Der lange Weg zum Etscherzapfen

Einsame Ski-Gipfel am Fuss des Mürtschenstocks - viel Ruhe und unverspurte Hänge in einer der abgelegeneren Regionen der Ostschweizer Voralpen

Schon lange reizte mich ein Besusch der weiten Nordhänge des Hochmättli über dem Murgtal mit den Skis. Doch wie kommt man am besten dorthin? Der Zugang vom Murgtal her ist im Winter gesperrt (Wildschutzgebiet), nur vom Schilt, oder von den Hüttenbergen ist das Begehen der Skirouten im Winter erlaubt - beide Wege erfordern mindestens drei Aufstiege. Eine eher umständlichere Tour, also. Doch, sucht man neue Wege, unberührte Hänge und Skitouren-Einsamkeit muss man das in Kauf nehmen. Die hier beschriebene Tour  ist streckenmässig weit, eher kompliziert, landschaftlich aber sehr lohnend. Sichere Lawinenverhältnisse sind die Voraussetzung. Besonders sollte man nicht zu spät am Tag unterwegs sein. So startete ich heute schon wieder im Dunkeln und war dafür mittags wieder zu Hause.

Bei stockdichtem Nebel und Dunkelheit starte ich in den Hüttenbergen - alles pflotsch-nass, die Bäche rauschen. Schnee liegt fast keiner mehr auf dem Fahrweg und die Skis müssen getragen werden. Endlich dringt die fahle Sichel des Mondes durch den Nebel. Ich hoffe auf eine gefrorerene Schneeoberfläche. Doch die Rechnung ist ohne die bedeckte Nacht gemacht. So bleibt es eine Sauce bis in den Meerenboden, welchen ich in der Dämmerung auf einer sportlich steilen Spur erreiche. Weiter mit gehörigem Flachanteil gegen Robmen. Mit einem kurzen Abstecher nehme das von unten neckische Tugsteinhorn mit (von oben ist es kaum zu erkennen) - eine hübsche Aussichtskanzel! Abfahrt bis ca. 1550 m.ü.M. ins Murgtal. Dieser Hang sollte auf keinen Fall zu spät am Tag begangen werden (Nassschneelawinen). Da das meiste schon unten zu sein scheint, durchfuhr ich die kurze lawinengefährdete Stelle, obwohl der Schnee schlecht gefroren war. Über wenig geneigtes Gelände zum Ende des Grossen Walenchängels, einer der zwei erlaubten Skirouten durch die Nordflanken des Hochmättli. In weiterhin nicht tragendem Schnee geht es anfangs relativ steil (ca. 30°) und später im Einschnitt des "Chängels" flacher bergauf. Die Route ist landschaftlich sehr lohend und nicht schwierig. Erst ab ca. 2000 m.ü.M. ist die Kruste tragend und von einem Pulverschäumchen überlagert.
Das Hochmättli gehört im Winter den Gämsen und ich wende mich nach rechts zum Chli Hochmättli (der Gipfel ist ebenfalls kaum erkennbar), auf welchem ich endlich die Sonne erreiche - wunderschön! Der beste Teil der Tour folgt jetzt: Der Schneegrat zum Etscherzapfen lässt sich durchgehend mit den Ski an den Füssen überschreiten (teilweise etwas exponiert) - Sonne und geniale Aussichten in alle Richtungen. Die Besteigung des Felsgipfels am Etscherzapfen (deutlich niedriger und kaum prominent) schenke ich mir, und fahre nach einer Rast durch die Nordflanke ab. Im oberen Teil ein absoluter Skitraum: weite offene Hänge mit 35-40°, harte Unterlage. Weiter unten nimmt dann leider der Bruchharst überhand, die Abfahrt ist aber immer noch schön.
Noch bevor die Sonne den Steilhang unter Robmen erreicht hat, steige ich wieder auf. Man folgt dem nördlichen Sommerweg, der über die Terrasse von Maseltu führt. Weiter geht es in schönem Aufstieg über den langen SW-Kamm gegen das Albigligenstöckli. Auch hier ist die Distanz beträchtlich. Die weiten, uneberührten Schneeflächen und die Ausblicke auf den Mürtschenstock entschädigen aber dafür. Abfahrt über die Normalroute zum Meerenboden und zurück in die Hüttenberge. Da im Verlauf des Morgens der Schnee doch noch gefroren ist, wird es eher ruppig.