Schauspiel in einem Akt. Ort des Geschehen: zuhause, nachdem Kind(er) ins Bett gegangen sind. Es steht die Wochenendplanung an.
Er hat soeben den Wetterbericht gegoogelt und festgestellt, dass der Sonntag bestes Kletterwetter verspricht. Sie blättert im Prospekt "Familienausflüge in der Ostschweiz" und bleibt bei "Schneeglöggliweg Matzingen" hängen.
Er (eisern bemüht, seine Klettereuphorie so gut es geht zu unterdrücken): Schatz, am Sonntag ist es schön und warm. Wollen wir als Familie wieder mal so richtig schön nach draussen gehn?
Sie (blickt auf): Gute Idee. Komm, ich hab da was gesehn, das können wir mit Peterli machen und dann auch gleich die Ute fragen, ob wir ihre kleine Tochter mitnehmen sollen. Weisst Du, die Ute braucht einfach wieder mal einen Sonntag für sich.
Er (um Fassung ringend, innerlich am Zerbrechen): Ähm ja, klingt interessant. Also das mit dem Schneeglöggliweg...und das mit Utes Tochter, dem Heideli, natürlich auch.
Sie: Super, ob die Schneeglöggli noch blühen?
Er (seine Chance witternd): Hmmmmmmmmmmmmmmmmm, ist natürlich etwas spät.......April und Schneeglöggli. Ist ja irgendwie auch nicht so ideal, wenn man Stadtkindern vormacht, Schneeglöggli würden im April noch blühen bei uns. Ich seh jetzt auch grade, dass das nicht so ganz nah am Bahnhof liegt, müsste man schon das Auto benützen....zwingend.....Das muss man so machen für diesen tollen Ausflug.
Sie (bestimmt): Aber ich will dem Peterli zeigen, dass man auch gut ohne Auto auskommen kann. Und Heideli kotzt immer gleich nach zwei Kurven. Ich will mit dem Zug fahren.
Er (bestätigend): Ja, das finde ich auch ganz wichtig. Was meinst Du (streichelt ihr sorgfältig übers Haar)?
Sie (bestimmt): Wir machen etwas draussen, wo wir mit dem Zug hinkommen.
Er (die Heuchelei ins Unerträgliche steigernd): Also ich wüsste da was ganz,ganz Herziges. Da kommen wir mit nur sieben Mal umsteigen und kleinem Fussmarsch ratzfatz hin. Es gibt eine tolle grosse Höhle, absolut kindersicher. Da können die Kinder den ganzen Tag herumtollen und es gibt überall Schatten und Sonne und gleich nebenan eine gut eingerichtete Feuerstelle zum Bräteln.
Sie (hat angebissen): Wie kommt man denn dahin? Und ist das auch sicher? und gibt es da Zecken? und müssen wir Wasser und Holz selber mitnehmen? und wie tragen wir das alles? und was sollen wir sonst noch mitnehmen?
Er: Och, das weiss ich. Ja, hundertprozentig. Höchstens ganz wenige. Wasser ja, Holz nein. Ich trage alles hoch. Woran denkst Du denn?
Sie (nun in ihrem Spezialgebiet zuhause): Znüni, Zmittag, Zvieri, Sonnentuch, Sonnenbrille, Sonnecrème, Ersatzkleider für drei Wochen, Zeckenspray, geschlossene helle Zusatzkleidung wegen der Zecken, eine Hängematte, Taschenmesser, Notfallapotheke, etc.etc.etc.........(nach weiteren zehn Minuten schliesst die Aufzählung)....Taschentücher, ein kleines Globibüechli und das Handy für Notfälle.
Er (beiläufig erwähnend und wissend, dass er gar nicht bouldern will): Ich nehm dann noch das Bouldermätteli mit und ein Paar Kletterfinken...nur so ein bisschen zum Plausch.
Sie (sichtlich entrüstet, aufbrausend): Und Ich? Ich will auch klettern. Du denkst immer nur an Dich und weisst dabei ganz genau, dass ich lieber klettere als bouldere. Das ist so egoistisch von Dir.
Er (sanft im Ton, zum grossen Finale überleitend): Oh, entschuldige. Weisst Du...ähm...ich wollte nur nicht, dass das Klettern so einen grossen Stellenwert einnimt. Natürlich können wir auch Routen klettern, es hat dort nämlich so ganz zufällig etwa 30 Routen in verschiedenen Graden bei bester Absicherung...das fällt mir jetzt ein, wo wir davon reden...
Sie (mit aufgehellter, freundlicher Stimme): Sehr gut. Das machen wir so!
Er sagt gar nichts mehr, denn ab jetzt kann er es nur noch vergeigen. Schnell und eifrig leitet er über zum Packen, damit der Entscheid (in Form von zwei Rucksäcken mit Klettermaterial und sieben Taschen mit dem Allernötigsten für den Familienausflug) sichtbar vor der Haustür deponiert ist. Ein entspannter Abend beginnt...
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