Mythen-Trilogie


Publiziert von Bergamotte , 18. November 2012 um 17:27.

Region: Welt » Schweiz » Schwyz
Tour Datum:17 November 2012
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Mythengruppe   CH-SZ   Alptaler Berge 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 1350 m
Abstieg: 1350 m
Kartennummer:1152 Ibergeregg

Eigentlich hatte ich das Projekt der Mythen-Überschreitung - einer der grossen Hikr-Klassiker - bereits auf 2013 verschoben. Zu heikel schienen mir die Nordaufstiege angesichts der Schneereste. Doch nach einem Anruf bei der Haggenegg-Wirtin änderte ich meine Meinung - und sollte es nicht bereuen.

Eine detaillierte Beschreibung der Routen erübrigt sich angesichts der Fülle hervorragender Berichte zum Thema. Besonders gut gefallen hat mir derjenige von alpinos. Speziell für den Grossen Mythen kann ich Euch zudem die Berichte von HBT (voilà) und ossi (voici) ans Herz legen.


Brunni - Haggenegg - Haggenspitz (T6-/II, 1:45, ohne Müllerkamin)

Die grössten Fragezeichen bestehen beim Haggenspitz Nordaufstieg: Wie problematisch werden die Schneereste sein? Zur Sicherheit packe ich neben dem Helm noch den Pickel ein. Vom höchsten Punkt des Haggenegg (1414m) Übergangs folge ich Fusspuren, immer direkt auf dem Rücken bis zum Schärsackzahn.

Aufgrund einer Spur entscheide ich mich für eine Linksumgehung. Irgendwann verlieren sich die Spuren und ich quäl mich ein steiles Geröllfeld rauf. Im Sättelchen zwischen Schärsackzahn und Haggenspitz N-Grat dann eine erste Unsicherheit: Wie geht es weiter? Direkt den Grat hoch (schwache Spuren / Wildwechsel) oder dem Weglein folgen, welches horizontal gegen SW führt? Die erwähnte Markierung ist nirgends zu erkennen. Ich entscheide mich - zum Glück - für die Wegspuren. Nachdem ich wenige Minuten durch die Westflanke gequert habe, entdecke ich endlich die roten Markierungen.

Was nun folgt, ist einfach Genuss pur. Durch abwechslungsreiches Gelände - mal felsig, mal zugewachsen wild - folge ich guten Wegspuren und Markierungen. Erinnerungen an die lohnenswerte Brenna-Route kommen auf. Kurz vor der Schlusswand gerate ich in grössere Schneefelder. Doch der Schnee ist hart und gut zu gehen, der Pickel bleibt am Rucksack. Nach links querend - schwachen Fussspuren folgend, denn die Markierungen sind unter Schnee begraben - erreich ich die Schlusskamine, eine schöne II. Zufrieden erreiche ich den einsamen Haggenspitz (1761m) - der wohl schönste Moment des Tages. Wenig später werden noch weitere Berggänger folgen.

Haggenspitz - Kleiner Mythen (T5+/II, 0:40, mit Kamin)

Vom Haggenspitz erkennt man gut den Kamin am Kleinen Mythen. Er selber ist schneefrei, der Zustieg hingegen teils zugeschneit. Ich zögere längere Zeit, entscheide mich dann aber gegen die ostseitige Umgehung des Kamins. Zunächst folgt aber der Abstieg ins Griggeli, welcher kaum die T5 erreicht. Warmer Fels, duftende Nadelbäume... ich wähne mich im Mittelmeerraum - und das Mitte November!

Mit der nötigen Konzentration lässt sich gut über die Schneefelder aufsteigen und ich erreiche den Kamin. Bereits von weiter unten konnte ich zwei Berggänger im Abstieg durch den Kamin beobachten. Sie sind dann aber plötzlich verschwunden, da hat sie unterwegs wohl der Mut verlassen. Im Gegensatz zu anderen Hikrs und dem Clubführer bewerte ich den Kamin mit II statt III. Griffe und Tritte sind gut, teils helfen Ketten und man fühlt sich wenig ausgesetzt. Zum Vergleich: Die Schlüsselstelle im Schaffhauser Kamin erlebte ich eindeutig kniffliger.

Auf dem Kleinen Mythen (1811m) ist's dann vorbei mit Einsamkeit. Immer stärker füllt sich der Gipfel, so dass ich meine ansonsten lange Mittagsrast verkürze.

Chalberstöckli - Grosser Mythen (T6-/II, 2:10)

Die Normalroute auf den Kleinen Mythen gibt mehr her als ich erwartet hätte angesichts der zahlreichen Wanderer. Und wenn mich nicht alles täuscht, kreuze ich im Abstieg den legendären Tschäss: Schnauzer, oben ohne, Bidongurt, Turnschuhe, gefühlte 1000hm/h.

Ab Zwüschet Mythen (1438m) erreiche ich in 15 Minuten das Geröllfeld, welches den Einstieg zur Chalberstöckli-Route markiert (Grosser Mythen NE-Grat). Aber was nützen die schönen Hikr-Berichte, wenn man sie im Rucksack lässt? Diese Bequemlichkeit bezahl ich Esel mit einem Ausflug in T6/III Gelände, die heikelste Stelle des Tages. Konkret klettere ich praktisch direkt in den Sattel vor dem Chalberstöckli. Dabei hatte HBT doch betont, dass man sich viel weiter rechts halten soll. Item.

Kurz auf den höchsten Punkt des Chalberstöckli (1551m), dann - nach kurzer Sucherei - den rosa Punkten folgend in die Höhe. Das Gelände ist stark verwachsen (dadurch kaum exponiert), die Fussspuren nicht immer gleich ausgeprägt. So bin ich um die regelmässigen Markierungen äusserst froh, denn es gäbe durchaus andere Varianten.

Gegen oben werden die Schneefelder ausgeprägter. So kommt der Pickel doch noch zum Einsatz. Auch die ausgesetzte Querung ist völlig zugeschneit. Doch der Schnee weist eine gute Härte auf, die Schwierigkeit nimmt deshalb nicht zu. Trotzdem fühl ich mich mulmig und bin froh, endlich die Ketten zu erreichen. Nach kurzer Kraxelei erreicht man den Schlussgrat. Nach dem langen Schattenaufstieg scheint mir die Sonne wieder ins Gesicht, man erkennt (und hört...) den Normalweg - das Gröbste ist geschafft. 10 Minuten später stehe ich auf dem Normalweg, rutschig wie eine Eisbahn, und dann auf dem Grossen Mythen (1898m).

Rotgrätli - Schafweg - Brunni (T5/II, 1:30)

Von der Fahnenstange ziehe ich die Rinne neben dem Rot Grätli runter, gute Foto von ossi. Die Erstbegehung dieser Route von oben gestaltet sich mühsamer als erwartet, die blauen Punkte sind so nämlich nicht immer gut zu erkennen. Die Route verläuft aber tatsächlich meist direkt auf dem Grat, nicht in den Rinnen nebenan, wie ich bald erkennen muss.

Mit der entsprechenden Konzentration geht es aber gut und ich erreich die Mythenmatt (die Weide, welche man bereits vom Gipfel sieht), wo ich die Wegspuren vorübergehend verliere. Macht nichts, denn die Richtung ist klar. In einer langen Traverse umgeht man die gesamte Südflanke des Mythen ("Schafweg") - einfach wunderschön! Das Gelände ist zum Teil bös abschüssig, doch aufgrund der Exposition völlig trocken. Zahlreiche Drahtseile entschärfen die heiklen Stellen, was auch nötig ist.

Die 50m Gegenanstieg müssten nicht sein. Es ist heiss. Im Hochsommer wird man hier wohl regelrecht gebraten. Zurück auf den Normalweg und im Turbo zurück nach Brunni (1089m).


Fazit: Bei der Mythen-Überschreitung handelt es sich zu recht um einen Hikr-Klassiker, ein Schmankerl gerade für die Nebensaison. Der ambitionierte, schwindelfreie Alpinwanderer findet schönstes Kraxel- und Klettergelände im Überfluss. Klarer Höhepunkt der Trilogie bildet für mich der Haggenspitz Nordaufstieg. Ich teile die Meinung der meisten Hikrs, dass erfahrene T5/T6-Gänger die Überschreitung guten Gewissens ohne Sicherungen in Angriff nehmen können.

Tourengänger: Bergamotte
Communities: T6


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Kommentare (3)


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Bombo hat gesagt:
Gesendet am 18. November 2012 um 20:09
Hoi

Da hätten wir das gestrige Mythen-Projekt gemeinsam angehen können :-) Ich war auch auf dem Gross Mythen (sass auf der grossen Holzbank) und wollte zuerst auch die Gesamtüberschreitung machen. Mir fehlte aber zu Beginn irgendwie die nötige Motivation, weshalb ich zuerst einmal in der Sonnenhütte den gleichnamigen Kaffee genoss, dann eher zügig auf den Gipfel stieg und dort dafür wieder die Pause genoss. Anschliessend auf selbem Weg runter und zurück zur Sonnenhütte :-)

Gratuliere zum Erfolg - für mich eine der tollsten Überschreitungen in der Gegend!

Gruess
Bombo

Scout hat gesagt: Gratulation...
Gesendet am 18. November 2012 um 21:30
... auch von meiner Seite.

Das hätte wirklich fast ein spontanes, ungeplantes "Mini-hikr-Treffen" werden können:
Auch wir waren gestern auf den drei Mythengipfeln...
Vermutlich waren wir am Haggenspitz die "weiteren Berggänger, die wenig später folgten..."
Den schnellen oben ohne Wanderer haben wir im Abstieg vom Kl. Mythen jedenfalls auch gekreuzt!
Gruss
Urs

Bergamotte hat gesagt: RE:Gratulation...
Gesendet am 19. November 2012 um 09:11
Hikrs wissen eben, was gut ist!


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