Daumengruppe - Überschreitung


Publiziert von Peter K. , 26. Oktober 2012 um 22:34.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:16 Oktober 2012
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1850 m
Abstieg: 1860 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt: Reichenbach, Oberstdorf
Zufahrt zum Ankunftspunkt: Hinterstein Grüner Hut, Hindelang

Daumengruppe – Überschreitung

Ursprünglich hatte ich die Überschreitung der Daumengruppe von Reichenbach über den Hindelanger Klettersteig und die Hohen Gänge nach Hinterstein geplant. Mit dem unverhofften Schneefall am Tag zuvor gestalteten sich die Verhältnisse am Grat jedoch zu impraktikabel. Mit einer Variante über die südliche Karstfläche konnte ich aber doch noch eine schöne Herbstwanderung verbuchen.

Rubihorn – Normalweg

Um halb 9 mache ich mich von Reichenbach (857m) auf den Weg zum Rubihorn, dass mit seiner imposanten Nordwand über dem Dorf thront. Von der asphaltierten Straße zur Gaisalpe abzweigend, führt ein gut ausgebauter Wanderweg durch den Gaisalptobel hinauf. An der bewirtschafteten Gaisalpe (1.149m, 0:30 Std) vorbei, geht es nun über Almwiesen und durch kurze Waldriegel aufwärts. Die Geländestufe an den Unteren Gaisalpfällen (ca. 1.300m) überwindet der Wanderweg linksseitig im Schrofengelände mit kurzen drahtgesicherten Passagen (T2).

Ab dem Unteren Gaisalpsee (1.508m, 1:00 Std) steige ich nun durch den Schnee weiter, der das Gelände am Vortag eingepudert hat. Unter den 5 bis 10 cm Pulverschnee sind die Konturen des Weges jedoch immer noch gut sichtbar, sodass Orientierung und der Aufstieg noch recht leicht fallen. Ostwärts geht es um den See, bevor das Gelände in einem Latschenhang etwas aufsteilt. Entlang der nördlichen Seite des Osthanges gewinnt der Weg rasch an Höhe. Eine markante Scharte (Wegweiser) wird wenig schwierig über schrofiges Gelände (T3) erreicht. Nun geht es in wenigen Minuten auf einem schmalen Steig westseitig um den Gipfelaufbau herum zum Rubihorn (1.952m, 1:00 Std).

     
 
Schwierigkeit: T3
Aufstieg: 1.085 hm
Gehzeit: 2:30 Std
 
     

Gaisalphorn & Geißfuß – Überschreitung

Vom Rubihorn zurück zur südlichen Scharte. Von hier an folgt der Weg dicht dem Gratverlauf, zwischen Latschen und über kurze, teils versicherte Felspassagen (T2). Über einen namenlosen Kopf in die nächste Scharte genannt Niedereck (1.862m), wo der beschilderte Weg in Richtung Vordere Seealpe abzweigt. Der linke Abzweig führt nun zum Gaisalphorn hinauf, wobei kurze, ausgesetzte Steilpassagen (T4 I) überwunden werden müssen. Eine kurze, senkrechte Stufe (Drahtseil) und eine Leiter markieren hierbei die kniffligsten Stellen – im eingeschneiten Zustand ist etwas Trittsicherheit gefragt. Die letzten Meter wieder leichter hinauf zum Gaisalphorn (1.953m, 0:40 Std).

Ostseitig über die schroffige Flanke (T3) hinab und entlang der Lawinenverbauung zu einem wenig ausgeprägten Sattel (1.919m) vor dem Geißfuß. Über den Westgrat (T2) unschwierig zur Windfahne am Gipfel des Geißfuß (1.981m, 0:20 Std). Ebenso einfach über den Ostgrat in den Geißfußsattel (1.948m).

     
 
Schwierigkeit: T4 I
Aufstieg: 175 hm
Gehzeit: 1:00 Std
 
     

Nebelhorn – SW-Flanke

Da ich mir den Zeitverlust an den eingeschneiten Felsen hinauf zum Gundkopf ersparen möchte, entscheide ich mich für die untere Querung und den Weg über die SW-Flanke des Nebelhorns. Zunächst führt der Weg den Hang ostwärts entlang und verliert dabei etwas an Höhe. Wenig später deutet ein Wegweiser nach Links die direkte Variante zum Nebelhorn an. Der Südgrat des Gundkopfes wird umrundet, bevor es über eine gleichmäßige Flanke (T2) unterhalb einiger Felswände zum Nebelhorn  Westgrat hinauf geht. Hier auf einem leichten Steig zum Gipfel des Nebelhorns (2.224m, 1:00 Std) mit angeschlossenem Panoramarestaurant. Vom höchsten Punkt beeindruckt ein tolles Panorama über das eingeschneite Allgäu.

     
 
Schwierigkeit: T2
Aufstieg: 365 hm
Gehzeit: 1:00 Std
 
     

Versuch Hindelanger Klettersteig

Nach kurzer Aufwärmpause am Nebelhorn mit Gulaschsuppe und aufgefrischten Wasserreserven gehe ich die nächste Etappe meiner Überschreitung an. Ich bin mir nicht ganz sicher ob ich bei den herrschenden Verhältnissen eine sichere und zügige Überschreitung des Klettersteiges absolvieren kann, möchte aber zumindest einen Versuch wagen. Von der Gipfelstation der Nebelhornbahn weisen Wegweiser den Einstieg zum Hindelanger Klettersteig aus – es geht südlich um die Gebäude herum und zurück zum Grat. Der Weg ist noch nicht gespurt, allerdings erschwert der wenige Schnee den Aufstieg nur geringfügig.

Bereits beim ersten Aufschwung (T4 I) östlich vom Nebelhorngipfel zeigen sich jedoch die Tücken dieser „Fast-Winterbegehung“. Auf den Felsen schmilzt der von der Sonne angetaute Schnee, während das Wasser schattseitig wieder gefriert. Die Kletterpassagen lassen sich leicht vom Pulverschnee befreien, doch erweisen sich die überfrorenen Felsen als recht hinderlich. Im ostseitigen Abstieg vom ersten Gratkopf – über vereiste Felsen rutsche ich eine Rinne in einen Bett aus Pulverschnee hinab – gelange ich zu der Einsicht, dass eine Begehung ohne Steigeisen bei diesen Verhältnisse ein zu hohes Risiko bergen würde.
Also geht es wieder einmal zurück auf Start. Über den ersten Gratkopf steige ich retour zur Scharte unterhalb des Nebelhorngipfels und von dort aus über eine leichte Flanke (T2) nach Süden zum Wanderweg ab.

Engeratsgundsee

Ich überlege womit ich den Rest des Tages verbringen kann – nach Süden in Richtung Schrochen oder ostwärts zum Großen Daumen. Die Entscheidung fällt auf den mehr abgelegenen Höhenweg über den Karsthang zum Großen Daumen. Auf dem Wanderweg geht es hinunter zur Seilbahnstation (2.068m) und von dort aus Spuren folgend nach Osten.

Die leicht abschüssige Karstfläche ist ebenfalls schneebedeckt, ermöglicht aber immer noch ein zügiges Vorankommen. Im Folgenden geht es eine gefühlte Ewigkeit in ständigen Auf und Ab entlang der Felswände der Wengenköpfe stetig ostwärts. Mit den vorhandenen Spuren entfällt die müßige Suche der roten Markierungen an den Felsen und ich kann den Kopf etwas ausschalten und die winterliche Atmosphäre genießen.

Ich bin durchaus froh als ich endlich die Wegverzweigung am Laufbichelsee (2.012m, 1:20 Std) erreiche – diese Karstflächen, dazu noch eingeschneit, sind ja nicht grad das Meine.
Bei einer kleinen Rast rechne ich durch, ob eine Überschreitung des Großen Daumens zeitlich noch drin ist, entscheide mich aber dagegen, da ich befürchte, dass sich die Chancen von Hinterstein per Anhalter nach Hindelang zu gelangen mit einbrechender Dunkelheit stark schmälern.
Also verzichte ich heute auf das „hochalpine“ Programm und steige talwärts weiter vorbei an den eindrücklich steilen Graswänden der Laufbichelkirche (2.042m) – im Sommer sicherlich ein tolles Steilgras-Abenteuer – zum Engeratsgundsee (1.876m, 0:30 Std).

     
 
Schwierigkeit: T1
Aufstieg: 150 hm
Gehzeit: 1:50 Std
 
     

Tosenbachtal nach Hinterstein

Vom Engeratsgundsee erklimmt der Weg zunächst das Türle (1.950m, 0:15 Std) und fällt gleich wieder hinab ins Tosenbachtal. Durch diese landschaftlich sehr schöne Schneise steigt man zügig nach Osten ab, vorbei an den drei Nickenalpen. Die Sonne zeigt sich zum Spätnachmittag nochmals und beleuchtet eindrucksvoll die Südabbrüche des Pfannenhölzer. Ab der Unteren Nickenalpe (1.304m, 1:15 Std) zieht sich der Weg recht ansprechend durch dichten Wald und über einsame Almwiesen. Die Möslealp (1.133m, 0:25 Std) zeigt sich in idyllischem Herbstgewand, bevor ich kurze Zeit später den Talgrund erreiche. Nun geht es nordwärts flach zur Brücke über die Ostrach und entlang der Straße nach Hinterstein (860m, 0:45 Std).

     
 
Schwierigkeit: T1
Aufstieg: 75 hm
Gehzeit: 2:40 Std
 
     

Fazit

Die Gesamtüberschreitung der Daumengruppe entlang des Hauptgrates vom Rubihorn zum Breitenberg ist sicherlich eine sportlich ansprechende Unternehmung, die jedoch gute Verhältnisse, zügiges Tempo und vorzugsweise lange Tage benötigt.
Die hier beschriebene Variante besitzt geringeren Anspruch, fordert aber immer noch eine gute Kondition. Landschaftlich recht abwechslungsreiche Tour, entlang der Karstfläche aber etwas zäh.
Der Normalweg zum Rubihorn ist besonders herauszuheben und bietet sich auch ohne den Weiterweg zum Nebelhorn als ausgesprochen schöne Wanderung an.

     
 
Schwierigkeit: T4 I
Gehzeit: 9:00 Std
Aufstieg: 1.850 hm
Verhältnisse: 5 - 10 cm Neuschnee oberhalb von 1.300m. Felspassagen am Grat teilweise eingeschneit und vereist.
Bis zum Rubihorn mit Schneeauflage leicht begehbar, am Gaißalphorn eher knifflig, ab Geißfuß wieder gut machbar.
Wertung: Interessant
 
     

Tourengänger: Peter K.


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