn wir uns Einsamkeit, Naturschönheit und ein paar besondere Erlebnisse wünschen. Und das kommt gar nicht so selten vor.
Ein Nationalpark ist ja nicht nur für uns Menschen da, primär soll er dem Schutz und der Erhaltung der Pflanzen- und Tierwelt dienen. Eine gelungener Kompromiss zwischen einer einfach nur schönen Bergtour und einem Musterbeispiel des Naturschutzes finden wir in diesem sehr ursprünglich gebliebenen Gebiet um den Seeleinsee. Man könnte vielleicht einwenden, dass die recht häufig begangene Kleine Reibe durch diese Region führt, auch das an anderer Stelle beschriebene Hüttentrekking verläuft teilweise durch das westliche Hagengebirge. Wie an so vielen Stellen im Gebirge trennen aber oft nur ein paar Meter das viel besuchte vom einsameren Gebiet.
Der Beginn am Wanderparkplatz Hinterbrand ist kein ungewöhnlicher Startpunkt. Auch der tagsüber rege besuchte Höhenweg zur Königsbachalm und weiter in Richtung Schneibsteinhaus und Stahlhaus ist zwar wunderschön, aber durchaus nichts Außergewöhliches. Eher schon, dass in den sehr frühen Morgenstunden, in denen wir hier unterwegs sind, meist noch keine Menschenseele auf diesem alpinen Spaziergang zu finden ist. Aber, wer Außergewöhnliches erleben will, muss früh aufstehen …
Im Morgengrauen wandern wir vom Auto weg, die letzten Nebelschleier der Nacht kriechen über die taufeuchten Almwiesen. Müde und leise klingen die Glocken der wiederkäuenden Kühe. Die Spitze des Watzmanns färbt sich rosa. Ein herrlicher Frühsommermorgen bricht an.
Bald nach der Abzweigung zur Priesbergalm verlassen wir das Almsträßchen und biegen nach rechts in das Königstal ein. Durch üppige Vegetation, zwischen uralten Bergahornen wandern wir gemächlich in das schöne Tal, passieren die Königstalalm, wo die Sennerin ihren Arbeiten nachgeht. Weiter ins Tal geht‘s hinein, auf die schroffen Felswände zu. Eine bezaubernde Wiese liegt in der Morgensonne, alles glitzert und funkelt. An der Pfadteilung eine kleine Pause auf einem schon warmen Stein. Rechts wandert man zur Rotspielscheibe, links geht‘s weiter auf die Königstalwand zu.
Oft gehen wir hier zwischen Kühen durch, die uns erstaunt nachschauen, besonders unser Hund interessiert sie. Ein bequemer Almweg leitet ohne Anstrengung durch einen besonders schönen Alpengarten. Almrauschblüten leuchten rosa aus dem Grün, überall blüht und leuchtet es. Kurz vor der himmelhohen Wand zweigt unser Weglein nach rechts ab und steigt, nun langsam steiler werdend, immer unter den Wänden aufwärts. Weiter oben verliert sich der Pfad, wir steigen in der Morgensonne über die charakteristischen rauen Karrenfelsen mit tief eingeschnittenen Rillen. Links über uns öffnet sich ein weites Kar, die sonnigen Grashänge des Reinersberges leuchten herunter. Oft sehen wir hier große Gamsrudel, die Kitze fahren auf den letzten Schneeresten Schlitten und haben einen Heidenspaß.
Auch Gruppen von Steingeißen mit ihren Kleinen sind uns da schon begegnet, und einmal standen wir plötzlich vor einem jungen Schneehasen, der uns furchtlos und interessiert betrachtete. So gibt es immer etwas zu erleben.
Weglos aber ohne Schwierigkeiten steigen wir durch das Kar hinauf, erst durch üppiges Gras, später über raue Felsen. Die Sonne steht schon recht hoch, als wir nach so viel Bummelei den Wanderweg zum Seeleinsee bei der Windscharte erreichen. Hier begegnen wir eher der zweibeinigen Gattung „Bergwanderer“, die das herrliche Sommerwetter und den schönen Höhenweg genießen.
Gleich nach der Scharte verlassen wir aber wieder den markierten Weg und steigen auf einem Pfad steil hinauf zum Windschartenkopf. Unser bergsteigerisches Ziel haben wir nun erreicht, ein großes Kreuz ziert den runden Wiesenkopf. Ein lange, genüssliche Rast ist angesagt. Es gab bisher keine alpinistischen Höhepunkte, wir sind einfach nur durch eine bezaubernd schöne Natur gewandert, haben uns über Blumen und Tiere gefreut. Diese Wanderung ist Balsam für Sinne und Seele.
Weite, eher sanfte Kuppen umgeben uns, erst in einiger Entfernung ragt der Kahlersberg steil empor. Und in der Ferne sind sie wieder alle, die schroffen Berchtesgadener, vom Watzmann bis zum Hochkönig mit der Übergossenen Alm, die nur im Frühsommer noch so richtig schön ist.
Wir sitzen am Gipfel, genießen unsere Brotzeit, ab und zu kommt ein Wanderer, aber voll ist dieser Gipfel eigentlich nie. Wenige Meter von uns lag einmal ein mächtiger Steinbock, er ließ sich von uns, auch von unserem Hund, nicht weiter stören. Majestätisch lag er auf einem kleinen Wiesenstück und blickte in Richtung Steinernes Meer.
Nach ausgiebiger Pause beginnt nun eine gemütliche Höhenwanderung über Wiesenkuppen bis zum Hochseeleinkopf. Weglos aber ohne Schwierigkeiten spazieren wir durch blühende Bergwiesen, genießen Aussicht und frische Luft auf diesem herrlichen Kamm. Duftende Kohlröschen, leuchtender Eisenhut, immer blüht etwas. Wenn wir Glück haben, begegnen wir noch einigen Steinböcken, manchmal sitzen sie auch hoch auf Wiesenbalkonen über dem Wanderweg im Tal, das sich gemächlich zum Seeleinsee absenkt, von den Hüttentrekkern meist unbemerkt. Oft wandern sie aber auch auf der östlichen Seite des Rückens über der weiten Hochfläche des Hagengebirges über die Wiesen, stampfen dann schon einmal auf, wenn wir ihnen zu nahe kommen und tragen geschickt ihre gewaltigen Hörner über die Felsen.
Im Sommer gibt es hier auch Edelweiß, und dann ist verständlicherweise die Bergwacht im Hüttchen oberhalb des kleinen Seeleinsees sehr wachsam. Leider gibt es immer wieder Menschen, die dieses Geschenk der Berge nicht an Ort und Stelle genießen können. Am Endpunkt dieser Höhenwanderung erreichen wir einen kleinen Wiesenkopf hoch über dem ovalen grünen See. In der Tiefe sehen wir Wanderer, die es sich an seinem Ufer gemütlich gemacht haben. Oft sitzen wir hier noch eine Weile und schauen, bevor wir uns an den Abstieg machen. Über steile Wiesenhänge geht es nun hinunter, und man muss schon ein wenig aufpassen, dass man den winzigen Steig, der über steile Geröllhalden hinunter an den See führt, nicht verpasst und weglos herumirrt. Und wenn man ihn gefunden hat, heisst es vorsichtig über den rutschigen Schutt hinab zu steigen, bis wir unten wieder auf den Wanderweg treffen.
Auch wir gönnen uns hier eine Pause am See, Brigitte geht gerne ins kalte Wasser und erntet dafür bewundernde Blicke. Auch unsere Jessy muss ihre vier Pfoten kühlen, aber immer nur bis zum Bauch!
Der Abstieg übers Kammerl oder die Großen Rossfelder ist dann noch einmal köstliche Einsamkeit und Natur pur, bis wir an der Priesbergalm wieder auf Menschen treffen und uns ein kühles Getränk  an der netten Hütte gönnen.
(Dieser Tourenbericht ist ein Auszug aus unserem Buch »Bergerlebnis Berchtesgadener Land«, das kürzlich erschienen ist)

Tourengänger: antenberg


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